Das Dual concern model ist ein Modell bei Mediation und Verhandlungstechniken.

Geschichte Bearbeiten

Es stammt von den Sozialpsychologen Dean G. Pruitt und Peter Carnevale (1993)[1] und hebt zwei Interessensperspektiven beim Verhandeln zwischen Parteien hervor:

  • Hohes vs. niedriges Selbstinteresse
  • Hohes vs. niedriges Fremdinteresse.

Selbstinteresse betont die eigenen Interessen einer Person oder die Interessen ihrer eigenen Gruppe, Fremdinteresse dagegen diejenigen der anderen Partei (vgl. Rubin, Pruitt & Kim, 1994[2]).

Fünf Alternativen für das Verhalten in Verhandlungssituationen Bearbeiten

Die jeweiligen Interessensperspektiven gehen mit entsprechendem Verhandlungsverhalten[3] einher (s. Abbildung):

 
Modell der zwei Anliegen (in Anlehnung an Pruitt & Rubin, 1986[4])[5]
  • Nachgeben: Die eigenen Anliegen werden vernachlässigt und dem Verhandlungspartner wird vollständig entgegengekommen, um einen vorliegenden Streit zu beenden.
  • Sich-Durchsetzen: Die eigenen Interessen stehen deutlich im Vordergrund. Beispiele für mögliche Verhaltensweisen sind Drohungen, Verzögerungen oder Nötigung.
  • Inaktivität/Untätigkeit: Von keiner der beiden Seiten werden gezielt Versuche der Konfliktlösung unternommen. Ausweichen und Ablenken sind Beispiele für typische Verhaltensweisen.
  • Problemlösen: Es wird aktiv versucht, eigene Interessen und Fremdinteressen miteinander zu verbinden.
  • Kompromisse eingehen: Sowohl die eigenen Anliegen als auch die Interessen der anderen Partei werden moderat verfolgt.

Inwieweit die Verhandlungsparteien mehr Selbst- oder mehr Fremdinteressen nachgehen, ist abhängig von verschiedenen Einflussgrößen wie etwa individuellen und kulturellen Faktoren (vgl. Faure & Rubin, 1993[6]; Neale & Bazerman, 1991[7]). Das Dual concern model baut auf Vorstellungen von Blake und Mouton (1979)[8] auf.

Anwendungsfelder Bearbeiten

Anwendungsfelder sind Mediation und andere Verhandlungstechniken. Die verstärkte Gewichtung von Selbstinteresse bei den Verhandlungsparteien kann daran liegen, dass das zur Verhandlungsgrundlage genommene Problem kognitiv in einen negativen Kontext (Rahmen-Effekt) gestellt wird, bei dem antizipierte Ergebnisalternativen als Verluste erscheinen.

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Pruitt, D.G. & Carnevale, P.J. (1993). Negotiation in social conflict. Pacific Grove, CA: Brooks/Cole.
  2. Rubin, J.Z., Pruitt, D.G. & Kim, S.H. (1994). Social conflict. Escalation, stalemate, and settlement (2nd ed.). New York: McGraw-Hill.
  3. Deller, J., Frey, D. & Schoop, U. (2006). Verhandeln. In H.W. Bierhoff & D. Frey (Hrsg.), Handbuch der Sozialpsychologie und Kommunikationspsychologie. Hogrefe.
  4. Pruitt, D.G. & Rubin, J.Z. (1986). Social conflict: Escalation, stalement and settlement. New York: Random House.
  5. Janssen, O. & van de Vliert, E. (1996). Concern for the other's goals: Key to (De-)escalation of conflict. The international Journal of Conflict Management, 1996, Vol. 7, No. 2, pp. 99–120.
  6. Faure, G.O. & Rubin, J.Z. (1993). Culture and negotiation. Newbury Park, CA: Sage.
  7. Neale, M.A. & Bazerman, M.H. (1991). Negotiator cognition and rationality. New York: Free Press.
  8. Blake, R.R. & Mouton, J.S. (1979). Intergroup problem solving in organizations: From theory to practice. In W.G. Austin & S. Worchel (Eds.), The social psychology of intergroup relations (pp. 19–32). Monterey, CA: Brooks/Cole.