Balilla-Klasse

Klasse von U-Booten der italienischen Marine

Die vier Unterseeboote der Balilla-Klasse wurden in den 1920er Jahren für die italienische Marine gebaut.

Balilla-Klasse
Die Domenico Millelire
Die Domenico Millelire
Schiffsdaten
Land Italien Königreich Italien
Schiffsart U-Boot
Bauwerft OTO, Muggiano (La Spezia)
Bauzeitraum 1925 bis 1929
Stapellauf des Typschiffes 20. Februar 1927
Gebaute Einheiten 4
Dienstzeit 1928 bis 1946
Schiffsmaße und Besatzung
Länge 86,75 m (Lüa)
Breite 7,80 m
Tiefgang (max.) 4,11 m
Verdrängung über Wasser: 1.464 ts
unter Wasser: 1.927 ts
 
Besatzung 70 Mann
Maschinenanlage
Maschine 2 × Fiat-Dieselmotoren
2 × Savigliano-Elektromotoren
Maschinen­leistung 4000 PS / 2200 PS
Höchst­geschwindigkeit 17 kn (31 km/h)
Propeller 2
Einsatzdaten U-Boot
Aktionsradius über Wasser: bei 8,57 kn 12.000 sm oder bei 17 kn 3000 sm
unter Wasser: bei 3 kn 110 sm oder bei 9 kn 8 sm
Tauchtiefe, max. 100 m
Höchst-
geschwindigkeit
getaucht
9 kn (17 km/h)
Bewaffnung
  • 8 × Torpedorohre ⌀ 53,3 cm (4 Bug, 4 achtern)
  • 12 Torpedos 53,3 cm (8 Bug, 4 achtern)
  • 1 × Sk 12,0 cm L/45
  • 2 × Fla-MG 13,2 mm

Baugeschichte Bearbeiten

Obwohl Italien auf dem Washingtoner Flottenabkommen 1922 tonnagemäßig auf eine Stufe mit Frankreich gestellt worden war, erlaubten es die Staatsfinanzen nicht ganz, sich auf ein Wettrüsten um die Vormachtstellung im Mittelmeer einzulassen. Daher legte man einen Schwerpunkt auf den Bau von U-Booten. In diesem Zusammenhang konzentrierte sich Italien auf zwei U-Boot-Typen: auf kleinere, sogenannte Küstenboote für den Kampf im Mittelmeer („600-Tonnen-Klassen“), und auf Hochseeboote, die dafür vorgesehen waren, auch außerhalb des Mittelmeers gegen feindliche Handels- und Nachschubverbindungen zu operieren.

Die erste U-Boot-Klasse, die in Italien nach dem Ersten Weltkrieg für den Hochseeeinsatz gebaut wurde, war die Balilla-Klasse. Vorgesehen war ein für die damalige Zeit außergewöhnlich großer Zweihüllenbootstyp mit 1.500 Tonnen Verdrängung (über Wasser), hoher Geschwindigkeit, großem Fahrbereich und guter Bewaffnung: die Boote hatten vier 553-mm-Torpedorohre am Bug und vier achtern sowie ein für die damalige Zeit sehr schweres 120-mm-Geschütz.[1] Obwohl es sich eigentlich in erster Linie um eine Art Versuchsklasse handelte, erwiesen sich die Boote für die damalige Zeit als recht gut. Der Balilla-Klasse folgten später in direkter Linie die Zweihüllenboote der Klassen Calvi, Argo und Tritone (oder Flutto). Trotz verschiedener Verbesserungen erwiesen sie sich im Zweiten Weltkrieg mit ihren hohen, massiven Türmen als zu groß und schwerfällig. Die über Wasser sehr auffälligen Boote litten an sehr langen Abtauchzeiten, was sich bei offensiven Operationen gegen stark gesicherte Geleite oft fatal auswirkte. Auch der Ausbildungsstand der Besatzungen entsprach 1940 nicht den Anforderungen.

Die vier Boote der Balilla-Klasse wurden von 1925 bis 1929 in Muggiano bei La Spezia gebaut. Die Klasse war nach der genuesischen Heldenfigur Giovan Battista Perasso benannt. Sein Spitzname Balilla bezeichnete auch die faschistische Jugendorganisation Mussolinis. Wie schon ein vor dem Ersten Weltkrieg für Deutschland gebautes (und 1915 von Italien eingezogenes und dann Balilla genanntes) U-Boot war auch diese Balilla-Klasse nach dem Volkshelden selbst benannt und nicht nach der Parteiorganisation.

Ein fünftes Boot, die Humayà, wurde für die brasilianische Marine gebaut und blieb dort bis Mitte der 1950er Jahre im Einsatz.

Einsatzgeschichte Bearbeiten

Anfang der 1930er Jahre sicherten die Boote auf See mit anderen Schiffen Langstreckenflüge italienischer Flugpioniere, darunter die Atlantiküberquerung einer Formation Italo Balbos. Zwei Boote umfuhren in dieser Zeit den afrikanischen Kontinent. Es folgten Einsätze im Mittelmeer während des Spanischen Bürgerkriegs. Da die Boote 1940 technisch überholt waren, dienten sie vorwiegend als Ausbildungs-, Aufklärungs oder Transportboote.

Balilla und Millelire dienten ab 1941 als Brennstoffdepots und wurden 1946 aus der Flottenliste gestrichen. Sciesa wurde kurz nach dem Umbau zum Transportboot Ende 1942 in der Reede von Tobruk bei einem Luftangriff schwer beschädigt und kurz darauf von der Besatzung versenkt. Das nach einem im Ersten Weltkrieg gefallenen Bersagliere benannte Boot Enrico Toti war das einzige italienische U-Boot des Zweiten Weltkriegs, das ein britisches U-Boot versenkte. Bei dem im Oktober 1940 vor Brindisi ausgetragenen Überwasserkampf gegen die Triad hatte die Enrico Toti eine Ladehemmung. Die wütende Geschützbedienung warf bei dieser Gelegenheit einen Stiefel in Richtung des britischen Bootes, in Nachahmung des beinamputierten Enrico Toti, der 1916 im Sterben seine Krücke gegen feindliche Stellungen schleuderte. Weil das Boot nach diesem Kampf zu gewisser Berühmtheit gelangte, wurde die erste nach dem Krieg in Italien gebaute U-Boot-Klasse Toti-Klasse genannt.

Boote der Klasse Bearbeiten

  Boot   Namensgeber Bauwerft Kiellegung Stapellauf Indienststellung Bemerkung
Balilla Giovan Battista Perasso OTO Muggiano (SP) 12. Januar 1925 20. Februar 1927 21. Juli 1928 ab 1941 als GR247 Treibstoffdepot
Domenico Millelire Domenico Millelire 19. Januar 1925 19. September 1927 21. August 1928 Ausbildungsboot, ab 1941 Treibstoffdepot
Enrico Toti Enrico Toti 26. Januar 1925 14. April 1928 20. September 1928 versenkte am 15. Oktober 1940 das britische U-Boot Triad, ab 1941 Ausbildungs- und Transportboot
Antonio Sciesa Amatore Sciesa 20. Oktober 1925 18. August 1928 12. April 1929 Mit Enrico Toti 1933 Umfahrung Afrikas, Aufklärungs- und Transportboot

Quelle[2]

Literatur Bearbeiten

  • Alessandro Turrini: Almanacco dei sommergibili. Band 2. Rivista Marittima, Rom 2003, S. 158–159.
  • Robert Jackson: Unterseeboote. Gondromverlag, Bindlach, 2001, ISBN 3-8112-1874-3
  • Erminio Bagnasco: Uboote im 2. Weltkrieg, Motorbuchverlag, Stuttgart, 5. Auflage 1996, ISBN 3-613-01252-9

Siehe auch Bearbeiten

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Classe Balilla – Balilla (2°). In: marina.difesa.it. Abgerufen am 19. Juli 2023 (italienisch).
  2. Alessandro Turrini: Almanacco dei sommergibili. S. 158.