Kommende Megersheim

ehemalige Niederlassung des Lazarus-Ordens in Megersheim in Hessen

Die Kommende Megersheim war eine Niederlassung des Lazarus-Ordens in Megersheim, einem abgegangenen Ort zwischen den Rüsselsheimer Stadtteilen Bauschheim und Königstädten (Kreis Groß-Gerau, Hessen). Die Niederlassung wird erstmals in einer Urkunde von 1253 erwähnt und wurde bereits 1316 verkauft.

Hofgut Schönau (vorher Schönauer Hof), Wohnplatz der Stadt Rüsselsheim am Main, Lkr. Groß Gerau, Hessen, Ausschnitt aus der Topographischen Karte 1.25.000 Groß Gerau 6016 (alt 67) von 1899

Lage Bearbeiten

Der Ort Megersheim ist abgegangen und lag an der Stelle oder in der Nähe des späteren Schönauer Hofes (heute Hofgut Schönau), einem Wohnplatz zwischen Bauschheim und Königstädten an der Rhein-Main-Bahn bzw. an der L 3012 (im nordwestlichen Zwickel, den die Kreuzung der L 3012 mit der L 3482 bildet)( ).

Der Ort wurde bis um 1700 Mörßheim genannt oder auch Mörßheimer Hof.

Der Lazarus-Orden in Deutschland bzw. die Ordensprovinz Alema(n)nia Bearbeiten

Megersheim war in den 1260er/1270er Jahren auch der Sitz des Präzeptors des Lazarus-Ordens in Deutschland, von denen sieben namentlich bekannt sind. Sie werden als preceptor fratrum ordinis sancti Lazari in Alemannia bzw. magister ordinis sancti Lazari per Alemaniam oder generalis commendator hospitalis sancti Lazari Jherosolimitani per Allemaniam oder ähnlich bezeichnet.[1] Die Ordensprovinz Alemannia war wiederum in die Provinz Thüringen und die oberen Häuser (Gfenn, Schlatt und Uri) unterteilt, für die jeweils ein Landkomtur bestimmt wurde. Nach dem Verkauf der Kommenden Megersheim und Schlatt zerfiel die Ordensprovinz Alemannia. Die zwei Ordenshäuser in der Schweiz verselbständigten sich unter dem Landkomtur Siegfried von Schlatt, die Häuser in Thüringen und Sangerhausen unter dem Landkomtur für Thüringen, der seinen Sitz zunächst in Breitenbich, danach in Gotha hatte.

Präzeptoren/Meister der Ordensprovinz Alema(n)nia Bearbeiten

  • 1266 Bruder Friedrich[2]
  • 1268 Bruder Wilhelm[3]
  • 1271–75 Heinrich von Graba, Präzeptor/Meister der Lazariter/Präzeptor des Lazarus-Ordens in Deutschland[1][4]
  • 1282 Heinrich dictus de Cast[5]
  • 1284 Johannes, Visitator ac magistri totius terre Alemanie militie Scti Lazari[6]
  • um 1300 Bernard, Fr. Bernardus magister ordinis S. Lazari in Alemannia ob.[7]
  • 1308 Henricus Thopilstein, magister Alemanie fratrum ordinis sancti Lazari[8]

Geschichte Bearbeiten

Nach einer nicht genau datierten Urkunde aus der Zeit von 1234 bis 1250 vertauschte der Lazarus-Orden seine Güter in Nierstein gegen die Güter des Philipp von Hohenfels in Mehgersheim. Dieser hatte die Güter vorher vom Frankfurter Bürger Presto(ne) gekauft.[9] Über die Herkunft der Güter in Nierstein, und wann sie in den Besitz des Ordens kamen, schweigen die Quellen. In Megersheim wurde eine Kommende eingerichtet, die vielleicht auch schon vorher in Nierstein bestand.

Die Kommende in Megersheim kam aber rasch in finanzielle Schwierigkeiten, denn schon am 7. Januar 1266 verkauften der obige Praeceptor Friedrich und Hertwig, der (Haus-)Komtur zu Megersheim alle Besitzungen des Ordens in und bei Bretzenheim an das Nonnenkloster Dalen bei Mainz.[2] Diese Güter hatten sie von einem Baldemarus und seiner Frau Odilia geschenkt bekommen.[10]

Am 11. November 1271 setzte Heinrich von Graba, Präzeptor des Lazarus-Ordens in Deutschland einen Bruder Volbert zum Kommendator/Komtur der Ordenshäuser Schlatt, Gfenn und Uri ein.[1] Die Urkunde wurde in Megersheim (Megorzheim) ausgestellt. Am 30. Mai 1273 ermächtigte zunächst Bruder H., Meister des Lazarusordens in Deutschland (gemeint ist Heinrich von Graba), seinen Komtur Volbert in den oberen Häusern mit der Kirche von Hasle zu verfügen, was er und die Komture der oberen Häusern dem Nutzen und der Ehre des Ordens für förderlich erachten.[11] Auch diese Urkunde wurde in Megersheim ausgestellt. Am 7. Januar 1274 bestätigte nun Heinrich Graba, Praeceptor aller Lazariterhäuser diesseits des Meeres, die Übertragung des Kirchensatzes zu Hasle.[12] Diese Urkunde war interessanterweise in Breitenbich ausgestellt worden.

1275 bestätigte der Provinzialkomtur Heinrich (von Graba) die Schenkung einer Bertrada de Tullstet an das Hospital in Gotha.[4]

Am 7. September 1316 verkaufte der letzte Kommendator von Megersheim Heinrich von Dobelsheim wegen großer Schuld und Wucher auf dem Haus alle Besitzungen der Kommende für 880 Pfund Groschen an den Richter Salmann in Mainz. Salman wiederum verkaufte sie nur zwei Jahre später weiter an die Herren von Falkenstein. 1540 war das Spital zu Dreieichenhain in den Besitz des Hofes zu Merßheim gekommen.[13] 1696 verkaufte das Isenburgische Spital zu Dreieichenhain den Mörßheimer Hof um 6300 fl. an den Solmsischen Keller Johann Gottfried Satorius zu Rödelheim und den Münzmeister Ludwig Balthasar Müller in Hanau. Um/vor 1720 wurde der Hof in Schönauer Hof umbenannt.[13]

Kommendatoren/Komture Bearbeiten

  • 1266 Hertwig, Komtur[2][10]
  • 1316 Heinrich von Dobelsheim, Komtur

Literatur Bearbeiten

  • Fontes Rerum Bernensium. Bern’s Geschichtsquellen. Dritter Band, umfassend den Zeitraum von 1271 Juli 3, bis 1299, December 3. In Kommission der J. Dalp’schen Buchhandlung (K. Schmidt), Bern, 1881 (Im Folgenden abgekürzt Fontes Rerum Bernensium, Band 3, mit entsprechender Seitenzahl und Urkundennummer).
  • Alfred Martin: Zur Geschichte der Lazariter im deutschen Sprachgebiet. Zeitschrift für Krankenpflege, Klassische Therapie, Krankenfürsorge und Krankenhausbau, 44: 87–93, 1922
  • Walter G. Rödel: Werden und Wirken des Lazarus-Ordens. Ein Überblick mit besonderer Berücksichtigung der Ordenshäuser in Deutschland und der Schweiz. 36 S., Köln 1974 (Im Folgenden abgekürzt Rödel, Werden und Wirken des Lazarus-Ordens mit entsprechender Seitenzahl)
  • Caspar Sagittarius: Casparii Sagittarii Historici Saxonici. Historia Gothana Plenior. Ioannes Bielckius, Jena 1700 (Im Folgenden abgekürzt Sagittarius, Historia Gothana mit entsprechender Seitenzahl)
  • Rudolf Virchow: Zur Geschichte des Aussatzes und der Spitäler, besonders in Deutschland. Archiv für pathologische Anatomie und Physiologie und für klinische Medizin, 18: 273–329, Berlin, 1860 Online bei Google Books, S. 314.
  • Johann Wolf: Eichsfeldische Kirchengeschichte: mit 134 Urkunden. 224 S. (Textteil), 243 S. (Urkundenteil und Register), Göttingen, 1816 (im Folgenden abgekürzt Wolf, Eichsfeldische Kirchengeschichte mit entsprechender Seitenzahl bzw. Urkundennummer und Seitenzahl)
  • Arthur Wyss: Hessisches Urkundenbuch. Erste Abtheilung Urkundenbuch der Deutschordens-Ballei Hessen. 2. Band (von 1300 bis 1359). Hirzel, Leipzig, 1884 (Im Folgenden abgekürzt Deutschordens-Ballei Hessen, 2. Bd. mit entsprechender Seitenzahl und Urkundennummer)

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b c Fontes Rerum Bernensium, Band 3, S. 6, Urkunde Nr. 7.
  2. a b c Heinrich Eduard Scriba: Die Regesten der bis jetzt gedruckten Urkunden zur Landes- und Orts-Geschichte des Grossherzogthums Hessen. Dritte Abtheilung: die Regesten der Provinz Rheinhessen enhaltend. Verlag des historischen Vereins für das Grossherzogthum Hessen, Darmstadt, 1851. Online bei Google Books S. 113.
  3. Der Ritter-Orden der Lazariten verpflichtet sich durch seinen Provinzialmagister für Deutschland, Frater Wilhelm, in den ihm durch Bertho [von Leibolz], Abt von Fulda, erblich verliehenen Gütern in Flachsland (Flaslandes) und Wackenhausen (Wackenhusen) [Wackenhof, Ortsteil der Gemeinde Kupfersuhl, heute Gemeinde Moorgrund] einen Hof und eine Kapelle zu Ehren des heiligen Bonifatius zu errichten und jährlich am Vorabend des Bonifatiusfestes [Juni 4] an die Kammer des Fuldaer Abtes zehn Pfund Wachs zu zahlen Online bei Deutsche Digitale Bibliothek (Memento vom 16. November 2017 im Internet Archive).
  4. a b Sagittarius, Historia Gothana, S. 238 Online bei Google Books
  5. Fontes Rerum Bernensium, Band 3, S. 315/16, Urkunde Nr. 332.
  6. Sagittarius, Historia Gothana, S. 239 Online bei Google Books
  7. Brigitte Degler-Spengler: Die Lazariter und Lazariterinnen und ihre Ordensorganisation in Deutschland und der Schweiz". In: Helvetia sacra. Die Orden mit Augustinerregel; Bd. 7, Die Johanniter, die Templer, der Deutsche Orden, die Lazariter und Lazariterinnen, die Pauliner und die Serviten in der Schweiz; 2. Teil, S. 811–847, Schwabe Verlag, Basel 2006, ISBN 978-3-7965-2153-9, S. 847.
  8. Wyss, Deutschordens-Ballei Hessen, S. 71/72, Urk. Nr. 96.
  9. Friedrich Lau: Urkundenbuch der Reichsstadt Frankfurt. Codex diplomaticus mœnofrancofurtanus. 1. Bd. 794–1314, Verlag von Joseph Baer & Co., Frankfurt am Main, 1901 (Seiten 78/79, Urkunde Nr. 159).
  10. a b Franz Joseph Bodmann: Rheingauische Alterthümer oder Landes- und Regiments-Verfassung des westlichen oder Niederrheingaues im mittleren Zeitalter.Erste Abtheilung. Landes-Verfassung. Florian Kupferberg Buchhändler und Buchdrucker & Verfasser, Main 1819 Online bei Google Books (S. 186)
  11. Fontes Rerum Bernensium, Band 3, S. 34, Urkunde Nr. 41.
  12. Fontes Rerum Bernensium, Band 3, S. 69/70, Urkunde Nr. 67.
  13. a b Schönauer Hof, Landkreis Groß-Gerau. Historisches Ortslexikon für Hessen. In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).

Koordinaten: 49° 57′ 38,8″ N, 8° 24′ 47,9″ O