Diskussion:Ferdinand Spiegel

Letzter Kommentar: vor 3 Jahren von Martinus KE in Abschnitt Unausgewogen

Brüder

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Laut Würzburg-Wiki sollen die Maler Ferdinand Spiegel (1879–1950) und Hans Spiegel (1894–1966) Brüder gewesen sein.

In jedem Fall ist der Vergleich der beiden, ihrer künstlerischen Ausrichtungen "vor NS" und ihres späteren Stilwandels interessant. -- Martinus KE (Diskussion) 21:20, 8. Dez. 2020 (CET)Beantworten

Unausgewogen

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Der Artikel stellt den Maler einseitig als Blut-und-Boden-Maler im Sinne der NS-Ideologie dar. Dass er das in den 30er/40er Jahren war, glaube ich gern. (Beispielsweise auch wegen der Abbildungen in: Bruno Kroll, Deutsche Maler der Gegenwart, 3. Aufl. Berlin o. J. [1943?], S. 132–133.)

Doch davor liegen 20 oder 30 Jahre seines Schaffens mit anderer stilistischer Ausrichtung, die ebenfalls dargestellt zu werden verdienen. Derzeit wird dieser Schaffenszeitraum, der wahrscheinlich länger dauerte als später das Tausendjährige Reich, im Artikel mit einem knappen Halbsatz abgefertigt:

(...) trat zunächst als Mitarbeiter des Simplicissimus und der Münchener Jugend in Erscheinung.

Was ich derzeit in meinem Zettelkasten habe, reicht (mir) leider noch nicht aus, um den Artikel selbst entsprechend zu ergänzen und geradezurücken:

  • Um 1900 träumt Spiegel in einer Postkartenserie ("Im Rosengarten", "Im Lenz", "Lueg in's Land" [sic], "Vielliebchen" usw.) von einem märchenhaften Mittelalter (Abbildungen). Die früheste Brief-Datierung auf einer dieser Karten, die ich gesehen habe, war 1901. In Gebrauch waren die Karten aber natürlich länger, etwa bis zum Ersten Weltkrieg.
  • 1912 war er anlässlich der "Bayrischen Gewerbeschau 1912 München", für die er Plakat(e?) und Postkarten entwarf, in der Öffentlichkeit sehr präsent. Die graphische Gestaltung ist deutlich schnörkelloser als in der o. g. Postkartenserie.
  • Ein 1913 datiertes Gemälde in Privatbesitz (Kunst und Krempel, BR, 5. Dezember 2020) zeigt eine sehr ansprechend gestaltete Ammerseelandschaft. Man könnte sie auch Abschied betiteln: Eine junge Frau steht am Seeufer und winkt mit ihrem Tüchlein einem nach links aus dem Bild hinausfahrenden Boot nach. Über ihr das herbstlich gelb gefärbte Blätterdach einer Rosskastanie. Der Blick geht über den See in die Ferne zu den Alpen. – Ein Hauch von Hodler, Munch und in München natürlich Leo Putz. – Stimmungsvoll, ein wenig sentimental, mit der prächtigen Farbigkeit sehr dekorativ, aber keineswegs "national" oder gar "-istisch".
  • Ob auch die Chiemseelandschaft der Pinakothek der Moderne in diese Zeit gehört, ist aus den allzu sparsamen Katalogangaben (ohne Abbildung) leider nicht zu ersehen.

All das ist "meilenweit" von Bauer und Schmied usw. der 1930er Jahre entfernt. Das Schaffen Spiegels sollte differenzierter betrachtet werden. Er war offensichtlich nicht "der geborene Nazi", als der er im Artikel derzeit "rüberkommt". Wann und unter welchen Umständen bzw. Gründen (wirtschaftliche Not der Wirtschaftskrise? politische Überzeugung nach dem Krieg?) er die Ausrichtung seiner Werke änderte, könnte bei näherem Hinsehen ein interessantes Studienobjekt sein. Ggf. auch im Vergleich mit dem jüngeren Bruder (s. o.), der von offenbar moderneren Anfängen (laut Wikipedia: "Kubismus"?) zu einer ähnlich national-pathetischen Ausrichtung überging. (Auch von ihm ist ein Gemälde in dem zitierten Buch von Bruno Kroll abgebildet.) -- Martinus KE (Diskussion) 22:18, 8. Dez. 2020 (CET)Beantworten

Nachtrag: Eine reichhaltige Sammlung von Abbildungen findet sich hier und hier. Die meisten Bilder stammen auch da aus den 1930er Jahren – und bestätigen nachdrücklich für diese Zeit, was im Artikel über den Maler zu lesen ist.

Die ersten NS-kompatiblen Motive in dieser Zusammenstellung scheinen mir zu sein:

  • Militär-Darstellungen: Über die Aisne (um 1914/15) zeigt eine Marschkolonne beim Überqueren des namengebenden Flusses auf einer Pionierbrücke.
  • Bauern-Darstellungen: Ein Jugend-Titelbild von 1917 zeigt einen Tiroler Bauer als kerniges Mannsbild in der Stube seines Hofs (die Wanduhr signalisiert einen gewissen Wohlstand). Solche Motive sind spätestens seit Leibl etabliert, hier natürlich in einer moderneren Malweise. Man muss sie nicht gleich nationalistisch deuten.

Diese Motive sind nicht von Dauer, oder machen jedenfalls nicht alleine Spiegels Oeuvre der Nachkriegsjahre aus. In den "wilden 20ern" entstand beispielsweise ein Wandbild Liebeslied (Love-Song), das einen ziemlich "dekadenten" Frauenakt zeigt (von der Berliner "Großstadtluft" inspiriert) und das 1925 in einer amerikanischen Zeitschrift abgebildet wurde.

Und als sich der Wind (spätestens) 1933 wieder drehte, hatte Spiegel die heroischen Soldatenmotive und Bauernköpfe schon "drauf" und musste nur den Malstil noch etwas anpassen.

Mein Eindruck ist, dass Spiegel immer sein Ohr am Puls der Zeit hatte und den Markt mit dem bediente, was der Zeitgeist gerade verlangte. -- Martinus KE (Diskussion) 01:02, 9. Dez. 2020 (CET)Beantworten