Gruppenrechte

im Völkerrecht und in der Moral- und Rechtsphilosophie Rechte, die nicht einem einzelnen, sondern einer Gruppe insgesamt zustehen und von dieser geltend gemacht werden können

Als Gruppenrechte (Jura consortii) werden in der Moral- und Rechtsphilosophie sowie im Völkerrecht bestimmte subjektive Rechte bezeichnet, deren Rechtsträger eine Gruppe als solche ist.[1]

Begriffliche Unterscheidungen

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Im Gegensatz zu Individualrechten handelt es sich damit beim Rechtsträger nicht um ein Individuum, sondern um ein (wie auch immer geartetes) Kollektiv. Gruppenrechte sind auch von sog. Kollektivrechten oder „kollektiven Rechten“ zu unterscheiden, welche zwar auch nur im Kollektiv ausgeübt werden können, deren Rechtsträger jedoch nach wie vor Individuen sind.[2] Rechte, die mit der Mitgliedschaft in einem Verein oder einer Institution (etwa das Recht, eine Sportanlage zu gebrauchen), oder aber auch mit einer Bevölkerungsgruppe zusammenhängen (bspw. das Wahlrecht in einem bestimmten Wahlkreis, oder die Rechte von Mietern oder Arbeitern), sind typischerweise als Individualrechte konzipiert und fallen damit nicht in die Kategorie der Gruppenrechte.[1]

Bedeutung

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Verschiedene Rechtssysteme beinhalten Rechte, deren Träger eine Gruppe ist. Beispiele hierfür sind "Völker",[3] "indigene Völker",[4] "Minderheiten".[5] Im Völkerrecht ist insbesondere das Selbstbestimmungsrecht der Völker, verankert in der UN-Charta (Art. 1 Abs. 2) und im Art. 1 der beiden internationalen Menschenrechtspakte[6], erwähnenswert. Daneben sind gewisse Rechte indigener Völker[7] als Gruppenrechte anerkannt.[8] Insgesamt ist festzustellen, dass das Rechtssubjekt recht unklar und veränderlich ist. Dies ist auch ein typischer Ansatzpunkt der Kritik an den Gruppenrechten.

Philosophische Kritik

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Gruppenrechte sind in der philosophischen Literatur umstritten.[9] Zum Teil zielt die Kritik gegen einzelne Beispiele von Gruppenrechten, etwa dem Selbstbestimmungsrecht der Völker, weit häufiger wird jedoch das Konzept als solches in Frage gestellt. Von liberaler Seite wird das Konzept oft als Angriff auf den Individualismus gewertet und Gruppenrechte als Gefahr für Individualrechte verstanden. Besonders ausgeprägt ist die liberale Kritik an den Gruppenrechten, wenn diese Menschenrechts-Qualität beanspruchen. In diesem Fall wird der Schutz der Individuen durch die Menschenrechte gegen die Macht des Staats (eines Kollektivs) durch den behaupteten gleichwertigen Schutz eines Kollektivs wieder in Frage gestellt. Allerdings stellen auch Gruppenrechte oft einen Schutz für benachteiligte Gruppen innerhalb eines Staates gegenüber dessen Übermacht dar. Ob diese Frage im Allgemeinen beantwortet werden kann, ist fraglich.

Literatur

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  • Peter Jones: Group Rights. In: Edward N. Zalta (Hrsg.): Stanford Encyclopedia of Philosophy.
  • Julia Kriesel: Peoples' Rights: Gruppenrechte im Völkerrecht: Theorie und Praxis des kollektiven Menschenrechtsschutzes in Afrika, Amerika und Europa. In: Jus internationale et Europaeum. Nr. 162. Mohr Siebeck, Tübingen 2020, ISBN 978-3-16-157721-5 (Dissertation, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, 2018).
  • Nicola Wenzel: Group Rights. In: Max Planck Encyclopedias of International Law. 1. Januar 2011, abgerufen am 6. April 2021 (englisch).
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Einzelnachweise

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  1. a b Vgl. P. Jones, Human Rights, Group Rights, and Peoples' Rights, 21 Human Rights Quarterly (1999), S. 80.
  2. P. Jones (2010), "Cultures, Group Rights, and Group-Differentiated Rights", in: M. Dimova-Cookson und P.M.R. Stirk (eds.), Multiculturalism and Moral Conflict (Routledge Innovations in Political Theory, vol. 35, Routledge, New York), S. 38–57, insb. 39 ff. ISBN 0-415-46615-6
  3. Vgl. P. Alston (ed.), Peoples’ Rights (The Collected Courses of the Academy of European Law, vol. IX/2, Oxford University Press, Oxford 2002) ISBN 0-19-924365-4; und J. Crawford (ed.), The Rights of Peoples (Clarendon Press, Oxford 1988). ISBN 0-19-825624-8
  4. Vgl. S. J. Anaya, Indigenous Peoples in International Law (2nd edn., Oxford University Press, Oxford 2004). ISBN 019517349X
  5. Der internationale Minderheitenschutz ist jedoch weitgehend individualistisch. Siehe für den europäischen Kontext R. Hofmann (1997): Minority Rights: Individual or Group Rights? A Comparative View on European Legal Systems. In: German Yearbook of International Law 40, S. 356–382.
  6. Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte, sowie Internationaler Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte.
  7. Vgl. etwa Art. 6 Abs. 1, Art. 8 Abs. 2 und Art. 14 der ILO Konvention No. 169.
  8. Bisaz, Corsin (2012), The Concept of Group Rights in International Law. Groups as Contested Right-Holders, Subjects and Legal Persons (The Raoul Wallenberg Institute of Human Rights Library, vol. 41, Martinus Nijhoff Publishers, Leiden/Boston), p. 7–12. ISBN 978-9004-22870-2
  9. Eine nützliche Übersicht vermittelt der Eintrag Group Rights in der Stanford Encyclopedia of Philosophy.