Kolo (Tanz)

ein traditioneller südslawischer kollektiver Volkstanz, der von Tänzern ausgeführt wird, die in einer Kette verbunden sind und in der Regel einen Kreis bilden; er wird zu Musikbegleitung bei privaten und öffentlichen Veranstaltungen aufgeführt

Der Kolo (serbokroatisch für Kreis oder Runde) ist ein Reigentanz der Südslawen. Er wird meist bei sozialen, kulturellen oder religiösen Festen getanzt. Traditionell in der jeweiligen Volkstracht. Beinahe jede Region in Bosnien und Herzegowina, Kroatien, Montenegro, Serbien und Slowenien hat eine eigene Variante des Kolo. Seine Entsprechung im bulgarischen und mazedonischen Raum ist der Horo bzw. Oro.[1]

Kolo in Bosnien, um 1900.

Tanzform Bearbeiten

Der Kolo wird in Gruppen von mindestens drei bis mehreren Dutzend Personen aufgeführt, die sich dabei gegenseitig an den Händen, an der Taille oder an den Schultern halten. Beim Kolo werden hauptsächlich die Füße in einfachen bis komplexen Tanzschritten bewegt, bei anderen Varianten bewegen sich die Hüften, die Schultern sowie die Arme rhythmisch mit.[2]

Der Kolo kann von gemischten Gruppen von Frauen und Männern in einem geschlossenen Kreis oder in einer bzw. mehreren Linien getanzt werden.[3]

Musik Bearbeiten

Die gleichnamige Musik zum Kolo ist in der Regel temporeich und wird mit meist mit dem Akkordeon und Geigen, aber auch mit einer Frula (Traditionelle Version der Blockflöte), Brass-Musik, einer Tamburica, Šargija oder einer Mundharmonika gespielt. Bei wlachischen Tänzen wird gerne ergänzend das Saxophon eingesetzt.

In manchen Regionen, wie zum Beispiel dem Norden der Timočka Krajina in Serbien, wird teilweise zur Musik gesungen.[4][5]

Rezeption Bearbeiten

Im gesamten ehemaligen Jugoslawien bekannt ist der „Glamočer Reigentanz“ oder „Stumme Glamočer Reigentanz“ (Nemo Glamočko kolo, auch gluvo/gluho Glamočko kolo, mutavo Glamočko kolo), der traditionell ohne instrumentale Begleitung getanzt wird. Es wird dabei lediglich mit den Füßen (getragen werden traditionelle Opanci, Opanke) der Rhythmus „gestampft“. Bei diesem Tanz soll es sich um ein Hochzeitanbahnungsritual gehandelt haben, bei dem man die körperliche Ausdauer und Belastbarkeit des potentiellen Ehepartners testen konnte. Seit 1982 befindet sich dieser Reigentanz auf der UNESCO-Liste des Immateriellen Kulturerbes der Menschheit.[6] Im Jahr 2017 wurde das serbische Kolo[7] und 2022 der Kolo des Heiligen Tryphon wurde 2022 in die UNESCO-Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit aufgenommen.[8]

Professionelle Ensembles wie in Serbien Kolo (Коло) und Venac (Венац), in Kroatien Lado und Tanec (Танец) in Nordmazedonien befassen sind mit der künstlerischen und szenaristische Aufbereitung und Konservierung des Kolo. Die Ensemble werden staatlich gefördert und bieten die Volkstänze weltweit in unterschiedliechen Bühnenprogrammen in traditioneller Tracht dar. Darüber hinaus existieren im ehemaligen Jugoslawien zahlreiche KUD (kulturno umetničko društvo), welchen als Amateure den Kolo im Vereinswesen pflegen und darbieten. Bekannte Beispiele sind die KUD Abrašević, KUD Španac, AKUD Ivo Lola Ribar und KUD Gradimir. Auch die bekannte Belgrader Ballettschule Lujo Davičo hat eine Folkloregruppe die den Kolo pflegt. Die Vereine nehmen regelmäßig an Veranstaltungen und Wettbewerben auf nationaler und internationaler Ebene teil.

Viele Musiker haben eigene Kolo-Musik komponiert. Mirko Kodić, Dragan Stojković Bosanac, Branimir Đokić, Časlav Ljubenović, Vladeta Bata Kanda, Ljubiša Pavković und Miroljub Aranđelović Kemiš haben beispielsweise eine große Auswahl an Stücken für das Akkordean komponiert, während Aleksandar Šišić und Zlatomir Vasić Boja Geigenmusik zum Kolo veröffentlicht haben. Von Siniša Tufegdžič stammt beispielsweise das bekannte Mercedes Kolo, welches unter anderem im deutschen Spielfilm „Adil geht“ während der Hochzeitssezenen zu hören ist.

Literatur Bearbeiten

  • Horst Koegler und Helmuth Günther: Reclams Ballettlexikon. Stuttgart, 1984, S. 249. ISBN 3-15-010328-2
  • Otto Schneider, unter Mitarbeit von Riki Raab: Tanzlexikon. Hollinek, Wien und Schott Verlag, Mainz 1985, S. 284. ISBN 3-7957-2800-2.
  • Ljubica und Danica Jankovic: Dances of Yugoslavia. London 1952.
  • Anneliese Schmolke und Herbert Langhans: Europäische Tänze, Heft 4: Jugoslawien. Möseler Verlag, Wolfenbüttel 1957.
  • Guillaume Capus: A Travers la Bosnie Et L'Herzegovine : Etudes Et Impressions de Voyage. Hachette, Paris 1896, La danse du „Kolo“.

Siehe auch Bearbeiten

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. J. J. Wilkes: The Illyrians. B. Blackwell, Cambridge, Mass., USA 1992, ISBN 0-631-14671-7.
  2. UNESCO - Browse the Lists of Intangible Cultural Heritage and the Register of good safeguarding practices. Abgerufen am 2. Januar 2022 (englisch).
  3. kolo | Balkan dance. In: Britannica. Abgerufen am 2. Januar 2022 (englisch).
  4. Slavonic Dance Op. 46 No. 7. In: Allegro non troppo. Bloomsbury Academic, 2021, doi:10.5040/9781501350894.ch-006.
  5. Dvořák, Antonín, 1841-1904, composer.: Slavonic dance : no. 15, op. 72, no. 7. OCLC 5042795.
  6. Гламочко глуво коло: Понос Личана и Крајишника, најбоље народно коло у Европи, а од 1982. део УНЕСКОВЕ светске културне баштине
  7. Kolo, traditional folk dance - Serbia. UNESCO Intangible Cultural Heritage, 2017, abgerufen am 24. Februar 2024 (englisch).
  8. Festivity of Saint Tryphon and the Kolo (chain dance) of Saint Tryphon, traditions of Croats from Boka Kotorska (Bay of Kotor) who live in the Republic of Croatia. UNESCO Intangible Cultural Heritage, 2022, abgerufen am 1. Januar 2024 (englisch).