Tungöl, auch Chinesisches Holzöl oder Elaeococcaöl genannt, ist ein Pflanzenöl aus den ölreichen Samen verschiedener südasiatischer, baumförmiger Arten der Gattung Vernicia.

Tungöl
Reife Frucht des Tungölbaums (Vernicia fordii).
Reife Frucht des Tungölbaums
Rohstoffpflanze(n) Vernicia fordii, prakt. identisch Vernicia montana; auch von Vernicia cordata[1]
Herkunft Samen
Farbe
  • bernsteinfarbig (helles Tungöl)
  • dunkelbraun (schwarzes Tungöl)
CAS-Nummer 8001-20-5
Fettsäuren in den Fetten
Ölsäure 4–18 %[2]
Linolsäure 4–15 %[3]
Linolensäure 1–3 %[3]
Palmitinsäure 2–5 %[3]
Stearinsäure 1–3 %[3]
Weitere Fettsäuren

α-Elaeostearinsäure 57–88 %[2]

Sonstige Inhaltsstoffe
Tocopherole bis 1500 mg/kg[3]
Weitere Inhaltsstoffe

Tannine, Phytosterole, Saponine[3]

Eigenschaften
Dichte 0,936–0,945 kg/l bei 15 °C[1]
Viskosität = 113 mm2/s bei 40 °C[4]
Schmelzpunkt 2–3 °C (frisches Öl);
−17 °C bis −21 °C (kurzzeitig erhitztes Öl)[5][6]
Iodzahl 147–211 (Wijs)[2]
Verseifungszahl 187–197[2]
Herstellung und Verbrauch
Produktion weltweit ca. 75.000 Tonnen (2004)[7]
Wichtigste Produktionsländer China, Argentinien, Paraguay[7]
Verwendung Pharmazie, Medizin, Technik, Industrie

Vorkommen und Herstellung Bearbeiten

In China wird meist der Tung- oder Abrasinbaum (Vernicia montana) (auch speziell als Abrasinöl)[8] und der Tungölbaum (Vernicia fordii) genutzt, in Japan Vernicia cordata (Japanisches Holzöl). Das Öl des verwandten Lichtnussbaumes (Aleurites moluccana) wird als Kukuinussöl bezeichnet, ähnlich sind auch die Öle von Reutealis trisperma (Bagilumbangöl). Es wird aus den Samen entweder kalt- oder heißgepresst erhalten.[2]

Ein ähnliches Öl, das Oiticicaöl, stammt von Licania rigida, auch von Garcia nutans wird ein solches erhalten.

Eigenschaften und Zusammensetzung Bearbeiten

Frisches Tungöl ist klar, bernsteinfarbig, geruch- und geschmacklos (kaltgepresst; white tung oil) bis dunkelbraun mit fäkalartigem Geruch (heißgepresst; black tung oil) und ist vergleichsweise dickflüssig. Der Geruch des hellen Tungöls verändert sich nach einiger Zeit, er ähnelt dann dem von ranzigem Speck, Lardöl und ist dadurch sehr charakteristisch und unangenehm.[9]

 
Die dreifach ungesättigte α-Eleostearinsäure

Von anderen Pflanzenölen unterscheidet sich Tungöl durch seine besondere chemische Zusammensetzung: Es besteht bis zu über 80 % aus den Glyceriden der α-Elaeostearinsäure, einer dreifach ungesättigten Fettsäure. Als weitere Komponenten der Triglyceride kommen Ölsäure, Palmitinsäure und Stearinsäure vor. Auf Grund geringer Anteile der in allen Wolfsmilchgewächsen enthaltenen Di- und Triterpenester ist Tungöl nicht zum Verzehr geeignet. Der Presskuchen nach der Extraktion des Öls ist ein guter Dünger, aber nicht als Tierfutter geeignet.

Tungöl weist zudem ein sehr charakteristisches Verhalten beim Erhitzen auf, das für die technischen Eigenschaften eine Rolle spielt: Wird es stark erhitzt, resultiert dies in einer starken Erhöhung der Viskosität, die zu einer Gelatinisierung führt. Dabei erhöht sich das spezifische Gewicht, während der Brechungsindex reduziert wird.

Tungöl wird seit Jahrhunderten als wasserabweisendes Öl verwendet, da es sehr tief und selbst in das dichteste Holz eindringt. Es bildet im Vergleich zu den meisten anderen oxidativen Ölen einen feinen, dauerhaften Film, der seine Elastizität behält und sich mit dem Holz bewegt.[10]

Gewinnung Bearbeiten

Das Öl wird durch das Auspressen der Samen in den reifen Früchten gewonnen, die vorher von der Schale befreit werden. Es kann sowohl warm wie auch kalt extrahiert werden. Die Kerne enthalten 50 % bis 60 % Öl.

Verwendung Bearbeiten

Im Gegensatz zu anderen pflanzlichen Ölen ist Tungöl nicht zur Ernährung geeignet. Verwendung findet es vorwiegend zur Herstellung von Lack, teils auch zur Herstellung von Seife und Linoleum, als Schmieröl und als Bindemittel in der Malerei. Auch fand es Verwendung zur Herstellung von „Lampenruß“.[11]

 
Rohes Holz (oben) verfärbt sich nach Tungöl-Behandlung gelblich-golden.

Tungöl polymerisiert und oxidiert ähnlich wie Leinöl, trocknet jedoch schneller und bildet eine harzartige, harte, matte Oberfläche. In der Malerei besteht bei alleiniger Verwendung des Tungöls eine hohe Versprödungs- bzw. Rissgefahr. Daher wird es meist in Mischung mit Leinölfirnis verwendet. Bis 20 % dem Leinölfirnis zugesetzt beschleunigt es die Trocknung und verringert die Quellung durch Wasser. Mit Leinöl gemischt wird eine besonders gute Haltbarkeit und Witterungsbeständigkeit erreicht. In geringen Mengen dem Schlussanstrich mit Leinölfarben ohne Lösemittel beigegeben erhöht es deren Glanz und Abriebfestigkeit.

In der Elektroindustrie werden elektrische Bauteile mit Tungöl bedampft, um die Wasserbeständigkeit zu erhöhen.

Weblinks Bearbeiten

Literatur Bearbeiten

  • Sabine Krist, Gerhard Buchbauer, Carina Klausberger: Lexikon der pflanzlichen Fette und Öle. Springer, 2008, ISBN 978-3-211-75606-5, S. 453–457.
  • P. S. Ku: Zur direkten Bestimmung der Elaeostearinsäure in Holzöl (Tungöl). In: Zeitschrift für analytische Chemie. 120(1-2), 1940, S. 37.
  • J. Greenfield: Lectures of the 1959 Short Course on Drying Oils. In: J. Amer. Oil Chem. Soc. 36, 1959, S. 565.
  • C. L. Franzke, Duong Tan Phuoc & E. Hollstein: Zur Fettsäure-Zusammensetzung der Samen wildwachsender vietnamesischer Ölpflanzen. In: European Journal of Lipid Science and Technology. 73(10), 1971, 639-642, doi:10.1002/lipi.19710731016.
  • Anna Schönemann, Wolfgang Frenzel, Achim Unger und Ernst Kenndler: An Investigation of the Fatty Acid Composition of New and Aged Tung Oil. In: Studies in Conservation. Vol. 51, No. 2, 2006, S. 99–110, JSTOR:20619434.

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b Ullmann's Food and Feed. Vol. 2, Wiley, 2017, ISBN 978-3-527-33990-7, S. 665, 727.
  2. a b c d e P. H. List, L. Hörhammer (Hrsg.): Hagers Handbuch der Pharmazeutischen Praxis. 4. Auflage, 7. Band: Arzneiformen und Hilfsstoffe Teil B, Springer, 1977, ISBN 978-3-642-65823-5, S. 172.
  3. a b c d e f Sabine Krist, Gerhard Buchbauer, Carina Klausberger: Lexikon der pflanzlichen Fette und Öle. Springer, 2008, ISBN 978-3-211-75606-5.
  4. Nelson Zornitta, Willian Cézar Nadaleti et al.: Evaluation of the Tung’s fruits as a possible source of sustainable energy. In: Acta Scientiarum. Technology. Maringá. 39(4), 2017, S. 487–493, doi:10.4025/actascitechnol.v39i4.29857.
  5. H. Gnamm, K. Grafe u. a.: Handbuch der Gerbereichemie und Lederfabrikation. Dritter Band: Das Leder, 1. Teil, Springer, 1936, ISBN 978-3-7091-2211-2, S. 362.
  6. E. Bames, A. Bömer u. a.: Handbuch der Lebensmittelchemie. 4. Band, Springer, 1939, ISBN 978-3-642-88819-9, S. 505.
  7. a b Reinhard Lieberei, Wolfgang Franke, Christoph Reisdorff: Nutzpflanzenkunde. 7. Auflage, Thieme, 2007, ISBN 978-3-13-530407-6, S. 430.
  8. Wolfgang Blaschek, Rudolf Hänsel u. a.: Hagers Handbuch der Pharmazeutischen Praxis. Folgeband 2: Drogen A–K, 5, Auflage, Springer, 1998, ISBN 978-3-642-63794-0, S. 62 f.
  9. Heinrich Boul, Ernst Dillan u. a.: Wissenschaftliche Veröffentlichungen aus dem Siemens-Konzern. IV. Band, 2. Hef. Springer, 1925, ISBN 978-3-662-22753-4, S. 285.
  10. Xin You Liu, Maria Cristina Timar, Anca Maria Varodi, Song Lin Yi: Tung Oil and Linseed Oil as Traditional Finishing Materials Important for Furniture Conservation. In: Pro Ligno. Vol. 11 Nr. 4, 2015, S. 571–579, online (PDF; 680 kB), auf proligno.ro, abgerufen am 10. Februar 2017.
  11. Yingxing Song, E-tu Zen Sun, Shiou-chuan Sun: Chinese Technology in the Seventeenth Century. Dover Publications, 1966, ISBN 0-486-29593-1, S. 285.