Hydrocena ist eine Gattung landlebender Schnecken aus der Überordnung der Neritimorpha (Unterklasse Orthogastropoda). Es sind sehr kleine Formen, die in feuchten Habitaten oft nahe den Küsten oder in feuchten Schluchten leben. Die ältesten Vertreter der Gattung kennt man aus dem Miozän (Neogen)[1].

Hydrocena

Cattaro-Hohlhäuschen

Systematik
Klasse: Schnecken (Gastropoda)
Überordnung: Neritimorpha
Ordnung: Cycloneritimorpha
Überfamilie: Hydrocenoidea
Familie: Hydrocenidae
Gattung: Hydrocena
Wissenschaftlicher Name
Hydrocena
Küster, 1844

Merkmale

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Die Vertreter der Gattung Hydrocena besitzen kleine, rundlich-eiförmige Gehäuse mit nur wenigen, konvex gewölbten Umgängen. Die Oberfläche ist im Wesentlichen glatt. Die rundlich-eiförmige, am oberen Ende gewinkelte Mündung ist ganzrandig. Der Mundrand ist einfach ausgebildet und nicht verdickt. Der kalkige Verschlussdeckel (Operculum) ist halbkreisförmig mit deutlichen Anwachslinien; der Nukleus sitzt am linken unteren Rand. In der unteren Hälfte an der Innenseite des Deckels sitzt ein kräftiger, konischer Fortsatz. Die Kiemen sind rückgebildet, die Atmung erfolgt über die Gewebeauskleidung der Mantelhöhle. Die Tiere sind getrenntgeschlechtlich.

Unterschiede

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Die Gattung Georissa Blanford, 1864 unterscheidet sich von Hydrocena lediglich durch die Spiralstreifung des Gehäuses. Die meisten Arten sind nur durch das Gehäuse bekannt. Es ist daher unklar, ob Hydrocena wirklich eine monophyletische Gruppe darstellt.

Geographische Verbreitung und Lebensraum

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Die wenigen Arten der Gattung leben sehr zerstreut in Südosteuropa, auf den Kanarischen Inseln, den Azoren[2], in Ostafrika und in Papua-Neuguinea. Sie sind auf sehr feuchte Biotope nahe der Küste, auf feuchte Gebirgstäler und die Tropen beschränkt.

Taxonomie und Nomenklatur

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Louis Parreyss, ein Sammler und Händler naturwissenschaftlicher Objekte, sammelte die ersten Tiere dieser Art in der Nähe des damals zu Dalmatien gehörenden Ortes Cattaro, heute Kotor in Montenegro. Er versandte sie zuerst unter dem Namen Paludina Sirkii Parr., später unter dem Namen Hydrocaena Sirkii Parr. Weder der Artname Sirkii noch der Gattungsname Hydrocaena wurden von Parreyss formal publiziert und sind somit nomina nuda. 1844 beschrieb Heinrich Carl Küster Funde von Paludina (Hydrocena) Sirkii Parr.; Hydrocena als Name der Gattungsgruppe und auch der Artname sirkii wurden somit von Küster erstmals gültig publiziert[3]. Herrmannsen (1846) führt die Gattung Hydrocena mit Parreyss als Autor auf[4]. Paludina (Hydrocena) sirkii Küster, 1844 ist formal die Typusart der Gattung durch Monotypie, ist jedoch ein jüngeres Synonym von Hydrocena cattaroensis.

Herrmannsen leitet den Namen von griech. ὕδωρ = Wasser und κενός = leer, verwaist ab[4].

Manche Autoren unterscheiden zwei Untergattungen:

  • Hydrocena (Hydrocena) Küster, 1844
  • Hydrocena (Omphalotropis) Pfeiffer, 1851

Omphalotropis besitzt zwar ein sehr ähnlich aussehendes Gehäuse, ist jedoch mit der Gattung Hydrocena nicht näher verwandt, sondern gehört zur Familie Assimineidae, Überfamilie Rissooidea in der Überordnung der Caenogastropoda.

Derzeit werden etwa sechs rezente Arten und drei fossile Arten zur Gattung Hydrocena gestellt. Die Unterschiede zur Gattung Georissa sind jedoch sehr gering.

In der Literatur und auf Websites finden sich noch weitere Arten, die zur Gattung Hydrocena gestellt werden, die jedoch inzwischen anderen Gattungen zugewiesen wurden, so z. B. Hydrocena cerea Pfeiffer, 1857[11] (heute Gattung Omphalotropis), Hydrocena gowerensis Iredale, 1944 (Typusart der Gattung Monterissa) und Hydrocena monterosatiana Godwin-Austen & Nevill, 1879 (heute Gattung Georissa). Auch die vielen unter dem Gattungsnamen Hydrocena aufgestellten Arten des pazifischen Raumes werden heute fast ausschließlich in die Gattungen Assiminea oder Georissa gestellt.

Literatur

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  • Wilhelm Wenz: Gastropoda. Teil I: Allgemeiner Teil und Prosobranchia. In: Handbuch der Paläozoologie Band 6, 948 S., Berlin, Verlag von Gebrüder Borntraeger, 1938 (S. 433)

Einzelnachweise

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  1. a b c W. Richard Schlickum: The genus Hydrocena in the European Tertiary (Neritacea, Hydrocenidae). In: Archiv für Molluskenkunde, Band 110, Heft 1–3, 1979, S. 71–74, ISSN 0003-9284
  2. Base de Dados da Biodiversidade dos Açores: Hydrocena gutta Shuttleworth, 1852 (Memento des Originals vom 24. Januar 2017 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.azoresbioportal.angra.uac.pt
  3. Heinrich Carl Küster: Zoologische Notitzen. Lebenszähigkeit der Binnenmollusken. In: Isis von Oken, Jahrgang 1844, Heft 9, 1844, S. 645–656, Leipzig Online bei www.biodiversitylibrary.org (S. 646).
  4. a b August Nicolaus Herrmannsen: Indicis generum malacozoorum primordia : nomina subgenerum, generum, familiarum, tribuum, ordinum, classium; adjectis autoribus, temporibus, locis systematicis atque literariis, etymis, synonymis. Band 1, Kassel, Theodor Fischer, 1846. Online bei www.biodiversitylibrary.com (S. 546)
  5. A. Paladilhe: Étude sur les Coquilles fossiles contenues dans les marnes Pliocènes lacustres des environ de Montpellier. In: Revue des Sciences naturelles, Band 2, 1873, S. 38–65, Paris. Online bei www.biodiversitylibrary.org
  6. R. J. Shuttleworth: Diagnosen einiger neuen [sic] Mollusken aus den Canarischen Inseln. In: Mittheilungen der Naturforschenden Gesellschaft in Bern, Band 1852, Nr. 241/242, 1852, S. 137–146 Online bei www.biodiversitylibrary.org.
  7. a b B. Verdcourt: New and little known species of terrestrial Mollusca from East Africa and Congo (Kinshasa). In: Annales Historico-Naturales Musei Nationalis Hungarici, Band 2004, S. 299–315, ISSN 0521-4726 PDF
  8. W. H. Benson: New Land Shells collected by E. L. Layard, Esq. In: The Annals and Magazine of Natural History, 2nd series, Band 18, Nr. 108, 1856, S. 433–439, London Online bei www.biodiversitylibrary.org
  9. Mathias Neubauer, Thomas A. Neubauer: Opole (Poland) - a ley locality for middle Miocene terrestrial mollusc faunas. Bulletin of Geosciences 93(1): 71–146, 2018 doi:10.3140/bull.geosci.1692
  10. Andrzej Wiktor: Terrestrial gastropods of the Province of Madang in Papua-New Guinea: I. Terrestrial prosobranchia. In: Archiv für Molluskenkunde, Band 127, Nr. 1/2, 1998, S. 1–20, Frankfurt/M. ISSN 0003-9284
  11. Worldwide Mollusca Species Database - Hydrocena
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