Ervin Bossányi

ungarischer Maler und Kunsthandwerker
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Ervin Bossányi (* 3. März 1891 in Regőce, Österreich-Ungarn; † 11. Juli 1975 in East Cote, London) war ein ungarisch-britischer Maler und Kunsthandwerker, der bis zur Emigration 1934 vor allem in Lübeck und Hamburg, danach in England wirkte.

Ervin Bossányi: Segeberger Brunnenfigur von 1928, „Gänseliesel“ genannt

Bossányi wurde in einem heute zu Serbien gehörigen kleinen Dorf Südungarns geboren und besuchte die Schule in Budapest, wo er auch seine erste künstlerische Ausbildung erhielt und die Kunstakademie besuchte. Weitere Ausbildung an der Académie Julian in Paris. Nach einer Internierung in Frankreich im Ersten Weltkrieg kam er aufgrund von Verbindungen zu Harry Maasz nach Lübeck, dessen Schwester Wilma, eine Pianistin, er dort auch heiratete. In Lübeck fand er Aufnahme in künstlerische Kreise, die ihn förderten, und konnte seine handwerklichen Fähigkeiten vervollkommnen, insbesondere was das Arbeiten mit Glas anbetraf. Bereits 1920 wurde er auf ersten Ausstellungen gezeigt; Museen und Industrie (Villeroy & Boch) wurden auf ihn aufmerksam. Aus der Lübecker Zeit sind seine expressionistischen Fresken im Lesesaal der Lübecker Stadtbibliothek, wenn auch beeinträchtigt durch die Übermalungen als Entartete Kunst durch die Nationalsozialisten, ein Buntglasfenster von 1926 im Windfang der Gewerbeschule an der Parade[1] sowie Skulpturen und Bilder im Behnhaus erhalten. Erhalten hat sich auch ein 1928 für Bad Segeberg geschaffener Brunnen, der als eines der Hauptwerke der deutschen Schaffensperiode des Künstlers gilt.[2]

Das von dem Kunstmaler in den drei gemauerten Nischen unter bogenförmigen Abschlüssen über den Hauptwindfang in Kaseintechnik erschaffene Freskogemälde in dem Treppenhaus des Bauamtgebäudes wurde, nachdem man es geweißt hatte, nicht wieder hergestellt. Drei Figurengruppen waren in diesem dargestellt worden. In der Mitte übergab der Baumeister einem von rechts heran schreitenden Paar den „goldenen Schlüssel“ des fertigen Hauses und erhielt von diesem als Gegengabe Blumen. Links, wo Grundgräber und Maurer bei der Arbeit waren, befand sich ein weiteres Haus im Entstehen.[3]

1929 holte ihn der Hamburger Baudirektor Fritz Schumacher nach Hamburg. Dort schuf er zahlreiche Glasfenster und Keramik-Reliefs an öffentlichen und privaten Gebäuden. Für das von 1930 bis 1933 erbaute Krematorium von Fritz Schumacher auf dem Friedhof Ohlsdorf schuf Bossányi die 30 Seitenfenster – aufgeteilt in Dreiergruppen – und die beiden hohen Fenster vorn (im Westen) und hinten (im Osten). Zu der Farbgebung schrieb Fritz Schumacher 1933: „Den einzelnen Fenstern liegt kein Motiv zugrunde, nur die Gesamtheit der Fenster hat gleichsam ein Motiv. Während nach der Seite der Totenfeier schwermütige Töne von Violett, Blau und Grün herrschen, mischen sich nach der Seite des Hallenausgangs Töne von Braun und Gelb in diese Harmonie, die sich dem Chörlein der Musikempore zu starken lebensvollen Farben steigern. Es ist der Eindruck, den der hat, der sich nach der schmerzlichen Feier wieder dem Leben zuwendet.“[4]

Im „Chörlein“ links neben der kleinen Orgel unter dem rückwärtigen sechsteiligen Fensterband sind die Namen „Maler Bossanyi“ und „Atelier Kuball“ – die Glaskunstwerkstatt der Gebr. Kuball – festgehalten. In einem Seitenfenster im Südosten verbirgt sich sehr klein und von unten kaum zu lesen ein persönlicher Schriftzug: „Da ist Jo's Liebling der unbemerkt immer herrliche Früchte fern von allem Traurigen findet“. Diese Worte beziehen sich auf Bossányis Sohn Jo (1924–2021) und eine Taube sowie eine Quitte vom Quittenbaum der Familie in Hamburg-Hoheneichen.[5]

In der 1931 bis 1937 erbauten Friedrich-Ebert-Schule in Uetersen sind bis heute seine Bemerkenswerten Mosaikfenster („Vogelbrut“ und „Zur Sonne“) im Treppenhaus erhalten geblieben[6].

1934, nach zunehmendem Druck der Nationalsozialisten auf ihn und seine Familie, emigrierte er nach England. Dort konnte er sich ein weiteres Mal eine künstlerische Existenz aufbauen, nunmehr als reiner Glasmaler. Er schuf Glasfenster für die Universität London (Goldsmith’ Library in der Senate House Library), die Tate Gallery (The Angel Blesses the Women Washing Clothes), das Victoria and Albert Museum (Noli me tangere), das York Minster, die Gedächtniskapelle für den Präsidenten Woodrow Wilson in der Kathedrale von Washington und die Kathedrale von Canterbury.

Museumsbesitz

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Nachlass

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Sein künstlerischer Nachlass wird vom Archiv des Victoria and Albert Museums sowie seinem Sohn Jo Bossanyi verwaltet.

Literatur

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  • É. Bajkay: Bossányi, Ervin. In: Allgemeines Künstlerlexikon. Die Bildenden Künstler aller Zeiten und Völker (AKL). Band 13, Saur, München u. a. 1996, ISBN 3-598-22753-1, S. 198.
  • Dagmar Hayes: Ervin Bossanyi, the splendour of stained glass. Canterbury: Friends of Canterbury Cathedral, 1965.
  • Abram Enns: Lübecker Jahre eines Malers 1919–1929 – Erwin Bossanyi zum 80. Geburtstag in: Der Wagen, 1972 S. 138 ff. mit umfangreichen Abbildungen.
  • Abram Enns: Kunst und Bürgertum, S. 199 ff, Lübeck 1978, ISBN 3-7672-0571-8.
  • Geoffrey Fouquet: Ervin Bossanyi. Oxford: Ashmolean Museum in association with the Bossanyi Trustees, 1979.
  • Bossányi Ervin 1891 – 1975 emlékkiállítása. Magyar Nemzeti Galéria 1980 április – május. Türr István Múzeum, Baja 1980 június – augusztus / [a kiállítást rendezte ... Szinyei Merse Anna]. Budapest: Magyar Nemzeti Galéria (Nationalgalerie), 1980.
  • Friedrich Gleiss: Jüdisches Leben in Segeberg vom 18.–20. Jahrhundert, S. 116–126, Norderstedt 2002, ISBN 3-8311-3215-1.
  • Heiner Stiebeling: Unbekannter Bossanyi: 14 Aquarelle zu Paul Claudels Verkündigung, in: Der Wagen, 1984, S. 81–98 mit Abb.
  • Jo Bossanyi: Leben und Arbeit des Künstlers Ervin Bossanyi von 1920 bis 1934 in Norddeutschland. Lübeck: Bibliothek der Hansestadt Lübeck 1999 (Veröffentlichungen der Stadtbibliothek Lübeck: Reihe 3; Bd. 5).
  • Jo Bossanyi & Sarah Brown: Ervin Bossanyi – Vision, Art and Exile, London, 2008[7]
  • Lübecker Zeitung vom 24. März 1998: http://stadtzeitung.luebeck.de/suche/artikel/id/1297.
  • DIE WELT – Hamburg-Teil vom 24. März 1998: Wie Jo Bossanyi zu verhindern versucht, dass sein Vater ein zweites Mal stirbt.
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Commons: Ervin Bossányi – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Gewerbeschule, abgerufen am 12. September 2020
  2. Der Brunnen wurde in der Nacht zum 1. Januar 2013 durch Vandalismus zerstört und 2014 wieder restauriert: „Gänseliesel“ sitzt wieder auf ihrem Brunnen, Bericht in den Lübecker Nachrichten vom 5. Juni 2014.
  3. Zum Neubau des Bauamtsgebäudes. In: Vaterstädtische Blätter, Jahrgang 1928/29, Nr. 10, Ausgabe vom 17. Februar 1929, S. 39.
  4. Fritz-Schumacher-Institut – Hamburger Staatsbauten Band 3. (siehe auch Artikel in Ohlsdorf-Zeitschrift Nr. 116 – 1/2012)
  5. Jo Bossanyi & Sarah Brown "Ervin Bossanyi – Vision, Art and Exile", Seite 38, London, 2008.
  6. Friedrich Gleiss "Jüdisches Leben in Segeberg vom 18. bis 20. Jahrhundert: gesammelte Aufsätze aus zwei Jahrzehnten mit über 100 Fotos und Dokumenten", Seite 122 und 125, Books on Demand, 2002
  7. http://ecx.images-amazon.com/images/I/51taOuw2yDL._SS500_.jpg.