Evangelisch-reformierte Kirche Göttingen

Kirchengebäude in Göttingen, Niedersachsen

Die Evangelisch-reformierte Kirche Göttingen ist das Gotteshaus der seit dem 18. Jahrhundert bestehenden, derzeit rund 2.000 Mitglieder umfassenden evangelisch-reformierten Gemeinde der Stadt Göttingen in Niedersachsen. Ihre Adresse ist Untere Karspüle 10A im Norden der Göttinger Altstadt, im ehemaligen Reichhelmschen Garten.

Straßenfassade

Architektur und Ausstattung Bearbeiten

 
Innenraum
 
Eingangsportal

Die Pläne zu dem Gebäude stammten von Universitätsbaumeister Johann Michael Müller, dessen architektonisches Hauptwerk der Kirchenbau ist. Die Grundsteinlegung erfolgte am 10. Mai 1752. Am 11. November 1753 wurde der erste Gottesdienst in der Kirche gefeiert. In seiner Form folgt das spätbarocke Gebäude dem Typ des temple, wie die französischen Hugenottenkirchen genannt werden.

Es handelt sich um einen schlichten kubischen Saalbau als Querkirche von 20 Metern Länge, 13,50 Metern Breite und 16 Metern Firsthöhe. An der Südwestseite fasst ein kleiner, rechteckiger Anbau das Treppenhaus zur Kanzel. Auf dem Walmdach erhebt sich ein 6,80 Meter hoher Dachreiter als Glockentürmchen.

Die Innenraumgestaltung spiegelt vielfach die reformierte Theologie wider, die insbesondere das biblische Bilderverbot „Du sollst Dir kein Bild machen …“ (2 Mos 20,4 GNB) strikt beachtet und daher die Kirche lediglich als Ort der Predigt und Versammlung, nicht aber als „heiligen Ort“ betrachtet und auch dem Pastor keine besondere Stellung gegenüber den anderen Gläubigen einräumt. Entsprechend ist der aus der Erbauungszeit erhaltene und in Weiß gehaltene Innenraum mit rund 204 Quadratmetern Fläche und acht Metern Höhe typisch nüchtern gestaltet: Es gibt weder Kreuz oder Heiligenbilder. Gegenüber der Eingangswand des Raumes dominiert die über einem einfachen Tischaltar platzierte und von einem Säulenbaldachin gerahmte Kanzel den Raum, die ansteigenden weißen Sitzbänke sind zusammen mit Orgel und Kanzel kreisförmig um den Mittelpunkt des Saals gruppiert. Die Orgel steht gegenüber dem Abendmahlstisch hoch in der ehemaligen Fürstenloge.

Geschichte der Gemeinde Bearbeiten

Bereits 1529 war die Stadt Göttingen im Kurfürstentum Braunschweig-Lüneburg lutherisch geworden. Mit dem Zustrom hugenottischer Glaubensflüchtlinge aus Frankreich diversifizierte sich jedoch der Protestantismus in der Region, und im Zuge dessen entstanden auch erste reformierte Gemeinden in den lutherisch geprägten deutschen Ländern. Nachdem in Göttingen zunächst die Zusammenkunft der Reformierten nur in Privathäusern geduldet worden war, entstand 1748 auf Betreiben des Schweizers Albrecht von Haller, der damals als Professor für Medizin an der Universität Göttingen tätig war, die evangelisch-reformierte Gemeinde.

1928 zählte sie zu den Gründungsmitgliedern des Bundes Evangelisch-reformierter Kirchen Deutschlands, blieb aber weiterhin selbstständig. In einer Urabstimmung entschied sich die Gemeinde 2011 dafür, der Evangelisch-reformierten Kirche beizutreten.

Aktuell (Januar 2023) ist Michael Ebener Pastor der Kirchengemeinde.[1]

Orgel Bearbeiten

 
Ott-Orgel von 1969

Die heutige Orgel ist das vierte Instrument der Kirche. Das Werk von Paul Ott aus dem Jahr 1969 besitzt 15 Register auf zwei Manualen und Pedal.

Johann Tobias und Johann Justus Hansen stellten 1767 eine Orgel fertig, die über 14 Register auf einem Manual und Pedal verfügte. Sie tat bis 1859 ihren Dienst und wurde dann ersetzt. Zunächst schlug Carl Giesecke einen Neubau vor, der aber nicht zur Ausführung kam. Stattdessen erwarb die Gemeinde eine gebrauchte Orgel aus Stöckheim (Northeim), die 1816–1817 von Johann Dietrich Kuhlmann gebaut worden war. Giesecke überführte sie 1860 nach Göttingen und disponiert sie um. 1913/1914 schufen Furtwängler & Hammer ein weitgehend neues Innenwerk mit zusätzlichem Brustwerk und insgesamt 14 Registern auf pneumatischen Windladen. Dabei wurde teils altes Pfeifenwerk übernommen. Das Gehäuse von 1817 wurde um seitliche Anbauten erweitert, die durch Vorhänge verdeckt waren. Paul Ott reparierte das Instrument und nahm klangliche Änderungen vor. 1958 legte Ott Pläne für einen Neubau vor, die 1969/1970 in abgewandelter Form ausgeführt wurden. Der obere Teil des Prospekts in nochmals veränderter Form und ein Register von 1817 sind erhalten. Das Gehäuse wurde bis zur Decke angehoben, die bekrönenden hölzernen Vasen wurden entfernt und oberhalb des Pfeifenflachfelds ein zweites Feld mit Blindpfeifen angebracht, um dem Ideal des „Hamburger Prospekts“ näherzukommen.[2] Der Orgelbauer Ingo Kötter führte 1997 eine Renovierung durch, erhöhte den Winddruck und nahm eine Neuintonation vor. Die Disposition lautet wie folgt:[3]

I Hauptwerk C–f3
Prinzipal 8′
Holzflöte 8′
Oktave 4′
Gemshorn 2′
Mixtur III–V
II Brustwerk C–f3
Gedackt 8′
Rohrflöte 4′
Prinzipal 2′
Zimbel I 23
Musette 8′
Tremulant
Pedal C–f1
Subbass 16′
Oktavbass 8′
Quintadena 4′
Rauschpfeife II 113′+2′
Trompete 8′

Literatur Bearbeiten

  • Jochen Pitsch: Die Evangelisch-Reformierte Gemeinde Göttingen und ihre Kirche; Broschüre der Kirchengemeinde von 1999
  • Iris Manso: „Gott dem Erlöser und den Gottesdiensten der Reformierten gewidmet 1753“. Die spätbarocke Evangelisch-Reformierte Kirche in Göttingen. Zugleich Dissertation 2007 an der Universität Göttingen, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2009, ISBN 978-3-525-28000-3[4]

Weblinks Bearbeiten

Commons: Evangelisch-reformierte Kirche Göttingen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Lernen Sie uns kennen. In: goettingen.reformiert.de. Evangelisch-Reformierte Gemeinde Göttingen, abgerufen am 29. Januar 2023.
  2. Karl Heinz Bielefeld: Orgeln und Orgelbauer in Göttingen. Pape Verlag, Berlin 2007, ISBN 978-3-921140-75-8, S. 45.
  3. Informationen zur Orgel und -geschichte auf organindex.de. Abgerufen am 17. Oktober 2021.
  4. Vergleiche die Angaben nebst Inhaltsverzeichnis im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek

Koordinaten: 51° 32′ 12,5″ N, 9° 56′ 7,8″ O