Johanna Sophia Kettner

österreichische Soldatin

Johanna Sophia Kettner, auch Anna Sophia Köttner[Anmerkung 1] (24. Januar 1722 in Titting[1]22. Januar 1802 in Eichstätt[2][3]), war eine deutsche Frau, die in der kaiserlichen Armee gedient hat.

Grabstein der Jungfrau Maria Sophia Köttnerinn am Westenfriedhof Eichstätt

Leben Bearbeiten

Johanna Sophia Kettner wurde im Jahr 1722 in Titting im Hochstift Eichstätt als Tochter der Bierbraumeisterfamilie[Anmerkung 2] Johann und Anna Kettner geboren.[1][4]

Nach dem Tod ihrer Mutter im Frühjahr 1742 zog sie zu ihrer Tante nach dem zu dieser Zeit bayerischen Ried im Innkreis. Im gleichen Jahr ließ sie sich unter dem Namen Johann Kettner in einem Wirtshaus anwerben und trat in die kaiserliche Armee ein. Es folgte eine einjährige Ausbildung in München und vor allem nahe Kufstein. Sie wurde dem Infanterie-Regiment No. 22 zugeteilt. Aufgrund ihres mutigen und tapferen Auftretens u. a. bei den Kämpfen von Piacenza und Rottofredo wurde sie am 8. Juni 1747 zum Korporal befördert.[5] Ab 1748 wurde dieses Regiment von Jakob Ignaz von Hagenbach angeführt. Obwohl Kettner nur wenige Wochen oder Monate unter dessen Führung stand, wird sie in der Literatur meist dem Hagenbach’schen Infanterieregiment zugeordnet. Insgesamt diente sie fast sechs Jahre in der Armee.

Im Jahr 1748 wurde sie während einer Erkrankung als Frau erkannt und daraufhin ehrenvoll aus der Armee entlassen. Maria Theresia gewährte ihr eine lebenslange Pension von acht Gulden.[6][5]

Da Wehrdienst für Frauen damals nicht legal möglich war, liegen zum Militärdienst von Frauen keine belastbaren Aufzeichnungen vor. Es könnte sich bei Kettner um die erste Frau in der kaiserlichen Armee gehandelt haben.

Kettner kehrte nach Eichstätt zurück. Dort nahm sie Franz Josef Kettner (1753–1819), Sohn einer Barbara Hofbauer, als Adoptivsohn an. Sie ermöglichte ihm die Ausbildung zum Priester.[3] Des Weiteren übernahm sie zwischen 1750 und 1759 sechs Mal das Amt der Taufpatin und zwei Mal das der Firmpatin.[7] Am 22. Januar 1802 starb Kettner im Eucharischen Spital von Eichstätt.[3] Ihr Grabstein auf dem aufgelassenen Westenfriedhof an der Michaelskapelle ist erhalten.[8]

Sonstiges Bearbeiten

Richard Auer greift in dem Roman Endstation Altmühltal das Thema auf, lässt als roten Faden seines Regionalkrimis die Geschichte von Johanna Sophia Kettner verfilmen, ohne groß auf die historischen Details einzugehen.

Literatur Bearbeiten

  • Josef Ettle: Der schneidige Feldwebel war eine Frau. Johanna Sophia Kettner 1722–1802. In: Pallasch. Zeitschrift für Militärgeschichte. Bd. 17 (2013), Heft 46, S. 47–50.

Siehe auch Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b Pfarrer der Pfarrei Titting: Titting Taufen 1683–1722. In: Pfarr-Matrikel. Band 2-01. Titting, S. 134 (Matricula Online [abgerufen am 8. Mai 2022]).
  2. Pfarrer der Pfarrei Eichstätt St. Walburg: Eichstätt St. Walburg Sterbefälle 1793-1811. In: Pfarr-Matrikel. Band 5-04. Eichstätt, St. Walburg, S. 196 (Matricula Online [abgerufen am 8. Mai 2022]).
  3. a b c Seltener Vorfall. In: Gnädigst privilegirtes Eichstätter Intelligenz-Blatt. 30. Januar 1802, S. 19 (bib-bvb.de).
  4. Günther Noé: 'Amazonen' in der österreichischen Geschichte. In: Österreich in Geschichte und Literatur mit Geographie. 1986, S. 350–361.
  5. a b Christoph Hatschek: Von der „wehrhaften“ Frau zum weiblichen Rekruten – Entwicklungshistorische Perspektiven der österreichischen Soldatinnen. Dissertation. 2009, Soldatenfrauen und weibliche Soldaten des 18. Jahrhunderts, S. 27–32 (Universität Wien [PDF]).
  6. Klaus Reisinger: Frauen und Militär in der Neuzeit. Francesca Scanagatta: Die militärische Karriere einer Frau im ausgehenden 18. Jahrhundert. In: Das achtzehnte Jahrhundert und Österreich. Band 16. Facultas, WUV, 2001, ISBN 3-85114-659-X, S. 60–61.
  7. Rudolf Hager: "Natürliche Lust zum militari". Johanna Sophia Kettner im Hagenbachschen Regiment (Schluss). In: Donaukurier. 19. November 2002, abgerufen am 8. Mai 2022.
  8. Ehemaliger Westenfriedhof. Stadt Eichstätt, abgerufen am 28. Juni 2023.

Anmerkungen Bearbeiten

  1. Im Taufmatrikel trug der Pfarrer Anna Sophia als Vornamen ein und verwendete als Familiennamen ihrer Eltern Johann und Anna die Schreibweise Köttner. Taufpatin war eine Johanna Sophia. Die Schreibweise Köttner statt Kettner entstand durch die Aussprache im Dialekt. – Auf dem Grabstein wird sie versehentlich Maria Sophia Köttnerinn geschrieben, im Sterbematrikel korrekt mit Johanna Sophia Kettnerin.
  2. Johann Kettner wird im Taufmatrikel von Johanna Sophia als Breymeister bezeichnet. Weitere Tauf- und Sterbematrikel der Familie Kettner sind in der Pfarrei Titting nicht zu finden, nur ein Trauungseintrag im Jahr 1699 (Johann und Anna Maria Köttner).