Gnom/Konzeptwerk Neue Ökonomie
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Rechtsform Eingetragener Verein
Gründung 2011
Zweck Thinktank für eine ökologische und sozialgerechte Wirtschaft
Vorsitz Anja Höfner, Johannes Schneeweiß
Beschäftigte 27
Freiwillige > 50
Website https://konzeptwerk-neue-oekonomie.org

Das Konzeptwerk Neue Ökonomie ist ein 2011 gegründeter, in Leipzig ansässiger Thinktank, der zu den Themen Postwachstum, alternative Wirtschaftsmodelle und sozial-ökologische Transformation arbeitet. Der gemeinnützige Verein finanziert sich über Stiftungsgelder, öffentliche Förderungen, Honorare und private Spenden.

Die Organisation ist Teil der Initiative Transparente Zivilgesellschaft.

Themenschwerpunkte

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Degrowth / Postwachstum

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Eine der Kernthesen des Konzeptwerks lautet, dass das Streben nach mehr Wirtschaftswachstum ein Hauptgrund für die Klimakrise darstellt[1]. Das Konzeptwerk ist Teil der wachstumskritischen Bewegung. In zahlreichen Publikationen zeigt das Konzeptwerk Alternativen zur wachstumsbasierten Wirtschaftsweise auf und verweist dabei unter Anderem auf Konzepte von Vergesellschaftung, Commons und Globale Gerechtigkeit. Für eine Postwachstumsökonomie müssten Sektoren schrumpfen, die umweltschädlich sind wie die Rüstungsindustrie, Automobilindustrie, Chemie, Flugindustrie[2]. Zudem geht es um eine gerechtere Ressourcenverteilung, die Partizipation an Gestaltungsprozessen und „das Gute Leben für alle“.

Das Konzeptwerk Neue Ökonomie hat die Plattform Degrowth.info mitgegründet und die Internationale Degrowth-Konferenz 2014 in Leipzig ausgerichtet[3]. Von 2015 bis 2019 hat das Konzeptwerk jährlich stattfindende Degrowth Sommerschulen organisiert.

Seit 2016 schreibt das Konzeptwerk Neue Ökonomie eine Gastkolumne im Wirtschaftsteil der Frankfurter Rundschau zum sozial-ökologischen Umbau der Wirtschaft[4].

Im Jahr 2019 war eine Referentin des Konzeptwerks zu Gast in der ZDF Talkshow Maybrit Illner mit dem Thema „Grüner Kapitalismus kann nicht funktionieren“[5].

Klimagerechtigkeit

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Einen weiteren Themenschwerpunkt bildet das Thema Klimagerechtigkeit. Die notwendige Transformation könne nicht allein durch technische Lösungen gelingen, sondern brauche eine grundlegende Änderung der Lebens- und Produktionsweise[6]. Seit 2022 hat das Konzeptwerk Neue Ökonomie in bisher acht Dossiers Bausteine für Klimagerechtigkeit vorgestellt, darunter „Gerechte Wohnraumverteilung“[7], „Autofreie Städte“[8] und „Arbeitszeitverkürzung“[9].

2021 war eine Referentin des Konzeptwerks zu Gast in der ZDF Talkshow 13 Fragen zum Thema „Ist der Kapitalismus am Ende?“[10].

Im Vorfeld der Bundestagswahl 2021 untersuchte das Konzeptwerk die Klimaziele von Union, Grünen, SPD, Linken und FDP. Sie kamen zu dem Ergebnis, dass keine Partei mit einem CO2-Budget für Deutschland plant, mit dem die Klimaziele zur Einhaltung der 1,5-Grad-Grenze eingehalten werden können[11].

Digitalisierung

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Das Konzeptwerk setzt sich aus einer sozial-ökologischen Perspektive mit Digitalisierung auseinander. Zu ihren Forderungen gehören das Recht auf Reparatur, modular gebaute Endgeräte, ökologische Standards in der Softwareentwicklung und eine öffentliche digitale Infrastruktur[12]. In einem Interview beschreiben sie die Vision einer Social Media Plattform, die „von den Menschen gesteuert und kontrolliert wird und nicht von intransparenten Algorithmen einer gewinnorientierten Plattform“[13].

Das Konzeptwerk gehört neben unter Anderem der Open Knowledge Foundation, dem Chaos Computer Club und Wikimedia Deutschland zum Trägerkreis der Bits & Bäume Konferenz für Nachhaltigkeit und Digitalisierung[14].

Die Beschäftigung mit Sichtbarkeit, Bezahlung und Wertschätzung von Sorgearbeit innerhalb unseres wirtschaftlichen Systems ist ein weiterer inhaltlicher Schwerpunkt. Vorgeschlagene politische Maßnahmen wie die kollektive Arbeitszeitverkürzung werden immer auch hinsichtlich einer gerechteren Verteilung von Sorgearbeit betrachtet[15].

Im Jahr 2019 hat das Konzeptwerk Neue Ökonomie gemeinsam mit dem Netzwerk Care Revolution und der Rosa-Luxemburg-Stiftung Deutschlands größtes feministisches Festival, das Feminist Future Festival in Essen, organisiert[16].

Seit 2023 veröffentlicht das Konzeptwerk den Podcast „Danke für Nichts. Der feministische Podcast über Care und Wirtschaft“.

Bildung für nachhaltige Entwicklung

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Das Konzeptwerk Neue Ökonomie ist aktiv im Feld Globales Lernen und Bildung für nachhaltige Entwicklung. Mitarbeitende geben regelmäßig Workshops, Fortbildungen sowie Seminare und veröffentlichen Bildungsmaterialien zum Wirtschaftssystem, sozialer Ungerechtigkeit und ökologischen Krisen. Hierbei wird ein Fokus auf eine globale Perspektive gesetzt.

Die 2012 erschienene und fortlaufend aktualisierte Reihe Endlich Wachstum bietet in über 150 Bildungsmethoden Ideen zur Vermittlung komplexer politischer Sachverhalte wie Postwachstum, Care Arbeit, globale Lieferketten und nachhaltige Digitalisierung.

2018 koordinierte das Konzeptwerk die Organisation einer Bildungskonferenz mit 400 Teilnehmenden an der Universität Kassel, die Verbindungen zwischen politischer Bildung und BNE stärken sollte[17].

Mitarbeitende des Konzeptwerks engagieren sich im Rahmen der Nationalen Plattform BNE und für den Orientierungsrahmen Globale Entwicklung – zwei bundesweite Steuerungsprozesse, die die nachhaltige Entwicklung im deutschen Bildungssystem verankert.

Das Konzeptwerk ist überzeugt, dass Utopien eine große gesellschaftliche Macht entfalten können[18]. Deshalb werden regelmäßig utopische Visionen für eine sozial-ökologische Transformation der Gesellschaft entworfen.

Auf dem 2020 durchgeführten Kongress „Zukunft Für Alle“ wurden in rund 200 Workshops und mehr als 20 Podiumsdiskussionen konkrete Utopien für das Jahr 2048 entwickelt[19]. Ziel war es, eine Zukunft zu entwerfen, die die Bedürfnisse aller Menschen in den Mittelpunkt stellt und innerhalb der planetaren Grenzen wirtschaftet. Der Kongress wurde entlang 14 gesellschaftlicher Themenstränge wie Arbeit, Klima, Landwirtschaft, Gesellschaftsorganisation, Finanzsystem und Wohnen strukturiert. Referierende der jeweiligen Themenbereiche waren unter anderen die Autorin Eva von Redecker, die Autorin Bini Adamczak, Rouzbeh Taheri von Deutsche Wohnen & Co Enteignen und Silke Helfrich vom Commons-Institut[20]. Die Inhalte des Kongresses wurden zuvor in Zukunftswerkstätten erarbeitet.

Die Pubikation „Zukunft für Alle - Visionen für 2048“ fasst die vorgeschlagenen Transformationen der verschiedenen gesellschaftlichen Bereiche zusammen.

Struktur und Arbeitsweise

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Arbeitszeit, Basisdemokratie und Bezahlung

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Die Mitarbeitenden des Konzeptwerks versuchen, ihre Konzepte für ein sozial-ökologisches Wirtschaften in der eigenen Arbeitsweise umzusetzen. Die meisten Mitarbeitenden arbeiten 28 Stunden in einer 4-Tage-Woche. Reproduktive Arbeiten wie Kochen und das Putzen der Büroräume werden selbst organisiert und sind Teil der Arbeitszeit.

Das Konzeptwerk ist basisdemokratisch organisiert, Entscheidungen werden kollektiv im Konsens getroffen. Die Bezahlung erfolgt bedürfnisorientiert.

Machtkritischer Prozess

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Seit 2016 führt das Konzeptwerk in internen Workshops und Umstrukturierungsmaßnahmen einen „machtkritischen Prozess“ durch. Darin soll Diskriminierung vorgebeugt, Überarbeitung verringert und zur Reflexion mit Machtstrukturen und Privilegien ermutigt werden[21]. Im Zuge dessen wurden Stellenausschreibungen überarbeitet, interne Fortbildungen organisiert und ein Beirat gegründet.

Im Jahr 2020 wurde anlässlich des 10 jährigen Bestehens der Organisation ein Beirat gegründet, um die inhaltliche Arbeit mit externer Expertise zu bereichern. Zu den Beiratsmitgliedern zählen unter Anderem Dr. Boniface Mabanza Bambu, Carla Reemtsma und Andrea Vetter.

Finanzierung

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Das Konzeptwerk Neue Ökonomie finanziert sich aus Einzelspenden, Honoraren für Workshops und Vorträgen, sowie durch institutionelle Förderung. Zu den wichtigen Geldgebern der letzten Jahre gehören unter Anderem Engagement Global gGmbH, das Förderprogramm Erasmus+, die Heidehof Stiftung, die Open Society Foundation, Brot für die Welt, Misereor, das Umweltbundesamt und weitere.

Die Jahresberichte des gemeinnützigen Vereins sind auf der Webseite abrufbar.

Publikationen

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Der Verein veröffentlicht Publikationen als Herausgeber und ebenso in Kooperation mit anderen Organisationen und Verlagen, eine Auswahl:

Einzelnachweise

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  1. Monika Anthes, Mona Botros und Claudia Kaffanke SWR: "Degrowth" statt Wachstum: Ein anderes Leben für den Klimaschutz? Abgerufen am 8. September 2023.
  2. Elsa Koester: Klima - „Postwachstum ist wie Lockdown: Es tut weh“. In: Der Freitag. ISSN 0945-2095 (freitag.de [abgerufen am 8. September 2023]).
  3. Manfred Kriener: Degrowth-Konferenz in Leipzig: Die Suche nach dem Notausgang. In: Die Tageszeitung: taz. 3. September 2014, ISSN 0931-9085 (taz.de [abgerufen am 16. Oktober 2023]).
  4. Keine echte Wende. 12. Dezember 2021, abgerufen am 2. Oktober 2023.
  5. „Grüner Kapitalismus kann nicht funktionieren“. Abgerufen am 2. Oktober 2023.
  6. FRN: „Mit grüner Marktwirtschaft das Klima retten?“ Abgerufen am 8. September 2023.
  7. Ganz anders wohnen. 28. November 2022, abgerufen am 8. September 2023.
  8. Louisa Theresa Braun: Ein Stück Utopie auf der Friedrichstraße. Abgerufen am 8. September 2023.
  9. Redaktion: Konzeptwerk Neue Ökonomie veröffentlicht neues Thesenpapier: Hilft Arbeitszeitverkürzung auf 28 Stunden dem Klima? 20. Januar 2023, abgerufen am 8. September 2023 (deutsch).
  10. Ist der Kapitalismus am Ende? | 13 Fragen. Abgerufen am 12. September 2023 (deutsch).
  11. Britt-Marie Lakämper: Bundestagswahl: Grünen-Programm erfüllt Klimaziele nicht – daran liegt es. 9. September 2021, abgerufen am 16. Oktober 2023 (deutsch).
  12. deutschlandfunkkultur.de: Reset! Um die Umwelt zu schützen braucht es eine andere Digitalisierung. Abgerufen am 12. September 2023.
  13. Svenja Bergt: „Das beste wäre, aus dem Kapitalismus auszusteigen“. In: Die Tageszeitung: taz. 4. Juni 2022, ISSN 0931-9085, S. 42 (taz.de [abgerufen am 16. Oktober 2023]).
  14. heise online: "Bits & Bäume": Warum die Digitalisierung nachhaltig sein muss. 5. September 2022, abgerufen am 16. Oktober 2023.
  15. Arbeitspolitik: 20 Stunden Lohnarbeit pro Woche reichen. 10. Juni 2021, abgerufen am 2. Oktober 2023.
  16. Jakob milzner: Feminist Futures Festival in Essen: Neue Brücken schlagen. In: Die Tageszeitung: taz. 16. September 2019, ISSN 0931-9085 (taz.de [abgerufen am 2. Oktober 2023]).
  17. Maike Brülls: „Schüler*innen sollen widersprechen“. In: Die Tageszeitung: taz. 13. Februar 2019, ISSN 0931-9085, S. 12 (taz.de [abgerufen am 1. November 2023]).
  18. Haidy Damm: Blicke ins Jahr 2048. Abgerufen am 1. November 2023.
  19. „Zukunft Für Alle“-Kongress 25.-30.8.: Konkrete Utopien. In: Die Tageszeitung: taz. 24. August 2020, ISSN 0931-9085 (taz.de [abgerufen am 1. November 2023]).
  20. Redaktion: Kongress Zukunft Für Alle: Vom 25. bis 29. August wird online und auch real in Leipzig über eine gerechtere Zukunft diskutiert. 13. Juni 2020, abgerufen am 1. November 2023 (deutsch).
  21. Charlotte Hitzfelder: Nicht nur Müssen, sondern auch Wollen! In: Konzeptwerk Neue Ökonomie. 24. Mai 2022, abgerufen am 2. Oktober 2023 (deutsch).