Fluoroform

chemische Verbindung
(Weitergeleitet von HFKW-23)

Fluoroform (Summenformel CHF3) ist ein farbloses, ungiftiges und nicht brennbares inertes Gas mit leicht etherischem Geruch. Aufgrund seiner Struktur (CHX3) ist es homolog zu Chloroform, Bromoform und Iodoform und analog benannt.

Strukturformel
Struktur von Fluoroform
Allgemeines
Name Fluoroform
Andere Namen
  • Trifluormethan
  • Fluoryl
  • HFC-23
  • TRIGON 300
  • Freon 23
  • Freon R23
  • Genetron-23
  • R23
  • FC 23
  • FE-13
Summenformel CHF3
Kurzbeschreibung

farbloses Gas mit etherischem Geruch[1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 75-46-7
EG-Nummer 200-872-4
ECHA-InfoCard 100.000.794
PubChem 6373
ChemSpider 21106179
Wikidata Q410612
Eigenschaften
Molare Masse 70,01 g·mol−1
Aggregatzustand

gasförmig

Dichte
  • 1,46 g·cm−3 (Flüssigkeit am Siedepunkt) [1]
  • 3,15 g·l−1 (0 °C)[1]
Schmelzpunkt

−155,2 °C[1]

Siedepunkt

−82,2 °C[1]

Dampfdruck
  • 2,51 MPa (0 °C)[1]
  • 3,26 MPa (10 °C)[1]
  • 4,18 MPa (20 °C)[1]
Löslichkeit

schlecht in Wasser (1 g·l−1)[1]

Dipolmoment

1,65150 D[2] (5,509 · 10−30 C · m)

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[1]
Gefahrensymbol

Achtung

H- und P-Sätze H: 280
P: 403[1]
Treibhauspotential

13856 (bezogen auf 100 Jahre)[3]

Thermodynamische Eigenschaften
ΔHf0

−695,4 kJ/mol[4]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet.
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa).

Darstellung

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Fluoroform (HFC-23) fällt bei der Produktion von Chlordifluormethan, das ein Grundprodukt für die Erzeugung von Teflon ist, als Nebenprodukt an. Im Labor kann es aus Iodoform und Quecksilber(I)-fluorid, oder aus Chloroform und Flusssäure erhalten werden:[5]

 
 

Eigenschaften

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Fluoroform ist reaktionsträge. Es reagiert nur mit stark oxidierenden Reagenzien.

Verwendung

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CHF3 findet als Lösch- und Kältemittel sowie als Prozessgas beim Trockenätzen[6] Verwendung. In der organischen Synthese kann die Verbindung als Reagenz für Difluormethylierungsreaktionen eingesetzt werden.[7][8] Diese Reaktionen verlaufen über das Difluorcarben CF2 als Intermediat.[7]

Da Fluoroform weder Chlor noch Brom enthält, greift es die Ozonschicht nicht an. Gegenwärtig enthält die Atmosphäre etwa 200.000 Tonnen Fluoroform. Es wirkt als Treibhausgas etwa 14.000-mal so stark wie Kohlendioxid. Daher ist Fluoroform im Kyoto-Protokoll als „wasserstoffhaltiger Fluorkohlenwasserstoff“ benannt, dessen Emission reduziert werden muss.

Das Treibhausgas HFC-23 sollte nach Angaben der beiden Hauptproduzenten, China und Indien, bis 2017 so gut wie nicht mehr in die Atmosphäre gelangen. Tatsächlich haben Atmosphärenforscher unter Federführung der Universität Bristol aber Rekordwerte gemessen. Wie das internationale Team im Januar 2020 berichtet, sind die Emissionen jedoch weiter angestiegen und hätten 2018 einen Rekordwert erreicht.[9]

Handel mit Emissionsrechten für HFC-23

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In die Schlagzeilen geriet dieser Stoff 2010, als bei Nachforschungen zu den Klimazertifikaten, die nach Einsparen von Emissionen dieses Stoffes verkauft werden können, nach Angaben des Fernsehmagazins Monitor getrickst wurde: Im Austausch für Einsparungen hauptsächlich indischer und chinesischer Chemiefabriken bei der Produktion von Fluoroform (HFC-23) erkauften sich deutsche Kohlekraftwerksbetreiber die Möglichkeit, deutlich mehr Kohlenstoffdioxid zu produzieren. Dies wurde durch Nachverfolgung der schwankenden Emissionsmengen von HFC-23 eruiert.[10]

Im August 2015 wurde bekannt, dass auch im Zusammenhang mit HFC-23-Emissionsmengen in Russland um 2011 getrickst wurde. Werke wurden mit staatlicher Duldung in einem Jahr ineffizienter mit gesteigertem Ausstoß von Treibhausgas betrieben, um im Folgejahr durch bloß wirtschaftlichen Normalbetrieb Erlöse aus dem Verschmutzungszertifikatehandel zu erzielen. Schon vor 2013 hat die EU den Handel mit HFC-23-Zertifikaten unterbunden. Für das Pariser Klimaabkommen hofften Experten und das deutsche Bundesumweltministerium auf internationale Kontrolle bei der Projektauswahl.[11][12][13]

Ersatzstoff für die Kältetechnik

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R-469A, eine Stoffmischung aus R-744 und R-410A, ist ein klimaschonender Ersatzstoff. Das CO2-Äquivalent (GWP) von R-469A beträgt mit 1357 weniger als ein Zehntel des CO2-Äquivalents von R-23 (GWP von 14800[14]). Damit ist dieses Kältemittel unbegrenzt zugelassen gemäß EU-Verordnung 517/2014.[14] Diese Vorschrift erlaubt Gase mit CO2-Äquivalenten über 2500 in stationären industriellen Kältesystemen nur für Anwendungen unter −50 °C.

Vorsichtsmaßnahmen

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Das Gas sollte nicht eingeatmet werden, da es Atemstillstand verursachen kann. Ab etwa 20 Volumenprozent in der Atemluft tritt eine narkotisierende Wirkung ein (siehe Sicherheitsdatenblatt). Nach NFPA- und ISO-Anwendungsnormen ist der NOAEL bei 30 Volumenprozent.

Literatur

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  • Fred Pearce: Grim surprise – News of a powerful greenhouse gas came too late for Kyoto. In: New Scientist. Nr. 2120, Februar 1998 (newscientist.com).

Einzelnachweise

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  1. a b c d e f g h i j k Eintrag zu Trifluormethan in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 18. Februar 2017. (JavaScript erforderlich)
  2. David R. Lide (Hrsg.): CRC Handbook of Chemistry and Physics. 90. Auflage. (Internet-Version: 2010), CRC Press / Taylor and Francis, Boca Raton FL, Dipole Moments, S. 9-58.
  3. G. Myhre, D. Shindell et al.: Climate Change 2013: The Physical Science Basis. Working Group I contribution to the IPCC Fifth Assessment Report. Hrsg.: Intergovernmental Panel on Climate Change. 2013, Chapter 8: Anthropogenic and Natural Radiative Forcing, S. 24–39; Table 8.SM.16 (englisch, ipcc.ch [PDF]).
  4. David R. Lide (Hrsg.): CRC Handbook of Chemistry and Physics. 90. Auflage. (Internet-Version: 2010), CRC Press / Taylor and Francis, Boca Raton FL, Standard Thermodynamic Properties of Chemical Substances, S. 5-19.
  5. G. Brauer (Hrsg.), Handbook of Preparative Inorganic Chemistry 2nd ed., vol. 1, Academic Press 1963, S. 204–5.
  6. Patent EP0907402: Method of removing, from a stream of gas, fluorinated compounds which contribute to destruction of the ozone layer and/or changes in climate, and use of the method. Veröffentlicht am 23. Mai 2001, Erfinder: Walter Holzinger, Eckard Kopatzki, Karl Markert, Christoph Scholz.
  7. a b Köckinger, M.; Ciaglia, T.; Bersier, M.; Hanselmann, P.; Gutmann, B.; Kappe, C.O.: Utilization of fluoroform for difluoromethylation in continuous flow: a concise synthesis of α-difluoromethyl-amino acids in Green Chem. 2018, doi:10.1039/C7GC02913F, open access.
  8. Gutmann,B.; Köckinger, M.; Glotz, G.; Ciaglia, T.; Slama, E.; Zadravec, M.; Pfanner, S.; Maier, M.C.; Gruber-Wölfler, H.; Kappe, C.O.: Design and 3D printing of a stainless steel reactor for continuous difluoromethylations using fluoroform in React. Chem. Eng. 2 (2017) 919–927, doi:10.1039/c7re00176b, open access.
  9. Dr. Anke Sauter: Weiterer Anstieg von starkem Treibhausgas gemessen. Pressemitteilung der Goethe-Universität Frankfurt am Main, 24. Januar 2020 (abgerufen am 28. Januar 2020)
  10. Monika Wagener, Lutz Polanz, Kristian Lüders: Klimahandel statt Klimawandel: Wird der Klimaschutz zur Farce? In: DasErste.de – Monitor. 22. August 2010, archiviert vom Original am 22. August 2010; abgerufen am 28. April 2022.
  11. Von höchsten Kreisen gedeckt: Millionen mit Klimatricks erschwindelt, orf.at, 25. August 2015. Abgerufen am 25. August 2015.
  12. Klimaschutz – Gelddrucken im Treibhaus, sueddeutsche.de, 24. August 2015. Abgerufen am 25. August 2015.
  13. Lambert Schneider, Anja Kollmuss: Perverse effects of carbon markets on HFC-23 and SF6 abatement projects in Russia. In: Nature Climate Change. Band 5, Nr. 12, 2015, S. 1061–1063, doi:10.1038/nclimate2772.
  14. a b Verordnung (EU) Nr. 517/2014 Verordnung (EU) Nr. 517/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über fluorierte Treibhausgase und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 842/2006, abgerufen am 25. Februar 2020