Johann Wilhelm Simonetti

deutscher Komponist und Kapellmeister

Johann Wilhelm Simonetti (getauft am 11. Dezember 1690 in Berlin; † 19. März 1776 in Booßen) war ein deutscher Kapellmeister, Violinist, Komponist und Librettist.

Johann Wilhelm Simonetti war der ältere Sohn des aus der Schweiz eingewanderten Baumeisters Giovanni Simonetti. Sein jüngerer Bruder war der Theologe Christian Ernst Simonetti Über die frühen Lebensjahre Johann Wilhelms ist nichts bekannt. Am 28. April 1711 schrieb er sich an der Universität Jena ein, brach sein Jurastudium aber bald ab, um sich der Musik zuzuwenden.

Ab 25. Oktober 1711 ist Simonetti in Gera aktenkundig, ab 1712 als „Secretarius“ in der Geraer Hofkapelle. Eine wohl um die Jahreswende 1713/14 in Angriff genommene Reise nach Venedig und Lissabon führte zu einer Begegnung mit Gottfried Heinrich Stölzel.

Simonettis kurzzeitige Anstellung in der Hofkapelle von Hessen-Darmstadt könnte mit den vom 28. April bis zum 7. Mai 1717 dauernden Einzugsfeierlichkeiten für den Erbprinzen zusammenhängen. Prinz Ludwig, der nachmalige Landgraf Ludwig VIII., vermählte sich am 5. April 1717 im Schloss Philippsruhe mit Charlotte (1700–1726), Tochter und Erbin des Grafen Johann Reinhard III. von Hanau.

1718 ist Simonetti in Bayreuth nachweisbar. Hier heiratete er am 14. März 1718 die Sängerin Christiane Elisabeth verwitwete Ernst geb. Döbricht (1690 – nach 1739). Sie war die Tochter des Altenburgers Daniel Döbricht (1650–1694), der an der Hamburger Oper am Gänsemarkt ausgebildet wurde[1] und seit 9. Juli 1681 als Diskantist, später Altist am Weißenfelser Hof angestellt war.[2] und der Sängerin Christine Elisabeth Grosse, Tochter des Hallenser Kammermusikers Samuel Grosse (* vor 1647; Theorbist unter Samuel Scheidt). Beide hatten am 16. September 1677 geheiratet.[3] Ihr Bruder war Samuel Ernst Döbricht (1680–1751), ein Schwiegersohn des Komponisten Nicolaus Adam Strungk, der als Impresario am Opernhaus am Brühl in Leipzig und am Opernhaus vorm Salztor in Naumburg wirkte. Ihre drei Schwestern Magdalena Elisabeth verh. Ludwig (* vor 1680), Justina Elisabeth (* 1688) und Johanna Elisabeth Hesse geb. Döbricht (1692–1786) waren ebenfalls bekannte Sängerinnen ihrer Zeit.[4]

Ab Anfang 1721 waren die Simonettis im Fürstentum Braunschweig-Wolfenbüttel engagiert. Im Februar diese Jahres erschien dort unter den Mitwirkenden in Georg Caspar Schürmanns Singspiel Heinrich 41 der Vogler („Zweyter Theil“) die Mad. Simonetti. Der im selben Jahr erschienene Hofkalender nennt im Abschnitt Hochfürstl. Capell unter den Sängerinnen an erster Stelle Madam. N. N. Simonettin. Erste Sängerin bey Fürstl. HoffCapell, unter den Instrumentalisten, ebenfalls an erster Stelle, Herr N. N. Simonetti, Concert-Meister.[5] Mit Carl Heinrich Graun schrieb er 1726 das Libretto für Schürmanns Oper Ludovicus Pius oder Ludewig der Fromme. Die Zusammenarbeit mit Graun in Braunschweig muss sehr produktiv gewesen sein, noch im Jahre 1773 schreibt Johann Joachim Christoph Bode vom goldnen Zeitalter der Braunschweigischen Kapelle, ... den Zeiten der Graune und Simonettis.[6]

Etwa ab 1737 war Familie Simonetti im Umfeld des Preußischen Hofes in Berlin zu finden, waren aber nicht dort angestellt. Simonetti gab anscheinend in Berlin musikalischen Unterricht. In Ernst Ludwig Gerbers Tonkünstler Lexikon von 1790 heißt es:

„Simonetti (Sgr.) Conzertmeister in der Kapelle des Herzogs von Braunschweig, ums Jahr 1730; privatisirte ums Jahr 1740 zu Berlin und gab daselbst Unterricht auf der Violin.“

Ernst Ludwig Gerber: Historisch-biographisches Lexikon der Tonkünstler in zwei Bänden Band 2, Leipzig 1792, Sp. 522.

Am 19. Juli 1740 ging Simonetti zusammen mit Graun auf eine Reise nach Italien, um im Auftrag des preußischen Königs Sänger und Instrumentalisten zu akquirieren. Die Kosten für Simonetti übernahm wahrscheinlich Graun. Am 22. Juni 1740 hieß es:

„Den 19. sind die beyde Herren Musici Graun und Simonetti mit 6000 rtl. Reisegeld nach Italien abgegangen, um von da 4 Castraten, überdem 1 Baßisten, 1 Tenoristen, und 4 Cantatricen mitzubringen, auch wegen des Gehalts für die Person bis auf 2000 rtl. zu accordiren.“

Richard Wolff (Hrsg.): Berliner geschriebene Zeitungen aus dem Jahr 1740. Der Regierungsanfang Friedrich des Großen. In: Schriften des Vereins für die Geschichte Berlins. Heft XLIV, Berlin 1912, S. 57.

Graun kehrte am 17. Oktober 1740 zurück, Simonetti bleib hingegen noch bis Weihnachten 1740 und kam dann nach Berlin zurück. Irgendwann in der Folgezeit beendete Simonetti seine Musiklehrertätigkeit in Berlin und übernahm als Pächter das nordwestlich von Frankfurt an der Oder gelegene und der Stadt unterstehende Gut Booßen, wo er 1776 im hohen Alter starb.

Simonetti hielt zeitlebens seine Vornamen geheim, nur durch einen Eintrag im Wolfenbütteler Adressbuch von 1725 konnten sie identifiziert werden[7].

  • Konzert für Violine und Orchester C-Dur (vl, strings, bc - C)[8]

Literatur

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  • Hans Joachim Schulze: Kantor Kühnhausen und Concertmeister Simonetti Weggefährten der Bach-Familie?
  • Hans Joachim Schulze: Ein „Dresdner Menuett“ im zweiten Klavierbüchlein der Anna Magdalena Bach. Nebst Hinweisen zur Überlieferung einiger Kammermusikwerke Bachs Bach-Jahrbuch Band 65, Leipzig 1979.
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Einzelnachweise

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  1. Elisabeth Noack: Musikgeschichte Darmstadts vom Mittelalter bis zur Goethezeit, Band 1, Schott, Mainz, 1967. S. 177–179.
  2. Tina Hartmann: Grundlegung einer Librettologie, De Gruyter, Berlin/Boston, 2017, S. 67.
  3. Karl Eduard Förstemann: Georg Friedrich Händel's Stammbaum nach Original-Quellen und authentischen Nachrichten, Breitkopf & Härtel, Leipzig, 1844, S. 8.
  4. Otto Klein: Weißenfels in Wolfgang Adam, Siegrid Westphal (Hrsg.): Handbuch kultureller Zentren der Neuzeit: Städte und Residenzen im alten deutschen Sprachraum, Band 2, De Gruyter, Berlin/Bosten, 2012, S. 2144.
  5. G. F. Schmidt: Die frühdeutsche Oper und die musikdramatische Kunst Georg Caspar Schürmann’s Regensburg 1933, Bd. I, S. 148f.
  6. Carl Burney’s der Musik Doctors Tagebuch seiner Musikalischen Reisen. Dritter Band. Durch Böhmen, Sachsen, Brandenburg, Hamburg und Holland. Aus dem Englischen übersetzt, Hamburg 1773, S. 260
  7. Hans-Joachim Schultze: Studien zur Bach-Überlieferung im 18. Jahrhundert Peters, Leipzig 1984. S. 99.
  8. https://digital.slub-dresden.de/werkansicht/dlf/3488/1/0/