Klaasohm

Brauch auf der Nordseeinsel Borkum

Klaasohm ist ein Brauch auf der Nordseeinsel Borkum, der wahrscheinlich auf die Zeit der Walfänger zurückgeht, und in der Nacht vom 5. auf den 6. Dezember gefeiert wird[1]. Varianten von Klaasohm finden sich unter anderen Namen auf den niederländischen Waddeneilanden.

Ursprung

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Der Name „Klaasohm“ bedeutet Ohm (Onkel) Klaas (Klaus). Im Klaasohmfest mischen sich Elemente des Nikolausbrauchtums, wie es auch vom Festland her bekannt ist, mit fremdartigen Einsprengseln, möglicherweise Versatzstücken wesentlich älterer Tradition und Einflüssen, die von außerhalb mitgebracht wurden. Es gibt Anhaltspunkte, die auf den germanischen Totengott Wodan, den Anführer der Wilden Jagd, hindeuten.[2] Das Nikolausfest ist das einzige Heiligenfest, das sich im reformierten Teil Ostfrieslands gehalten hat und dort sogar zu besonderer Blüte gelangte. Dazu beigetragen haben mag, dass der Heilige Nikolaus von Myra unter anderem als Schutzpatron der Seeleute und als Nothelfer gegen Wassersnot verehrt wurde.

In der Zeit, als von Borkum aus noch Walfang betrieben wurde, waren die Männer meist monatelang auf hoher See unterwegs. Die Walfänger kehrten zwar spätestens Anfang Dezember, meist aber doch wesentlich früher für die Winterpause heim, so dass also die Feier der Rückkehr von den langen Strapazen auf hoher See nur ein Nebenaspekt gewesen sein dürfte.[3]

Manche Quellen behaupten, der Ritus sei aus der „Rückeroberung“ der Insel von den Frauen hervorgegangen, die während der langen Abwesenheit der Walfänger die „Macht“ in den Familien übernahmen. Sie hätten sich nun wieder den heimgekehrten Männern unterzuordnen, was diese mit einem Hieb auf das Gesäß der Frauen nachdrücklich demonstrierten.[4]

Brauchtumsausübung

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Beim nächtlichen Geschehen gehen sechs als „Klaasohm“ verkleidete junge Männer vom Verein Borkumer Jungens – jeweils zwei kleine, mittlere und große sowie ein weiterer in der Rolle des Wiefke, der den großen Klaasohm begleitet – auf der Insel um. Welche jungen Männer als Klaasohms umgehen, wird selbst diesen erst im letzten Augenblick mitgeteilt und streng geheim gehalten.

 
Der Sprung von der Litfaßsäule

Nachdem die Klaasohms der drei Gruppen an verschiedenen Orten eingekleidet wurden, ziehen sie unter großem Lärmen mit ihren Begleitern zur großen Betriebshalle der Borkumer Kleinbahn, in der eine Bühne aufgebaut ist, auf der unter Ausschluss von Frauen und Fremden (Zutritt haben nur auf Borkum geborene Männer) in ritualisierten Kämpfen entschieden wird, wer für dieses Jahr die Führung übernimmt – die festgelegte Rollenverteilung wird dabei nicht verändert. Anschließend beginnt unter großer Anteilnahme der Bevölkerung der Zug über die Insel.

Die Klaasohms tragen bis zu einem Meter hohe, tonnenförmige Helme, die mit Schafspelz bezogen, und mit Federn und Möwenflügeln beklebt sind. Neben kleinen Augenöffnungen besitzen die Helme auch eine Trinköffnung. Das Kuhhorn, mit dem die Klaasohms ausgerüstet sind, wird dazu benutzt, jungen Frauen aufs Hinterteil zu schlagen. Da der Klaasohm selbst wenig sieht, hat er jeweils einen Führer, der ihm den richtigen Weg weist, und mehrere Fänger, die ihm helfen, die jungen Frauen einzufangen. Junge Frauen, die von einem Klaasohm Hiebe erdulden mussten, erhalten Moppe, eine Art hartes Honigkuchengebäck. Kindern und Müttern gegenüber ist der Klaasohm freundlich gesinnt – sie bekommen Moppe und werden gestreichelt. Neben den Klaasohms geht an Klaasohm auch das Wiefke um, ein als Frau verkleideter junger Mann, der sich besonders wild gebärdet. Der Umzug der Klaasohms endet traditionell in der Ortsmitte, auf einem seiner Form nach „D“ genannten Platz, der das Zentrum einer Kreuzung darstellt. Auf diesem Platz befindet sich eine Litfaßsäule, von deren ebener Spitze sich zum Abschluss des Festes alle „Klaasohms“ sowie zuletzt das „Wiefke“ in die unten versammelte Menschenmenge stürzen, wo sie stets von vielen Armen aufgefangen werden. Vor ihrem Sprung in die Menschenmenge werden die einzelnen Klaasohms und meist in besonderem Maße das Wiefke vom Publikum gefeiert.

Varianten des Brauches in den Niederlanden

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Auf den bewohnten Inseln im niederländischen Wattenmeer werden ebenfalls rund um den 5. Dezember traditionelle Feste gefeiert, die Ähnlichkeiten mit Klaasohm aufweisen: Klozum auf Schiermonnikoog, Sunneklaas auf Ameland, Sunderum auf Terschelling und Opkleden auf Vlieland. Auf Texel findet – erst am 12. Dezember – Ouwe Sunderklaas statt.[5] Laut dem niederländischen Volkskundler Bert van Zantwijk sind die Feierlichkeiten auf Borkum und auf der niederländischen Watteninsel Ameland den Ursprüngen am nächsten geblieben.[6]

Einzelnachweise

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  1. Deutsche Welle: „Auf Borkum regiert der Klaasohm
  2. Justus Randt: Klaasohm geht um In: Weser-Kurier, 5. Dezember 2015, abgerufen am 7. Dezember 2022.
  3. Borkumer Zeitung von 1958 (ohne nähere Angaben)
  4. Mystischer Brauch auf den friesischen Inseln. Burkana – Das maritime Magazin No. 26, 2012 S. 8
  5. Mystischer Brauch auf den friesischen Inseln. Burkana – Das maritime Magazin No. 26, 2012 S. 8–10
  6. Sunneklaas op Ameland - Bert van Zantwijk
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