DigitalService des Bundes

staatliches Unternehmen

Die DigitalService GmbH des Bundes ist eine deutsche GmbH in Bundesbesitz, die mit und für die Bundesministerien sowie nachgeordneten Behörden digitale Lösungen entwickelt. Im Fokus steht dabei eine agile und nutzerzentrierte Software-Entwicklung, bei der die Bedürfnisse der deutschen Bürger in den Mittelpunkt gestellt werden. Der DigitalService führt die beiden Fellowship-Programme Tech4Germany und Work4Germany durch. Der Sitz der Gesellschaft ist Berlin.

DigitalService des Bundes GmbH

Logo
Rechtsform Gesellschaft mit beschränkter Haftung (Deutschland)
Gründung 2020
Sitz Berlin
Leitung Christina Lang und Anja Theurer
Mitarbeiterzahl 135
Branche Software
Website digitalservice.bund.de

Gründung Bearbeiten

Mitte 2019 gründete Christina Lang mit zwei Mitstreitern das Non-Profit Start-up 4Germany UG. Mit seinen Fellowship-Programmen Tech4Germany und Work4Germany stand es von 2018 bis 2021 unter der Schirmherrschaft von Helge Braun, dem damaligen Chef des Bundeskanzleramts. Die 4Germany erarbeitete sich Erfahrungswissen über agile, nutzerzentrierte Software-Lösungen und innovative Methoden für die Arbeit mit der Bundesverwaltung. Gemeinsam mit anderen Organisationen setzte das Start-up ehrenamtlich im März 2020 den Hackathon #WirVsVirus um.[1][2]

Im September 2020 wurde das Start-up 4Germany UG vom Bund übernommen und in diesem Zuge in eine GmbH umfirmiert[3]. Darauf hatte der Digitalrat der Bundesregierung gedrängt, dem Beispiel anderer Länder wie dem Königreich Großbritannien zu folgen, wo der Government Digital Service bereits seit 2011 gegründet wurde und ca. 800 Mitarbeitende beschäftigt.[4]

Der entstandene DigitalService ist eine GmbH im Eigentum des Bundes. Die Bundesrepublik Deutschland – vertreten erst durch das Bundeskanzleramt, jetzt durch das Bundesministerium des Innern und für Heimat – hält 100 Prozent der Anteile der GmbH.

Aufgaben und Auftraggeber Bearbeiten

Der DigitalService erstellt als Inhouse-Einheit nutzerzentrierte Lösungen für die digitalen Bedarfe des Bundes. Es ist zudem Auftrag des DigitalService, durch die gemeinsame Arbeit mit den Verwaltungsmitarbeitenden zum Aufbau von Digital- und Transformationskompetenz innerhalb der unmittelbaren Bundesverwaltung beizutragen und damit die Digitalpolitik der Bundesregierung umzusetzen.[5] Aktuell wird mit folgenden Ministerien an gemeinsamen Projekten gearbeitet:

Geschäftsführung und Aufsichtsrat Bearbeiten

Die Geschäftsführung stimmt sich hinsichtlich der strategischen Ausrichtung des Unternehmens eng mit dem Aufsichtsrat der Gesellschaft sowie der Gesellschafterin – der Bundesrepublik Deutschland – ab. Die Geschäftsführung haben Christina Lang und Anja Theurer.

Der Aufsichtsrat des DigitalService ist paritätisch besetzt und besteht aus acht Mitgliedern. Vier der Mitglieder werden aus der Bundesverwaltung bestellt und vier aus der Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft:

Organisation Bearbeiten

Neben den Querschnittsabteilungen verfügt der DigitalService über vier Bereiche, aus denen sich die interdisziplinären Teams für die einzelnen Projekte zusammensetzen.

Produktmanagement Bearbeiten

Produktmanager stellen sicher, dass Lösungen tragfähig und wertstiftend sind. Sie gewährleisten, dass alle Funktionalitäten auf die Produktvision einzahlen, um ein stimmiges und fokussiertes Angebot zu ermöglichen. Oft organisieren sie auch die Arbeit des interdisziplinären Teams.

Design Bearbeiten

Designer sorgen dafür, dass die Lösungen Nutzern ein klares und einheitliches Erlebnis bieten. Sie vertesten Prototypen, entwickeln Nutzungs-Flows sowie inklusive und benutzbare Oberflächen mit Augenmerk auf Barrierefreiheit.

Software-Entwicklung Bearbeiten

Entwickler planen und setzen die nötige Software um, sodass sie belastbar, skalierbar und wartbar ist. In frühen Phasen prüfen sie technische Rahmenbedingungen und beteiligen sich kreativ an der Konzeption. Sie sind für die IT-Sicherheit verantwortlich und unterstützen beim Datenschutz.

Transformationsmanagement Bearbeiten

In diesem weiteren Bereich binden Transformations-Manager Projektpartner so in die Produktentwicklung ein, dass Informationen, Fachwissen und Feedback transparent ausgetauscht und Entscheidungen gemeinsam getroffen werden können. Zusätzlich führen sie mit verschiedenen Ansätzen und Methoden die nötigen Veränderungen im Umfeld unserer Projekte herbei.

Fellowships Bearbeiten

Die Fellowships Tech4Germany und Work4Germany bringen externe Digitaltalente und Veränderungsexperten in Bundesministerien[6] sowie Bundesbehörden zusammen, um die Vorteile neuer Arbeitsmethoden und nutzerzentrierter Software-Entwicklung erlebbar zu machen. Beide Fellowship-Programme sind ebenfalls Teil der DigitalService GmbH des Bundes.

Work4Germany bringt seit 2020 Experten aus der Privatwirtschaft mit engagierten Mitarbeitenden der Bundesministerien zusammen. Während des sechsmonatigen Fellowships arbeiten die Tandems gemeinsam an bereichsübergreifenden Herausforderungen, gestalten Arbeitsabläufe neu und setzen einen Fokus auf iterative und methodisch geprägte Arbeitsweisen.

Bei Tech4Germany arbeiten Talente und Experten aus den Bereichen Produktmanagement, Design und Software-Entwicklung gemeinsam mit digitalen Vorreitern aus Bundesministerien und -behörden an konkreten Digitalvorhaben der Bundesverwaltung. In interdisziplinären Teams entwickeln sie mit agilen und nutzerzentrierten Methoden ein tiefes Problem- und Nutzerverständnis und erstellen innerhalb von drei Monaten prototypische Software-Produkte.

Projekte Bearbeiten

NeuRIS Bearbeiten

Die Dokumentationsstellen der obersten Bundesgerichte und das Bundesamt für Justiz erhalten ein webbasiertes Tool zur Verwaltung und Pflege einer Datenbank aller Gesetzestexte, Verordnungen und Gerichtsurteile. Darüber hinaus soll die Datenbank NeuRIS eine webbasierte Schnittstelle für Bürger und eine API für Anwendungen erhalten, die auf diese Daten zugreifen wollen. Ein Rechtsinformationsportal als öffentliches Recherchesystem wird für alle Bürger zugänglich sein und einen einheitlichen, barrierefreien und nutzerfreundlichen Zugang zu den bereitgestellten Informationen schaffen. Damit werden alle aktuellen Gesetze und Verordnungen, Gerichtsentscheidungen und Verwaltungsvorschriften des Bundes erstmals vollumfänglich als Open Data zur Verfügung gestellt.

Digitalcheck Bearbeiten

Der in der Digitalstrategie der Bundesregierung formulierte Digitalcheck soll die Qualität der Gesetzgebung verbessern und die Möglichkeit der digitalen Ausführung von Gesetzen sicherstellen. Eine digitaltaugliche Gesetzgebung ist Grundlage für die umfassende Nutzung des Potenzials digitaler Lösungen und bietet einen direkten Mehrwert für Bürger, Organisationen und auch für die Verwaltung.[7]

Digitale Identitäten Bearbeiten

62 Millionen Deutsche besitzen mittlerweile den elektronischen Personalausweis mit Online-Ausweisfunktion (eID). Doch trotz hoher Verbreitung wird die Online-Ausweisfunktion noch immer weniger genutzt als in anderen Ländern. Ziel des Projektes "Digitale Identitäten" mit dem Bundesministerium des Innern und für Heimat ist es, die staatliche digitale Identität zu einer gern genutzten und weitverbreiteten Lösung weiterzuentwickeln und damit dazu beizutragen, die Nutzungsraten von Online-Verwaltungsservices zu erhöhen.

Digitale Rechtsantragstelle Bearbeiten

An vielen Gerichten in Deutschland gibt es Rechtsantragstellen. Dort können Bürger Klagen oder Anträge – beispielsweise für Beratungshilfe – vor Ort physisch einreichen. Vielen sind diese Rechtsantragstellen unbekannt. Genau an dieser Stelle setzt das Projekt "Digitale Rechtsantragstelle" mit einer (rechts-)staatlichen Anlaufstelle für Bürger im Internet an, welches Justizdienstleistungen einfach digital zur Verfügung stellt.[8] Mit Hilfe partizipativer Forschung und Gespräche mit Bürgern, Justiz-Mitarbeitenden und IT-Experten soll eine erste funktionsfähige Lösung umgesetzt werden.

Zivilgerichtliche Online-Verfahren Bearbeiten

Gemeinsam mit dem Bundesministerium der Justiz erprobt der DigitalService, ob ein zivilgerichtliches Online-Verfahren das Potenzial hat, den Menschen im Bereich von niedrigen Streitwerten (Kleinforderungen) eine einfache, nutzerfreundliche und niedrigschwellige Geltendmachung von rechtlichen Ansprüchen zu ermöglichen. Einheitliche Formalia bei der Einreichung von Online-Klagen können Bearbeitungszeiten verkürzen und das Vertrauen in Rechtsstaat und Demokratie stärken. Das Projekt ist eingebettet in die Digitalstrategie Deutschland und den „Pakt für den digitalen Rechtsstaat“.

Abgeschlossene Projekte Bearbeiten

Grundsteuer für Privateigentum Bearbeiten

Im Kontext der Grundsteuerreform wurde ein vereinfachter digitaler Steuerservice für die Feststellung des Grundsteuerwerts – die „Grundsteuererklärung für Privateigentum“ – entwickelt.[9][10] Der kostenfreie Online-Service ermöglichte es bis zum 31. Januar 2023 privaten Eigentümern, die Erklärung in wenigen Minuten ohne professionelle Unterstützung abzugeben. Der Service reduzierte die nötigen Angaben und führt die Nutzenden aktiv durch den Prozess. Er konnte in den Bundesländern genutzt werden, die dem Bundesmodell folgen.

Steuerlotse für Rente und Pension Bearbeiten

Im Mai 2021 ging der Steuerlotse für Rente und Pension[11] als erstes digitales Produkt der Inhouse-Software-Entwicklungseinheit des Bundes online. Er ermöglichte einkommenssteuerpflichtigen Rentnern und Pensionären die digitale Einreichung ihrer Steuererklärung. Der webbasierte Service berücksichtigte deren Bedürfnisse sowie Nutzungsverhalten und ermöglichte damit digitale Teilhabe. Nach zwei Veranlagungsperioden wurde der Steuerlotse des Bundesministeriums der Finanzen eingestellt, um eine Dopplung mit einfachELSTER zu vermeiden.

Agora Bearbeiten

Die Coronapandemie hat die analogen Abläufe im Gesundheitssystem offen gelegt und an ihre Grenzen gebracht. Mit dem Bundesministerium für Gesundheit stellte der DigitalService innerhalb von sieben Monaten im Mai 2021 die Kollaborationsplattform Agora zur Verfügung, über die sich die Gesundheitsämter vernetzen, Informationen digital teilen und austauschen können. Die kostenfreie Plattform kann intern, regional sowie länderübergreifend genutzt werden. Agora basiert unter anderem auf der Open-Source-Software Nextcloud, auf der aufbauend das Webangebot mit spezifischen Funktionen für den Öffentlichen Gesundheitsdienst ergänzt wurde. Zum 31. Dezember 2022 wurde das Projekt komplett an das Robert Koch-Institut und Dataport als IT-Dienstleister übergeben.

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Der größte Hackathon der Geschichte. Der Spiegel, 30. März 2020, abgerufen am 2. Mai 2023.
  2. Ein virtuelles Fußballstadion gegen das Virus. In: Süddeutsche Zeitung. 23. März 2020, abgerufen am 2. Mai 2023.
  3. „Rentner schaffen ihre Steuererklärung in dreißig Minuten“. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 28. Oktober 2023, abgerufen am 28. Oktober 2023.
  4. DigitalService4Germany:Entwickeln für den Staat. In: Tagesspiegel. 16. September 2020, abgerufen am 2. Mai 2023.
  5. Digitaler Aufbruch. In: Bundesregierung. 31. August 2022, abgerufen am 2. Mai 2023.
  6. Pressemitteilung BMJ. In: Bundesministerium der Justiz. 5. April 2022, abgerufen am 2. Mai 2023.
  7. Ein neuer „Digitalcheck“ der Ampel soll für bessere Gesetze sorgen. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 9. August 2023, abgerufen am 9. August 2023.
  8. Pressemitteilung BMJ. In: Bundesministerium der Justiz. 26. Oktober 2022, abgerufen am 2. Mai 2023.
  9. Service: die neue Grundsteuer. In: ARD-Morgenmagazin. 7. Juli 2022, abgerufen am 2. Mai 2023.
  10. Zusatzportal für Grundsteuererklärungen. In: Zeit Online. 12. Juli 2022, abgerufen am 2. Mai 2023.
  11. Bundesministerium der Finanzen. 29. August 2022, abgerufen am 2. Mai 2023.