Dieter Birnbacher

deutscher Philosoph

Dieter Birnbacher (* 21. November 1946 in Dortmund)[1] ist ein deutscher Philosoph mit dem Schwerpunkt Ethik.

Dieter Birnbacher

Leben Bearbeiten

Birnbacher studierte Philosophie, Anglistik und Allgemeine Sprachwissenschaft in Düsseldorf, Cambridge und Hamburg. 1969 erwarb er den B. A. in Cambridge. 1973 erfolgte die Promotion in Hamburg. Von 1973 bis 1993 war er Wissenschaftlicher Assistent bzw. Akademischer Rat in Hannover und Essen. Im Zeitraum 1974–1985 wirkte er in der Arbeitsgruppe Umwelt Gesellschaft Energie an der Universität-Gesamthochschule Essen mit. Seine Habilitation erfolgte 1988 in Essen. 1993 wurde er Professor für Philosophie an der Universität Dortmund. Seit 1996 war er Professor für Philosophie an der Universität Düsseldorf,[1] 2012 wurde er emeritiert.

Birnbacher ist Mitglied verschiedener philosophischer Vereinigungen sowie der Ethikkommission der Medizinischen Fakultät der Universität Düsseldorf und des Wissenschaftlichen Beirats der Giordano-Bruno-Stiftung. Er ist Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Humanes Sterben[2] sowie Vizepräsident der Schopenhauer-Gesellschaft. Seit 2004 gehört er außerdem der Leopoldina an.[3] Die Philosophische Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster verlieh ihm 2012 die Ehrendoktorwürde.[4] 2016 war er zu Gast in der SWR1-Sendung Leute.[5] Seit 2020 ist er Mitglied im Beirat des Hans-Albert-Instituts.[6]

Birnbacher wurde zu einer der zentralen Figuren eines Streits, bei dem es um die Altersbestimmung bei Flüchtlingen ging. Er hatte im Sommer 2015 nach einem Artikel in der FAZ im Zuge der Flüchtlingskrise in Deutschland eine „Berliner Erklärung“ unterzeichnet, in der festgestellt wurde, dass Gutachten zur Altersbestimmung mit einer hohen Ungenauigkeit behaftet seien. Er war zur gleichen Zeit auch Vorsitzender der Ethikkommission der Ärztekammer, die 2016 eine ähnlich lautende Schlussfolgerung zum Thema veröffentlichte, der durch die Deutsche Gesellschaft für Rechtsmedizin eine falsche Studienlage vorgeworfen und von der Teile als „rational nicht nachvollziehbar“ beschrieben wurden. Eine ideologische Beeinflussung der Kommission wurde von Birnbacher später zurückgewiesen.[7]

Forschungsgebiete Bearbeiten

  • Methoden- und Sachfragen der Naturethik: Hierbei befasst er sich mit ethischen Begründungen für den Artenschutz, der Reichweite von Pflichten gegenüber leidensfähigen Tieren sowie Begründungsproblemen der Naturethik.
  • Ethische und anthropologische Grundlagen- und Anwendungsprobleme der modernen Medizin (Organtransplantation, Prädiktive Medizin, Reproduktionsmedizin, Sterbehilfe, Verteilungsgerechtigkeit im Gesundheitssystem). Ein Schwerpunkt ist dabei die Rolle der Bioethik zwischen akademischer praktischer Philosophie und politischer Praxis. Weiterhin untersucht er Methodenfragen der Medizinethik und der angewandten Ethik.
  • Anthropologie: Im Vordergrund stehen Fragen zum Status von Qualia und zum Emergenzbegriff sowie Emotionstheorien.
  • Schopenhauer: Hier untersucht er insbesondere Schopenhauers Leib-Seele-Identitätstheorie aus dem Blickwinkel der modernen Neurophilosophie.
  • Didaktik der Philosophie: Gemeinsam mit Ekkehard Martens begleitete Birnbacher einen Schulversuch zur praktischen Philosophie in Nordrhein-Westfalen. Die Einrichtung des Schulfachs Praktische Philosophie in Nordrhein-Westfalen ist wesentlich Birnbachers Initiative zu verdanken.[4]

Schriften Bearbeiten

Monografien (Auswahl) Bearbeiten

Aufsätze (Auswahl) Bearbeiten

  • Ökologie, Ethik und neues Handeln. Drei Leitvorstellungen eines ökologischen Umgangs mit der Natur. In: Herbert Stachowiak (Hrsg.): Pragmatik. Band 3, Meiner, Hamburg 1989, ISBN 3-7873-0731-1, S. 393–417.
  • mit Wolfgang Klitzsch, Ulrich Langenberg und Utako Birgit Barnikol: Umgang mit Demenzpatienten. Gemeinsam verantwortete Entscheidungen. In: Deutsches Ärzteblatt. Band 112, 2015, S. A-514 f.

Herausgeberschaft und Übersetzungen Bearbeiten

  • (Hrsg. mit Norbert Hoerster) Texte zur Ethik. DTV, München 1976 (13. Auflage 2007).
  • John Stuart Mill: Der Utilitarismus. Übersetzung, Anmerkungen und Nachwort von Dieter Birnbacher. Reclam, Stuttgart 1976.
  • (Hrsg. mit Klaus M. Meyer-Abich) Was braucht der Mensch um glücklich zu sein. Bedürfnisforschung und Konsumkritik. Beck, München 1979.
  • (Hrsg.) Ökologie und Ethik. Reclam, Stuttgart 1980.
  • (Hrsg. mit Armin Burkhardt) Sprachspiel und Methode. Zum Stand der Wittgenstein-Diskussion. De Gruyter, Berlin 1985.
  • (Hrsg.) Schopenhauer in der Philosophie der Gegenwart. Königshausen & Neumann, Würzburg 1996.
  • (Hrsg.) Ökophilosophie. Reclam, Stuttgart 1997.
  • (Hrsg.) Bioethik als Tabu? Toleranz und ihre Grenzen. Lit, Münster 2000.
  • (Hrsg.) Schopenhauers Wissenschaftstheorie: Der „Satz vom Grund“. Königshausen & Neumann, Würzburg 2015.
  • John Stuart Mill/Harriet Taylor Mill: Die Unterwerfung der Frauen. Übersetzung, Anmerkungen und Nachwort von Dieter Birnbacher. Reclam, Stuttgart 2020.

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina – Neugewählte Mitglieder 2004, Halle (Saale) (PDF; 1,6 MB) S. 10.
  2. Prof. Dieter Birnbacher ist neuer Präsident. Deutsche Gesellschaft für Humanes Sterben, 14. November 2016, abgerufen am 18. November 2016.
  3. Mitgliedseintrag von Dieter Birnbacher (mit Bild und CV) bei der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, abgerufen am 29. Juni 2016.
  4. a b Prof. Birnbacher zum Ehrendoktor ernannt. Universität Münster, 16. November 2012, abgerufen am 26. Oktober 2013.
  5. Archivierte Kopie (Memento des Originals vom 16. September 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.swr.de
  6. Beirat - Hans-Albert-Institut. Abgerufen am 23. Februar 2020 (deutsch).
  7. Sebastian Eder: Streit über Alterstest bei Flüchtlingen. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 2. Januar 2018, abgerufen am 2. Januar 2018.