Der Dux Germaniae primae (wörtlich: „Heerführer der Germania I“) war ein hoher Offizier in der spätantiken Armee des Weströmischen Reiches und Oberkommandierender der in der Provinz Germania prima stationierten Limitaneieinheiten.

Heerführer der Comitatenses und Limitanei im 5. Jahrhundert n. Chr.
Notitia Dignitatum: Kastelle und Festungsstädte des Dux Mogontiacensis die ursprünglich wohl unter dem Kommando des Dux Germaniae primae gestanden hatten, Salectium (Saletium, Seltz), Tabernae (Rheinzabern), Vicus Iulius (Germersheim), Nemetum (Speyer), Altaripa (Altrip), Vangionum (Civitas Vangionum, Worms), Mogontiacum (Mainz), Bingium (Bingen), Bodobrica (Boppard), Confluentes (Koblenz) und Antonaco (Antunnacum, Andernach)
Die spätantiken Provinzen in Gallien und Germanien (400 n. Chr.)

Namentlich bekannte Duces:

  • Arator (seit 368)
  • Hermogenes (zwischen 369 und 372)
  • Florentius (zwischen 369 und 372)[1]

Definition, Funktion und Kommandobereich Bearbeiten

Er unterstand direkt dem Magister peditum (Oberbefehlshaber der Infanterie) und dem Magister equitum (Oberbefehlshaber der Kavallerie).[2] Am kaiserlichen Hof zählte ein Dux limitis – seit Valentinian I. – zur zweiten senatorischen Rangklasse der viri spectabiles. Der Dux hatte nur für den militärischen Schutz des Grenzabschnitts in der Germania I zu sorgen. Eine Oberaufsicht über die zivile Verwaltung stand ihm – trotz seines gegenüber dem Consularis Germaniae primae höheren Ranges – nicht zu. Ihm unterstehen auch nur die in seinem Amtsbereich fix stationierten Limitanei/Riparienses und eventuell vorhandene Flotteneinheiten, nicht aber die zeitweilig in seinem Abschnitt liegenden Comitatenses. Der Befehlsbereich des Dux umfasste höchstwahrscheinlich die Rheingrenze zwischen Seltz und Andernach.

Entwicklung Bearbeiten

Im Zuge der Reichsreform des Diokletian gingen aus der Germania superior um 297 zwei neue Provinzen hervor, Germania I und Maxima Sequanorum. Da die militärischen Agenden von den zivilen streng getrennt worden waren, wurden, wie auch andernorts üblich, die dort stationierten Grenztruppen zwei Duces unterstellt, dem Dux Germaniae primae und dem Dux provinciae Sequanicae.[3] Ersterer hatte sein Hauptquartier vermutlich in der Provinzhauptstadt Mogontiacum/Mainz.

Die Germania prima wurde zwischen 394 und 423 in zwei Militärbezirke unterteilt: in den des Comes tractus Argentoratensis (HQ Argentorate/Straßburg) und der des Dux Mogontiacensis (HQ Mogontiacum). Das Amt ist nur aus der westlichen Notitia Dignitatum[4] bekannt. Er scheint dort in der Liste der Dux limites, Kapitel I und noch einmal in der Überschrift des Kapitels XXXIX auf. Die Nachverfolgung seiner Geschichte gestaltet sich mangels anderer zeitgenössischer Quellen äußerst schwierig und ist zum großen Teil reine Spekulation. Vielleicht wurde der der Dux Germania I um 421 durch den Dux Mogontiacensis ersetzt. Insgesamt betrachtet stellt sich aus heutiger Sicht die damalige militärische Situation am Ober- und Mittelrhein ziemlich unklar dar. Möglich wäre, dass sich die Zuständigkeitsbereiche der dort eingesetzten Kommandeure auch überschnitten. Es ist somit nicht sicher, welche duces zum fraglichen Zeitpunkt dort das Sagen hatten.[5]

  • Johann Ernst Christian Schmidt vertrat im frühen 19. Jahrhundert die Auffassung, dass der Dux der Germania I mit dem Dux Mogontiacensis identisch gewesen sei. Er vermutete, dass die Ortsbezeichnung des letzteren ursprünglich von den Verfassern nur als Randnotiz – zur geographischen Orientierung – gesetzt und dann als einzige von den Kopisten in die mittelalterliche Abschrift übernommen worden sei.[6]
  • Denis van Berchem ist der Ansicht, dass der Mainzer Dukat, nach der Niederwerfung des Usurpators Eugenius, im Zuge einer Inspektionsreise des westlichen Heermeisters Stilicho gegen Ende des 4. Jahrhunderts eingerichtet wurde. Der Comes übernahm, zusammen mit dem Dux, die Verteidigung des Abschnittes des entweder abgesetzten oder nicht mehr handlungsfähigen Dux der Germania I.[7]
  • Nach Ralf Scharf wäre es auch möglich, dass es sich bei dem im Kapitel I der Notitia verzeichneten Dux Germaniae primae in Wirklichkeit um den Befehlshaber der Germania secunda (Niederrhein) handelte. Der Heerführer dieses nicht unbedeutenden Grenzabschnittes wird nirgendwo in der Notitia Dignitatum Occidentalis erwähnt. Die fehlende Truppenliste im Kapitel XXXIX wurde entweder in der Spätantike nicht mehr rechtzeitig fertiggestellt oder von den mittelalterlichen Kopisten aus unbekannten Gründen nicht berücksichtigt.[8]

Truppen und Verwaltungsstab Bearbeiten

Die Truppenliste und Zusammensetzung seines Verwaltungsstabes wurden in der westlichen Notitia oder anderen antiken Quellen nicht überliefert. Vermutlich deckten sie sich weitgehend mit denen des Dux Mogontiacensis.

Siehe auch Bearbeiten

Liste der Kastelle des Donau-Iller-Rhein-Limes

Literatur Bearbeiten

  • Ralf Scharf: Der Dux Mogontiacensis und die Notitia Dignitatum. Eine Studie zur spätantiken Grenzverteidigung. Walter de Gruyter, Berlin u. a. 2005, ISBN 3-11-018835-X (= Reallexikon der Germanischen Altertumskunde Ergänzungsbände Band 48) (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  • Jürgen Oldenstein: Kastell Alzey. Archäologische Untersuchungen im spätrömischen Lager und Studien zur Grenzverteidigung im Mainzer Dukat. Habilitationsschrift, Universität Mainz 1992 (online).
  • Michael S. DuBois: Auxillae: A Compendium of Non-Legionary Units of the Roman Empire. Lulu Press 2015, ISBN 978-1-329-63758-0.
  • Michael Zerjadtke: Das Amt Dux in Spätantike und frühem Mittelalter: Der ducatus im Spannungsfeld zwischen römischem Einfluss und eigener Entwicklung. Verlag Walter de Gruyter, Berlin 2018.

Weblinks Bearbeiten

Anmerkungen Bearbeiten

  1. Scharf S. 53
  2. Notitia Dignitatum Occ. V und VI.
  3. Notitia Dignitatum Occ. XXXVI.
  4. Notitia Dignitatum Occ. I und XXXIX.
  5. Michael Zerjadtke: Das Amt Dux in Spätantike und frühem Mittelalter: Der ducatus im Spannungsfeld zwischen römischem Einfluss und eigener Entwicklung. Verlag Walter de Gruyter, Berlin 2018, S. 37.
  6. Johann Ernst Christian Schmidt: Geschichte des Grossherzogthums Hessen. Bd. 1, 2, Heyer, Gießen 1819, S. 364.
  7. Jürgen Oldenstein 2009, S. 306.
  8. Ralf Scharf 2005, S. 300.