Ernst Albert Fabarius

deutscher Kolonialwissenschaftler

Ernst Albert Fabarius (* 15. September 1859 in Saarlouis; † 28. Oktober 1927 in Witzenhausen) war ein deutscher Kolonialwissenschaftler.

Büste von Fabarius im Innenhof der ehemaligen Deutschen Kolonialschule in Witzenhausen

Geboren als Sohn einer alten evangelischen Pfarrersfamilie besuchte Fabarius von 1873 bis 1881 die Klosterschule in Roßleben und studierte in Bonn, Berlin, Tübingen und Halle Theologie, Nationalökonomie, Staatswissenschaften, Geographie und Geschichte. Während seines Studiums wurde er 1885 Mitglied des Vereins Deutscher Studenten Tübingen.[1] Im Jahre 1891 trat er die Stelle eines Divisionspfarrers in Koblenz an.

In Koblenz beschäftigte sich Fabarius als Sekretär des Rheinischen Verbands des Evangelischen Afrika-Vereins, wie auch als Schriftführer der Deutschen Kolonialgesellschaft, bereits sehr aktiv mit kolonialpolitischen Fragen. So sprach er als Schriftleiter auf der Jahresversammlung 1895 von den Arbeiten und Zielen des Evangelischen Afrika-Vereins, näherhin „von der in Angriff genommenen Errichtung einer Sklavenfreistätte, wo die Flüchtlinge zu tüchtigen Handwerkern und Ackerbauern herangebildet werden sollten, von der Notwendigkeit von Krankenhäusern und Ärzten, nicht minder von Erziehungsanstalten, um die Jugend heranzubilden, u. s. w.“[2] Zuvor hatte er in einer Rezension von Waldemar Werthers Bericht über dessen Expedition von 1892/93 im Auftrag eines Antisklavereikomitees die „schier ununterbrochene Reihe von blutigen Kämpfen“ kritisiert, „deren Notwendigteit meist nicht ersichtlich“ sei,[3] und dies „Eingeborenen gegenüber, die völlig in ihrem Rechte waren, wenn sie es nicht begriffen, warum sie in majorem gloriam [d. h. ‚zur höheren Ehre‘] sog. europäischer Civilisation sich von einem beliebigen Privatmann aus Europa in ihrem Rechtsbewußtsein sollten beeinträchtigen lassen“. Bei Anerkennung des Standpunkts von Werther, fährt Fabarius fort, „ließe sich schließlich auch der eigenartige Heroismus eines Cortez, eines Pizzaro [!] rechtfertigen, obwohl doch bis auf den heutigen Tag in den Folgen klar zu Tage liegt, wie unheilvoll das Vorgehen jener gewesen ist, obgleich sie sich auch als Vertreter einer höheren Kultur ansahen, ja sogar im Dienste des Kreuzes zu stehen vorgaben und mit dem Segen der Kirche ihre Kämpfe fochten.“[4]

Daneben befasste er sich mit der Frauenfrage, zu deren Lösung er eine „allgemeine weibliche Dienstpflicht“ vorschlug und als „Forderung der Gerechtigkeit gegen das dem männlichen gleichwertige Frauengeschlecht“ dafür plädierte, den Frauen „überhaupt den Zugang zum Universitätsstudium in irgendeiner Weise zu ermöglichen“.[5]

Seit 1895 verfolgte Fabarius aktiv den Gedanken zur Gründung einer Ausbildungsstätte für Siedler und Plantagenbeamte in den Kolonien. Nachdem dieses Vorhaben realisiert worden war, zog er im März 1899 nach Witzenhausen, um als Gründungsdirektor und Dozent für Kolonialwirtschaft, Völkerkunde und Kultur- und Kolonialgeschichte an der Deutschen Kolonialschule für Landwirtschaft, Handel und Gewerbe zu wirken. Diese Stellung hat er bis zu seinem Tode bekleidet. Auch nach dem Amtsantritt engagierte er sich in theologischem Umfeld; so hielt er 1902 bei der 15. Hauptversammlung des Evangelischen Bundes einen Vortrag mit dem Titel „Ziele und Thätigkeit des Evangelischen Hauptvereins für deutsche Ansiedler und Auswanderer“.[6] Im Jahre 1906 wurde Fabarius zum Professor ernannt. Als solcher trat er als Unterstützer der von dem jüdischen Augenarzt Ludwik Lejzer Zamenhof initiierten Esperanto-Bewegung in Erscheinung.[7] Zwischen April und Juli 1910 unternahm er zum ersten und einzigen Mal eine Studienreise in die Kolonien (Deutsch-Südwestafrika). Fabarius starb „nach schwerem Leiden“ am 28. Oktober 1927 in Witzenhausen und wurde drei Tage später in der Kapelle der Deutschen Kolonialschule beigesetzt.[8]

In Koblenz heiratete Fabarius am 15. März 1892 Margarete Lilly. Von den aus der Ehe hervorgegangenen Kindern lebten 1927 noch Annemarie, Gertraut und Ernst-Immo.[8] Die Söhne Heinrich und Friedrich Wilhelm sind im Ersten Weltkrieg 1915 in Litauen[9][10] bzw. 1918 in Frankreich[11] gefallen.

Ehrungen

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  • Aufstellung einer Porträtbüste im Innenhof der ehemaligen Deutschen Kolonialschule Witzenhausen.[12]
  • Fabariusstraße in Witzenhausen.[13]

Schriften

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  • Die allgemeine weibliche Dienstpflicht. Ein Vorschlag und Beitrag zur Lösung der Frauenfrage. Baedeker, Essen 1895. (books.google.de)
  • Deportation von Verbrechern nach den deutschen Kolonien. Berlin 1896.
  • Eine Deutsche Kolonialschule. Denkschrift. Coblenz 1897.
  • Die Völkerkunde und die Kolonialwissenschaft. In: Der deutsche Kulturpionier. Jg. 1, Nr. 3, 1900/1901, S. 45–49.
  • Kolonisierung und Missionierung in ihrer geschichtlichen Wechselwirkung. In: Der deutsche Kulturpionier. Jg. 2, Nr. 2, 1901/1902, S. 51–61.
  • Die Deutsche Kolonialschule und ihre Aufgabe (mit Abb.). In: Westermanns Monatshefte. Bd. 103/2, Januar 1908, S. 587–596 (archive.org).
  • Ausbildung für den Kolonialdienst. In: Jahrbuch über die deutschen Kolonien. Band 2, 1909, S. 135–148.
  • Neue Wege der deutschen Kolonialpolitik nach dem Kriege. Curtius, Berlin 1916 (nbn-resolving.de, Staats- und Universitätsbibliothek Bremen).

Herausgeberschaften

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  • Der deutsche Kulturpionier. Zeitschrift der Deutschen Kolonialschule Wilhelmshof für die Kameraden, Freunde und Förderer (von 1900 bis 1926).[14]
  • Unsere Lieder. Liedersammlung. Selbstverlag Deutsche Kolonialschule, Witzenhausen 1914.[15]

Literatur

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  • 40 Jahre Deutsche Kolonialschule Witzenhausen. Festschrift zum 40jährigen Bestehen der Deutschen Kolonialschule Witzenhausen 1898–1938. Bearb. von [Jakobus] Onnen und [Karl] Poltke. Selbstverlag Deutsche Kolonialschule, Witzenhausen 1938, passim (publikationen.ub.uni-frankfurt.de, PDF).
  • Marianne Harries: Fabarius, Ernst Albert. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 4, Duncker & Humblot, Berlin 1959, ISBN 3-428-00185-0, S. 717 f. (Digitalisat).
  • Jens Böhlke: Zur Geschichte der Deutschen Kolonialschule in Witzenhausen – Aspekte ihres Entstehens und Wirkens. (= Schriften des Werratalvereins in Witzenhausen. Heft 29). 1995.
  • Eckhard Baum: Daheim und überm Meer. Von der Deutschen Kolonialschule zum Deutschen Institut für Tropische und Subtropische Landwirtschaft in Witzenhausen. Selbstverlag DITSL, Witzenhausen 1997, ISBN 3-88122-894-2.
  • Adelheid Rehbaum: Verbindung von Praxis und Theorie. Die deutsche Kolonialschule und Ernst August Fabarius (1859–1927). In: Hessische Heimat. Beilage der Gießener Allgemeinen. Nr. 25, 31. Dezember 2010, S. 97–99.
  • Elke Christine Helen Harnisch: Die progressive Etablierung kolonialen Wissens im Aus- und Weiterbildungssektor des Deutschen Reiches zwischen 1884–1914. Dissertation. Köln 2015, passim (kups.ub.uni-koeln.de, PDF)
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Commons: Ernst Albert Fabarius – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Hans Güldner, Kyffhäuser-Verband der Vereine Deutscher Studenten: Verzeichnis der Ehrenmitglieder und Alten Herren. Gütersloh 1899, S. 24.
  2. Kölnische Zeitung (Abendausgabe). Nr. 93 vom 1. Februar 1895, S. (2) (zeitpunkt.nrw).
  3. Afrika. Nr. 12 (Dezember 1894), S. 202 (books.google.de)
  4. Afrika. Nr. 4 (April 1895), S. 73–76, S. 74 (books.google.de)
  5. Ernst Albert Fabarius: Die allgemeine weibliche Dienstpflicht. Ein Vorschlag und Beitrag zur Lösung der Frauenfrage. Baedeker, Essen 1895, S. 40 (books.google.de)
  6. XV. Hauptversammlung des Evangelischen Bundes. In: Ostdeutsche Rundschau. Deutsches Tagblatt (Abendausgabe), 10. Oktober 1902, S. 2 (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/odr
  7. Germana Esperantisto. Jg. 8 (1911). Nr. 1, S. 23 (online bei ANNO).
  8. a b Todesanzeige Professor Ernst Albert Fabarius. In: Kölnische Zeitung. (Morgen-Ausgabe). Nr. 704 b vom 1. November 1927, S. (4) (zeitpunkt.nrw).
  9. 40 Jahre Deutsche Kolonialschule Witzenhausen. Festschrift zum 40jährigen Bestehen der Deutschen Kolonialschule Witzenhausen 1898–1938. Bearb. von [Jakobus] Onnen und [Karl] Poltke. Selbstverlag Deutsche Kolonialschule, Witzenhausen 1938, S. 16 (publikationen.ub.uni-frankfurt.de, PDF).
  10. Ernst Albert Fabarius: Neue Wege der deutschen Kolonialpolitik nach dem Kriege. Curtius, Berlin 1916, Widmung S. (3) (brema.suub.uni-bremen.de).
  11. 40 Jahre Deutsche Kolonialschule Witzenhausen. Festschrift zum 40jährigen Bestehen der Deutschen Kolonialschule Witzenhausen 1898–1938. Bearb. von [Jakobus] Onnen und [Karl] Poltke. Selbstverlag Deutsche Kolonialschule, Witzenhausen 1938, S. 17 (publikationen.ub.uni-frankfurt.de, PDF).
  12. Erwähnung als „Statue“ (!) Anfang 1938 bei Hanns Meseke: Hohe Schule für Kulturpioniere in Übersee. Besuch in der Deutschen Kolonialschule Witzenhausen an der Werra. In: Welt und Wissen. Unterhaltungs-Beilage zur Westfälischen Zeitung. Jg. 128. Nr. 10 vom 13. Januar 1938, S. (1) (zeitpunkt.nrw).
  13. Erläuterung auf einer Erklärungstafel: „Professor Ernst Albert Fabarius | 1859–1927 | Gründer der Deutschen Kolonialschule 1898“ (Stand 2020).
  14. Online bei www.jarts.info.
  15. Nachweis bei Archivführer Deutsche Kolonialgeschichte.