Martin Goldstein (Mediziner)

deutscher Psychotherapeut und Autor
(Weitergeleitet von Jochen Sommer)

Martin Goldstein (* 30. Juni 1927 in Bielefeld; † 31. August 2012 in Düsseldorf-Garath) war ein deutscher Arzt, Psychotherapeut, Autor und evangelischer Religionslehrer.

Er schrieb unter den Pseudonymen Dr. (Jochen) Sommer und Dr. Alexander Korff von 1969 bis 1984 in der Zeitschrift Bravo in der Rubrik Was Dich bewegt.[1] Als Dr. Sommer leitete er ein Team, das die Fragen von jugendlichen Lesern zu Sexualität und Liebe beantwortete.[2] Mit der Feststellung, Masturbation mache „weder krank noch schwul noch unfruchtbar“, brachte er die Bravo 1972 auf den Index.[3]

Leben Bearbeiten

Martin Goldsteins Eltern waren Protestanten, sein Vater Ernst Goldstein stammte aus einer jüdischen Familie.[4]

1939 wurde die Familie von den deutschen Behörden aufgefordert, ihre Wohnung in der Bielefelder Wittekindstraße zu verlassen. Paul Sternfeld, der mit seiner Familie ein großes Haus in der Wertherstraße bewohnte und sich kleiner setzen musste, bot Familie Goldstein an, in sein Haus zu ziehen, welches später auch „Judenhaus“ genannt wurde. Beide Familien wurden später deportiert.

1942 musste er wegen seiner im nationalsozialistischen Jargon „halbjüdischen“ Herkunft auch die Schule verlassen und eine handwerkliche Ausbildung beginnen. Am 19. September 1944 wurde er gemeinsam mit seinem jüdischen Vater Ernst und seinem Bruder Franz zur Zwangsarbeit ins Hydrierwerk Zeitz in Tröglitz im heutigen Sachsen-Anhalt gebracht, aus dem seine Mutter ihn herausholen konnte, da sein Ausbildungsbetrieb ihn angefordert hatte.

Nachdem im Februar 1945 zunächst sein Vater Ernst in das KZ Theresienstadt deportiert wurde – er überlebte die Haft im Konzentrationslager –, erhielt auch Martin Goldstein im März 1945 einen Befehl, sich zur Deportation einzufinden. Er flüchtete daraufhin und versteckte sich in einem Wald bei Bielefeld.[4][5]

Nach Ende des Zweiten Weltkrieges holte er 1947 das Abitur nach und studierte in Göttingen Medizin.[6] An der Medizinischen Akademie Düsseldorf wurde er 1954 zum Dr. med. promoviert. Danach wurde er aber nicht Arzt, sondern Leiter einer evangelischen Anlaufstelle für Jugendliche in Düsseldorf-Eller.[7] Von 1969 bis 1984 schrieb er für die Zeitschrift Bravo, ab 1975 war er zudem als ärztlicher Psychotherapeut in eigener Praxis in Düsseldorf tätig.[7] 2000 ging er in den Ruhestand.

Martin Goldstein war verheiratet und hatte drei Kinder.[4] Zuletzt wohnte er mit seiner Lebensgefährtin in einer Wohngemeinschaft in Kaarst.[8]

Veröffentlichungen Bearbeiten

  • Über die Bestimmung von Penicillin im Blut und Liquor cerebrospinalis. Dissertation. Düsseldorf 1954
  • Beitrag in Fragen und Aufgaben der Geschlechtserziehung heute. Kreuz-Verlag, Stuttgart/Berlin 1965
  • Die Beziehung der Geschlechter. Veränderungen, Probleme und Aufgaben. Jugenddienst-Verlag, Wuppertal-Barmen 1966
  • Anders als bei Schmetterlingen. Er und sie und ihre Liebe. Grafik: Heinz Edelmann. Jugenddienst-Verlag, Wuppertal 1967
  • Lexikon der Sexualität. 400mal Auskunft, Antwort und Beschreibung. Mit Fotografien von Will McBride. Jugenddienst-Verlag, Wuppertal 1970, ISBN 3-7795-7001-7; Taschenbuchausgabe: Lexikon der Sexualaufklärung. Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt 1972, ISBN 3-436-01469-9
  • Teenagerliebe – von der Aufklärung zur Initiation. Ein Buch für Eltern und Erzieher und ebenso für Jugendliche. Archiv der Jugendkulturen, Berlin 2009, ISBN 978-3-940213-49-5

Siehe auch Bearbeiten

Weblinks Bearbeiten

Fußnoten Bearbeiten

  1. Uschi Schleich: Stars, Sex und Superhits. In: Wiener Zeitung. 26. August 2006, zugegriffen am 25. Juni 2009.
  2. Zum 40. Geburtstag von „Dr. Sommer“ – Aufklärer der Nation (Memento vom 23. Oktober 2009 im Internet Archive). In: Süddeutsche Zeitung. 20. Oktober 2009
  3. Elmar Kraushaar: Bravo: Ein Mann für gewisse Fragen. In: Frankfurter Rundschau. 1. September 2012
  4. a b c Britta Stuff: Dr. Sommer: Sex wird heute immer noch tabuisiert. In: Die Welt. 25. Juni 2009 (Interview)
  5. Martin Goldstein (85): „Dr. Sommer“ von der Bravo ist tot. In: Express. 31. August 2012
  6. Anja Krüger: „Sprechstunde bei Dr. Sommer“ – den „Bravo“-Arzt gab es wirklich. In: Ärzte-Zeitung. 3. November 2005, zugegriffen am 25. Juni 2009.
  7. a b „Dr. Sommer“: „Bravos“ Mann für heiklen Fragen. In: Badische Zeitung. 1. September 2012, S. 10.
  8. „Bravo“-Aufklärer Goldstein: Dr. Sommer ist tot. In: Spiegel Online. 31. August 2012, abgerufen am 2. September 2012