Das Gefecht von Otavifontein (auch Otavifontain) bzw. Schlacht von Otavi fand am 1. Juli 1915 zwischen den Streitkräften der Südafrikanischen Union und der Schutztruppe für Deutsch-Südwestafrika statt.

Gefecht von Otavifontein
Teil von: Erster Weltkrieg in Südwestafrika
Datum 1. Juli 1915
Ort bei Otavi, Deutsch-Südwestafrika
Ausgang Sieg der Südafrikanischen Union
Konfliktparteien

Deutsches Reich Deutsches Reich

Sudafrika 1912 Vereinigtes Konigreich Südafrikanische Union

Befehlshaber

Major Hermann Ritter

Sudafrika 1912 Vereinigtes KonigreichVereinigtes Königreich General Louis Botha

Truppenstärke

ca. 1000

ca. 3500

Verluste

3 Tote
8 Verwundete
20 Gefangene[1]

4 Tote
7 Verwundete

Es war die letzte größere Auseinandersetzung des Südwestafrika-Feldzugs des Ersten Weltkriegs. Das Rückzugsgefecht zwischen dem Gross-Otavi und Otavifontein war eine Verzögerungsaktion unter der Führung des deutschen Majors Hermann Ritter. Ritters Truppen wollten den deutschen Hauptstreitkräften in Tsumeb mehrere Tage Zeit verschaffen, um ihre Stellungen zu verstärken. Da es den Angreifern unter Führung von General Botha schnell gelang, Ritters Truppen in die Flucht zu schlagen, brachen die deutschen Linien zusammen, was den Feldzug faktisch beendete.

Vorgeschichte Bearbeiten

Seit Ausbruch des Ersten Weltkriegs sahen sich die deutschen Schutztruppen einer britisch-südafrikanischen Übermacht konfrontiert. Trotz des Achtungserfolgs bei der Schlacht bei Sandfontein im September 1914 schien der Fall der Kolonie nur eine Frage der Zeit zu sein. Bereits Mitte 1915 hatte der südafrikanische Vormarsch in Deutsch-Südwestafrika erheblich an Boden gewonnen. Bemühungen um einen Waffenstillstand waren gescheitert. Anstatt eine Entscheidungsschlacht zu suchen, beschloss der deutsche Befehlshaber Victor Franke, seine Armee so intakt wie möglich zu halten, um den deutschen Anspruch auf das Gebiet auch nach Kriegsende aufrechtzuerhalten. Doch statt sich auf einen Guerillakrieg einzulassen oder zu versuchen, aus Deutsch-Südwestafrika auszubrechen, beschloss Franke, sich entlang der Eisenbahnlinie zurückzuziehen und um die Bergbaustadt Tsumeb herum Verteidigungsanlagen zu errichten.[2] Da die südafrikanische Armee unter Louis Botha sich rasch näherte, beschloss Franke, Truppenteile unter seinem Stellvertreter Major Ritter in Otavifontein zurückzulassen, die den Vormarsch aufhalten sollten. Diese Nachhut hatte die Aufgabe, Botha so lange wie möglich aufzuhalten, damit die deutschen Hauptstreitkräfte in Tsumeb ihre Kräfte konzentrieren und ihre Verteidigung dort verstärken konnten.[3]

Botha begann seinen Vormarsch am 18. Juni, als er aus abgefangenen Nachrichten erfuhr, dass sich die Deutschen über die Eisenbahnlinie zurückzogen, aber nicht weiter als bis Namutoni vorstoßen würden. Botha teilte seine 13.000 Mann starke Truppe in vier Kolonnen auf, von denen eine auf jeder Flanke und zwei unter seinem persönlichen Kommando entlang der Bahnlinie vorstießen.[2] Mit einem schnellen Vorstoß begannen die Südafrikaner die deutschen Stellungen einzukesseln. Bothas mittlere Kolonnen erreichten Otavi bis zum 1. Juli. Die Deutschen glaubten, dass Bothas Vormarsch durch Wassermangel und unwegsames Gelände behindert werden würde und waren auf den drohenden südafrikanischen Angriff schlecht vorbereitet. Botha verfügte über 3500 Mann Kavallerie. Ritters Truppe umfasste etwa 1000 Mann Infanterie und zehn Maschinengewehre. Ritters Truppen waren zwar zahlenmäßig stark unterlegen, hatten aber den Vorteil der Höhenlage, da das von ihnen verteidigte Gebiet sehr gebirgig war. Trotz dieses Vorteils befürchtete Ritter die Einkesselung und verteilte daher seine Truppen, um seine Verteidigungslinie zu verlängern.[1]

Verlauf Bearbeiten

Da Ritters Verteidigungslinie nun sehr lang war, konnten sich seine Flanken nicht gegenseitig unterstützen. Dies und die Tatsache, dass er nicht über genügend Kräfte verfügte, um eine so breite Verteidigungslinie angemessen zu bemannen, führte dazu, dass seine linke Flanke ins Wanken geriet, als die südafrikanischen Truppen auf sie vorstießen. Aus Angst, dass seine Linien durchbrochen werden könnten, zog sich Ritter auf die Hügel von Otavifontein und die Otaviberge zurück. Obwohl diese neuen Stellungen hoch gelegen waren, hatten die Deutschen dort keine Befestigungen vorbereitet. Da sie auch keine Artillerie und keine festen Verteidigungsstellungen zur Verfügung hatten, zogen sich die deutschen Truppen unter dem Druck von Bothas Truppen leicht zurück. Um 13.00 Uhr war die Schlacht beendet, und Ritter zog sich auf Stellungen in der Nähe von Ghaub zurück, so dass Botha freie Bahn zum deutschen Hauptverband in Tsumeb hatte.[1]

Eugen Mansfeld, der als Reserveleutnant der deutschen Streitkräfte an der Schlacht teilnahm, gab Franke die Schuld an der deutschen Niederlage. Mansfeld erklärte, dass Major Ritter bei Otavifontein eine ausgezeichnete Verteidigungsposition eingenommen hatte. Franke hingegen sei am Morgen des 28. Juni 1915 mit seinem Stabsoffizier eingetroffen und ordnete eine Neuaufstellung von Ritters Truppen südlich der ursprünglichen Position an. So wurden Ritters drei Artilleriebatterien voneinander getrennt und die Truppenkompanien blieben weit verstreut und ohne logische Ordnung zurück. Mansfeld vermutete, dass die südafrikanischen Truppen, die nicht in der Lage waren, Wasser mit der Eisenbahn zu transportieren, gezwungen gewesen wären, sich zur nächstgelegenen Wasserstelle zurückzuziehen, was zu schweren Verlusten bei den Pferden geführt hätte, wenn sich die Deutschen an Ritters ursprünglichen Plan gehalten hätten.[4]

Folgen Bearbeiten

Der südafrikanische Vormarsch verzögerte sich nur um einen Tag und forderte lediglich vier Tote und sieben Verwundete. Die Deutschen waren geflohen, ohne sich engagiert zu verteidigen. Die deutsche Nachhut hatte auch nur geringe Verluste zu verzeichnen und blieb intakt. Das Hauptziel, eine Verzögerung des südafrikanischen Vormarschs von zwei Tagen zu erreichen, war dennoch komplett gescheitert. Frankes unvorbereitete Truppen wurden nun fast eingekesselt. Die deutschen Truppen zogen sich auf die Farm Khorab zurück, wo sie am 4. Juli 1915 eine Verteidigungsstellung um das Farmhaus und den Stausee errichteten.[5] Nördlich von dort kam es mit dem Gefecht von Ghaub auch zum allerletzten Scharmützel mit den südafrikanischen Truppen.

Da es nunmehr keine Möglichkeit gab, weiter entlang der Eisenbahnlinie zu entkommen und der allgemeine Wille fehlte, eine andere Vorgehensweise zu verfolgen, hatte Franke keine andere Wahl, als sich am 9. Juli 1915 an Botha zu ergeben, ganz in der Nähe des Ortes, wo Major Ritter acht Tage zuvor den Vormarsch Bothas aufzuhalten versuchte. Damit war der gesamte deutsche Widerstand in Südwestafrika endgültig beendet.[6] Mit Franke ergaben sich der Großteil der deutschen Schutztruppe, etwa 4000 Mann, sowie der Gouverneur der Kolonie Theodor Seitz. An diese Kapitulation erinnert seit 1973 das Khorab-Denkmal.

Bewertung Bearbeiten

Botha errang seinen Sieg in vergleichsweise kurzer Zeit. Im Vergleich zum europäischen Kampfschauplatz liefen die Gefechte und Schlachten im südlichen Afrika dynamischer und mit weitaus weniger Verlusten ab. Das Gefecht bei Otavifontain ist vor dem Hintergrund der beteiligten Soldaten besonders verlustarm für beide Seiten. So betrug die Gesamtzahl aller Verluste knapp 20, bei 20 zusätzlichen deutschen Gefangenen. Dies ist vor allem daher interessant, da dieses Gefecht den entscheidenden Zusammenbruch der deutschen Abwehrbemühungen darstellt und folglich zum Verlust der gesamten Kolonie führte.[7]

Siehe auch Bearbeiten

Literatur Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b c Strachan, Hew Strachan (2001). The First World War: To Arms, Oxford University Press, New York, ISBN 9780199261918 S. 267
  2. a b Keith, Arthur Berriedale (1921). War government of the British dominions, Humphrey Milford, S. 116
  3. 1/7/1915 German South West Africa: the end is nigh, abgerufen am 24. April 2022.
  4. Mansfeld, Eugen (2017). The Autobiography of Eugene Mansfeld: A Settler's Life in Colonial Namibia, Jeppestown Press, London, ISBN 978-0-9570837-5-2 S. 138
  5. Mansfeld, Eugen (2017). The Autobiography of Eugene Mansfeld: A Settler's Life in Colonial Namibia, Jeppestown Press, London, ISBN 978-0-9570837-5-2 S. 141
  6. Strachan, Hew Strachan (2001). The First World War: To Arms, Oxford University Press, New York, ISBN 9780199261918 S. 167
  7. 1/7/1915 German South West Africa: the end is nigh, abgerufen am 24. April 2022.