Elsbeth Wallnöfer

Südtiroler Volkskundlerin

Elsbeth Karolina Wallnöfer (* 1963 in Südtirol[1]) ist eine Südtiroler Volkskundlerin.

Werdegang Bearbeiten

Elsbeth Wallnöfer wuchs in Laas im Südtiroler Vinschgau in Italien auf. Ein Studium der Volkskunde und Philosophie an der Universität Wien brachte sie mit einer 1996 eingereichten Diplomarbeit zum Abschluss.[2] Während der Studienzeit engagierte sich Wallnöfer für die Umsetzung des § 7 der Rechte österreichischer Minderheiten. Sie setzte sich aktiv für Rechte der Kärntner Slowenen ein. Dazu nahm sie gemeinsam mit slowenischen Studenten und Südtiroler Kommilitonen an einer Besetzung der Parteizentrale der ÖVP teil. Sie war Lehrbeauftragte am Institut für Philosophie in Wien und am Institut für Volkskunde und Kulturanthropologie in Graz. 1997 promovierte sie bei Elisabeth Katschnig-Fasch am Institut für Volkskunde und Kulturanthropologie an der Universität Graz.

Wallnöfer beschäftigt sich mit dem Begriff Heimat, publiziert über Brauchtum und Traditionen und beanstandet regelmäßig Heimattümeleien. Sie zeigt anhand von Trachten auf, welche Traditionen auf Nationalsozialisten zurückgehen, und bemüht sich, nach ihrem Selbstverständnis, den Deutschnationalen die Deutungshoheit darüber zu nehmen, was Brauchtum sei.[3][4][5][6][7][8]

2005 bis 2008 konzeptionierte und bestimmte sie inhaltlich die ersten drei Jahre der Kremser Kamingespräche über die niederösterreichische Volkskultur.

Das Drehbuch zum Film Stoff der Heimat (2011, Regie Othmar Schmiderer) stammt zum überwiegenden Teil von ihr; bis auf drei Interviews wählte sie die Interviewpartner und Drehorte aus und führte die Interviews.

In Schloss Hof kuratierte sie im Dezember 2018 die Ausstellung Schaufenster Europa. Das Banat.

Seit 2020 moderiert sie die Gesprächsreihe #wirTiroler*innen des Tiroler Landesmuseums Innsbruck.[9]

Außerdem publizierte Wallnöfer über Gertrud Pesendorfer,[10] die ab 1938 als Reichsbeauftragte für das deutsche Trachtenwesen und Leiterin der Mittelstelle Deutsche Tracht in Innsbruck war. Pesendorfer hatte willkürlich Trachtenregionen geschaffen, das klassische Dirndl neu definiert und es ideologisch befrachtet. Wallnöfer machte öffentlich, dass der Salzburger Volksmusiker Tobi Reiser überzeugter Nationalsozialist war.[11] Seit 2016 wird kein Preis mehr im Namen von Tobi Reiser vergeben.

Neben ihrer Tätigkeit als Volkskundlerin ist sie unter anderem bei der Gewerkschaft aktiv, arbeitet zusammen mit der Performance-, Video- und Installationskünstlerin Barbara Ungepflegt im Ministerium für Heimatschmutz,[12] engagiert sich für Flüchtlinge und betreut in Neuwaldegg eine Baumschule.

Publikationen Bearbeiten

  • Maß nehmen – Maß halten: Frauen in der Fach Volkskunde, Böhlau, Wien 2007, ISBN 978-3-205-77645-1
  • Geraubte Tradition: Wie die Nazis unsere Kultur verfälschten, St. Ulrich Verlag 2011, ISBN 978-3867441940. – In diesem Buch beschreibt Wallnöfer, wie Brauchtum in der NS-Zeit instrumentalisiert wurde und bis heute weiterlebt.
  • Untersberg – Geschichten – Grenzgänge – Gangsteige, mit Bodo Hell und Walter Seitter, Anton Pustet 2012, ISBN 3-7025-0669-1
  • Märzveigerl und Suppenbrunzer (400 Begriffe aus dem echten Österreich), Anton Pustet 2014, ISBN 978-3-7025-0749-7.
  • Wilder Dachstein, mit Bodo Hell. Fotos von Peter M. Kubelka, Anton Pustet 2018, ISBN 3-7025-0889-9
  • Heimat. Ein Vorschlag zur Güte, Haymon Verlag 2019, ISBN 978-3-7099-3455-5. – Zur Renaissance des politischen Kampfbegriffes und zu Wegen, ihn aus seiner völkisch-nationalistischen Umklammerung zu lösen und pluralistisch zu verstehen.
  • Tracht macht Politik, Haymon 2020, ISBN 978-3-7099-8113-9. – Eine kritische Auseinandersetzung zu Tracht und Dirndl im Kontext mit Kitsch, Kommerz und als kulturpolitische Waffe.

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. basis wien. In: Kunst- und Forschungsdatenbank. Forschungs- und Dokumentationszentrum für moderne und zeitgenössische Kunst, abgerufen am 23. Juli 2021.
  2. Der Dorftrottel: von der Ausweichlichkeit eines Schicksals; mit Beispielen aus dem Vinschgau. Diplomarbeit von Elsbeth Wallnöfer (Universität Wien, 1996).
  3. Florian Gasser: Befreit das Dirndl! In: Zeit Online. Zeit Verlagsgruppe, 11. März 2019, abgerufen am 23. Juli 2021.
  4. Katharina Hohenstein: Von Dirndl-Chic und Salontirolern. In: der Vinschger. Bezirksmedien GmbH, 4. März 2021, abgerufen am 23. Juli 2021.
  5. Martin Hanni: Trachtenmenschen. In: salto.bz. Demos 2.0 Genossenschaft Dr.-Streiter-Gasse 10/A 39100 Bozen (BZ), 6. Dezember 2020, abgerufen am 19. Februar 2022.
  6. Stephan Hilpold: Wie die Tracht "erfunden" wurde. In: derstandard.at. 5. Dezember 2020, abgerufen am 19. Februar 2022.
  7. Elsbeth Wallnöfer im Gespräch mit Dieter Kassel: Die Lederhose als politisches Werkzeug. In: deutschlandfunkkultur.de. 1. Dezember 2020, abgerufen am 19. Februar 2022.
  8. Wer braucht denn noch Brauchtum? In: wienerin.at. 4. Dezember 2021, abgerufen am 19. Februar 2022.
  9. Gesprächsrunde vom 20.1.2022, Aula des Ferdinandeums mit Peter Assmann, Direktor der Tiroler Landesmuseen Markus Götting, Textchef bei FOCUS Elsbeth Wallnöfer, Ethnologin (Moderation) Elisabeth Zanon, plastische Chirurgin. Video: Daniel Jarosch, 20. Januar 2022, abgerufen am 19. Februar 2022.
  10. Nikola Langreiter: GERTRUD PESENDORFER UND DIE TRACHTENERNEUERUNG. (PDF) In: Glossar zu einem Forschungsprojekt der Universität Innsbruck. Tiroler Landesmuseen – Wolfgang Meighörner, Timo Heimerdinger, Reinhard Bodner und Karl C. Berger, 2019, abgerufen am 23. Juli 2021.
  11. Thomas Hödlmoser: Brisanter Akt: Tobi Reiser nannte sich NS-Putschist. In: Salzburger Nachrichten. Dr. Max Dasch, 16. März 2013, abgerufen am 24. Juli 2021.
  12. DIRTY LIVES BETTER 1 - Barbara Ungepflegt (AT), Elsbeth Wallnöfer (IT). Abgerufen am 17. August 2021 (deutsch, Barbara Ungepflegt ist Bundesvorsitzende Frau in der Heimat das beim Kabinetts von Bundesministerin für Heimatschmutz assoziiert ist.).