Heidelberger Schule (Philosophie)

von Dieter Henrich begründete philosophische Schule

Die Heidelberger Schule bezeichnet eine von Dieter Henrich begründete philosophische Schule, die sich mit dem Problem des Selbstbewusstseins auseinandersetzt. Der Begriff wurde in kritischer Absicht von Ernst Tugendhat eingeführt[1]:10,53.

Der Ursprung der Schule liegt in den „Heidelberger Jahren“ (1965–1981) von Dieter Henrich, in denen er sie mit seinen programmatischen philosophischen Arbeiten zusammen mit seinen Schülern Manfred Frank, Konrad Cramer und Ulrich Pothast begründete. Die „Heidelberger Schule“ ist von ihrem Ansatz breit gefächert und greift auf Traditionen des Deutschen Idealismus, des Neokantianismus, der Analytischen Philosophie und der Phänomenologie zurück[2].

Positionen Bearbeiten

Als Gründungsschrift der Heidelberger Schule gilt der 1966 von Dieter Henrich in der Festschrift für Wolfgang Cramer publizierte Aufsatz Fichtes ursprüngliche Einsicht[3]. In ihm kommt Henrich mit Fichte zu der Auffassung, dass die klassische Reflexionstheorie des Selbstbewusstseins nicht haltbar ist. Diese hatte das Selbstbewusstsein aus der expliziten Rückwendung eines (unbewussten) Bewusstseins auf sich selbst verständlich zu machen versucht[4]. Doch um sich auf sich selbst zurückwenden zu können, müsse das Selbst wissen, worauf es sich bezieht. Es müsse also bereits Selbstwissen und damit Selbstbewusstsein besitzen, wenn es sich reflexiv verhalten will. Damit gerät das Reflexionsmodell – so Fichte und mit ihm Henrich – in einen „Zirkel“[3]:14. Dadurch wird aber das Selbstbewusstsein nicht nur nicht erklärt, sondern „es gibt demzufolge gar kein Bewußtsein“[3]:14.

Literatur Bearbeiten

  • Manfred Frank: Ansichten der Subjektivität. Suhrkamp, Berlin 2012, ISBN 978-3-518-29621-9.
  • Dieter Freundlieb: Dieter Henrich and Contemporary Philosophy. The return to subjectivity. Ashgate, Aldershot [u. a.] 2003, ISBN 0-7546-1344-5.
  • James G. Hart: From Metafact to Metaphysics in „the Heidelberg School“. In: Proto sociology. Band 36, 2019, doi:10.5840/protosociology2019363.
  • Fitzerald Kennedy Sitorus: Das transzendentale Selbstbewusstsein bei Kant. Zu Kants Begriff des Selbstbewusstseins im Lichte der Kritik der Heidelberger Schule. Dissertation. Dr. Kovač, Hamburg 2018, ISBN 978-3-339-10526-4 (d-nb.info).
  • Ernst Tugendhat: Selbstbewußtsein und Selbstbestimmung. Sprachanalytische Interpretationen. Suhrkamp, Frankfurt am Main 2010, ISBN 978-3-518-27821-5 (Erstausgabe: 1979).
  • Dan Zahavi: Self-Awareness and Alterity. A Phenomenological Investigation. Evanston 1999.
  • Dan Zahavi: The Heidelberg School and the Limits of Reflection. In: Sara Heinämaa, Vili Lähteenmäki, Pauliina Remes (Hrsg.): Consciousness. From Perception to Reflection in the History of Philosophy (= Studies in the History of Philosophy of Mind. Band 4). Dordrecht 2007, S. 267–286.

Anmerkungen Bearbeiten

  1. Ernst Tugendhat: Selbstbewußtsein und Selbstbestimmung. Sprachanalytische Interpretationen. Suhrkamp, Frankfurt am Main 2010, ISBN 978-3-518-27821-5 (Erstausgabe: 1979).
  2. Dan Zahavi: Self-Awareness and Alterity. A Phenomenological Investigation. Evanston 1999, S. 17.
  3. a b c Dieter Henrich: Fichtes ursprüngliche Einsicht (= Wissenschaft und Gegenwart. Heft 34). Klostermann, Frankfurt am Main 1967 (Erstausgabe: 1966).
  4. Manfred Frank: Ansichten der Subjektivität. Suhrkamp, Berlin 2012, ISBN 978-3-518-29621-9, S. 15 f.