Archäologische Großsiedlung im Upanotal

Forscher entdeckten ab 2015 eine bedeutende archäologische Stätte im Tal des Río Upano im Amazonas­gebiet in Ecuador, die auf eine grossangelegte Siedlung schließen lässt.

Hintergrund Bearbeiten

Der Siedlungskomplex entstand am Osthang der Anden vermutlich im 8. Jahrhundert vor Christus und bestand bis etwa zum 7. Jahrhundert nach Christus. Besiedelt wurde die Stätte von den Upano. Die Bevölkerungszahl betrug mindestens 10.000 Einwohner, wobei auch 15.000 oder 30.000 Einwohner vorstellbar wären. Die Straßen der Siedlung waren 10 Meter breit und erstreckten sich über zehn bis zwanzig Kilometer. Da die Straßen als Geraden gebaut wurden und nicht dem Gelände angepasst, vermutet man einen zeremoniellen Hintergrund. Wohn- und Zeremonialgebäude verteilten sich auf 6000 Hügeln und waren von Feldern umgeben. Die Gebäude bestanden häufig aus Lehm, weil Natursteine nicht zur Verfügung standen.

Im Upanotal wurden nicht weniger als fünf vernetzte städtische Siedlungen entdeckt, die von etwa zwanzig größeren Dörfern umgeben waren. Die Upano-Zivilisation, die über ca. 1500 Jahre lang florierte, bevor sie plötzlich unterging, beherrschte nicht die Schrift, war aber eine stratifizierte, arbeitsteilige Gesellschaft mit urbanen und ländlichen Bevölkerungen, die im aktiven Handel mit der Außenwelt standen. Im 7. Jahrhundert verschwanden jegliche Anzeichen von Besiedlung im Tal, ohne dass bisher ein Grund für den Untergang der Upano-Zivilisation ersichtlich ist. Es wurden keine Anzeichen einer Katastrophe, etwa eines Vulkanausbruchs oder kriegerischer Auseinandersetzungen gefunden.[1]

Entdeckung und Erforschung Bearbeiten

Schon der spanische Konquistador Francisco de Orellana berichtete von urbanen Zentren bei der Gonzalo-Pizarro-Expedition im Jahr 1541/42, dies wurde aber später ins Reich der Legende gelegt.[2][3] Erste archäologische Funde in den 1970er Jahren brachten diese Siedlungen ins Blickfeld moderner Forschungen. Jedoch erst mit LIDAR-Aufnahmen aus dem Jahr 2015 konnte man die Siedlungen in ihrer wahren Größe und den Zusammenhängen erkennen.[4][5][6][7] Gefunden wurden Anhäufungen von Plattformen, Plätzen und Straßen, die mit landwirtschaftlichen Flächen und Be- und Entwässerungsanlagen gekoppelt und durch ein Straßennetz über mehrere Dutzend Kilometer mehrere regionale urbane Zentren miteinander verbanden. Im Upanotal werden die archäologischen Lokalitäten Kilamope und Sangay ausführlich untersucht.[8] Die Autoren vergleichen die Entdeckungen mit ähnlichen Zentren der Maya von Teotihuacán.

Veröffentlicht wurden die Funde 2024 in einem Beitrag des wissenschaftlichen Teams um Stéphen Rostain und Kollegen vom CNRS in Science.[2]

Literatur Bearbeiten

  • Stéphen Rostain, Antoine Dorison, Geoffroy de Saulieu, Heiko Prümers, Jean-Luc Le Pennec, Fernando Mejía Mejía, Ana Maritza Freire, Jaime R. Pagán-Jiménez, Philippe Descola: Two thousand years of garden urbanism in the Upper Amazon. In: Science. Band 383, Nr. 6679, 12. Januar 2024, ISSN 0036-8075, S. 183–189, doi:10.1126/science.adi6317 (science.org [abgerufen am 18. Januar 2024]).
  • Ryan Clasby, Jason Nesbitt (eds.): The Archaeology of the Upper Amazon: Complexity and Interaction in the Andean Tropical Forest. University Press of Florida, Gainesville FL 2021, ISBN 978-0-8130-6690-5 (Link zur Rezension (englisch), Kapitel 7: Monumentality and Social Complexity in the Upano Valley, Upper Amazon of Ecuador)

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Les Echos: Upano, la civilisation retrouvée: Dans l'Equateur, la forêt amazonienne abritait, il y a trois mille ans, une civilisation jusqu'ici inconnue et qui a perduré pendant un millénaire et demi. C'est un archéologue français qui l'a découverte., 16. Februar 2024 (franz.)
  2. a b Stéphen Rostain et al: Two thousand years of garden urbanism in the Upper Amazon, Science, Vol. 383, Nr. 6679, S. 183–189, 11. Januar 2024, doi:10.1126/science.adi6317; abgerufen am 12. Januar 2024
  3. Verschwundene Stadt im Amazonasgebiet entdeckt auf tagesschau.de vom 12. Januar 2024
  4. Verschwundene Stadt mit Tausenden Einwohnern im Amazonas nachgewiesen. Im Amazonas haben Forscher eine frühere Großstadt nachgewiesen, die vergleichbar mit London in der Römerzeit war. Auf 6.000 Hügeln sollen die Häuser gestanden haben. Zeit Online, 12. Januar 2024, abgerufen am 12. Januar 2024.
  5. Michael Le Page: Ancient cities discovered in the Amazon are the largest yet found. A mysterious civilisation built a network of cities and roads in the Amazon between 3000 and 1500 years ago, and then disappeared. 11. Januar 2024, abgerufen am 12. Januar 2024.
  6. Jennifer Nalewicki: Lasers reveal ancient settlements hidden deep in the Amazon rainforest. Archaeologists used lasers to view an ancient civilization hidden in the Amazon rainforest. 12. Januar 2024, abgerufen am 12. Januar 2024.
  7. Archeologists uncover ‘lost valley of cities’ built 2,500 years ago in Ecuador. Archeologists have uncovered a cluster of lost cities in the Amazon rainforest that was home to at least 10,000 farmers around 2,000 years ago. France24, 12. Januar 2024, abgerufen am 12. Januar 2024.
  8. Stéphen Rostain et al.: Two Thousand Years of Green Urbanism in the Upper Amazon. In: Science 383, 183 ff., doi:10.1126/science.adi6317 (englisch).

Koordinaten: 2° 7′ 48″ S, 78° 5′ 24″ W