Friedrich Boysen

Deutsche Automobilzulieferer für Abgassysteme
(Weitergeleitet von Boysen Gruppe)

Die Friedrich Boysen GmbH und Co. KG mit Stammsitz im baden-württembergischen Altensteig ist ein Unternehmen für Abgastechnologie. An weltweit 27 Standorten entwickelt und fertigt die Unternehmensgruppe komplette Abgasanlagen sowie die dazugehörigen Einzelkomponenten für Pkw, Nutzfahrzeuge und Off-Highway-Anwendungen. Die Hauptaufgaben der Produkte sind die Abgasreinigung, die Schalldämpfung und die Umwandlung von Abgaswärme in nutzbare Energie.

Friedrich Boysen GmbH & Co. KG

Logo
Rechtsform GmbH & Co. KG
Gründung 1945
Sitz Altensteig, Deutschland
Leitung Rolf Geisel
Mitarbeiterzahl 5.300
Umsatz 3,36 Mrd. EUR[1][2]
Branche Automobilzulieferer
Website www.boysen-online.de
Stand: 31. Dezember 2023

Zum Kundenstamm zählen deutsche sowie internationale Automobil- und Nutzfahrzeughersteller. Ein wesentliches Leistungsmerkmal von Boysen ist die Produktion und Lieferung von Abgasanlagen Just-in-Sequence (JIS).

Neben dem Kerngeschäftsfeld Abgastechnologie beschäftigt sich das mittelständisch strukturierte Stiftungsunternehmen mit Produkttransfers – von der Abgastechnik hin zu alternativen Antrieben – sowie mit Entwicklungen im Bereich der Umwelt- und Energietechnik. Als neues Geschäftsfeld werden seit 2021 Komponenten für reine Elektroautos entwickelt und gefertigt.[3]

Seit November 2010 hält Boysen eine Beteiligung am Ingenieurdienstleister Bertrandt AG und hat damit einen Schritt zur Diversifizierung der Geschäftsaktivitäten unternommen.[4]

Geschichte

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1921 gründete Friedrich August[5] Boysen in Leipzig die Steigboy Apparatebau GmbH. Das Unternehmen entwickelte und produzierte Abgasschalldämpfer für Autos, Motorräder und Flugzeuge sowie Ansaugschalldämpfer und Frischluftheizungen für Pkw und eigene dreirädrige Lieferfahrzeuge. Nach dem Firmenkonkurs 1930 im Zuge der Weltwirtschaftskrise und dem Aufbau der Abgasanlagenfertigung bei Eberspächer u. a. im Werk Leipzig folgte nach Ende des Zweiten Weltkrieges der unternehmerische Neuanfang: Am 9. Oktober 1945 erhielt Boysen die Genehmigung zur Gründung eines Industriebetriebes für Abgasanlagen aller Art. 1949 verlegte er den Firmensitz von Stuttgart nach Altensteig.

In den 1970er Jahren entwickelte das Unternehmen thermische Reaktoren zur Abgasentgiftung sowie einen Helmholtz-Resonator als Schalldämpfer, der auf zwei verschiedene Frequenzbereiche abgestimmt werden konnte. Ende der 80er und Anfang der 90er Jahre vollzog Boysen den Schritt vom Zulieferer zum Systempartner für Abgastechnik. Das Produktspektrum wurde um Blechkrümmer, Drei-Wege-Katalysatoren und später um Dieselpartikelfilter, SCR-Technologie sowie Niederdruck-Abgasrückführung erweitert.

1993 errichtete Boysen in Salching das weltweit erste Montage-vor-Ort-Werk zur Fertigung und Lieferung kompletter Abgasanlagen Just-in-Sequence (JIS). Somit wurden Abgasanlagen erstmals in genau der Reihenfolge produziert und geliefert, in der sie beim Automobilhersteller in der Endmontage auch eingebaut wurden.[6] Mit der neuen Rolle des Systempartners für Entwicklung, Produktion und Logistik waren ein starkes Wachstum und damit auch die zunehmende Internationalisierung der Unternehmensgruppe verbunden. Die Gründungen neuer Standorte in Frankreich (1998), Indien (1999 und 2019), den USA (2004, 2013 und 2022), China (2007, 2014 und 2022), Ägypten (2011), Südafrika (2014), Mexiko (2017), Serbien (2019) sowie in Simmersfeld (2001 und 2017), Plauen (2008 und 2017), Achim (2013), Nagold (2015) und Ingolstadt (2015) wurden begleitet vom stetigen Aus- und Neubau der bereits vorhandenen Entwicklungs- und Fertigungseinrichtungen. Ein Beispiel dafür ist das 2011 teils neu- und teils umgebaute Fertigungswerk „Turmfeld“ in Altensteig, das als CO2-neutrale Fabrik für die energieautarke Produktion von Abgastechnik realisiert wurde.[7]

Seit 2021 fertigt das Unternehmen Strukturbauteile für Elektrofahrzeuge, wozu künftig auch Batteriegehäusen gehören werden.[3]

Produkte

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  • Abgaskomponenten für Automobile und Nutzfahrzeuge: Krümmer, Katalysatoren, Partikelfilter, Systeme zur aktiven Klanggestaltung, Schalldämpfer, Abgasrückführsysteme, pneumatische und elektrische Abgasklappen, Endrohrblenden
  • komplette Abgasanlagen, die in Montage-vor-Ort-Werken Just-in-Sequence gefertigt und an die Automobilhersteller geliefert werden
  • Akustik-Design zur Gestaltung eines für die Fahrzeugkäufer positiven Klangbildes
  • Strukturbauteile für E-Fahrzeuge
  • Batteriegehäuse für E-Fahrzeuge
  • Wasserstoff-Tanksysteme für Nutzfahrzeuge
  • Redox-Flow-Batteriesysteme

Forschung und Entwicklung

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Im Kerngeschäftsfeld Abgastechnologie verfolgt die Boysen Gruppe das Ziel, die Schallemissionen und den Schadstoffausstoß von Verbrennungsmotoren weiter zu reduzieren und dabei auch die Effizienz von Diesel- und Benzinmotoren zu verbessern. Ansätze dafür sieht das Unternehmen unter anderem im stofflichen und konstruktiven Leichtbau, der Entdrosselung des Abgasstranges sowie in der Energierückgewinnung aus Abgasen, beispielsweise mit Hilfe thermoelektrischer Generatoren oder Wärmekraftmaschinen.

Ferner beschäftigt sich Boysen mit Blockheizkraftwerken für Einfamilienhäuser sowie Projekten in den Bereichen Photovoltaik, Wind-, Wasser- und Bio-Kraftwerke.[8]

Neuere Entwicklungsschwerpunkte sind die Herstellung von zukunftsweisenden Energiespeichern und Brennstoffzellen sowie die energiesparende Erzeugung von Wasserstoff. In diesem Zusammenhang baut Boysen 2023 in Simmersfeld ein eigenes Entwicklungszentrum für Wasserstofftechnologien.[9]

Über die Friedrich-und-Elisabeth-Boysen-Stiftung fördert die Unternehmensgruppe seit 1996 Wissenschaft und Forschung auf dem Gebiet des Umweltschutzes und hier speziell auf den Gebieten der Abgasreinigung und Schalldämpfung. Gefördert werden hauptsächlich ingenieurwissenschaftliche Vorhaben, bei denen deutliche Fortschritte im Sinne einer umweltrelevanten, durch innovative Technologien und Verfahren zu erzielenden Nachhaltigkeit zu erwarten sind.

Fördermittel werden vorzugsweise für Promotionsvorhaben mit einer Dauer von zwei bis drei Jahren vergeben. Über 100 Einzelvorhaben wurden bislang an der Universität Stuttgart, dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und der Technischen Universität (TU) Dresden unterstützt.[10]

An der TU Dresden erfolgt die Förderung seit Juli 2012 schwerpunktmäßig über das interdisziplinäre „Boysen-TU Dresden-Graduiertenkolleg“ über nachhaltige Energiesysteme. Das Kolleg bildet die Basis für die gemeinsame Arbeit von Doktoranden verschiedener Fachrichtungen.[11]

An der Universität Stuttgart, dem KIT und der TU Dresden würdigt die Stiftung außerdem jährlich eine herausragende Dissertation auf dem Gebiet der Umwelttechnik mit einem Förderpreis.

Standorte

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Seit 1949 ist Altensteig der Stammsitz der Boysen Gruppe. Am ersten Betriebsstandort dort befindet sich inzwischen das Entwicklungs- und Verwaltungszentrum. Mit der Fertigstellung des Boysen Innovationszentrums in Nagold wurde 2015 der zweite Entwicklungsstandort der Unternehmensgruppe eröffnet.

Darüber hinaus verfügt Boysen über ein weltweites Produktionsnetzwerk mit Fertigungsstandorten in Altensteig, Simmersfeld, Heubach, Salching, Ingolstadt, Plauen und Achim sowie in Frankreich (Algolsheim), Ägypten (6th of October City), Südafrika (East London), Indien (Pune und Surajpur), China (Langfang, Shenyang und Tianjin), in den USA (Gaffney, Spartanburg und Tuscaloosa), in Mexiko (San Luis Potosí) und in Serbien (Subotica).

Mit insgesamt 60.000 Quadratmetern Produktions- und Lagerfläche wurde 2018 das erste Produktionswerk für Lkw-Abgastechnik in Simmersfeld fertiggestellt. Es war das bislang größte Bauprojekt der Unternehmensgeschichte. Ein Jahr später wurde mit dem Bau des bislang größten Auslandswerks im nordserbischen Subotica begonnen, das im November 2021 in Anwesenheit von Präsident Aleksandar Vučić offiziell eingeweiht wurde.[12][13]

Im Jahr 2025 soll ein weiteres Werk in Ungarn in Betrieb gehen. Gemessen an der Produktionsfläche von 50.000 Quadratmetern wird es sowohl das Werk in Simmersfeld als auch in Subotica noch einmal übertreffen. Erstmals in der Unternehmensgeschichte wird am neuen Standort in Nyíregyháza keine Abgastechnik, sondern ausschließlich für die Elektromobilität produziert.[3][2]

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Einzelnachweise

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  1. Die Boysen Gruppe wächst weiter – Auch in neuen Geschäftsfeldern. Friedrich Boysen, 16. Februar 2024, abgerufen am 24. Mai 2024.
  2. a b Claus-Peter Köth: Boysen wächst weiter und hofft auf Batteriegeschäft. In: Automobil Industrie. 16. Februar 2024, abgerufen am 24. Mai 2024.
  3. a b c Boysen-Gruppe zieht Großauftrag an Land. In: Schwarzwälder Bote. 15. September 2022, abgerufen am 23. Mai 2023.
  4. Handelsblatt: Autozulieferer Boysen steigt bei Bertrandt ein, Handelsblatt, 19. November 2010
  5. Die Stifter. Friedrich und Elisabeth Boysen-Stiftung, abgerufen am 31. Mai 2024.
  6. Boysen sieht sich für die nächsten Jahre gut aufgestellt boysen-online.de, 4. September 2012, abgerufen am 23. Mai 2023
  7. Bilanz 2011 - Boysen steckt sich ehrgeizige Ziele boysen-online.de, 23. Juli 2012, abgerufen am 23. Mai 2023
  8. Standortmagazin des Landkreises Calw, 2012 / 2013
  9. Claus-Peter Köth: Boysen legt Bilanz 2022 vor: Mehr als drei Milliarden Euro Umsatz. In: Automobil Industrie. Vogel Communications Group, 1. März 2023, abgerufen am 23. Mai 2023.
  10. Friedrich und Elisabeth Boysen-Stiftung: Stiftungszweck - boysen-stiftung.de. Abgerufen am 16. Oktober 2017.
  11. Technische Universität Dresden: Boysen-TU Dresden-Graduiertenkolleg über nachhaltige Energiesysteme. Abgerufen am 16. Oktober 2017.
  12. Predsednik Vučić u petak na otvaranju fabrike "Boysen". In: subotica.com. 17. November 2021, abgerufen am 20. November 2021 (serbisch).
  13. Milos Milivojevic,: Otvorena fabrika "BAS Boysen Abgassysteme" - najveća pojedinačna grinfild investicija u novijoj istoriji Subotice. In: Tanjug, RTV(Rada Stajić). Radio-televizija Vojvodine, 19. November 2021, abgerufen am 20. November 2021 (serbisch).