Nişantaş (BOĞAZKÖY 5)

Die folgende Liste fasst die Hieroglypheninschriften zusammen, die am türkischen Ausgrabungsort Boğazköy gefunden wurden und somit auf dem Gelände der hethitischen Hauptstadt Ḫattuša. Es handelt sich hier um Artefakte aus Stein, in die Inschriften in luwischen Hieroglyphen eingraviert sind. Nicht erfasst sind Siegel oder Siegelabdrücke, die meist nur den Namen und die Titulatur des Besitzers enthalten. Diese sind oft sowohl in Hieroglyphen als auch in Keilschrift beschriftet.[1]

Überblick

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Der Fundort Boğazköy beim heutigen Ort Boğazkale wird seit Beginn des 20. Jahrhunderts vornehmlich von deutschen Archäologen erforscht. Dabei wurden zahlreiche Steine mit Hieroglypheninschriften ergraben. Einige davon (Nişantaş, Yazılıkaya) lagen bereits offen zu Tage, die meisten kamen im Laufe der Grabungen ans Licht. Die beiden genannten sind als einzige in den anstehenden Felsen gearbeitet, eine (Südburg) stellt eine Wand eines Bauwerks dar, bei den anderen handelt es sich größtenteils um Stelen, Steinblöcke und Fragmente. Eine kleinere Gruppe bilden die sogenannten Graffiti (BOĞAZKÖY 4, 14, 15, 16), die an verschiedenen Stellen des Stadtgebiets zu finden sind. Sie werden meist als Anzeigen von Schreibern interpretiert, die damit ihre Dienste anbieten. Ein Teil der Monumente enthält außer der Schrift auch Reliefabbildungen. Die Stücke sind, soweit sie nicht in situ verblieben, heute im Museum für anatolische Zivilisationen in Ankara, im Archäologischen Museum Istanbul, im Museum Çorum und im lokalen Museum in Boğazkale aufbewahrt.

Eine Zusammenstellung der Inschriften lieferte 2000 der britische Hethitologe John David Hawkins im Appendix 1 des ersten Bands seines Corpus of Hieroglyphic Luwian Inscriptions. Dort legte er auch die Bezeichnungen der Stücke mit BOĞAZKÖY 1 bis BOĞAZKÖY 25 fest, die heute allgemein gebräuchlich sind.[2] Im 2024 posthum erschienenen dritten Band des Corpus besprach er sie einzeln und fügte auch zwei weitere (BOĞAZKÖY 26 und 27) hinzu.

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Bild Bezeichnung
Alternativbezeichnung
Fund[3] Heutiger
Standort[3]
Beschreibung[3] Inschrift[3] Errichtet von/unter
Datierung[3]
erforscht oder beschrieben von
(Auswahl)
  BOĞAZKÖY 1 Hugo Winckler 1907 bei Schachtarbeiten für ein Grabungshaus am Abhang über dem Haus am Hang Archäologisches Museum Istanbul Quaderförmiger Block mit einer Einlassung auf der Oberseite, vermutlich die Aufnahme für den Aufstellzapfen einer Statue oder einer Stele. Auf der Vorderseite das Relief einer Figur in einer langen Robe mit einer Rundkappe auf dem Kopf, von der ein Schleier herabfällt. Der Kleidung nach scheint es sich um eine Frau zu handeln. Vor der Gestalt ist ein Bild zu sehen, in dem Hawkins eine geschmückte Basis erkennt, auf der ein doppelbogiges Element steht. Er interpretiert es als Piktogramm mit der Bedeutung „Diese Stele“. Hinter der Figur geben zwei Hieroglyphen den Namen und Titel der Person an, drei weitere die Widmung. Die Figur selbst setzt Hawkins mit dem EGO-Zeichen („Ich“)   der luwischen Hieroglyphen gleich.
Bildete wahrscheinlich ein Paar mit BOĞAZKÖY 2
Diese Stele habe ich, …, der Schalenträger, aufgestellt. Die Lesung der Namenshieroglyphe ist unsicher. Name unklar, der Schalenträger scheint ein Hofbeamter gewesen zu sein. Hugo Winckler, 1907[4]
Hawkins, 2024[5]
  BOĞAZKÖY 2 Hugo Winckler 1907 bei Schachtarbeiten für ein Grabungshaus am Abhang über dem Haus am Hang Archäologisches Museum Istanbul Quaderförmiger Block mit einer Einlassung auf der Oberseite, vermutlich die Aufnahme für den Aufstellzapfen einer Statue oder einer Stele. Auf der Vorderseite das Relief einer Figur eines nach rechts gehenden, bartlosen Mannes, der mit einer Rundkappe, einer kurzen Tunika und Schnabelschuhen bekleidet ist. Das linke Bein ragt aus einem übergeworfenen Mantel nach vorn. Der rechte Arm ist angewinkelt vor dem Oberkörper, der linke mit geballter Faust nach vorn gestreckt. In der Faust scheint er einen langen Stab zu halten, den Hawkins allerdings als Faltenwurf der Kleidung ansieht. Rechts ist das gleiche Piktogramm für „Diese Stele“ wie bei BOĞAZKÖY 1, links der Figur eine Reihe von Hieroglyphen, die Namen, Titel und die Aufstellung der Stele angeben. Die Figur ersetzt wieder das EGO-Zeichen. Diese Stele habe ich, der Eunuch Taprammi, aufgestellt. Taprammi
Da der Name Taprammi auch in anderen Dokumenten als einer der Hofbeamten Tudḫaliyas IV. auftaucht, wird die Inschrift ins späte 13. Jahrhundert v. Chr. datiert.
Hugo Winckler, 1907[6]
Hawkins, 2024[7]
  BOĞAZKÖY 3 1934 bei den Ausgrabungen unter Kurt Bittel von Peter Neve sekundär verlagert im Raum 2 des Gebäudes C auf der Königsburg Büyükkale gefunden. Museum Ankara Oben und unten abgebrochene Kalksteinstele mit einer verbliebenen Höhe von 1,20 Metern. Die Vorderseite zeigt eine, vermutlich durch die Weiterverwendung als Bodenplatte oder Türschwelle, stark verwaschene Inschrift.[8] Der Text beginnt rechts oben und verläuft boustrophedon. Genannt wird Großkönig Tudḫaliya IV. mit Titel und Abstammung. Großkönig Labarna Tudḫaliya
Sohn des Ḫattušili, Großkönig, Held
Enkel des Muršili, Großkönig, Held
Nachkomme des Großkönigs […
<
Tudḫaliya IV.br />Damit in die Regierungszeit Tudḫaliyas IV. im späten 13. Jahrhundert v. Chr. datiert. Kurt Bittel, Hans Gustav Güterbock, 1934[9]
Peter Neve, 1982[10]
Hawkins, 2024[11]
  BOĞAZKÖY 4
Graffito Sphinxtor
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Commons: Hieroglypheninschriften aus Boğazköy – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. John David Hawkins: Corpus of Hieroglyphic Luwian Inscriptions. Volume III: Inscriptions of the Hittite Empire and New Inscriptions of the Iron Age. Walter de Gruyter, Berlin/New York 2024, ISBN 978-3-11-077039-1, S. 46–47.
  2. John David Hawkins: Corpus of Hieroglyphic Luwian Inscriptions. Vol. I: Inscriptions of the Iron Age. Part 2: Text. Amuq, Aleppo, Hama, Tabal, Assur Letters, Miscellaneous, Seals, Indices. Part 3: Plates. (= Studies in Indo-European Language and Culture 8). de Gruyter, Berlin u. a. 2000, ISBN 3-11-010864-X, S. 35.
  3. a b c d e Sofern nicht anders angegeben, stammen die Angaben dieser Felder aus Hawkins 2024.
  4. Hugo Winckler: Vorläufige Nachrichten über die Ausgrabungen in Boghaz-köi* im Sommer 1907 In: Mitteilungen der Deutschen Orientgesellschaft zu Berlin, Nr. 35 Berlin 1907 S. 57–58
  5. Hawkins 2024 S. 79–80.
  6. Hugo Winckler: Vorläufige Nachrichten über die Ausgrabungen in Boghaz-köi* im Sommer 1907 In: Mitteilungen der Deutschen Orientgesellschaft zu Berlin, Nr. 35 Berlin 1907 S. 57–58
  7. Hawkins 2024 S. 78–79.
  8. Peter Neve: Büyükkale – Die Bauwerke. Grabungen 1954–1966. Gebr. Mann, Berlin 1982, ISBN 978-3-7861-1252-5 S. 114.
  9. Kurt Bittel: 2. Vorläufiger Bericht über die Ausgrabungen in Boğazköy 1934 In: Mitteilungen der Deutschen Orientgesellschaft zu Berlin, Nr. 73 Berlin 1934 S. 19–21, Hans Gustav Güterbock a. a. O. S. 36–37.
  10. Peter Neve: Büyükkale – Die Bauwerke. Grabungen 1954–1966. Gebr. Mann, Berlin 1982, ISBN 978-3-7861-1252-5 S. 114 Abb. 56.
  11. Hawkins 2024 S. 39–40.