Dies ist eine Zusammenfassung einer Zusammenfassung von Mintzberg's Artikel Musings on management (Harvard Business Review, 1996, July, pp. 32-8). Ich habe mich bemüht, den Tonfall des Artikels beizubehalten


Zehn Ideen, die jeden erzürnen, der sich für Management interessiert Bearbeiten

Zusammenfassung von Henry Mintzbergs Gedankengängen zum modernen Mangement.

  1. Organisationen haben kein Oben und Unten
    Wir haben uns durch eine Metapher durcheinander bringen lassen. Oben ist eine Darstellung in Organisations-Charts, sonst nichts. Wenn man sich die Organisation als Kreis vorstellt, dann gibt es viele, viele außen, dicht am Kunden, im Zentrum finden sich die zentralen Manager, die weit weg sind vom Kunden und deshalb nicht viel wissen und dazwischen findet sich das mittlere Management, das verzweifelt versucht, das Wissen vom Rand an die Unwissenden im Zentrum zu vermitteln.
  2. Es ist an der Zeit, die Organisationsverflacher zu verflachen
    Im gleichen Ausmaß, in dem Organisationen „verflacht“ werden, fügen sie neue Ebenen des Top-Managements hinzu, neue Ebenen mit keiner anderen Funktion als finanzieller Kontrolle. Während man mittleres Management abbaut, fügt man tote Lasten an Kontrolle hinzu. Abbau von Ebenen kann definiert werden als Leute, die kaum wissen was vorgeht, entledigen sich derer, die wissen was vorgeht. Das damit einhergehende Empowerment der Verbleibenden entfremdet diese nur ihrer Aufgabe, während sich die vormalige Zukunft des Unternehmens in den Arbeitsämtern in eine Schlange stellen.
  3. Lean is mean – und verbessert noch nicht mal die langfristigen Gewinne
    Es ist nichts Glorreiches am Rausschmeissen. Es stimmt schon, dass die Börsen-Analysten Firmen lieben, wo Arbeiter und mittleres Management entlassen und die Gehälter von Top-Managern erhöht werden. Mintzberg zeigt mehrere Beispiele, wo Personen Arbeiten ausführen, die sie ihren Job kosten können. Das tun sie nur, weil sie sicher sind, anschließend neue Aufgaben zu bekommen. Wenn Beschäftigte glauben, nach Erfüllung ihrer Aufgabe entlassen zu werden, dann werden sie das Projekt sabotieren.
  4. Der Ärger mit Strategien sind CEOs, die sich für Strategen halten
    Große Strategen sind entweder kreativ oder großzügig. Wir haben von beiden zu wenige. Die Kreativen nennen wir Visionäre. Das sind oft schwierige Menschen, die sich aber neue Wege bahnen. Die Großzügigen bringen die Strategie in anderen hervor. Sie bauen Organisationen, die bewusst nachdenklich und kreativ agieren. Man erkennt diese Leute an den Riesengehältern, die sie sich selbst nicht zahlen. Die Gehälter sagen: Wir sitzen in einem Boot. Die Kreativen reichen vom Zentrum hinaus und berühren den Rand. Die Großzügigen stärken den ganzen Kreis indem sie den kollektiven Lernprozess fördern.
    Stattdessen haben wir vorgebliche Strategen. Strategie ist zu einer Art Schach verkommen, wo mit großem Getute nichts erreicht wird. Ganze Geschäftszweige werden auf virtuellen Spielfeldern mit atemberaubender Geschwindigkeit verschoben ohne jemals das wirkliche Geschäft, also Bücher drucken oder Bankgeschäft, zu berühren.
    Bedenken wir, wie wir diese Leute in MBA-Seminaren ausbilden. Junge Leute ohne Berufserfahrung, sicher nicht wegen ihrer Kreativität ausgewählt und noch weniger wegen ihrer Großzügigkeit werden mit in der Vornacht gelesenen Fallstudien in 90 turbogeladenen Minuten trainiert, was Megafirma tun muss, um sich selbst ins nächste Jahrtausend zu katapultieren. Wundert es uns da, dass wir dann Fallstudien in Armani-Anzügen erhalten?
  5. Dezentralisierung zentralisiert, Ermächtigung entmachtet und Messen misst das falsche
    Schlagwörter sind das Problem, nicht die Lösung. Jede heiße Technik wärmt unser Herz, bevor sie es röstet. Vor TQM gab es Quality of work life (ähnlicher Name, ähnliche Idee, kein bisschen weniger begeisternd). TQM wird nun von Empowerment abgelöst. Aber mitnichten indem die Aufgaben Entscheidungsmacht enthalten, sondern als Geschenk von denen oben. Zum Test stelle man sich vor, Klinikleitungen würden Ärzte empowern. Lächerlich? Die sind schon aufgrund ihrer Aufgabenstellung reichlich empowert. (In Wahrheit könnten Ärzte ein wenig disempowerment (entmachtung) vertragen – von Krankenschwestern, nicht Managern).
    Dezentralisierung ist seit seiner Anwendung durch Alfred P. Sloan bei General Motors ein Instrument der Zentralisierung: Freie Hand, wenn die finanziellen Resultate stimmen, ansonsten droht die Zentralverwaltung. Leiter von Divisionen sind recht nervös, wenn ihnen ständig ein Buchhalter über die Schulter schielt. Und wenn schnelle Ergebnisse erwartet werden, dann ist es besser, man tut nichts Kreatives, Rotstifte sind sicherer. So wird Rationalisierung für Manager das, was Aderlass für mittelalterliche Ärzte war: das Allheilmittel.
    Und Messen? Wie können wir einen Euro-Wert für glückliche Kunden ermitteln? Das Fortune Magazin hat schon eine schöne kleine Liste hierzu veröffentlicht. Und da kein modernes Buch zu Management ohne eine kleine Liste von Punkten auskommt, folgt nun meine (Mintzberg's) Liste zur schnellen Vernichtung von Werten (jeder einzelne ist hinreichend)
    1. Managen Sie den Nettoprofit (als ob Firmen Geld verdienten, indem sie Geld verwalten)
    2. Machen Sie einen Plan für jede Aktivität (keine Spontaneität, bitte und sicherlich kein Lernen)
    3. Versetzen Sie ihre Manager oft und schnell (sie könnten sonst etwas über das Geschäft lernen) und erlauben Sie es dem Boss, sich selbst die Treppe hochzuschubsen, damit er ein Portfolio verwalten kann, anstelle eines Geschäfts.
    4. Wenn Probleme auftauchen, rationalisieren Sie, entlassen Sie und verkaufen Sie Geschäftszweige. Wenn nicht in Problemen, dehnen Sie aus, kaufen Geschäftszweige, aber entlassen Sie weiter (hält die Beschäftigten auf den Zehenspitzen). Zuvorderst, erzeugen oder erfinden Sie absolut nichts neues – das dauert zu lange.
    5. Stellen Sie sicher, dass Sie alles in 5 klaren Schritten erledigen.
  6. Einmal gegründet, benötigen große Organisationen keine großen Führer
    Wir reduzieren Organisationen immer wieder auf einzelne Menschen: ABB existiert in der Person von Percy Barnevik, und General Motors ist nicht eine komplexe Organisation von annähernd ¾ Millionen Menschen – es gibt nur einen Helden! Jack Smith hat die Verluste gestoppt (Fortune, 17. Oktober 1994).
    Die Schweiz ist eine Organisation, die wirklich läuft wie ein Uhrwerk. Trotzdem weiss eigentlich niemand, wer gerade am Steuer sitzt, weil sieben Personen im Laufe eines Jahres in die Position hinein- und herausrotieren. Die Heldenverehrung zeigt nur unsere Unfähigkeit, uns selbst als erwachsene Menschen zu sehen. Wo immer Helden das Ruder übernahmen und Firmen retteten, da flogen Sie auch wieder in Ungnade. Die Fachpresse zeigt eine erstaunliche Flexibilität. Jede Ausgabe ist ein neues Spiel und „Was kümmert mich der Schrieb von letzter Woche?“ Die Presse hat die technokratische Vergangenheitsblindheit gelernt.
    Ein Teil dieser Mentalität ist sehen wir im Umdrehen von alten, kranken Unternehmen. Consultingfirmen spezialisieren sich in Geriatrie, kaum unternehmerische Kinderheilkunde, ganz zu schweigen von Geburtshilfe. Warum erkennen wir nicht, wann alte Firmen sterben sollten? Halten wir es etwa für einen Fehler, dass man Winston Churchill sterben ließ? Selbstverständlich nicht! Es ist ein natürlicher Vorgang, Teil des Lebens. Aber Firmen? Alles was geht, selbst wenn es lebenserhaltende Maschinen und Intensivmedizin bedeutet. Was wir wirklich brauchen ist ein Sterbehelfer der Geschäftswelt, jemand, der die letzten Pillen verschreibt. Dann könnten junge, lebendige Firmen diesen Platz einnehmen.
  7. Große Organisationen haben eine Seele – und Wörter mit De- oder Re- am Anfang töten diese Seele
    Wenn man ein neues Programm einführen möchte, dann darf man unter gar keinen Umständen seinen Namen verwenden. Dann muss man das Programm nämlich erklären und dafür muss man darüber nachdenken. Sie sehen, nicht die Techniken sind problematisch, sondern die geistlose Anwendung. Die Harvard Business Review sollte verpflichtet werden, einen Totenschädel mit gekreuzten Knochen neben Artikel zu setzen, die mit De- und Re-Wörtern hantieren. Wie in aller Welt hat Ford die Fertigungsindustrie verändert oder McDonalds die Fast-Food-Industrie? Sie kannten noch keine Wörter mit De- oder Re-!
  8. Es ist an der Zeit konventionelle MBA-Programme zu schließen
    Wir sollten echte Manager erzeugen und nicht so tun, als ob sie aus Hörsälen herauskommen. Wenn man heute fragt, welche Führungskräfte einen nachhaltigen Unterschied in der Industrie machen (machen Sie selbst eine Liste), dann tauchen immer wieder die gleichen Namen auf: Jack Welsh, Andy Grove, Bob Galvin und Bill Gates. Das ist insofern interessant, dass einige von ihnen intensiv ausgebildet sind (Welsh und Grove haben Doktortitel in Chemie) und die anderen so gut wie gar keine Ausbildung erfahren haben (Galvin und Gates haben noch nicht mal einen Bachelor). Früher glaubte ich (Mintzberg), dass die Stärke des US-Managements die Tatorientierung wäre – nicht nachdenken, einfach erledigen. Heute muss ich feststellen, dass die besten Manager sehr nachdenkliche Leute sind, mit einer Tatorientierung (mit oder ohne Dr. vor dem Namen). Unglücklicherweise haben zu viele der anderen das Denken eingestellt. Die wollen schnelle, einfache Lösungen. MBA's sind nur ein Beispiel dafür hip zu sein.
    Es ist geradezu verrückt, Menschen zu nehmen, die niemals eine Managementposition ausgefüllt haben – manche haben noch nicht mal Arbeitserfahrung und in einem Hörsaal machen wir sie dann zu Managern. Das ist viel zu abgehoben. Wir müssen aufhören, Management-Theorien auf Leute abzukippen, die noch nicht mal das Vermögen haben, die Wichtigkeit der Theorie zu beurteilen.
  9. Organisationen brauchen dauernde Pflege, nicht intervenierende Heilungen
    Deshalb ist Krankenpflege eine bessere Metapher für Unternehmensführung denn Medizin. Eine Operation wird auf Deutsch auch „Eingriff“ genannt. Das ist es, was Chirurgen und viel zu viele Manager tun. Manager greifen in ihre Systeme ein, indem sie etwas Radikales tun, in der Hoffnung damit eine Heilung herbeizuführen, meist indem sie etwas herausschneiden. Und dann überlassen sie das schmutzige Ergebnis ihrer Arbeit den Krankenpflegern der Geschäftswelt.
    Zwei Stile beherrschen die Szene: Den einen kann man Boss-Stil nennen, in dem der Manager alles selbst weiß, kontrolliert und entscheidet. Dieser Stil wurde schrittweise ersetzt durch den professionellen Stil wo jeder, der etwas über Management weiss, alles managen kann unabhängig davon, wie wenig Erfahrung. Hier zählen nur Titel, welche gemeinsam mit der Abwesenheit von eigener Erfahrung dazu führen, dass Manager ihre Aufgaben mit Fernsteuerung erfüllen.
    Es gibt einen dritten Stil, den Handwerks-Stil. Dabei geht es um Inspiration, nicht Empowerment, um Führungsqualitäten auf der Basis gegenseitigen Respekts, geteilter Erfahrung und tiefem Verständnis der Materie. Handwerks-Manager sind so sehr eingebunden, um zu erkennen, wann sie nicht verwickelt werden. Vielleicht sind Frauen hier besser als Männer. Lasst uns mehr Frauen in das Management bringen.
  10. Das Problem mit modernem Management ist das Problem mit diesem Artikel: Alles muss in kleinen, oberflächlichen Dosen verabreicht werden


Es gibt Wahrheit, auch wenn der Point of View nichteingehalten wird. Yotwen 22:27, 15. Sep 2006 (CEST)

Wie wahr *seufz*. Hast Du den Artikel zufällig in digitaler Form? Auch nicht uninteressant ist teilweise Peter Druckers Management Challenges for the 21st Century [1]. Grüße --AT talk 22:42, 15. Sep 2006 (CEST)
Punkt 4 gefällt mir sehrgut weil Henry Mintzberg dort inhaltlich die Position vertritt das ein BWL/VWL-Studium (=Wirtschaftsstrategie-Studium) genau die beiden wirklichen relevanten Fähigkeiten, Kreativität und Vision, tendenziell ehr abtötet weil BWL/VWL-Strategie eigentlich zwar professionelle aber schlicht nur Verwaltung ist. Das sehe ich praktisch genauso. Gruß --Gerd Marquardt 11:51, 3. Nov. 2006 (CET)
Ich kann von 2 Universitäten sagen, dass ihr Studienangebot Wirtschaft grottig ist. Wenn man dann sieht, dass sich seit Jahren/Jahrzehnten nichts ändert, fragt man sich doch warum? Hat der Markt denn Einfluss auf das Bildungssystem? Was sind es für Bedürfnisse die das aktuelle Bildungssystem befriedigt, dass es den Wettbewerb überlebt? Oder gibt es gar keinen Wettbewerb und es ist nur Überbleibsel vergangener Zeiten; vergangen, veraltet, dogmatisch? Lobbyismus, Einfluss von Wirtschaft auf Politik, greift leider nur eher bei Themen wie Waffen, Alkohol, Zigaretten, nicht bei Bildung – all in all: eine nette Abschrift. Grüße --WissensDürster 11:10, 8. Mär. 2010 (CET)