Die Cappella Giulia ist ein Chor des Petersdoms in der Vatikanstadt. Er gestaltet alle liturgischen Feiern des Vatikanischen Kapitels musikalisch, außer diejenigen mit Beteiligung des Papstes, bei denen der Päpstliche Chor der Sixtinischen Kapelle den Chordienst versieht. Die Capella Giulia besteht aus zwei Gesangsensembles: der gemischte Chor (Männer- und Frauenstimmen) gestaltet die Heiligen Messen des Kapitels sowie die zweiten Vespern an den Hochfesten; der Männerchor gestaltet die Vespern der Sonntage im Jahreskreis sowie an bestimmten Festtagen.

Cappella musicale Giulia della basilica papale di San Pietro in Vaticano
Sitz: Vatikanstadt Vatikan
Träger: Petersdom
Gründung: 1513
Gründer: Papst Julius II.
Leitung: Temistocle Capone und Fabio Avolio
Stimmen: 25 (SATB) / 22 (TTBB)
Website: www.cappellagiulia.org

Der Name „Giulia“ geht auf Papst Julius II. zurück, der den Chor 1513 völlig neu organisierte.

Geschichte Bearbeiten

Nach dem Ende des avignonesischen Papsttums (1377) war die aus der Schola cantorum hervorgegangene päpstliche Kapelle zunächst exklusiv dem Dienst beim Papst vorbehalten, so dass die Petersbasilika zeitweise über keine eigene Gesangsgruppe verfügte. Ein erster Anlauf zur Etablierung eines Chores, den Papst Sixtus IV. 1480 unternahm, verlief erfolglos. Erst Julius II. gelang es am 19. Februar 1513 mit der Konstitution In Altissimo die Kapelle der Petersbasilika formal zu etablieren. Da er jedoch bereits in der folgenden Nacht verstarb, dauerte es noch weitere rund dreißig Jahre, bis Papst Paul III. 1534 die Konstitution mit Leben erfüllte.

Der Chor widmete sich in den folgenden Jahrhunderten besonders der sakralen Vokalpolyphonie. Zu den Chormeistern zählten bedeutende und berühmte Musiker wie Giovanni Pierluigi da Palestrina, Orazio Benevoli und Domenico Scarlatti, außerdem einige bedeutende Organisten wie Ercole Pasquini und Girolamo Frescobaldi.

Der Chor wurde 1979 aufgelöst und ab 1980 vorübergehend durch den Männerchor Cappella Musicale della Basilica di San Pietro ersetzt. 2008 wurde die Cappella Giulia vom vatikanischen Kapitel unter dem alten Namen wieder ins Leben gerufen. Im Gegensatz zur älteren Tradition werden gegenwärtig die Oberstimmen (Sopran und Alt) nicht mehr mit Knaben-, sondern mit Frauenstimmen besetzt.

Kapellmeister Bearbeiten

Cappella Musicale della Basilica di San Pietro
  • Pablo Colino (1980–2006)
  • Claudio Dall’Albero (2006–2007)
  • Pierre Paul (2007–2008)
Cappella Giulia (erneut)
  • Pierre Paul (2008–2015)
  • Jafet Ramón Ortega Trillo (seit 2015)[1]

Literatur Bearbeiten

  • Giancarlo Rostirolla: Musica e musicisti nella Basilica di San Pietro. Cinque secoli di storia della Cappella Giulia. 2 Bände. Edizioni Capitolo Vaticano, Rom 2015, ISBN 978-88-6339-040-7.
  • Giancarlo Rostirolla: La Cappella Giulia 1513–2013. Cinque secoli di musica sacra in San Pietro. 2 Bände. Bärenreiter, Kassel 2017, ISBN 978-3-7618-2137-4, E-Book ISBN 978-3-7618-7145-4.
  • Klaus Pietschmann: Konzert der Nationen. Zum ›europäischen‹ Charakter des Musiklebens in Rom und am Papsthof der Renaissance. In: Roland Alexander Ißler, Almut-Barbara Renger (Hrsg.): Europa – Stier und Sternenkranz: Von der Union mit Zeus zum Staatenverbund. V&R unipress GmbH, 2009, ISBN 978-3-89971-566-8, S. 473–481 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  • Bernhard Schrammek: Zwischen Kirche und Karneval. Biographie, soziales Umfeld und Werk des römischen Kapellmeisters Virgilio Mazzocchi (1597–1646). Bärenreiter, Kassel [u. a.] 2001, ISBN 3-7618-1358-9. Zugleich Dissertation, Universität Berlin, 2000 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  • Gunnar Wiegand: Die Cappella Giulia im 18. Jahrhundert. In: ders.: Die Messen an der Petersbasilika zu Rom im 18. Jahrhundert (= Beiträge zur Geschichte der Kirchenmusik. 18). Schöningh, Paderborn 2019, ISBN 978-3-506-78103-1, E-Book ISBN 978-3-657-78103-4, S. 22–43, DOI:10.1163/9783657781034_004.

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Padre Ramon Ortega è il nuovo direttore della Cappella Giulia. Sant'Anna in Vaticano, 12. Januar 2015, abgerufen am 26. Januar 2020