Jelena Gennadjewna Kostjutschenko

russische Journalistin und Aktivistin

Jelena Gennadjewna Kostjutschenko (russisch Елена Геннадьевна Костюченко, Betonung: Jeléna Gennádjewna Kostjutschénko; wiss. Transliteration Elena Gennad'evna Kostjučenko, * 25. September 1987 in Jaroslawl, Sowjetunion) ist eine russische Investigativjournalistin, Korrespondentin der Nowaja gaseta und LGBT-Aktivistin.

Jelena Kostjutschenko (Mitte) auf dem Filmfestival „Side by Side“ (2011)

Elena Kostjutschenko begann bereits in ihrer Schulzeit journalistisch zu arbeiten. Ihre ersten Veröffentlichungen erschienen in der Jaroslawler Regionalzeitung Sewerny Krai. Eigenen Angaben zufolge war sie zu dieser Zeit stark von den Texten Anna Politkowskajas beeinflusst, die maßgeblich zu der Entscheidung beitrugen, ebenfalls für die Nowaja gaseta arbeiten zu wollen.[1]

Im Jahr 2004 zog sie nach Moskau, um sich an der Lomonossow-Universität für ein Journalismus-Studium einzuschreiben. 2005 begann sie als Sonderkorrespondentin für die Nowaja gaseta zu arbeiten. Sie schrieb unter anderem ausführlich über den Massenmord in dem Dorf Kuschtschowskaja und über das Pussy-Riot-Verfahren.[1]

Im Jahr 2008 begann Kostjutschenko eine verdeckte Recherche über die Organisation „Rosa Mira“, jedoch ohne die Redaktion der Nowaja gaseta darüber zu informieren. Die Recherche stand im Zusammenhang mit dem Suizid des Fotomodells Ruslana Korschunowa, die zuvor ein Training der Organisation besucht hatte. Im Laufe ihrer Recherche erkrankte Kostjutschenko an einer schweren Depression und begab sich zur Behandlung in eine psychiatrische Klinik. Das gesammelte Material blieb unveröffentlicht. Im Mai 2019 berichtete Kostjutschenko über diesen Vorfall auf ihrer Facebook-Seite.[2][3]

Elena Kostjutschenko war die erste Journalistin, die die Informationsblockade hinsichtlich der Ereignissen in Schangaösen am 16. Dezember 2011 durchbrach.[4][5][6][7]

„Diese kleine und zerbrechliche junge Frau Elena Kostjutschenko ist eine extreme Journalistin. Mafiosi aus Kuschtschowka, Schlägereien in Chimki und Straßenprostituierte sind ihre Themen.“

Aleksandr Litoi: RBK daily[8]

Am 1. September 2015 berichtete Kostjutschenko von einer nicht genehmigten Aktion von sechs Frauen, die Verwandte bei der Geiselnahme von Beslan verloren hatten sowie über ihren Prozess am selben Tag. Sie wurden wegen Ordnungswidrigkeiten schuldig gesprochen. Kostjutschenkos dokumentarisches Theaterstück Nowaja Antigona (deutsch: Die neue Antigone), eine Zusammenstellung aus Fragmenten von Sitzungsprotokollen, eigenen Texten und Auszügen aus SophoklesAntigone, wurde 2017 von Jelena Gremina bei театр.doc inszeniert.[9][10]

Im Oktober 2022 wurde Kostjutschenko vermutlich vergiftet, aber überlebte.[11][12]

Aktivitäten in der LGBT-Bewegung

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Elena Kostjutschenko ist offen lesbisch. Im Jahr 2011 veröffentlichte sie vor ihrer Teilnahme an der Gay Pride Parade einen Aufruf an die Öffentlichkeit mit dem Titel „Warum ich heute zu einer Gay Pride Parade gehe“,[13] in dem sie sich entschieden gegen Homophobie und Diskriminierung von Schwulen und Lesben aussprach und gleiche Rechte für sexuelle Minderheiten forderte. Ihr diesbezüglicher Post erreichte in den sozialen Netzwerken über 10.000 Kommentare. Am Tag der Aktion, dem 28. Mai 2011, wurde Elena Kostjutschenko von dem russisch-orthodoxen Aktivisten Roman Lisunov[14] angegriffen, der ihr dabei ins Gesicht schlug. Nach diesem Vorfall wurde sie mit Verdacht auf eine Gehirnerschütterung ins Krankenhaus gebracht. Dort wurde jedoch ein Barotrauma diagnostiziert.[15]

In den Jahren 2012–2013 initiierte Elena Kostjutschenko viermal vor den Mauern der Staatsduma Aktionen unter dem Titel Tag der Küsse. Diese Kundgebungen fanden zeitgleich mit den Beratungen des Parlaments zum Gesetzesentwurf über das Verbot „homosexueller Propaganda“ (in abschließender Lesung: „Propaganda nicht-traditioneller sexueller Beziehungen zwischen Minderjährigen“) statt.[16]

Auszeichnungen

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  • 2007: 2. Preis des Wettbewerbs „Ступень к успеху“ für junge Journalisten.[17]
  • 2013: Gerd Bucerius-Förderpreis Freie Presse Osteuropas der deutschen Zeit-Stiftung und der norwegischen Stiftung Fritt Ord. Nominiert von: Ilja Krieger (Redakteur des Verlages Corpus), der Norwegian Helsinki Comitee und der Rights House Foundation.[18]
  • 2013: Свобода-Preis für die Berichterstattung über die Proteste im Gebiet Mangghystau, Kasachstan.[4]
  • 2015: Andrei-Sacharow-Preis „За журнализм как поступок“.[19]
  • 2015: Achmednabi-Achmednabiew-Preis, 2. Preis – für die Reportage „Сны Беслана“ (deutsch: Die Träume von Beslan).[20]
  • 2016: Preis „Профессия журналист“ der Organisation Открытая Россия in der Kategorie „Reportage“ – für die Reportage „Боги болот никого не отпустят“ (deutsch: Die Götter der Sümpfe lassen niemanden gehen).[21]
  • Drei monatliche Journalisten-Preise „Редколлегия“:
    • Mai 2017 „für eine Reihe von Artikeln über die Verfolgung und Ermordung von Schwulen in Tschetschenien“ (zusammen mit Irina Gordienko und Elena Milaschina).[22]
    • Dezember 2020: für den Artikel „Ночь, день, ночь“ (deutsch: Nacht, Tag, Nacht) über den Kampf gegen die COVID-19-Epidemie (zusammen mit Yuri Kozyrev).[22]
    • Mai 2021: für den Artikel „Интерна“ (deutsch: Internat) über psycho-neurologische Einrichtungen (mit Yuri Kozyrev).[22]
  • 2020: „Камертон“-Preis der Russischen Journalisten-Vereinigung zu Ehren Anna Politkowskajas.[23]

Schriften

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Commons: Elena Kostyuchenko – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

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  1. a b Elena Kostjutschenko: У нас некорректная профессия. In: Проблемное поле. „Русский журнал“, 7. November 2011, ehemals im Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 11. Juni 2013 (russisch).@1@2Vorlage:Toter Link/www.russ.ru (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  2. Elena Kostjutschenko: Журналистка «Новой газеты» рассказала о том, как под видом тренингов личностного роста скрываются секты. In: Сноб. ООО «Сноб Медиа», 18. Mai 2019, abgerufen am 28. Juli 2021.
  3. Elena Kostjutschenko: Elena Kostyuchenko. 17. Mai 2019, archiviert vom Original am 17. Mai 2019; abgerufen am 17. Mai 2019 (englisch).
  4. a b Kasis Torgusbajew: Оппозиционной премией «Свобода» отмечены и живые, и мертвые. In: Политика. Радио «Свобода», 31. Mai 2013, ehemals im Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 11. Juni 2013 (russisch).@1@2Vorlage:Toter Link/rus.azattyq.org (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  5. Elena Kostjutschenko: Жанаозен – нефтяная река. In: Политика. Nowaja gaseta, № 144, 23. Dezember 2011, abgerufen am 11. Juni 2013 (russisch).
  6. Elena Kostjutschenko: Жанаозен. In: Политика. Nowaja gaseta, № 143, 20. Dezember 2011, abgerufen am 11. Juni 2013 (russisch).
  7. Denis Bilunow: «Параллельно» на СОТВ.РФ 28. Dezember 2011 Событие недели. In: Екатерина СОТВ. Youtube, 28. Dezember 2011, abgerufen am 21. Juni 2013 (russisch).
  8. Aleksandr Litoi: Сексуальная реконструкция: гей-парад в Москве не состоялся. In: Общество. „РБК daily“, 27. Mai 2013, ehemals im Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 11. Juni 2013.@1@2Vorlage:Toter Link/rbcdaily.ru (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  9. Elena Kostjutschenko, Elena Djakowa: Беслан – дыра в ткани мира. Она расползается. Nowaja gaseta, 24. Januar 2017, abgerufen am 18. Mai 2018.
  10. Anton Chitrow: Драма с молоточком. „The New Times“, 23. Januar 2017, abgerufen am 18. Mai 2018.
  11. ‘The most likely explanation’ At least three Russian journalists and activists appear to have been poisoned abroad since fall 2022. Abgerufen am 19. August 2023 (englisch).
  12. Luca Vazgec: Kreml lässt Exil-Journalisten in Deutschland mutmaßlich vergiften. In: FAZ.NET. 23. August 2023, ISSN 0174-4909 (faz.net [abgerufen am 23. August 2023]).
  13. Elena Kostjutschenko: Почему я сегодня иду на гей-парад. Блог Елены Костюченко, 28. Mai 2011, abgerufen am 11. Juni 2013 (russisch).
  14. Wiktor Schenderowitsch: Опасность для общества. In: Право автора. Радио «Свобода», 6. März 2012, ehemals im Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 21. Juni 2013.@1@2Vorlage:Toter Link/www.svoboda.org (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  15. Спецкор «Новой газеты» останется в больнице на несколько дней после нападения на гей-прайде. In: Новости. Газета.ru, 28. Mai 2011, abgerufen am 11. Juni 2013.
  16. Dmitri Sykow, Грани.ру: Разгон акции против гомофобного закона. In: Грани-ТВ (GraniRu). Youtube, 11. Juni 2013, abgerufen am 21. Juni 2013 (russisch).
  17. Взяли новую ступень. In: Общество. Nowaja gaseta, № 41, 4. Juni 2007, abgerufen am 11. Juni 2013 (russisch).
  18. Preisträger 2013. In: Gerd Bucerius-Förderpreis Freie Presse Osteuropas. ZEIT-Stiftung, ehemals im Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 7. Juni 2013.@1@2Vorlage:Toter Link/www.zeit-stiftung.de (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  19. Елена Костюченко стала лауреатом премии Сахарова «Журналистика как поступок». 15. Dezember 2015, abgerufen am 29. Juli 2021.
  20. "Кавказский узел" объявил лауреатов премии имени Ахмеднабиева за 2016 год. 26. Mai 2017, abgerufen am 29. Juli 2021.
  21. В Таллине вручили премию Открытой России «Профессия – журналист». 7. Dezember 2016, archiviert vom Original am 2. Januar 2017; (russisch).
  22. a b c «Вы его убьете или мы его убьем. Выбирайте, что лучше» Монолог гомосексуала, сбежавшего из Чечни. 12. Mai 2017, abgerufen am 29. Juli 2021.
  23. «Жизнь бесценна. Правда бессмертна». In: Nowaja gaseta. 30. August 2020, abgerufen am 29. Juli 2021 (russisch).