Werkdaten
Originaltitel: Al gran sole carico d’amore
Form: Szenische Handlung
Originalsprache: italienisch
Musik: Luigi Nono
Libretto: Luigi Nono, Juri Ljubimow
Literarische Vorlage: Texte von Gramsci, Marx, Gorki, Brecht, Pavese, Rimbaud, Lenin, Fidel Castro, Che Guevara
Uraufführung: 4. April 1975
Ort der Uraufführung: Teatro alla Scala im Teatro Lirico (Mailand)
Spieldauer: 2:15 Stunden (inkl. Pause)
Ort und Zeit der Handlung: 19. und 20. Jahrhundert
Personen


Al gran sole carico d’amore (1975) ist eine Oper von Luigi Nono - Libretto von Luigi Nono und Juri Ljubimow nach Texten von Gramsci, Marx, Gorki, Brecht, Pavese, Rimbaud, Lenin, Fidel Castro, Che Guevara. Nono wählt den Gattungsbegriff azione scenica (szenische Handlung) und erzählt darin die Geschichte des Kommunismus und des Klassenkampfes anhand mehrerer Frauenschicksale.

Das Werk gilt als einzige Revolutionsoper des 20. Jahrhunderts und innovativ in dreierlei Hinsicht: auf Grund der Entstehungsgeschichte im Kollektiv, musikalisch als Hauptwerk der Avantgarde sowie szenisch als Montage und Streifzug durch die Geschichte – ohne Handlung im klassischen Sinne.

Titel, Grundidee, szenische Form und Kurzbeschreibung

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Luigi Nono (1979)
 
Kommunardinnen kämpfen auf der Place Blanche, 1871

Der Titel stellt die italienische Übersetzung der 54. Zeile von Les Mains de Jeanne-Marie dar, auf deutsch: Die Hände der Jeanne-Marie, eines Gedichts von Arthur Rimbaud. Hier die Zeilen 49 bis 56:

Une tache de populace
Les brunit comme un sein d'hier ;
Le dos de ces Mains est la place
Qu'en baisa tout Révolté fier!

Elles ont pâli, merveilleuses,
Au grand soleil d'amour chargé,
Sur le bronze des mitrailleuses
À travers Paris insurgé![1]

 

Des Pöbels Auflauf kennt ein Braun,
Wie's eine Brust von gestern ist:
Der Hände Rücken ist der Raum,
Den gern jeder Empörer küsst.

Voller Liebe in der Sonne
Sind sie bleich und eine Zier,
Sie tragen der Gewehre Bronze
Durch's Paris, das rebelliert![2]

Auf deutsch könnte der Titel lauten: Unter der großen, von Liebe erfüllten Sonne.[3] Da jedoch alle Inszenierungen im deutschsprachigen Raum bisher die Originalsprache wählten, kam stets der Originaltitel zur Verwendung. Lediglich die Frankfurter Produktion fügte dem Originaltitel die deutsche Version unter der großen Sonne von Liebe beladen hinzu.[4] Die bislang einzige französische Inszenierung in Lyon 1982 verwendete Rimbauds Originaltext, ergänzt durch die italienische Version.[5] Als englische Übersetzung gilt laut englischsprachiger Wikipedia: The Bright Sunshine Heavy with Love.[6]

Das Gedicht Rimbauds, entstanden nach der „Blutwoche“, besingt die heroischen Taten der Frauen der Pariser Kommune, die an der Place Pigalle, der Place Blanche und in Batignolles die Barrikaden verteidigten. Die letzten Strophen des Gedichtes evozieren die grausame Repression und die brutalen Gefangenenkonvois, in denen die Versailler die gefesselten Kommunarden abschleppten. Über den Heroismus der Pariser Frauen schreibt − in Der Bürgerkrieg in FrankreichKarl Marx: „Die Kokotten hatten die Fährte ihrer Beschützer wiedergefunden – der flüchtigen Männer, der Familie, der Religion und vor allem des Eigentums. An ihrer Stelle kamen die wirklichen Weiber von Paris wieder an die Oberfläche – heroisch, hochherzig und aufopfernd wie die Weiber des Altertums.“

„Die Grundidee von 'Al gran sole carico d’amore': die Kontinuität der weiblichen Präsenz im Leben, im Kampf, in der Liebe; das Gestern, das Heute, das Morgen – übereinander gelagert, vorwegnehmend und fragmentiert.“

Luigi Nono[7]

„Schönheit und Revolution sind kein Widerspruch“, heißt ein Satz Ernesto Che Guevaras. Jürgen Flimm: „Dieser Satz hängt wie ein Spruchband über den Arbeiten von Luigi Nono, diesem italienischen Komponisten, der seit so vielen Jahren für erregte Auseinandersetzungen gut ist.“[8] Der Satz steht als Titel über dem Vorspiel zu Nonos Werk und definiert den zugleich ästhetischen und revolutionären Anspruch des Librettisten und Komponisten.

Nono nennt seine Komposition „un'azione scenica in due tempi“, eine szenische Handlung in zwei Teilen. Dieser Begriff stammt aus der Tradition des fortschrittlichen sowjetischen Theaters der frühen 1970er Jahre, welches durch den Regisseur der Uraufführung, Juri Ljubimow, und sein Taganka-Theater repräsentiert wurde.[9] Nono und Ljubimov wählen eine unkonventionelle Dramaturgie, keine Handlung im klassischen Sinne, sondern eine große Collage aus revolutionären Texten und Zitaten. Leidenschaftlich kämpfende, für ihre Überzeugung sterbende Frauen in revolutionären Zeiten sind die Protagonistinnen. In locker aneinandergereihten Szenen werden Geschehnisse berichtet, in deren Mittelpunkt teils reale, teils fiktive, stets aber kämpferische Frauen mit Charisma stehen - so Louise Michel als Repräsentatin der Pariser Commune 1871, die russische Mutter, eine Titelfigur in Gorkis Roman, die deutschstämmige Argentinierin Tamara Bunke, genannt Tania la Guerrillera, die an der Seite Che Guevaras kämpfte und im Kampf in Bolivien ihr Leben verlor oder die von Cesare Pavese erdachte Prostituierte Deola aus dem Turin der 1940er Jahre, sowie eine Turiner Mutter der Nachkriegszeit, die für gerechte Löhne und Arbeitszeit kämpfte. Al gran sole carico d’amore ist keine Oper im klassischen Sinn und erzählt keine stringente Geschichte, sondern setzt Schicksale und Ereignisse aus über einem Jahrhundert revolutionärer Kämpfe um eine gerechtere Welt in einen Handlungsspielraum.

Im ersten Teil wird die Pariser Commune von 1871 thematisiert. Der zweiten Teil spannt einen breiten Bogen von der Russischen Revolution von 1905 über den Streik der Fiat-Arbeiter in den 50er Jahren, die Kubanische Revolution, den Guerillakampf Che Guevaras und das soziale Engagement Allendes in Chile bis zum Vietnamkrieg.

Haydée Santamaría

Aufstand von 1905. Tania la Guerrillera, Castro und Guevara Texte. Il secondo periodo dell'arte di Nono, che si fa comunemente iniziare da Intolleranza 1960[6], raggiunse il suo apogeo nella seconda "azione scenica", Al gran sole carico d'amore (1972-74; il titolo è la traduzione di un verso della poesia Les Mains de Jeanne-Marie di Arthur Rimbaud). In questo lavoro teatrale di grandi dimensioni, Nono rinunciò completamente a qualsiasi impianto narrativo e offrì invece la rappresentazione di alcuni momenti cruciali nella storia del comunismo e della lotta di classe. Il soggetto - risultante da citazioni di manifesti e poesie, classici del marxismo e discorsi anonimi di operai - concerne le rivoluzioni fallite: la Comune di Parigi del 1871, la Rivoluzione russa del 1917, il movimento rivoluzionario in Cile negli anni sessanta del XX secolo.

Come preludio

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La belleza ne está reñida con la revolución.

1: Nous reviendrons foule sans nombre

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2: La notte è lunga ma già spunta l'alba

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Die Partitur ist Maurizio Pollini und Claudio Abbado gewidmet[10] und bei Ricordi in Milano erschienen.

»Das Mysterium lebt in Nonos Klangsprache, die dem Meer gleicht, mit seiner gespannten Stille, seinen Wellen, die alles Gegenständliche auflösen und im Fluss halten, unaufhörlich … Mit Ingo Metzmacher wacht ein umsichtiger Dirigent über die Partitur des Venezianers, die trotz des harten Takts der Unterdrückungsmaschinerie den Klang immer wieder aufbricht und für das Zarte, das dolcissimo, atmet. Die großbesetzte Staatskapelle flicht engmaschigste Klangwände und hält souverän die Spannung aus. Der Staatsopernchor unter Eberhard Friedrich kann sich mit Nelke im Knopfloch ganz auf seinen fordernden Part konzentrieren, von darstellerischen Aufgaben weitgehend entbunden ebenso wie die treffsicheren Gesangssolisten.« (Der Tagesspiegel vom 3.3.2012)

Orchesterbesetzung

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Im Grunde ist diese Oper ein großes Requiem auf verschollene Hoffnungen und das Scheitern von Utopien – und mit Wozzeck von Alban Berg und den Soldaten von Bernd Alois Zimmermann eines der großen Werke des modernen Musiktheaters.

Rezeption

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Im deutschsprachigen Raum haben sich insbesondere die Dirigenten Michael Gielen (in Frankfurt) und Ingo Metzmacher (in Hamburg, Salzburg und Berlin), sowie die Regisseure Jürgen Flimm (in Frankfurt) und Peter Konwitschny (in Hannover und Leipzig) für das Werk eingesetzt. Al gran sole carico d’amore war 1978 Flimms erste Operninszenierung, er hat in der Folge als Intendant der Salzburger Festspiele und der Berliner Staatsoper das Werk - in Katie Mitchells Inszenierung - erneut aufführen lassen.

Ungewöhnliche Veranstaltungsorte für seine Musik waren ganz im Sinne Luigi Nonos. Le Fabrique Felsenreitschule Kraftwerk Mitte Das beeindruckende Gebäude am Spreeufer gilt als wichtiges architektonisches Dokument der Berliner Industriegeschichte aus den 60er Jahren und ist längst als Veranstaltungsort und Ausstellungsraum für zeitgenössische Kunst etabliert. Mit seinen acht Ebenen, die durch Treppen und Zwischengeschosse verbunden sind, bietet es für »Al gran sole carico d'amore« einen in jeder Hinsicht stimmigen Aufführungsort.

Inszenierungen

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Auszeichnung

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Diskographie

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Frammenti

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Al gran sole carico d'amore (frammenti) per soli, coro e orchestra e nastro magnetico a 4 piste

scheda sinossi altre versioni testi scritti di nono bibliografia audio/video cataloghi Data di composizione: 1975-1978 Prima versione: 1975 Versione definitiva: 1978 Testi: Bertolt Brecht, Tania Bunke, Fidel Castro, Ernesto "Che" Guevara, Georgi Dimitrov, Maksim Gorkij, Antonio Gramsci, Vladimir Lenin, Karl Marx, Louise Michel, Cesare Pavese, Arthur Rimbaud, Celia Sánchez, Haydée Santamaría e altri popolari, a cura di Luigi Nono e Juri Ljubimov. Organico: 4 Soprani, Contralto, Baritono, 2 Bassi; Coro misto; 4 Flauti (e 4 Ottavini), 4 Oboi, 4 Clarinetti (anche Clarinetto basso), 4 Fagotti; 4 Corni, 4 Trombe, 4 Trombone; Timpani, Percussioni (2 Tamburi con corde, 2 Tamburi senza corde, 2 Tamtam, 2 Gran Casse, 4 Piatti, Campane, Marimba, Glockenspiel), Arpa amplificata; Archi; Magnetofono a 4 piste Durata: 55’ Editore: Ricordi, 134420 Prima esecuzione assoluta della prima versione: Köln, Funkhaus, Großer Sendesaal, 16 maggio 1975. Westdeutscher Rundfunk, Musik der Zeit VI. Slavka Taskova, Kristina Gorantscheva, Franca Fabbri, soprani – Luisella Ciaffi Ricagno, mezzosoprano – Eleonora Jankovic, contralto – Südfunk-Chor – Hermann Josef Dahmen, direttore di coro – Kölner Rundfunkchor – Godfried Ritter, maestro di coro – Kölner Rundfunk-Sinfonie-Orchester –Claudio Abbado, direttore Prima esecuzione assoluta della versione definitiva: Roma, Auditorium del Foro Italico, RAI, 25 febbraio 1978. Slavka Taskova Paoletti, Kristina Goranceva, Franca Fabbri, soprani – Luisella Ciaffi Ricagno, mezzosoprano – Eleonora Jankovic, contralto – Teodoro Rovetta, baritono – Alfredo Giacomotti, Franco Ruta, bassi – Coro da camera della RAI, Orchestra Sinfonica e Coro di Roma della Radiotelevisione Italiana – Gianni Lazzari, Giuseppe Piccillo, maestri di coro – Giuseppe Sinopoli, direttore

Einzelnachweise

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  1. Le poème intégral sur Wikisource, Zugriff am 23. September 2013
  2. Die Hände der Jeanne-Marie, übersetzt von Eric Boerner, Zugriff am 22. September 2013
  3. Archiv der Salzburger Festspiele, Zugriff am 22. September 2013
  4. Klaus Zehelein: Luigi Nono - Al gran sole carico d'amore, unter der großen Sonne von Liebe beladen. Programmheft der Oper Frankfurt, Spielzeit 1977/78
  5. Au grand soleil d'amour chargé, Al gran sole carico d'amore, Luigi Nono, Programme de la représentation de l'Opéra de Lyon, saison 81/82
  6. Al gran sole carico d'amore in der englischen Wikipedia, Zugriff am 22. September 2013
  7. Staatsoper Unter den Linden, Berlin, Zugriff am 22. September 2013
  8. Archiv der Salzburger Festspiele, Zugriff am 22. September 2013
  9. Gunter Kaiser: Bühnenbild und szenische Handlung: Prinzipien der Analyse szenischer Gestaltung, untersucht an Schauspielaufführungen sowjetischer Theater in den 70er Jahren. Künstlerisch-technische Komponenten, Band 1. Verb. d. Theaterschaffenden d. Dt. Demokrat. Republik, 1979
  10. Archivio Luigi Nono, Venezia: Al gran sole carico d'amore, Seite sinossi, abgerufen am 1. Dezember 2012
  11. Scottish Theatre Archive, University of Glasgow, abgerufen am 23. September 2013
  12. Klaus Georg Koch: Toast auf die Unterdrücker. Berliner Zeitung 17. November 1998
  13. Elisabeth Schwind: Aufschrei und Verstummen. Neue Zürcher Zeitung, 11. Mai 2004
  14. Volker Tarnow: Großes Kino im Heizwerk. Berliner Morgenpost, 03. März 2012
  15. Jürgen Liebing: Ein ärgerlich grandioser Abend, Deutschlandfunk, 1. März 2012
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Kategorie:Oper nach Titel Kategorie: Oper in italienischer Sprache Kategorie:Oper aus dem 20. Jahrhundert