Keimzelltumor (Germ cell tumor), Hodenkrebs (Testicula cancer)

Allgemeines

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  • Häufigster Tumor bei Männern zwischen 20 und 40 Jahren
  • Sehr hohe Kurabilität
  • Vorkommen meist genodal, selten extragonadal

Risikofaktoren

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Symptome

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Schmerzlose Hodenschwellung

Befall, Ausbreitung

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  • Zunächst lymphogen in ipsilaterale retroperitoneale Lymphknoten im Bereich des Nierenstiels
  • Später hänatogene Aussaat (Ausnahme: Chorionkarzinom)

Erfolgte bereits eine Operation am Hoden, ist auch eine atypische Ausbreitung etwa in die inguinalen Lymphknoten möglich.

Diagnostik

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  • Palpation, Sonographie des Hodens
  • Labor: LDH, hCG, AFP

Klassifikation

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Histologie

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  • pTis: Präkanzerose, 70 % Wahrscheinlichkeit für invasives Karzinom binnen 7 Jahren
  • pT1: Befall Hoden oder Nebenhoden ohne V1 oder L1
  • pT2: Befall Hoden oder Nebenhoden mit V1 oder L1 oder Befall der Tunica vaginalis
  • pT3: Invasion des Samenstrangs
  • pT4: Invasion des Scrotum
  • pN1: maximal 5 LK < 2 cm
  • pN2: 2 cm < LK < 5 cm oder mehr als 5 LK < 5 cm
  • pN3: LK > 5 cm
  • M1a: nicht-regionäre LK-Metastasen oder Lungen-Metastasen
  • M1b: andere Fernmetastasen

Tumormarker

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(Details siehe Weblinks)

  • S0: LDH normwertig und hCG < 5 IU/L und AFP < 10 ng/ml
  • ...
  • S3: LDH > 10*Obergrenze des Normbereichs oder hCG > 50000 IU/L oder AFP > 10000 ng/ml

(kurzgefasst)

  • ab LK-Befall Stadium II
  • ab M1a Stadium IIIA
  • Stadium IIIB: T* N1-3 M0 S2

Es gibt kein Stadium IV!

Therapie

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Primärtherapie: Operation

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  • inguinale (hohe) Ablatio testis
  • bei Risikokonstellation Biopsie des kontralateralen Hodens: Tis?
  • bei metastasierten Stadien mit hoher oder symptomatischer Tumorlast zunächst Chemotherapie, dann Ablatio testis
  • Weitere Behandlung unterschiedlich bei Seminom und Nichtseminom
  • Das spermatozytische Seminom metastasiert fast nie, daher ist die Therapie die alleinige Ablatio testis.

Stadium I

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  • Rezidivwahrscheinlichkeit 15-20 %, bei Tumor < 4 cm und keiner Infiltration des Rete testis 5 %
  • Es gibt 3 Möglichkeiten für das weitere Procedere:
  1. Active Surveillance (bei Pat. mit guter Compliance Procedere der 1. Wahl): 5(-10) Jahre Nachsorge, dabei 4 x CT Abdomen
  2. Ein Zyklus Carboplatin AUC 7 senkt die Rezidivwahrscheinlichkeit auf 3-9 %.
  3. Adjuvante Radiatio der LK infradiaphragmal sowie paraaortal/paracaval mit 20 Gy, ED 2 Gy senkt die Rezidivwahrscheinlichkeit auf 3-4 %.

Stadium II & III

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  • Stadium IIA (pT* N1 M0 S0-1): Bei fraglichem LK-Befall CT-Verlaufskontrolle: bei Regression Therapie wie Stadium I (a. e. Active Surveillance), bei gleichbleibend auffälligen oder gar progredienten LK Radiatio inklusive der ipsilateralen iliakalen LK mit 30 Gy, ED 2 Gy oder Chemotherapie mit 3 x PEB (Cisplatin, Etoposid, Bleomycin) q3w
  • Stadium IIB (pT* N2 M0 S0-1): Chemotherapie 3 x PEB q3w oder Radiatio inklusive der ipsilateralen iliakalen LK mit 36 Gy, ED 2 Gy
  • Stadium IIC (pT* N2 M0 S0-1) oder Stadium III: 3(-4) x PEB q3w oder 4 x PE (Cisplatin, Etoposid) q3w, weitere Chemotherapie oder Radiatio nach Ansprechen

Nichtseminom

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Stadium I

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  • Es gibt 3 Möglichkeiten für das weitere Procedere:
  1. Active Surveillance (bei keiner vaskulären Infiltration (V0) und Pat. mit guter Compliance Procedere der 1. Wahl)
  2. Ein Zyklus Chemotherapie mit PEB (bei V1 zu favorisieren, ebenfalls bei schlechter Compliance)
  3. Im Ausnahmefall ejakulationsprotektive retroperitoneale Lymphadenektomie (RLA)

Stadium II & III

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  • Stadium IIA (pT* N1 M0 S0): Bei fraglichem LK-Befall CT-Verlaufskontrolle: bei Regression Therapie wie Stadium I (a. e. Active Surveillance), bei gleichbleibend auffälligen oder gar progredienten LK RLA oder Chemotherapie mit 3 x PEB q3w
  • Stadium IIA (pT* N1 M0 S1) oder IIB (pT* N1 S0-1): Chemotherapie mit 3 x PEB q3w, Resektion Residualtumor bei Restbefund > 1 cm
  • Stadium IIC (pT* N2 M0 S0-1) oder Stadium III: Therapie nach IGCCCG-Prognosegruppen:
    • gut: Chemotherapie 3 x PEB oder 4 x PE, Resektion Residualtumor bei Restbefund > 1 cm
    • intermediär: Chemotherapie 4 x PEB oder 4 x PEI (Cisplatin, Etoposid, Ifosfamid), Resektion Residualtumor bei Restbefund > 1 cm
    • schlecht: Chemotherapie 4 x PEB oder 4 x PEI, Therapieintensivierung bei unzureichendem Markerabfall nach Zyklus 1 (häufig!), dann zum Bespiel Hochdosis-PEI mit autologer Stammzelltransplantation, Resektion Residualtumor bei Restbefund > 1 cm
  • Bei Anstieg der Tumormarker (meist hCG) oder vitalem Tumorgewebe bei Resektion des Residualtumors weitere Chemotherapie.

Extragonadale Keimzelltumoren

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  • Auftreten vor allem mediastinal oder retroperitoneal
  • Bei hinreichendem Verdacht (AFP und hCG sehr hoch) Chemotherapie auch ohne histologische Sicherung vertretbar.
  • Gute Prognose beim Seminom
  • Retroperitoneales Nichtseminom: Prognose vergleichbar testikulärem Nichtseminom Stadium III
  • Mediastinales Nichtseminom: ungünstige Prognose, evtl. primär Hochdosis-Therapie
  • Resektion Residualtumor > 1 cm (siehe oben), bei vitalem Tumor weitere Chemotherapie
  • Abklärung Hoden frühestens 2 Jahre nach Abschluss der primären Chemotherapie

Therapie im Rezidiv

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  • Pat. in Active Surveillance: Therapie stadiengerecht wie bei Erstdiagnose
  • Bei fortgeschrittenem Tumor und Chemotherapie erneute Chemotherapie, evtl. als Hochdosis-Therapie; bei Nichtansprechen von Cisplatin GOP (Gemcitabin, Oxaliplatin, Paclitaxel), Resektion des Residualtumors

Nachsorge

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  • Auch im Rezidiv kurative Therapieoptionen!
  • Die Prognose ist insgesamt im Vergleich mit anderen Tumoren relativ gut, im Stadium I 5-JÜR mindestens 95 %, selbst beim metastasierten Nichtseminom mit IGCCCG-Pronosescore schlecht noch 50 %.
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Einzelnachweise

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