Gößweinsteiner Mehlbeere

Gößweinsteiner Mehlbeere (Sorbus pulchra)

Systematik
Familie: Rosengewächse (Rosaceae)
Unterfamilie: Spiraeoideae
Tribus: Pyreae
Untertribus: Kernobstgewächse (Pyrinae)
Gattung: Mehlbeeren (Sorbus)
Art: Gößweinsteiner Mehlbeere
Wissenschaftlicher Name
Sorbus pulchra
Norbert Meyer = N. Mey.

Die Gößweinsteiner Mehlbeere (Sorbus pulchra) ist eine Pflanzenart aus der Gattung der Mehlbeeren (Sorbus) in der Familie der Rosengewächse (Rosaceae). Innerhalb der Mehlbeeren gehört sie zur Sorbus hybrida-Gruppe, ist also aus einer Bastardisierung zwischen Mehlbeeren und Vogelbeere (Sorbus aucuparia) entstanden.

Bedeutung

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Die Gößweinsteiner Mehlbeere ist eine von elf in der Fränkische Alb vorkommenden endemischen Arten der Sorbus latifolia-Gruppe[1] und von eine von drei in der Fränkischen Schweiz endemischen Mehlbeer-Arten, neben Fränkische Mehlbeere (Sorbus franconica) und Hersbrucker Mehlbeere (Sorbus pseudothuringiaca)[2].

Beschreibung

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Die Gößweinsteiner Mehlbeere ist ein drei bis zehn Meter hoher, damit mittelgroßer Baum oder Strauch. Unterster Blattlappen breiter, Abstand zwischen den Blattnerven 8 mm. Die Blattunterseite ist weißfilzig

Blüten mit 2 unverwachsenen Griffeln

Früchte < 1 cm im Durchmesser Früchte rundlich bis leicht elliptisch, ca. 1 cm groß, <1 cm im Durchmesser, zerstreut mit sehr kleinen Lentizellen besetzt, lange filzig bleibend




zerstreut mit sehr kleinen Lentizellen besetzt, lange filzig bleibend


Die Blattstellung der mittleren Stängelblätter ist wechselständig.

Die Blattspreite ist ungeteilt, der Blattrand gelappt und gesägt. Abstand zwischen den Blattnerven ist etwa 8 mm

Der Blütenstand aus weißen Blüten in Form einer Scheindolde hat eine Blühzeit von April bis Mai. Die Früchte rundlich bis leicht elliptisch und etwa 1 cm groß. Sie sind zerstreut mit sehr kleinen Lentizellen besetzt. Die Früchte bleiben lange filzig.[3] Wie andere Sorbus-Arten ist Sorbus pulchria indifferent bezüglich des Wasser- und Nährstoffbedarf sowie der Temperaturen, aber als Halbschatten bzw. Halblichtpflanze einzustufen [4] Quelle: [Curators Herbarium B (2000+). Digital specimen images at the Herbarium Berolinense. [Dataset]. Version: 08 May 2024. Data Publisher: Botanic Garden and Botanical Museum Berlin. http://ww2.bgbm.org/herbarium/ image ID: 475817. ]

Anforderungen

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Lichtbedürftig, eher an waldsäumen

Weitere Namen

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Synonyme für diese Art sind Hedlundia pulchra (N. Mey.) bei Sennikov & Kurtto seit 2017[5] und Pyrus pulchra (N. Mey.) bei M. F. Fay & Christenh. von 2018.

Sennikov & Kurtto führen die Pflanzengattung der Sorbus hybrida-Gruppe seit 2017 unter dem Namen Hedlundia[6]. Sorbus pulchra bedeutet die schöne Mehlbeere, Hedlundia pulchra die schöne Bastard-Vogelbeere, Pyris pulchra die schöne Birne. [7]

Vorkommen

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Die Gößweinsteiner Mehlbeere kommt ausschließlich in Bayern im Fränkischen Jura vor und ist damit endemisch.[8] Sie ist bisher vor allem rund um Gößweinstein an der Wiesent nachgewiesen worden. Die Art wächst in eher lichten, eher mesophil-humiden Waldgesellschaften in nicht direkt sonnigen Lagen.

Gefährdung

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Die Goßweinsteiner Mehlbeere gilt bundesweit nach der Roten Liste gefährdeter Pflanzenarten als stark gefährdet, Stufe 2. Gemäß der Roten Liste Bayerns wird die Art mit Stufe 3 als gefährdet eingeordnet. Deutschland und besonders dem Bundesland Bayern kommt die Alleinverantwortung für die Artentwicklung dieses fränkischen Endemiten zu.[9]

Als Gefährdungsursachen werden im Steckbrief zu S. pseudothuringia für die gesamte Gattung folgende angegeben: „Verlust der Arealfläche, Verdichtung der Waldbestände, Nährstoffeintrag aus der Luft, Verbot der Waldweide

Botanische Geschichte

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Gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurde diese Art als Bastard interpretiert und in der Lokalflora von August Friedrich Schwarz als „Sorbus hybrida Koch“ (Pirus aucuparia + aria = Pirus hybrida Smith = Sorbus hybrida Koch) für mehrere Fundstellen aufgeführt.[10]

Im Jahr 1961 wurde die Hersbrucker Mehlbeere von Ruprecht Düll erstbeschrieben.[11][8] Er gab der Sippe als erbfestes Taxon Artrang. Konrad Gauckler erweiterte die bis dahin bekannten Fundstellen und vermerkte die neu gefundenen Wuchsorte auf den von Schwarz angelegten Manuskriptkarten. Otto Warburg und Zoltan Kárpáti fassten 1968 die Art als Zwischenart von Sorbus austriaca und Sorbus aucuparia auf.[12] Düll (1961) und Kutzelnigg (1995) nahmen eine Einordnung in der Sorbus hybrida-Gruppe vor. Grund hierfür waren festgestellte Ähnlichkeiten der Art mit Sorbus ×pinnatifida nm. thuringiaca.[13] Die Sorbus hybrida-Gruppe S.hybrida agg wurde terminologisch 2001[14] durch die hybridogene Untergattung Soraria Májovský et Bernátová ersetzt und gilt nun als Synonym davon.[15] 2015 wurde die Art Sorbus collina von M. Lepsy, P. Lepsy und N. Meyer erstbeschrieben. Sorbus collina gehört zur Untergattung Aria Pers., ist tetraploid und wurde bisher fälschlicherweise als zu Übergangsformen zwischen Sorbus graeca und Sorbus aria gehörig interpretiert und zu Sorbus pannonica gestellt. Meyer geht davon aus, dass die Hersbrucker Mehlbeere aus Sorbus collina und Sorbus aucuparia entstanden ist.[15]

In botanischen Gärten wird Sorbus pulchra bisher nur im Botanischen Garten der Universität Erlangen gehalten, und auch das erst seit 2010[16]. Im Gegensatz zur Hersbrucker Mehlbeere gibt es auf der dortigen Webseite bisher keinen Steckbrief[17]

Einzelnachweise

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  1. Norbert Mey: sorbus-Vielfalt in Bayern, 2011
  2. Karen Görner: Die Vogelbeere - Charakterbaum des Fichtelgebirges, ohne Jahr
  3. [1]
  4. Aussagen zu S. psedothuringia im Steckbrief, zitiert werden nur Angaben, die sich auf die Gattung beziehen
  5. [2]
  6. [3]
  7. Norbert Meyer: Sorbus in Rothmaler - Exkursionsflora von Deutschland Gefäßpflanzen: Kritischer Ergänzungsband, Springer Verlag Berlin Heidelberg 2016, Seite 113ff. ISBN 978-3-8274-3132-5
  8. a b Herfried Kutzelnigg: Sorbus. In: Hildemar Scholz (Hrsg.): Illustrierte Flora von Mitteleuropa. Begründet von Gustav Hegi. 2. völlig neubearbeitete und erweiterte Auflage. Band IV Teil 2B: Spermatophyta: Angiospermae: Dicotyledones 2 (3) (Rosaceae, 2. Teil). Blackwell, Berlin / Wien u. a. 1995, ISBN 3-8263-2533-8, Sorbus pseudothuringiaca, S. 378.
  9. Sorbus pulchra, Steckbrief auf Bayernflora.de
  10. Referenzfehler: Ungültiges <ref>-Tag; kein Text angegeben für Einzelnachweis mit dem Namen Schwarz.
  11. Ruprecht Düll: Die Sorbus-Arten und ihre Bastarde in Bayern und Thüringen. In: Berichte der Bayerischen Botanischen Gesellschaft zur Erforschung der Heimischen Flora. Band 34, S. 11–65 (hier: S. 55–58, http://www.bbgev.de/berichte/034_1961/sorbus-arten.pdf PDF-Datei).
  12. Otto Warburg, Zoltan Karpati: Sorbus. In: T. G. Tutin, V. H. Heywood, N. A. Burges, D. M. Moore, D. H. Valentine, S. M. Walters, D. A. Webb (Hrsg.): Flora Europaea. Volume 2: Rosaceae to Umbelliferae. Cambridge University Press, Cambridge 1968, ISBN 0-521-06662-X, S. 67–71 (englisch, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  13. Norbert Meyer, Lenz Meierott, Herbert Schuwerk, Otto Angerer: Beiträge zur Gattung Sorbus in Bayern. In: Berichte der Bayerischen Botanischen Gesellschaft zur Erforschung der Heimischen Flora. Sonderband, 2005, S. 5–216 (Sorbus pseudothuringiaca: S. 93–96).
  14. Eintrag bei International Plant Names Index: Sorbus subgen. Soraria Májovský & Bernátová, abgerufen am 14. Juni 2018
  15. a b Norbert Meyer: Sorbus in Rothmaler - Exkursionsflora von Deutschland Gefäßpflanzen: Kritischer Ergänzungsband, Springer Verlag Berlin Heidelberg 2016, Seite 113ff. ISBN 9783827431325
  16. S.p auf verband-botanischer gaerten.de
  17. Steckbrief zu Sorbus pseudothuringia

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Commons: Gößweinsteiner Mehlbeere – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Kategorie:Mehlbeeren Kategorie:Endemische Pflanze Deutschlands