Ah! "Ça ira"

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Fliegende Teufel singen bei der Exekution Ludwigs XVI. Ça ira und Vive la nation. Britischer Druck von 1793
 
Ça ira steht auf der Jakobinermütze des Violinisten

Ah! Ça ira (franz. wörtlich: ‚das wird gehen‘, im übertragenen Sinn: ‚wir werden es schaffen‘) bezeichnet den Beginn und wiederkehrenden Refrain eines bekannten Kampfliedes aus der Zeit der Französischen Revolution, das im Mai 1790 entstand und während des Föderationsfestes vom 14. Juli 1790 häufig gesungen wurde.[1] Es rief zum Kampf gegen Aristokratie, Klerus und Adel auf.

Das Lied existiert in verschiedenen Fassungen, welche als Schnittmenge jedoch allesamt das sich wiederholende "Ça ira" aufweisen. Melodisch basiert "Ça ira" auf dem zeitgenössisch populären Kontratanz 'Le Carillon national'.

Außerdem wurde 1985 ein Buchverlag ("Ca ira Verlag")[2] von einer antideutschen Gruppierung (Initiative Sozialistisches Forum (ISF)) aus Freiburg im Breisgau gegründet[3], welches ideologiekritische Arbeiten veröffentlicht. Wie man an dem Namen des Verlags erkennen kann, führt die Namensgebung auf das französische Revolutionslied "Ah! Ca ira" zurück, .

Originalversion

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Die erste weitverbreitete Fassung wird dem Straßensänger Ladre zugeschrieben, während die Popularität der Redewendung "Ça ira" auf Benjamin Franklin zurückgeht, der, zu diesem Zeitpunkt in Frankreich weilend, derart seine Prognose zum Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg abgab. Erste Bekanntheit unter den Revolutionsteilnehmern erlangte das "Ça ira" während der Vorbereitungen auf das Föderationsfest. Mit dem Laufe der Revolution stieg auch die Bekanntheit und die Verwendung des Lieds rasant an. Im späteren Verlauf der Revolution nahm die Relevanz des Liedes mit der steigenden Bedeutung der Marseillaise sukzessive ab.

Original Übersetzung
Ah! ça ira, ça ira, ça ira,
Le peuple en ce jour sans cesse répète,
Ah! ça ira, ça ira, ça ira,
Malgré les mutins tout réussira.
Nos ennemis confus en restent là
Et nous allons chanter "Alléluia!"
Ah! ça ira, ça ira, ça ira,
Quand Boileau jadis du clergé parla
Comme un prophète il a prédit cela.
En chantant ma chansonnette
Avec plaisir on dira:
Ah! ça ira, ça ira, ça ira!
Suivant les maximes de l’évangile
Du législateur tout s’accomplira.
Celui qui s’élève on l’abaissera
Celui qui s’abaisse on l’élèvera.
Le vrai catéchisme nous instruira
Et l’affreux fanatisme s’éteindra.
Pour être à la loi docile
Tout Français s’exercera.
Ah! ça ira, ça ira, ça ira!
Pierrette et Margot chantent la guinguette
Réjouissons-nous, le bon temps viendra!
Le peuple français jadis à quia,
L’aristocrate dit: "Mea culpa!"
Le clergé regrette le bien qu'il a,
Par justice, la nation l’aura.
Par le prudent Lafayette,
Tout le monde s’apaisera.
Ah! ça ira, ça ira, ça ira,
Par les flambeaux de l’auguste assemblée,
Ah! ça ira, ça ira, ça ira,
Le peuple armé toujours se gardera.
Le vrai d'avec le faux l’on connaîtra,
Le citoyen pour le bien soutiendra.
Ah! ça ira, ça ira, ça ira,
Quand l’aristocrate protestera,
Le bon citoyen au nez lui rira,
Sans avoir l’âme troublée,
Toujours le plus fort sera.
Petits comme grands sont soldats dans l’âme,
Pendant la guerre aucun ne trahira.
Avec cœur tout bon Français combattra,
S’il voit du louche, hardiment parlera.
Lafayette dit: "Vienne qui voudra!"
Sans craindre ni feu, ni flamme,
Le Français toujours vaincra!
Ah, wir werden es schaffen,

Das Volk wiederholt es an diesem Tag ohne Unterbrechung,

Ah, wir werden es schaffen,

Trotz der Aufrührer wird es gelingen.

Unsere Feinde bleiben verwirrt darüber,

Und wir werden "Hallelujah!" singen.

Ah, wir werden es schaffen,

Als Boileau einst zum Papst sprach

Sagte er dies wie ein Prophet hervor

Und sang dabei mein Liedchen.

Mit Freude werden wir sagen:

Ah, wir werden es schaffen!

Lasst uns den Maximen des Evangeliums folgen,

Durch den Gesetzgeber wird sich alles erfüllen.

Denjenigen, der sich erhebt, werden wir erniedrigen

Denjenigen, der sich fügt, werden wir erheben.

Der wahre Katechismus wird uns anführen

Und der schreckliche Fanatismus wird erlöschen.

Um dem Gesetz Folge zu leisten

Schulen sich alle Franzosen.

Ah, wir werden es schaffen!

Pierrette und Margot singen die Guingette

Lasst uns freuen, die guten Zeiten kommen!

Das französische Volk war lange still,

Der Aristokrat sagt: "Mea culpa!"

Der Klerus bereut seinen Reichtum,

Der Staat wird es mit Gerechtigkeit erlangen.

Dank dem vorsichtigen Lafayette,

Werden alle ruhig werden.

Ah, wir werden es schaffen,

Wenn sich die Fackeln des Augusts versammeln,

Ah, wir werden es schaffen,

Das bewaffnete Volk wird für sich selber sorgen.

Wir werden das Gute und das Falsche unterscheiden,

Die Bürger werden das Gute unterstützen.

Ah, wir werden es schaffen,

Wenn der Aristokrat protestiert,

Wird das gute Volk ihm in sein Gesicht lachen,

Ohne sich Sorgen machen zu müssen,

Und wird immer der Stärkere sein.

Die Kleinen und die Großen werden den Geist eines Soldaten haben,

Während des Krieges wird niemand betrügen.

Alle guten Franzosen werden mit ganzem Herzen kämpfen,

Wenn sie etwas unlauteres sehen, werden sie es sagen.

Lafayette sagt: "Kommt, wenn ihr wollt!"

Ohne Angst vor Feuer noch vor Flamme,

Die Franzosen werden immer gewinnen!

Sansculottenversion

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Die folgende Version wurde von den Sansculotten während der Zeit der Terrorherrschaft gesungen, und ist in ihrem Ton und der Semantik explizit radikaler als die obige Originalfassung.

Original Übersetzung

Ah! ça ira, ça ira, ça ira,
Les aristocrates à la lanterne!
Ah! ça ira, ça ira, ça ira,
Les aristocrates on les pendra!

Le despotisme expirera,
La liberté triomphera,
Ah! ça ira, ça ira, ça ira,
Nous n'avons plus ni nobles, ni prêtres,
Ah! ça ira, ça ira, ça ira,
L'égalité partout régnera.
L'esclave autrichien le suivra,
Au diable s'envolera.
Ah! ça ira, Ah! ça ira,
Au diable s'envolera.

Ah, wir werden es schaffen,
Die Adeligen an die Laterne!
Ah, wir werden es schaffen,
Die Adeligen werden wir aufknüpfen!

Die Tyrannei wird ihren Geist aushauchen,
Die Freiheit wird triumphieren,
Ah, wir werden es schaffen,
Es gibt weder Adelige noch Priester mehr,
Ah, wir werden es schaffen,
Die Gleichheit wird überall herrschen.
Der österreichische Sklave kommt auch noch an die Reihe,
Er wird zum Teufel gehen.
Ah, wir werden es schaffen,
Er wird zum Teufel gehen.

Deutsche Rezeption des "Ah! Ça ira"

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Aufgrund der großen Wellen, die die Französische Revolution schlug, wurde das "Ça ira" als bekanntes Revolutionslied auch in zeitgenössischen deutschen Zeitschriften und Monatsblättern rezipiert beziehungsweise erwähnt.

> Journal des Luxus und der Moden, Jhg. 5, Dez., S. 651f.[4] Geschrieben in Paris, 6.11.1790.

Journal des Luxus war eine deutsche Modezeitschrift von 1787 bis 1812, die in Deutschland erschien und bis 1827 unter anderen Titeln fortgeführt wurde. Hier wurde nicht nur Mode, sondern auch Berichte über verschiedene kulturgeschichtliche Themen, wie beispielsweise Musik, Literatur oder Kunst thematisiert.

„Ah! Ca ira“ ist ein berühmtes Kampflied aus der Zeit der Französischen Revolution, welches im Mai 1790 entstand. In dieser Zeitschrift äußert man sich in der Ausgabe von November 1790 zu dem Kampflied. Man fügt in der Zeitschrift hinzu, dass man das Volkslied im Föderationsfest vom 14. Juli 1790 gesungen hat, und das Lied dadurch populär wurde. Seit dem Tag an soll das Lied sich zu einem allgemeinen, politischen und nationalen Volkslied entwickelt haben. Auffällig ist außerdem, dass man in der zeitschrift „Ah! Ca ira“, als „Unser Volkslied“ definiert. Außerdem übernahm man die Melodie von Ah! ca Ira, für den in der Provinz bekannte National Tanz. Der Text zu dieser Melodie wurde im Nationaltanz, jedoch subjektiv nach dem eigenen Willen verändert, sodass es sich verschiedene Variationen von „Ah! Ca ira“ entwickelten. Das Lied, bzw. die Veränderungen des Textes führten aber auch zu Auseinandersetzungen, sodass es teilweise zu Komplikationen unter den Bürgern kam. So berichtet man in der Zeitschrift von einem Vorfall, der vor einigen Wochen in der französischen Stadt Chalon sur Saone zu Stande gekommen sei, welches sehr gefährlich enden könne. Die Auseinandersetzung kam zwischen einem Aristokrat und einem Schuster und Demokrat zu Stande. Als der Schuster und Demokrat das Lied in einer Trinkhalle gesungen hatten, lief in dem Moment ein Aristokrat vorbei und fühlte sich beleidigt, sodass er den Schuster beim Bürgermeister verklagte. Der Bürgermeister warf dem Schuster vor gegen die Vorschriften der Provinz verstoßt zu haben und rief öffentlich aus, dass man keine Bürger der Chalon sur Saone durch Rede und  Lieder beleidigen soll. Das Volk lachte jedoch den Befehl des Bürgermeisters aus und versammelte sich abends vor dem Haus des Bürgermeisters und Klägers und sang im Chor laut „Ah Ca ira“. Der Verfasser des Berichts fügt hinzu, dass es schwierig sein soll den echten Text herauszufinden, weil es sehr viele willkürliche Variationen von dem Lied existiere. Außerdem fügt er hinzu, dass das Lied sehr bedeutend für die französische Geschichtsschreibung und Revolution ist. 

> Deutsche Monatsschrift 1793, Bd. 1, S. 3-33, K.F. Häberlin[5] Gegen das Laternenknüpfen.

Erwähnung fand das "Ça ira" auch in dem Artikel "Ueber die Güte der deutschen Staatsverknüpfung" des bekannten deutschen Juristen Karl Friedrich Häberlin. Der Artikel erschien im ersten Band des Jahres 1793 der Deutschen Monatsschrift und elaboriert die Vorteile der bereits in Deutschland vorhandenen zeitgenössischen Verfassungen. Anfangs resümiert er zudem die Veränderungen für Bürger und Verfassung gleichermaßen in verschiedenen europäischen Staaten durch die Revolution und Aufklärung. Wenngleich das Lied selber nicht den Schwerpunkt des Artikels darstellt, so spricht sich Häberlin dennoch klar gegen den expliziten Gewaltaufruf gegen die Obrigkeit im Refrain des "Ça ira" aus.

> Bayreuther Zeitung 1790[6]

In der Bayreuther Zeitung äußert man sich am 16. Juli 1790, also zwei Tage nach dem großen Föderationsfest in Frankreich kurz, wo „Ah! Ca Ira“ bekanntlich gesungen wurde. Hauptsächlich geht es in dem Bericht um die näheren Umstände der Bundesfeier und der Zeremonie. Der Bericht thematisiert hauptsächlich die Aufteilung der Departments in Frankreich und in diesem Kontext wird kurz erwähnt, dass die Fenster im Boulevard geöffnet wurden und die Frauen sich laut und friedlich eiferten, indem sie den Deputierten folgende Verse aus dem Lied Ah! Ca ira gesungen haben: „Ah wir werden es schaffen. Unsere Brüder werden unsere Provinzen wiedergewinnen.“

> Nebenbemerkung in Allg. Lit. Zeitung[7]

In der Nummer 237 der Allgemeinen Literatur-Zeitung vom 17. August 1804 wird in der Rezension von Joachim Heinrich Campes Neue Sammlungen merkwürdiger Reisebeschreibungen für die Jugend, in der Campe im fünften Teil Unterschiede u.a. zwischen Paris im Jahr 1803 und 13 Jahr zuvor herausarbeiten wollte, auf das "Ça ira" Bezug genommen: "Die berühmten Volkslieder: "Ah! Ça ira" etc., hörte man wohl noch in London, aber nicht mehr in Paris."

> Nebenbermerkung in Allg. musik. Zeitung[8]

In der Allgemeinen musikalischen Zeitung von Juli 1816, bezieht man sich ebenfalls kurz auf das Lied „Ah! Ca ira“. Hauptsächlich geht es in dem Artikel um ein Musical vom 18. Juli 1816, welches zur Feier des Jahrestags der letzten Schlacht bei Belle Alliance organisiert wurde. Der vollständige Ablauf des Musicals wird schrittweise wiedergegeben. An der Stelle wo der Kriegerchor einführt, wird im Musical „Ah! Ca ira“ gerufen, welches den Übermut des Feindes verdeutlichen soll. 

> Nebenbemerkung in Augsburgische Ordinari Postzeitung[9]

In der Augsburgischen Ordinari Postzeitung, Nr. 15 vom 18. Januar 1791, wird in den tagesaktuellen Neuigkeiten aus diversen Städten von der Verwendung einer Abwandlung des "Ça ira" in einem Pariser Weihnachtsgottesdienst berichtet: "Man kniete nieder und sang ein langes französisches Weihnachtslied auf des Heilands Geburt, nach der Melodie der Opernarie, deren Schlußverse sich mit den Worten anfangen: Ah ca ira, ca ira, und welches bekanntlich das Signal, daß man ein guter Demokrat ist." Aufgrund der konservativen Ausrichtung der Postzeitung und der folgenden Erwähnung des Missgunstes der an der Messe beteiligten Priester ist hier von einer negativen Wertung des Liedes in diesem Zusammenhang auszugehen.

Die Oberdeutsche Allgemeine Literaturzeitung rezensierte in der zweiten Ausgabe 1793 Johann Christian Dieterichs "Revolutions-Almanach von 1794", der einen Aufsatz beinhaltet, der mit "Der Franzen muntres ça ira, verkehrt sich nun in ça s'en va!" schließt.[10]

>Nebenbemerkung in Neue Zeitschrift für Musik[11]

Neue Zeitschrift für Musik, Band 4, Ausgabe Januar bis Juli 1836.

In der Neuen Zeitschrift für Musik, welches 1824 in Leipzig gegründet wurde, bezieht man sich am 9. Februar 1836 auf aus das Lied „Ah! Ca ira“. Man berichtet kurz von einem Ereignis, welches in Mai 1798 auf dem Pariser Elefantenkonzert geschah. Als man das Lied „Ah! Ca ira“ mit vollem Orchester spielte,  reagierten darauf die Tiere mit voller Elan. Sie verhielten sich lustig und machten Trompeten ähnliche Töne. Sie stimmten dem Klang nicht überein, zischten dazwischen und gingen hin und her, berichtet die Zeitschrift. Die Zeitschrift verdeutlicht damit die Wirkung von Musik auf Tiere, die seit der Antike bekannt ist und betont das auffällige und gegenwendende Verhalten der Tiere auf das Lied. Außerdem stellt man in dem Bericht, die offene Frage, wie man dieses Verhalten der Tiere auf das Lied begründen soll.

Musikalische Zitate

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Literatur

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Wikisource: Ah! Ca ira – Quellen und Volltexte

Einzelnachweise[12]

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  1. Duneton, Bigot: Histoire de la chanson française. Vol 2. De 1780 à 1860
  2. ça ira Verlag. Abgerufen am 25. Januar 2017.
  3. Initiative Sozialistisches Forum. Abgerufen am 25. Januar 2017.
  4. Ah, ca ira! ca ira! Das berühmte französische Volkslied. In: Journal des Luxus und der Moden. Abgerufen am 11. Januar 2017.
  5. K.F. Häberlin: Über die Güte der deutschen Staatsverfassung. In: Deutsche Monatsschrift. 1793, abgerufen am 11. Januar 2017.
  6. Bayreuther Zeitung. 1790, abgerufen am 18. Januar 2017.
  7. Allgemeine Literatur Zeitung. Abgerufen am 18. Januar 2017.
  8. Allgemeine musikalische Zeitung. Abgerufen am 18. Januar 2017.
  9. Augsburgische Ordinari Postzeitung. Abgerufen am 18. Januar 2017.
  10. Oberdeutsche Allgemeine Literaturzeitung. Abgerufen am 25. Januar 2017.
  11. Neue Zeitschrift für Musik. 1. Februar 2017, abgerufen am 25. Januar 2017.
  12. Concordia Zeitsctschrift. Abgerufen am 4. Februar 2017.