Dietrich Meuss (* 1565/1570 in Nijmegen, Grafschaft Geldern; † 1626 in Feldkirch) war ein aus Flandern stammender Maler des Manierismus, der in Vorarlberg lebte.

 
Dietrich Meuss – Titelblatt Codex 1335

Dietrich Meuss begann 1601 mit seiner Tätigkeit im Stiftsgebiet St. Gallen mit dem Hochaltarblatt von St. Gallen-Bruggen. Zu Dietrich Meuss sind zwei verschiedene Namen überliefert[1]. Der Familienname leitet sich vermutlich vom Namen des Apostels Bartholomäus ab. Meuss war um 1601 bereits selbständiger Meister und ließ sich in dieser Zeit in Feldkirch nieder. Im Jahr 1605 wurde er zeitgleich mit dem Maler Hans Georg Clessin als Meister in die Feldkircher Grosshammerzunft aufgenommen[2]. Gefördert von Abt Bernhard Müller erhielt er bis zum Jahr 1625 regelmäßig Aufträge der Fürstabtei St. Gallen. Meuss, der den niederländischen Manierismus in die obere Bodenseeregion brachte, stand in Feldkirch einer großen und leistungsfähigen Werkstatt vor. Dietrich Meuss war ein solide ausgebildeter und vielseitiger Maler und die durch Quellen belegten und zum Teil heute noch erhaltenen Werke zeugen von seinem Können. Er schuf nicht nur Tafelgemälde, sondern war darüber hinaus auch als Fassmaler, „Tuechlimaler“, Freskant und nicht zuletzt als guter Buchmaler tätig. Welche Gesellen bei ihm eingestanden sind, ist nicht bekannt, jedoch sind fünf Lehrlinge bezeugt und drei von ihnen sind später als selbständige Malermeister tätig. Dass sein Sohn Hans Wilhelm Meuss um 1620 bei ihm arbeitete ist ziemlich sicher, vermutlich hat er auch die Lehre bei seinem Vater gemacht. Der von Konstanz stammende Maler Seltenhorn, der 1619 eine Tochter des Wilhelm Meuss heiratete, arbeitete ab dieser Zeit auch bei (oder für) Dietrich Meuss. Schon im April 1625 wird es mit der Gesundheit Dietrich Meussens nicht mehr zum Besten gewesen sein. Der Verding über die beiden Altäre ins St. Galler Münster hält ausdrücklich fest: „so dass er M. (= Meister Dietrich Meuss) durch Gottes Gewalt an dieser Arbeit verhindert würde, soll sein Sohn Hans Wilhelm Meuss und seine Maister etwan diesen Verding wie obstat statt thun.“ 1626 stirbt Dietrich Meuss in Feldkirch und hinterlässt seine Witwe und seinen Sohn Hans Wilhelm Meuss.

Werkstatt und Lehrlinge

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Signatur – Meuss – Feldkirch

Dietrich Meuss hat, wie die meisten Maler seiner Zeit und auch dem Wunsch seiner Auftraggeber entsprechend nach grafischen Vorlagen gearbeitet. Die allgemeinen manieristischen Stilmerkmale der Arbeiten Dietrich Meussens sind die Raumaufteilung, die Isolierung der Einzelgestalten und die oft metallisch wirkenden Glanzlichter der Gewänder. Typisch für Dietrich Meuss und seine Werkstatt sind die Verwendung ähnlicher (gleicher !) Modelle für öfters wiederkehrende Heiligengestalten (Maria, Johannes usw.) und die mehr zeichnerisch-grafisch als malerisch großflächig umrissenen Gestalten. Werkstatttypisch sind auch die meist spinnenhaften Hände mit langen, schlanken Fingern und runde Wolkenballen.

In der Werkstatt arbeitete sein Sohn Hans Wilhelm Meuss (als Meister tätig 1621–1634) mit. Ein weiterer Maler, der zeitweise in der Werkstatt des Dietrich Meussen arbeitete, könnte Hans Jerg Wilhalm (nachgewiesen 1609–1641) gewesen sein, der nach Meussens Tod für Erasmus Kern arbeitete dann 1641 aber als Geselle beim Feldkircher Maler Hans Caspar Hohensin einstand.[3] Auch sein Schwiegersohn Seltenhorn fand wahrscheinlich schon vor 1619 in der Werkstatt des Dietrich Meuss sein Auskommen.

Wie schon erwähnt bildete Dietrich Meuss während seiner ganzen Schaffenszeit Lehrlinge aus:

  • 1607 beginnt Jacob Mayer aus dem St. Gallischen Stiftsgebiet[4] bei Meuss die Lehre und dürfte sie etwa im Jahr 1611 beendet haben. 1616 liefert dann Jakob Mayer erstmals als selbständiger Maler in Rorschach dem St. Galler Abt Bernhard Müller ein Bild[5] und erscheint dann regelmäßig im Ausgabenbuch des Fürstabtes bis zum Jahr 1624 und 1641 ist er mit andern Malern am Hochaltar des St. Galler Münsters beschäftigt.
  • 1612 wird der Bludenzer Heinrich Purscher von Dietrich Meuss als Lehrling aufgedingt.
  • 1615 beginnt Jorg Heüssler von Schlins bei ihm die Lehre.
  • 1617 wird Adam Gerstler von Feldkirch als Lehrling bei Meuss aufgedingt. Er ist später in Feldkirch als selbständiger Maler tätigt, wird jedoch erst 1648 Meister in der Grosshammerzunft.
  • 1621 nimmt Meuss den aus Hohenems stammenden Erhard Ehin (Öhin) als Lehrling auf. Um 1630 wird Ehin Meister in der Grosshammerzunft und nimmt 1635 einen Dietrich Meuss, wohl der Enkel des älteren Dietrich Meuss, als Lehrling bei sich auf.

Nachfolge

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Meuss Dietrich – Altarblatt – Wil

Noch zu Lebzeiten seines Vaters wird Hans Wilhelm Meuss 1621 als neuer Meister in die Grosshammerzunft aufgenommen.[6] Er dürfte damals etwa 25 Jahre alt gewesen sein. Bei wem er sein Handwerk erlernte und wohin in seine Wanderjahre als Geselle führten, wissen wir nicht. Möglich ist, dass er sein Handwerk bei seinem Vater erlernte und erst dann für kurze Zeit auf Wanderschaft ging. Wohl kurz nach der Meistergerechtigkeit heiratet Hans Wilhelm Meuss die Feldkircher Bürgerstochter Elisabeth Weltin, die schon vor 1633 stirbt, vermutlich 1630,[7] denn 1633 wird Meuss von Maria Salome Kessler ein Kind geboren.

Sicher ist, dass Hans Wilhelm Meuss die Werkstatt seines Vaters fortführte. Bis heute können von Hans Wilhelm Meuss jedoch keine Arbeiten nachgewiesen werden. Dies wird auch durch den sich bei Dietrich Meuss ab 1620 durchsetzenden Werkstattstil erschwert. Es scheint aber, dass er die Werkstatttradition fortführte und vom Ruf seines berühmten Vaters profitieren konnte. 1633/34 wurden in der St. Leonhard-Kapelle in Bad Ragaz drei Altäre neu errichtet. Die Quellen[8] belegen, dass die Altargemälde einem Feldkircher Maler verdingt wurden. Sehr wahrscheinlich hat Hans Wilhelm Meuss diese Arbeiten ausführen dürfen.

Bei Hans Wilhelm Meuss lassen sich Lehrlinge aufdingen.

  • 1621 wird Caspar Willi von Chur als Lehrling eingeschrieben.
  • 1628 beginnt bei ihm Franziskus Maria Pompiati von St. Gallen die Lehre.

Beide kommen also aus Städten, in denen bereits Dietrich Meuss tätig und wohl auch bekannt war. 1634 erscheint Hans Wilhelm Meuss das letzte Mal in den Registern der Grosshammerzunft. Ziemlich sicher ist er dem Pestzug des Jahres 1634/35 erlegen. Im darauf folgenden Jahr lässt sich sein Sohn (?) Dietrich Meuss (geboren um 1621/22) beim ehemaligen Lehrling von Dietrich Meuss (dem älteren), dem Malermeister Erhard Ehin als Lehrling aufdingen. Weder Lehrmeister, noch Lehrling haben den Pestzug vom Dezember 1635 überlebt, so dass die so vielversprechend angefangene Werkstatttradition der Maler Meuss, ein abruptes Ende fand.[9] Die verwaiste Werkstatt wurde vom Konstanzer Maler Hans Caspar Hohensin übernommen.

 
Fresko Adam und Eva unter dem Baum der Erkenntnis (1611) im Kloster St. Johann in Alt St. Johann
 
Dietrich Meuss – Pietà in Chur
 
Meuss Dietrich – Codex 1768

Literatur

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Commons: Dietrich Meuss – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise und Anmerkungen

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  1. Meussen bei Meussen, Dietrich. In: Hans Vollmer (Hrsg.): Allgemeines Lexikon der Bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart. Begründet von Ulrich Thieme und Felix Becker. Band 24: Mandere–Möhl. E. A. Seemann, Leipzig 1930, S. 459 (biblos.pk.edu.pl). Meuss bei Fischer und Poeschel:
  2. Stadtarchiv Feldkirch (StAF), Grosshammerzunft (GHZ) Reg. 11, S. 103
  3. STAF: Hds 99, 1641 Caspar Hossing Tröster seines Gesellen Hans Wilhelmen ist gestrafft 3 Pf
  4. Vermutlich aus Rorschach stammend
  5. StiASG, Ausgabenbuch D879, fol. 136v
  6. StAF: GHZRB 11, Rechnungsbuch der Grosshammerzunft, Bruderschaft der Schmiede 1556 – 1627
  7. StAF: GHZBB, Bruderschaftsbuch der Grosshammerzunft 1500 – 1936, fol. 13
  8. StA Pfäfers, Band 101, Korrespondenz zwischen Abt Jodok Höslin (reg. 1626 – 1637) und P. Gabriel Bucelin
  9. Da die Todenbücher der Stadtpfarre Feldkirch fehlen, lassen sich die Todesdaten von Hans Wilhelm Meuss, Dietrich Meuss dem jüngeren und Erhard Ehin nicht genau feststellen. Ebenso fehlen die Rechnungsbücher der Grosshammerzunft der Jahre 1628 – 1642.
  10. Stiftsarchiv St. Gallen (StiASG) Buch F3 D12.: Item Anno 1601 ist die Althar Thäfflen Maister Diettrich Meüss von Veldkirch verdingt (So zu Bruggen in der Kirchen uffgesteltt). Erstlich umb 43 fl. Nach dem habend ihr Gnaden gnedigt bewilliget von dem d hindern thail 3 fl und dem gsellen für sein trinkgelt 1 fl 2 kr. Thut alles XXXXVII fl II kr
  11. StiASG, D.879 (f. 301 r + v) Item den 9. März M. Dietrich dem maler wegen der Altar tafeln gen Wildthauss 30 fl. '
  12. StiASG D. 879 (f. 134v): Item dem M. Dietrichen malern geben den 28. april, 21. juni, 26. aug., 27 7bris, thuett alles in einer summa (wegen des gwelbs im chor zun malen und seyten zufassen) 30 fl.
  13. StiASG D. 879 (F. 302r). Am 20. Februar erhält er 40 fl. Item eodé M. Dietrich erlegted wegen der Altar tafeln zu degerschen
  14. StiASG D. 879 (f. 135v): …von wegen beider fastentüecher in dz münster und für den fronaltar fl. 160
  15. StiASG D. 879 (f. 132v): Item den 13. 10bris M. Dietrich Maler erlegt wegen dess himels zu Rorschach 6 fl 3 bz
  16. StiASG D. 879 (f. 135v): Am 24. Mai wird Dietrich Meuss gen St.Johan geschickt wegen St.Bernhardts bild, so er daselbsten in die kirchen gemalet. Dafür erhält er 14 fl.
  17. Henggeler, S. 256: Durch den Belgier Theodorich Meuris liess er (P. Erasmus v. Altmannshausen) im Speisesaal das Leben der Klosterpatrone St. Johannes des Täufers und St. Johann Ev. malen.
  18. Steccanella, Kircheninventar Neu St. Johann, Inv.-Nr. G/057
  19. StiASG D. 879 (135v): Dietrich Meuss erhält am 20. Mai 8 fl. für die grossen rosen in dem loch zu dem chorgwelb zu vergülden. Zusammen mit Maler Hans Hohensin von Konstanz. Vgl. Erwin Poeschel, Die Kunstdenkmälder des Kantons St. Gallen, Band III, Basel 1961, S. 53
  20. StiASG D. 879. (f. 135v): Dietrich Meuss erhält am 30. August 528 fl. wegen der decki in der kirchen zu malen, auch den Oelberg oben am Bogen, item die kirchenfenster und seul zu fassen und von wegen der 2 engeln neben der orgel
  21. StiASG D. 879. (f. 133r): Item den 30. Aug. M. Dietrich Malern geben wegen dess Landtfendlin zu malen 7 fl.
  22. StiASG D. 879 (f. 303v): Item den 30. May A. 1607 dem M. Dietrich Maler geben von wegen der Altar taflen zu St. Cathrine Kloster zu weil 15 fl 7 bz 2 kr
  23. StiASG D. 879. (f 135v): Dietrich Meuss erhält am 26. Februar 10 fl.: umb abreissung der bildern und patronen, so in unser new breviarium söllen komen
  24. Steccanella, Kunstinventar Kathedrale und Schloss Chur, Inv.-Nr. GE-I 524
  25. Steccanella, Kircheninventar Kathedrale Chur, Inv.-Nr. GE-II 114
  26. Steccanella, Kunstinventar Kathedrale und Schloss Chur, Nr. GE-I 507
  27. StiASG D. 879 (f 133v): Item de 26. May dem Malern M. Dietrichen vowegen deren 3 tüecher so er in mein gemach allhi gemalet 86 fl
  28. StiASG, Buch BX.64, S. 301: 9. Juny dem M. Dietrich Möss uffs verding ferner geben 150 fl. 27 August im widerumb geben uffs verding 30 fl. Das Wandgemälde „Adam und Eva unter dem Baum der Erkenntnis / Sündenfall“ wurde anlässlich der letzten Restaurierung (2005/06) wiederentdeckt.
  29. StiASG. D. 879. (f 136v): Dietrich Meuss erhält 6 fl. Am 18. August wegen ettlichen vergülten buchstaben und bildern in das newgeschribene gradual
  30. Steccanella, Kircheninventar Dompfarre Feldkirch, Inv.-Nr. 6800/K/001, 6800/K/006, 6800/G/007
  31. Steccanella, Kircheninventar Dompfarre Feldkirch, Inv.-Nr. 6800/G/007
  32. Dehio Vorarlberg 1983, S. 183.
  33. StiASG D. 879 (f. 308v): Item M. Dietrichen Malern wegen der Altar taflen in dz new Schwöster Kloster bei Rorschach erlegt uf den 6 Apr 120 fl
  34. Rainald Fischer: Die Kunstdenkmäler des Kantons Appenzell Innerrhoden. Basel 1984, ISBN 3-7643-1629-2, S. 284.
  35. Rainald Fischer: Die Kunstdenkmäler des Kantons Appenzell Innerrhoden. Basel 1984, ISBN 3-7643-1629-2, S. 267.
  36. StiASG, Buch 314, S. 732 f.; Verding mit D.Meuss über Altäre in der Otmarskirche
  37. StiASG, B 312, S. 567: Verding vom April 1624 über die beiden Altäre. / StiASG Urkunden Buch BX. 64: Zahlungen vom 24. April, 15. und 22. Juli und 6. September, insgesamt 395 fl, das sind 15 fl. Mehr als im Verding vereinbart. Die Altäre schuf Meuss unter der Mitarbeit seines Sohnes Hans Wilhelm und Schwiegersohnes Seltenhorn.
  38. StiASG, Band 312, S. 587: 7. October 1625 ist das Orglen Werckh Corpus Bilder und Flügell zu fassen und mahlen verdingt worden. M. Dietrich Meuss soll baide grosse Flügel in Höhe und Breite wie die Visierung mit sich gibdt, uff dass süberst und künstlichst alss müglich mahlen. Namlich uff die recht Seiten mit Ohlfarben die Geburt Christi, und Historia bim Regnz. An der Usseren Seiten mit Linfarben den Eglischen Gruess (?). Das alles in sein Kosten 200. Meuss arbeitete an der Orgel mit Hans Hohensin von Konstanz zusammen.