Die BDF-Verfahren (englisch Backward Differentiation Formulas) sind lineare Mehrschrittverfahren zur numerischen Lösung von Anfangswertproblemen gewöhnlicher Differentialgleichungen:

.

Dabei wird für eine Näherungslösung an den Zwischenstellen berechnet:

.

Die Verfahren wurden 1952 von Charles Francis Curtiss und Joseph Oakland Hirschfelder eingeführt und sind seit dem Erscheinen der Arbeiten von C. William Gear 1971 als Löser für steife Anfangswertprobleme weit verbreitet.

Beschreibung Bearbeiten

Im Gegensatz zu Adams-Moulton-Verfahren wird bei BDF-Verfahren nicht die rechte Seite durch ein Interpolationspolynom approximiert, stattdessen konstruiert man ein Polynom   mit (maximalem) Grad  , welches die letzten   Approximationen   an die Lösung sowie den unbekannten Wert   interpoliert:

 .

Zusätzlich fordert man, dass das Interpolationspolynom   die gegebene Differentialgleichung im Punkt   löst, also dass gilt

 ,

und erhält so ein nichtlineares Gleichungssystem für die Bestimmung des implizit gegebenen Wertes  .

Lagrange-Darstellung Bearbeiten

Eine Möglichkeit für die Darstellung des Interpolationspolynoms   ist die Lagrange-Darstellung. Dabei sind die Lagrange-Basispolynome mit den   Stützstellen   definiert durch

 

wobei   das Kronecker-Delta ist. Damit folgt wegen   direkt die Darstellung

 .

Mit der Forderung   erhält man nun die lineare Rekursionsformel für die BDF-Verfahren:

 ,

wobei die Koeffizienten   gegeben sind durch

 .

Alternative Lagrange-Darstellung Bearbeiten

Alternativ betrachten wir die Lagrange-Basispolynome definiert durch

 

Damit folgt die Darstellung

 .

Dabei ist   der Abstand der Stützstellen und die konstante Schrittweite des Verfahrens. Mit der Forderung  , wobei hier

 

gilt, erhält man nun für die Berechnung der Koeffizienten  

 

und damit die Rekursionsformel

 

Newton-Darstellung Bearbeiten

Die Newton-Darstellung des Interpolationspolynoms   verwendet Rückwärtsdifferenzen, welche rekursiv definiert sind durch

 

Damit lässt sich   schreiben als

 .

Diese Formel führt wegen   für   auf die Darstellung

 

der BDF-Verfahren.

Berechnungsformeln Bearbeiten

Alle oben betrachteten Darstellungen der Berechnungsformeln sind äquivalent, da sie nur verschiedene Arten der Darstellung des eindeutigen Interpolationspolynoms   verwendet haben. Für   lauten die impliziten Berechnungsformeln der BDF(k)-Verfahren:

  • BDF(1) – implizites Euler-Verfahren:
 
  • BDF(2):
 
  • BDF(3):
 
  • BDF(4):
 
  • BDF(5):
 
  • BDF(6):
 

Eigenschaften Bearbeiten

Die BDF-Verfahren sind alle implizit, da der unbekannte Wert   in die Gleichung eingeht. BDF(k) besitzt genau die Konsistenzordnung k. Das Verfahren BDF(1) ist das implizite Euler-Verfahren. Dieses und BDF(2) sind A-stabil, die Verfahren höherer Ordnung A( )-stabil, wobei der Öffnungswinkel   sich mit höherer Ordnung verkleinert. Insbesondere BDF(2) ist aufgrund seiner optimalen Eigenschaften bezüglich der zweiten Dahlquist-Barriere bei der Berechnung steifer Differentialgleichungen sehr beliebt. Für k<6 sind die Verfahren stabil und konsistent und damit auch konvergent. Der größte Anreiz der BDF-Verfahren sind ihre großen Stabilitätsgebiete, weshalb sie sich für den Einsatz bei der Lösung von steifen Anfangswertproblemen eignen. Für k>6 sind die Verfahren instabil.

Literatur Bearbeiten

  • E. Hairer, Syvert P. Nørsett, Gerhard Wanner: Solving Ordinary Differential Equations I, Nonstiff Problems, Springer Verlag, ISBN 3-540-56670-8
  • E. Hairer, G. Wanner: Solving Ordinary Differential Equations II, Stiff problems, Springer Verlag, ISBN 3-540-60452-9
  • H.R. Schwarz, N. Köckler: Numerische Mathematik, Teubner (2004)
  • Curtiss, Hirschfelder Integration of stiff equations, Proc. Nat. Acad. Sci. U.S.A., Band 38, 1952, 235–243.

Weblinks Bearbeiten