Barbe de Verrue ist eine literarische Figur aus den Poésies de Clotilde der Clotilde de Surville (um 1405 – um 1498). Sie wird als französische Trobairitz des 13. Jahrhunderts beschrieben.

Clotilde de Surville
Gemälde von Eugène Ernest Hillemacher

Les Poésies de Clotilde Bearbeiten

Marguerite-Éléonore Clotilde de Vallon-Chalys, ab 1421 verehelichte Madame de Surville, verlor ihren Ehemann Bérenger de Surville bereits 1428 während der Belagerung von Orléans. Das Paar hatte einen Sohn. Die Abwesenheit ihres Mannes im Krieg inspirierte sie zu heroischen Versen, seinen Tod betrauerte sie in elegischen Gedichten. Ihre Memoiren, die auch eine Geschichte der französischen Poetik beinhalteten, sind verloren gegangen. Sie überlebte ihre Schwiegertochter, den Sohn und ihre einzige Enkelin, die unverheiratet geblieben war. Ihr letztes Gedicht war ein chant royal zu Ehren von König Karl III.

Im Jahr 1803 veröffentlichte der Schriftsteller Charles Vanderbourg (1765–1827) die Poésies de Marguerite-Éléonore-Clotilde de Vallon-Chalys, depuis Madame de Surville, poète français du xve siècle, bestehend aus vierzig Gedichten Clotides. Im umfangreichen Vorwort erläuterte Vanderbourg die Geschichte des Manuskripts. Die Neuerscheinung wurde mit Lob und Bewunderung aufgenommen, Raynouard räumte den Gedichten denselben Rang ein, den er dem Werk Bowleys, veröffentlicht von Thomas Chatterton, einräumte. Die Figur der jungen Witwe mit Sohn, die Gedichte verfasste, inspirierte eine Reihe von französischen Künstlern. Eugène Ernest Hillemacher widmete ihr und ihrem Sohn zumindest drei Gemälde, Jean Gautherin schuf eine Bronzefigur von Mutter und Sohn.

Soweit die eine Möglichkeit, Clotilde de Surville zu beschreiben. Das andere Narrativ lautet, dass diese Frau nie existierte und ihr Werk reine Fiktion, eine Fälschung oder Nachahmung aus späterer Zeit sei. Es scheint festzustehen, dass ein Bérenger de Surville eine Marguerite heiratete – allerdings erst 1427, allerdings eine Marguerite de Chalis, keine de Vallon-Chalys.[1] Die Causa beschäftigte lange Jahre die französische Intelligenz, Politik und Wissenschaft – darunter Charles Nodier, Jean-Antoine Chaptal, Joséphine de Beauharnais und Napoleon Bonaparte. Es soll die Ehefrau Napoleons gewesen sein, die die Publikation überhaupt erst ermöglicht haben soll.

Da die einzige Quelle, die Barbe de Verrue beschrieb, fraglich ist, ist auch die Frage, ob Barbe de Verrue eine reale Person war oder eine literarische Figur, nicht beantwortbar.

Barbe de Verrue Bearbeiten

Die Trobairitz soll ein adoptiertes Kind gewesen sein.[2][3] Sie wurde eine erfolgreiche Sängerin, die eigene Lieder vortrug, von Stadt zu Stadt reiste und durch ihre Kunst zu Reichtum gelangt sein. Sie besang Petrarcas Griseldis, im Lied Gallischer Orpheus die Gallier[2] und in einem weiteren Lied Aucassin und Nicolette.[3] Sie wurde auf eine Stufe gestellt mit den Trobairitzen Almucs de Castelnau und Beatriz de Dia. Ihre Lieder wurden als lebhaft und fröhlich beschrieben, eher nicht romantisch.[4] Ein Beispiel ihrer Werke:[5]

Voyd son hyver venir li sages
Come al fins biau jor, belle nuict ;
Scet que sont roses por toz ages
Si por toz ages sont ennuict.

Moderne Rezeption Bearbeiten

Judy Chicago widmete Barbe de Verrue eine Inschrift auf den dreieckigen Bodenfliesen des Heritage Floor ihrer Installation The Dinner Party. Die mit dem ihrem Namen beschrifteten Porzellanfliesen sind dem Platz mit dem Gedeck für Eleonore von Aquitanien zugeordnet, die als Königin von Frankreich (1137–1152) und später von England (1154–1189) eine der einflussreichsten Frauen des Mittelalters war. Barbe de Verrue zählt somit zu den 999 Frauen des Heritage Floor.[6]

Literatur Bearbeiten

  • Antonin Macé: Un procès d'histoire littéraire, les Poésies de Clotilde de Surville, études nouvelles suivies de documents, Grenoble: Prudhomme 1870, online
  • Albin Mazon: Marguerite Chalis et la légende de Clotilde de Surville, Étude sur l'authenticité des poésies de Clotilde de Surville, suivie de l'acte de mariage de Béranger de Surville, d'une lettre de M. Eugène Villard et d'une lettre de M. Jules Baissac, Paris: A. Lemerre 1873 online
  • Rachel Sauvé: "Poésies" de Clotilde de Surville, Supercherie littéraire et subversion des genres, in: Nineteenth-Century French Studies, Volume 29, Number 1/2, University of Nebraska Press, Fall/Winter 2000–2001 online, Seiten 21–34
  • Jean-François Jeandillou: Supercheries littéraires, La vie et l'œuvre des auteurs supposés, Genève: Librairie Droz 1989 und 2001, ISBN 978-2-600-00520-3
  • Auguste Tourette: Quelques mots sur Vals et ses environs, Res Universis 1993, ISBN 978-2-7428-0154-1
  • Abbé Hippolyte Colly: Retournaguet et la paroisse de ce nom, Paris: Le livre d'histoire 2007 (1882), ISBN 978-2-7586-0064-0

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Heiratsvertrag des Edlen Bérenger de Servile und der edlen Dame Marguerite, abgerufen am 9. Dezember 2017
  2. a b H. G. Adams: A Cyclopædia of Female Biography: Consisting of Sketches of All Women who Have Been Distinguished by Great Talents, Strength of Character, Piety, Benevolence Or Moral Virtue of Any Kind : Forming a Complete Record of Womanly Excellence Or Ability. Groombridge, 1857, S. 90 (google.com [abgerufen am 9. Dezember 2017]).
  3. a b Edgar Taylor: Lays of the minnesingers or German troubadours of the twelfth and thirteenth centuries. Longman, Hurst, Rees, Orme, Brown and Green, 1825, S. 273 (google.com [abgerufen am 9. Dezember 2017]).
  4. The Monthly Packet of Evening Readings for Younger Members of the English Church; Vol XVI, Jul-Dec 1858. 1858, S. 582 (google.com [abgerufen am 9. Dezember 2017]).
  5. Edgar Taylor (Hrsg.): Lays of the minnesingers or German troubadours of the twelfth and thirteenth centuries, London: Longman, Hurst, Rees, Orme, Brown and Green 1825, online
  6. Brooklyn Museum: Barbe De Verrue, abgerufen am 9. Dezember 2017