Diskussion:Memorialwesen

Letzter Kommentar: vor 5 Jahren von Enzian44 in Abschnitt DACH-lastig?

Kerzenspenden ?

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Wie sieht es diesbezüglich mit ( größeren ) Kerzenspenden aus ? Gehört dies auch zum Memorialwesen ? Rainer E. 18:31, 7. Jan. 2007 (CET)Beantworten

Wichtig ist es zu schauen, was mit der Kerzenspende verbunden war. Eine Memorialstiftung zielte darauf ab, dass der Stifte in das Meßopfer einbezogen wurde, sei es visuell (in Form eines Stifterbildes) oder durch Namensnennung oder auch nur durch Eintrag in den Nekrolog. Nicht jede Stiftung ist eine Memorialstiftung. -- Tobnu 20:07, 7. Jan. 2007 (CET)Beantworten

Ende?

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Und wie kam es zum Abklingen der Memorial-/Seelenheil-Idee? - 78.51.86.203 14:37, 9. Feb. 2008 (CET)Beantworten


"Für den Christen des Mittelalters war der Tod nicht das Ende des Lebens." Dieser Satz unterstellt, für Christen von heute sei der Tod das Ende des Lebens. Als Christ von heute würde ich es begrüssen, wenn diese in keiner Weise begründete Unterstellung behoben würde. ;-) -- Inprincipio 11:03, 19. Aug. 2009 (CEST)Beantworten

Fiel mir auch sofort ins Auge und ich habe es mal geändert. --Schiwago (Diskussion) 09:15, 27. Jul. 2016 (CEST)Beantworten
Nein, das ist ein Missverständnis. Über die Glaubensanschauungen moderner Christen (die sich bei aller Kontinuität von jenen der mittelalterlichen selbstverständlich unterscheiden, auch im Blick auf das "Weiterleben" nach dem Tod bzw. die "Existenz über den Tod hinaus") war hier gar nichts gesagt, und sie brauchen im Text auch nicht "klargestellt" zu werden. Man kann es höchstens etwas deutlicher formulieren, damit niemand mehr so eine Unterstellung da herauslesen kann. Wie die Angenendt-Zitate unten zeigen, sind solche Darstellungen der Glaubensanschauungen des Mittelalters im Vergangenheitstempus in der wiss. Literatur aber Gang und Gäbe, ohne dass da ein negativer, glaubenskritischer Affront hinterstecken muss.--Jordi (Diskussion) 11:28, 1. Aug. 2016 (CEST)Beantworten

Englische Version

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Memorialization - bitte Link setzen, schaffe nicht mal das heutzutage, Wikipedia ist wohl nur für Profis. (nicht signierter Beitrag von 93.218.151.126 (Diskussion) 10:09, 25. Aug. 2015 (CEST))Beantworten

done
next question for „Profis“: Wie heißt der Terminus in anderen fremden Sprachen (dann könnte ich weiterverlinken, wenns gewünscht wird)? Gruß --Hedwig Storch (Diskussion) 07:30, 4. Jun. 2016 (CEST)Beantworten

Finger weg

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Freundlicher Hinweis an Benutzer:‎Turris Davidica: Dieser Artikel behandelt eine eigene, spezifische Kultur der Erinnerung an die Toten durch die mittelalterliche christliche Gesellschaft, die das Denken und Handeln des mittelalterlichen Menschen entscheidend und nachdrücklich prägte und damit zu den das Mittelalter charakterisierenden Erscheinungen zu zählen ist. Lass also Bilder zur Eriinerungskultur der Neuzeit aus dem Artikel raus.--Zweedorf22 (Diskussion) 10:30, 28. Jul. 2016 (CEST)Beantworten

Möglicherweise hab ich das Etikett übersehen, das diesen Artikel als irgendjemandes Privatbesitz ausweist. Ebenfalls ein freundlicher Hinweis: die Lehre über die sogenannten letzten Dinge ist nicht nach dem Mittelalter irgendwann aufgekommen, noch handelt es sich bei ihnen um „neuzeitliche Erinnungskultur“. Einzelne Sentenzen des Artikels, wo sie sich etwa über die „Teilnahme“ Verstorbener an der Eucharistie ausließen, waren theologisch geradezu grottig zu nennen. Um den durchaus zutreffenden Hinweis eines Schreibers auf der Disku hat sich scheints jahrelang niemand gekümmert.--Turris Davidica (Diskussion) 10:38, 28. Jul. 2016 (CEST)Beantworten
Ich sehe schon, es ist sinnlos. Ich nehme den Artikel von meiner Beo. Mach doch was Du willst. Und setze noch ganz viele Siehe Auchs und son Zeugs.--Zweedorf22 (Diskussion) 10:47, 28. Jul. 2016 (CEST)Beantworten
…und ich wünsche dir auch noch einen schönen Tag…--Turris Davidica (Diskussion) 10:56, 28. Jul. 2016 (CEST)Beantworten

Nur für die Akten: Zweedorf, Enzian44 bzw. in diesem Fall die IP haben völlig Recht, dass diese Änderung von Turris Davidica unbrauchbar war. Das ändert auch nichts daran, dass der Artikel verbesserungsbedürftig ist. --Armin (Diskussion) 10:36, 29. Jul. 2016 (CEST)Beantworten

Natürlich ist er verbessrungswürdig. Aber solange dieser Theologe gerade den Kernpunkt des Memorialwesens, nämlich die Gemeinschaft der Lebenden und der Verstorbenen, als Käse ansieht, wird das nichts. Ich werde den Artikel aus meinem Focus nehmen. -- 217.70.160.66 10:45, 29. Jul. 2016 (CEST) (die 93.199er-IP, auf Maloche)Beantworten
Es ist bezeichnend, daß einerseits wiederholt als IP agiert, andererseits Bearbeitungskommentare inhaltlich nicht verstanden werden, bei zugleich recht anmaßendem Auftreten (s. o. „Finger weg“). Es wird theologisch doch gar nicht bestritten, daß es eine Gemeinschaft der Lebenden mit den Toten gibt, das ging aus meinen gestrigen Änderungen, die von der IP mehrfach rückgesetzt wurden, auch unmittelbar hervor. Als Käse bezeichnet wurden Versuche, das Gewahrwerden einer solchen Gemeinschaft zeitlich auf das Mittelalter reduzieren zu wollen bzw. Aussagen zur „Teilnahme“ Verstorbener an der Eucharistie, alles im übrigen unbelegt. Auch das Mißverständnis zur vermeintlichen „Teilnahme“ hatte ich im übrigen richtiggestellt, indes scheints vergebens. (Der Benutzer Enzian hatte hier im übrigen lediglich die Änderungen der IP gesichtet [id est, es lag kein Vandalismus vor], nicht etwa in der Disku argumentiert, das nur der Vollständigkeit halber.)--Turris Davidica (Diskussion) 11:13, 29. Jul. 2016 (CEST)Beantworten
Ich glaube, Du unterschätzt da Horsts Leseintensität (zumal er dann ja auch noch ein passendes Bild gesucht und eingefügt hat). Ich werde heute abend mal versuchen, ihn anzurufen, vielleicht schreibt er was dazu. Die aktuelle Fassung stellt viel zu sehr auf das Fegefeuer ab - die Idee gab es zwar, aber die große Angst vor dem Fegefeuer kam erst im Spätmittelalter auf, während sich das Memorialwesen ab dem Frühmittelalter entwickelte. -- 217.70.160.66 13:02, 29. Jul. 2016 (CEST)Beantworten
Durch das Nennen des Namens während der Eucharistie wurden die abwesenden Lebenden wie auch die Toten herbeigerufen und von der Gemeinschaft als wirkliche Teilnehmer erlebt, und zwar „in einem Modus der Realität .“ (Otto Gerhard Oexle: Memoria und Memorialüberlieferung im früheren Mittelalter. in:Frühmittelalterliche Studien 10 (1977), S. 70–95, hier 95.) Hier eine gelungene Einführung zum Thema. Das ist wohl kaum alles Käse. Und als anmaßend empfinde ich es allenfalls, einen Artikel zum mittelalterlichen Totengedenken in Anlehnung an heutige theologische Vorstellungen gleichsam „umzustricken.“ --Zweedorf22 (Diskussion) 14:20, 29. Jul. 2016 (CEST)Beantworten
Oexle geht sogar soweit, die Memoria als „Akt des sozialen Handelns“ zu verstehen: Die Gegenwart der Toten. In: Herman Braet, Werner Verbeke (Hrsg.):Death in the Middle Ages. Leuven 1983, S. 19–77; hier: S. 29. Für ihn werden die Toten durch die Memoria vergegenwärtigt und sind in dem Moment realer Teil der Gemeinschaft. Wie weit dies ging, zeigt die bis weit ins Mittealter geübte Praxis der Erinnerungsmahle als Memoria, bei denen die Toten mit Geschirr und allem Nötigen versorgt wurden, um am gemeinsamen (!) Mahl teilzunehmen (Oexle S. 48–53). --Fröhliche Grüße, Tusculum (Diskussion) 15:05, 29. Jul. 2016 (CEST)Beantworten
Wäre der Artikel auf einem halbwegs akzeptablen mediävistischen Niveau, müsste man auch die Eingriffe des Benutzers Turris Davidica nicht dulden. Aber solange sich niemand um dieses Stiefmütterchen ernsthaft kümmert.... Mein Themengebiet ist es nicht. --Fröhliche Grüße, Tusculum (Diskussion) 21:58, 29. Jul. 2016 (CEST)Beantworten

Inzwischen hat sich ja im Artikel einiges getan, ich bin da zu langsam, auch wenn ich die Änderungen und dann die Diskussion wahrgenommen habe. Eigene Veröffentlichungen habe ich ja nur zu Ablaßurkunden, die für die Verkürzung der zeitlichen Sündenstrafen von Bedeutung sind, wie überhaupt in Urkunden auch Gedanken zur Memoria formuliert werden. Der Remunerationsanspruch wird auch in den unterschiedlichsten Schenkungsurkunden formuliert. --Enzian44 (Diskussion) 03:01, 1. Aug. 2016 (CEST)Beantworten

Ich bin zwar ohnehin kaum noch unterwegs, nehme den Artikel aber von meiner Beo. Schreibt doch, was ihr wollt. PS: dies ist ein Gemeinschaftsprojekt, da muß man auch Beiträge von Benutzern „dulden“, mit denen man traditionell überkreuz ist. Immerhin nehme ich dazu meinen Hauptaccount.--Turris Davidica (Diskussion) 09:26, 1. Aug. 2016 (CEST)Beantworten
Zur Klarstellung: Ich habe nicht als IP editiert und ich habe auch keinen Zweitaccount. Gar keinen. Das habe ich nicht nötig. --Zweedorf22 (Diskussion) 14:28, 1. Aug. 2016 (CEST)Beantworten
Und du bist auch nicht ich. Ich editiere aktuell nur ausgeloggt, auf Maloche als 217.70.160.66, daheim aus dieser IP-Range. Mir wäre auch neu, wenn ich traditionell mit Turris überkreuz wäre - er macht feine Arbeit rund um aktuelle katholische Themen, ich beackere lieber Kunstschätze des zehnten und elften Jahrhunderts. -- 93.199.198.174 22:58, 1. Aug. 2016 (CEST)Beantworten
Nur der Vollständigkeit halber: das letztere bezog sich unmittelbar auf den, der das Wort vom „dulden“ im Munde führte. -Turris Davidica (Diskussion) 12:39, 2. Aug. 2016 (CEST)Beantworten
Lass uns jetzt mal das Kriegsbeil begraben.--Zweedorf22 (Diskussion) 13:12, 2. Aug. 2016 (CEST)Beantworten
… darauf ein ciphum cervisie (Möllenbecker Nekrolog, letzte Zeile des Eintrags zu Michaelis). Und die Bedutung von cervisia kennt man ja aus Asterix. --Enzian44 (Diskussion) 16:33, 2. Aug. 2016 (CEST)Beantworten
Eine Schale Cervisia für drei? Ihr seid gewißlich Kaledonier… ;) Grüße, TD (lacht schon wieder)--Turris Davidica (Diskussion) 19:38, 2. Aug. 2016 (CEST)Beantworten
Bei den Nonnen hat jede ihre eigene Portion bekommen, dazu Brot und zwei Eier. --Enzian44 (Diskussion) 22:44, 2. Aug. 2016 (CEST)Beantworten
Gleich zwei. Oha. Aber schön dass Du wieder lachst, Turris. Ok, vielleicht sollten wir uns demnächst mal um den Artikel kümmern.--Zweedorf22 (Diskussion) 22:56, 2. Aug. 2016 (CEST)Beantworten

Quellschriften

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Gelöschter Satz war:

Die Nennung der Namen der Stifter während des Hochgebets (Memento) machte diese zu Teilnehmern an der Eucharistie.

Zitat:

Memoria bewirkte also Gegenwart der liturgisch erinnerten Personen so, daß die kommemorierende Gemeinschaft erweitert wurde über den Kreis der körperlich anwesenden Personen hinaus. Die Memoria bewirkte einen Modus wirklicher Anwesenheit physisch Abwesender, sei es, daß diese durch ihren Tod, sei es, daß sie durch räumliche Entfernung vom Kreis der die Memoria haltenden Personen getrennt waren. Mit Recht hat Rupert Berger als das bei diesem Vorgang Entscheidende herausgehoben, daß die Erinnerung in der liturgischen Memoria durch das Nennen der Personen, durch das Aussprechen ihres Namens geschah. Dieses Phänomen hat Berger in der prägnanten Formulierung "Gegenwart durch Namensnennung" zusammengefaßt, die auch hier übernommen wird. "Der Name zwingt den Genannten herbei, das Aussprechen des Namens schafft Gegenwart des Genannten."

Aus: Otto Gerhard Oexle: Memoria und Memorialüberlieferung im früheren Mittelalter. In: Karl Hauck (Hrsg.): Frühmittelalterliche Studien. Jahrbuch des Instituts für Frühmittelalterforschung der Universität Münster. Band 10. De Gruyter, Berlin 1976, S. 70–95 (Zitat: S. 84). [Anmerkungen weggelassen.]


Gelöschter Satz war:

Seitens der Forschung wird hierin eine Ausprägung des mittelalterlichen Prinzips do ut des, „ich gebe, damit Du gibst“, gesehen.

Zitat:

Es veranschaulicht beispielhaft, was für das gesamte mittelalterliche Memorialwesen von grundlegender Bedeutung war: Memoria war „reziprokes Geschehen“37. Sie funktionierte nach dem Prinzip „do ut des“38 und wurde dadurch zu einer Gabe, einer Leistung, für deren Erhalt eine Gegengabe notwendig war – kurz: Materielle Dotationen verschafften geistlichen Beistand!39
37 Horch (Anm. 34), S. 193.
38 Zuletzt Arnoud-Jan A. Bijsterveld: Do ut des. Gift-Giving, Memoria and Conflict management in the Medieval Low Countries (Middeleeuwse Studies en Bronnen, Bd. 104), Hilversum 2007.
39 Vgl. etwa Arnold Angenendt: Missa specialis. Zugleich ein Beitrag zur Entstehung der Privatmessen, in: Frühmittelalterliche Studien 17 (1983), S. 153-221, S. 171ff.

Aus: Hartwig Kersken: Memoria zwischen Wunsch und Wirklichkeit. Überlegungen zum spätmittelalterlichen Memorialwesen im Frauenstift Thorn. In: Simone Frank, Holger Schmenk (Hrsg.): Rhein-Maas. Studien zur Geschichte, Sprache und Kultur. Band 3: Festschrift für Jörg Engelbrecht zum 60. Geburtstag. Verlag Nicole Schmenk, Oberhausen 2012, ISBN 978-3-943-02210-0, S. 35–49 (Zitat: S. 40).

  • Beide Löschungen könnten demnach wieder rein.


  • Zu dem ganzen Komplex schreibt Angenendt (Geschichte der Religiosität im Mittelalter, 4. Aufl., Darmstadt 2009, S. 676 f.):

Zitat:

„Solidargemeinschaft“ der Lebenden und Toten
Um den mittelalterlichen Totenkult zu verstehen, muß man sich mehrere Voraussetzungen grundsätzlicher Art vergegenwärtigen. Zu vermerken ist schon, daß der Tote nicht eigentlich tot war. Natürlich erfuhren auch die Mittelalterlichen, daß ein Verstorbener als Normalexistierender ausgeschieden war, aber man wußte ihn in der anderen Welt, und dort war er weiterhin existent, sogar als Handlungs- und Rechtssubjekt. Die Toten, so O.-G. Oexle, „sind Personen im rechtlichen Sinn, sie sind Rechtssubjekte und also auch Subjekte von Beziehungen der menschlichen Gesellschaft. Mit anderen Worten: sie sind unter den Lebenden gegenwärtig.“122
Zumal Heilige machten das erfahrbar: Sie erhoben sich aus ihren Gräbern und agierten unter den Lebenden.123 Erst für die Moderne haben die Toten ihre Handlungs- und Rechtsfähigkeit verloren; keine Klasse der heutigen Gesellschaft, so Arno Borst, sei so rücksichtslos unterdrückt worden wie sie.124 (...)
Als weiterhin existierendes Subjekt konnte der Tote durch Namensnennung in die Gegenwart gerufen werden. Wie schon für das mittelalterliche Recht galt, daß „die Nennung des Namens der körperlichen Anwesenheit gleich geachtet“127 wurde, so beruhte die christliche Liturgie bereits der Antike wie dann auch des Mittelalters darauf, daß der Name „herbeizwinge“: Das „Aussprechen des Namens schafft Gegenwart des Genannten“128. Und das galt gerade auch für die „Solidargemeinschaft“ der Lebenden und Toten, von der J. LeGoff gesprochen hat: Beide Gruppen blieben auf je eigene Weise miteinander verbunden, übten dabei wechselseitig Rechte aus und forderten auch Pflichten ein.129 Auf dieser Solidargemeinschaft beruhte die Hilfe für die Armen Seelen, die im Mittelalter den ganzen Totenkult durchzog.
122 Oexle, Gegenwart der Toten, S. 22.
123 Angenendt, Heilige und Reliquien, S. 113f.
124 Borst, Mönche am Bodensee, S. 17.
(...)
127 Mitteis, Recht als Waffe, S. 518.
128 Berger, Offerre pro, S. 233.
129 LeGoff, Geburt des Fegefeuers, S. 22f.


  • Dgl. zum Totenmahl (das aus der Antike stammt, Teil des frühchristlichen Brauchtums war, im Mittelalter kirchlich verboten, aber inoffiziell lange weitergeführt wurde und letztlich in der eucharistischen Opferpraxis aufging), S. 682 f.:

Zitat:

Die in der antiken Welt gepflegten Totenmähler wollten zum Ausdruck bringen, daß der Beerdigte irgendwie weiterlebte und die Gemeinschaft zwischen ihm und den Hinterbliebenen fortbestand. In der etruskisch-römischen Tradition blieb eigens ein Stuhl für den Verstorbenen frei: Er saß mit am Tisch.181 Manche antiken Gräber hatten zudem Spenderöhrchen, die zum Beerdigten hinabführten, um ihm Nahrung zuführen zu können.182 Diese Mahlgemeinschaft scheint überhaupt ein verbreitetes Element des Totenkultes gewesen zu sein, sind doch entsprechende kelto-romanische und germanische Bräuche anzunehmen.183 Auch die Christen nahmen dies für geläufig, so daß beispielsweise für Tertullian die Toten „gleichsam gegenwärtig sind und mit zu Tische sitzen“184. (...)
So sind an christlichen Gräbern Totenmähler abgehalten worden. Aber die Kirche lehnte sie seit dem Ende des 4. Jahrhunderts ab und suchte statt dessen die Eucharistiefeier und eine gesonderte Armenspeisung durchzusetzen.188 Dennoch lebten die Totenmähler im ganzen Mittelalter weiter, zwar abgedrängt vom Grab, aber dafür um so eifriger praktiziert im Kreis der Angehörigen, der Nachbarn, Gilden, Bruderschaften und selbst noch im Kloster.189 (...)
Nur darin hatte die kirchliche Ablehnung der Totenmähler Erfolg, daß Gewünschtes und Verbotenes nebeneinanderexistierten; beim Verstorbenen hielt man eine Meßfeier und – je nach Vermögen – eine Armenspeisung bzw. Almosenvergabe, daneben aber immer auch den „Leichenschmaus“. Dabei erfuhren die beiden offiziell geförderten Elemente schon bald eine Umbiegung: Bei der Meßfeier ging es weniger um den Dank an Gott für das Leben der Verstorbenen und bei den Almosen nicht mehr primär um die Sorge für die Armen als vielmehr um das bereits in der Spätantike feststellbare Bestreben, für die Verstorbenen „opfern“ zu wollen, um ihnen in einem möglicherweise ungünstigen Jenseitsgeschick noch beistehen zu können. Schon Tertullian und Cyprian kannten ein entsprechendes „offerre pro“191. Ebenso gestand Augustinus „sacrificia altaris et eleemosynarum“ (Opfer des Altares und der Almosen) zu und klassifizierte deren Nützlichkeit nach der unterschiedlichen Gutheit der Verstorbenen.192 Gleich beim Eintritt ins Mittelalter entstanden dann jene großen Kumulationen von Meßfeiern und Almosengaben, wie sie für die ganze Epoche typisch bleiben sollten.
181 Klauser, Cathedra im Totenkult, S. 53–60; ders., Totenmahl.
182 Burkert, Griechische Religion, S. 293–300.
183 Kyll, Tod, S. 155–162.
184 Tertullian, De testimonio animae 4 (CSEL 20), S. 1392.
(...)
188 Quasten, Reform des Märtyrerkultes.
189 Kyll, Tod, S. 162–179; Oexle, Gilden als soziale Gruppen, S. 309–314; Löffler, Totenbrauchtum, S. 247–291.
190 Vita Bennonis, praefatio (FSGA 22), S. 37115.
191 Berger, Offerre pro, S. 36–80; Angenendt, Missa specialis, S. 195f.
192 Siehe Kap. 22, S. 686.


Bewertung

Vielleicht kann das zur Verbesserung oder Bequellung des Artikels dienen, jdfs. aber zur Ehrenrettung der "Theologie" (Angenendt ist ja nicht nur Mittelalterfachmann, sondern primär Theologe). Eine mediävistisch autorisierte und offensichtlich von Fachleuten bearbeitete Darstellung ohne sich kundig zu machen umzuschreiben, damit sie heutigen Glaubensanschauungen entspricht, hat mit "Theologie" dagg. m.E. nichts zu tun, sondern das ist geschichtsblind.--Jordi (Diskussion) 11:17, 1. Aug. 2016 (CEST)Beantworten

Danke. Ich weiß, dass ich Recht hatte. -- 93.199.198.174 22:49, 1. Aug. 2016 (CEST)Beantworten
Das glaube ich ja, aber jetzt hat es halt jeder schwarz auf weiß, das finde ich effektiver (wirklich 1-zu-1 belegt war es ja nicht und wurde gerade darum immer wieder entfernt).
Außerdem standen mehr oder weniger unwidersprochen die Aussagen im Raum, die mittelalterlichen Vorstellungen seien „theologisch grottig“ und die historisch zutreffende Darstellung mittelalterlicher Vorstellungen sei einem modernen Christen nicht zuzumuten. Beides ist verkehrt (auch theologisch nicht mehrheitsfähig) und soll m.E. nicht so stehenbleiben oder im Geplänkel untergehen, und zwar gerade *weil* es nicht von irgendwelchen Störern ausging, sondern von verdienten Wikipedianern kam.
Ganz davon ab enthält die Darstellung Angenendts noch ein paar Dinge, die hier bisher noch nicht vorkamen. So stellt er die Vorstellung vom Weiterleben und von der physischen Anwesenheit der Toten stärker in Kontinuität mit vorchristlichen Totenbräuchen. Hier klang es nämlich tatsächlich so, als wäre diese Idee (inklusive der Möglichkeit einer Verbesserung des jenseitigen Schicksals des Toten durch Opfer) eine genuin christliche Erfindung oder Neuerung gewesen.
Dass es diese Dimension auch schon vor der Entstehung des Fegefeuers gab, könnte man noch etwas klarer machen. Betroffen ist weiter auch speziell der von @Tusculum ergänzte Brauch des Erinnerungsmahls, der im Mittelalter (wie Angenendt erklärt) nur inoffiziell weiterlief, während sich die institutionalisierte Totenfürsorge im Messopfer konzentrierte.--Jordi (Diskussion) 12:34, 2. Aug. 2016 (CEST)Beantworten

DACH-lastig?

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Wenn ich mir den Artikel jetzt so ansehe, es gab ja kürzlich eine kleinere Änderung, habe ich doch den Eindruck, daß zumal in der genannten Literatur andere europäische Räume nicht vorkommen, obwohl es das Phänomen auch dort gegeben hat. Sollte man da nicht etwas dagegen unternehmen? Allerdings habe ich derzeit keinen Zugriff auf einschlägige Literatur, die steht in Bamberg, und ich bin in Palermo. --Enzian44 (Diskussion) 21:21, 5. Feb. 2019 (CET)Beantworten

ich gebe zu, dass der Artikel aktuell das Memorialwesen im heutigen deutschsprachigen Sprachraum (wobei auch das nicht ganz passt, für das niederländische Thorn, mit dem ich mich am Rand beschäftigte, passt der Inhalt auch, obwohl das nicht im deutschen Sprachraum liegt) behandelt. Natürlich gab es Memorialwesen auch in anderen Räumen, aber die abweichenden Details darzustellen erfordert ein ziemlich Spezialistenwissen. Ich bin da raus. Allerdings bin ich der Auffassung, dass eine DACH-Lastigkeit kein allzu großes Manko darstellt: Es ist wichtig, dass der Artikel dem Laien Zugang zum Thema verschafft, wer sich fachlich mit Memorialforschung beschafft, wird den Artikel ohnehin nicht brauchen. Von daher ist es besser, wenn er allgemeinverständlich ist, als dass wir (überspitz gesagt) Detailinformationen zum rituellen Totengedenken in Südkalabrien im 13ten Jahrhundert anbieten.-- .Tobnu 21:51, 5. Feb. 2019 (CET)Beantworten
Ich dachte eigentlich nur an Literaturhinweise, etwa so etwas. Ein interessantes Einzelbeispiel wäre das Libro del Capitolo von S. Trinità di Venosa, oder, wie das Kloster perverserweise in WP genannt wird: Abtei der Heiligen Dreifaltigkeit (Venosa), Übersetzung aus der en:wp mit Überresten englischer Sprachfetzen. Dabei ist ein deutscher Historiker der aktuelle Spezialist für dieses Kloster. Irgendwie ist mir der Klosterartikel nach seiner Anlage entgangen, sonst hätte ich da schon längst eingegriffen, jetzt muß das aber warten, weil die einschlägigen Materialien in Bamberg liegen und ich hier in Palermo auch echte Wissenschaft betreiben möchte. Herzliche Grüße --Enzian44 (Diskussion) 21:38, 6. Feb. 2019 (CET)Beantworten
Ich kenne mich mit den NKs nicht so aus. Kannst du das gruselige Lemma des Klosters nicht gleich verschieben? --Armin (Diskussion) 20:28, 7. Feb. 2019 (CET)Beantworten
Da gibt es oft kuriose Bildungen, obwohl die originale Bezeichnung das Lemma bilden sollte, es sei denn, eine andere Bezeichnung ist in der deutschen Sprache verbreitet (Petersdom). Für Venosa gilt das sicher nicht, aber vielleicht kann man für unsere Leser Abtei stehen lassen. Allerdings ist der Artikel im Gescchichtsteil sehr überarbeitungsbedürftig, einige Einzelnachweise führen ins Leere (bei Pratilli wäre das wegen des Datums im 10. Jh. schon wichtig, denn euch in der Italia Pontificia IX, S. 491, wird von einem Kirchenbau in der Mitte des 10. Jhs. geschrieben), andere belegen nicht das, was im Artikel steht. In der englischen Version sind die Waybacklinks vorhanden, bei der Übersetzung aber nicht berücksichtigt worden. Das läßt sich also kurzfristig beheben, der Rest aber nicht, es sei denn, ich finde das Monasticon Italiae, Band 3, hier in einer Bibliothek. Houben läßt sich dann später einarbeiten. --Enzian44 (Diskussion) 02:17, 8. Feb. 2019 (CET) Aber heute nacht schiebe ich nichts mehr.Beantworten
Soll ich den Artikel auf Abbazia della Santissima Trinità verschieben? Oder was wäre hier angemessen? --Armin (Diskussion) 23:32, 12. Feb. 2019 (CET)Beantworten
Ich habe das jetzt auf Abtei Santissima Trinità di Venosa verschoben, so fällt auch die Klammer weg, denn das Patrozinium gibt es auch in Mileto und an anderen Orten wie Cava dei Tirreni. Die Überarbeitung wird noch etwas dauern, aber ich konnte einschägige Literatur hier in Palermo ausfindig machen. Wünschenswert wäre auch ein Artikel über den Nekrolog, aber das mache ich lieber in Bamberg, wo cih den Houben im Hause habe. --Enzian44 (Diskussion) 20:39, 13. Feb. 2019 (CET)Beantworten