Alexandre Douala Manga Bell

kamerunischer Stammesfürst und Politiker
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Alexander Douala-Bell (* 3. Dezember 1897; † 19. September 1966 in Douala; deutsche Schreibweise Duala-Bell, frz. auch Alexandre Douala Manga Bell) war König des Duala-Volkes in Kamerun. Während des Ersten Weltkriegs diente er in der württembergischen Armee.

Leben Bearbeiten

Jugend in Deutschland Bearbeiten

Alexander Douala-Bell wurde am 3. Dezember 1897 im Raum Douala als ältester Sohn des Königs Rudolf Manga Bell geboren. Kamerun war zu diesem Zeitpunkt deutsche Kolonie. Kaiser Wilhelm II. wollte, dass die deutschen Überseegebiete auch in Berlin stärker präsent waren. So wurde der damals vierjährige Prinz Alexander an den deutschen Kaiserhof gebracht, um eine höhere Bildung zu erlangen und einen Eindruck von der Kolonialmacht Kameruns zu bekommen. Prinz Alexander lernte schnell: erst Deutsch, dann Französisch, Englisch und Spanisch sowie Russisch, aber auch Lateinisch, Altgriechisch und Hebräisch. Der gläubige Christ las täglich ein Kapitel des Neuen Testaments in der griechischen Urfassung.

Später trat er in das Ulmer Ulanen-Regiment „König Karl“ (1. Württembergisches) Nr. 19 ein. Laut Schilderung des Autors Nerius Namaso Mbile nahm Douala-Bell an der Schlacht von Gallipoli teil, bei der 1915/16 ein britisch-französischer Angriff auf die Dardanellen abgewehrt wurde. Ein Jahr zuvor war in Douala-Bells Heimat Kamerun sein Vater, Rudolf Manga Bell, nach einem Konflikt mit der deutschen Kolonialverwaltung unter dem Vorwurf des Hochverrats hingerichtet worden.[1] Mbiles Behauptung, Douala-Bell sei schließlich zum (dann vermutlich ersten afro-deutschen) Offizier aufgestiegen, ist hingegen nicht belegt. Douala-Bell ist weder in der 1913 editierten Rangliste des Regiments für das Jahr 1912 aufgeführt (damals wäre er 15 Jahre alt gewesen!), noch in der Ehren-Rangliste des Jahres 1926, die alle Personalveränderungen ab 1914 berücksichtigt.[2][3]

1919 heiratete Alexander Douala-Bell in Hamburg Andrea Jimenez Berroa (1902–1985), Tochter der Hamburgerin Emma Mina Filter und des kubanischen Pianisten Jose Manuel Jimenez Berroa, Professor am Hamburger Musikkonservatorium. Aus der Ehe gingen zwei Kinder hervor, Sohn Jose Emmanuel (1920–1947) und Tochter Andrea Tüke Ekedi (1921–2003).[4][5]

Leben in Frankreich und Kamerun Bearbeiten

Durch den Vertrag von Versailles wurde ein Teil Kameruns (Cameroun) 1919 französisch. Die französische Regierung forcierte nun den Umzug Alexander Douala-Bells nach Frankreich, da sie sich von ihm einen Nutzen bei der Legitimierung der neuen französischen Herrschaft in Kamerun versprach. Andererseits misstraute sie ihm wegen seines deutschen Hintergrundes und setzte darauf, ihn vor einer Rückkehr nach Kamerun zu „französisieren“. Mitte 1919 zog das Ehepaar Bell nach Paris. Nach einigen vorübergehenden Aufenthalten in dem ihm fremd gewordenen Land kehrte Alexander Douala-Bell 1922 nach Kamerun zurück, jedoch ohne seine Frau Andrea Manga Bell und die Kinder, die in Europa blieben.[6] In den folgenden Jahren musste er um seine Position in Kamerun kämpfen sowie um seinen Familienbesitz, um den er einen 18 Jahre andauernden Gerichtsprozess führte. 1937 wurde er französischer Staatsbürger.[7]

Als die Franzosen zur Vollendung der Eisenbahnlinie Douala-Yaoundé ganze Volksstämme zur Zwangsarbeit rekrutierten, griff der inzwischen König gewordene Douala-Bell ein und erhob seine Stimme. Sein Ruf wurde gehört und Zwangsarbeit in Kamerun abgeschafft.

Im Zweiten Weltkrieg kämpfte Alexander Douala-Bell auf der Seite Frankreichs und meldete sich in Dakar zur französischen Armee. In der Nachkriegszeit konnten alle französischen Kolonialgebiete Abgeordnete nach Paris schicken. Alexander Douala-Bell wurde 1945 als einer der Vertreter Kameruns in die Verfassunggebende Versammlung der Vierten Republik gewählt.[8] Bei den Parlamentswahlen 1946 erzielte er fast eine Zwei-Drittel-Mehrheit. 1951 und 1956 wurde er wiedergewählt. Von 1946 bis 1955 war er Mitglied der Fraktion des MRP (Mouvement républicain populaire), in seiner letzten Legislaturperiode von 1956 bis zu seinem Ausscheiden 1958 gehörte er zu den „Indépendants d’outre-mer“. 1952 war er Delegierter Frankreichs bei der UN-Vollversammlung. Ab 1952 war er auch Mitglied der Territorialversammlung von Kamerun.[9]

Tod des Sohnes Bearbeiten

In Dakar hatte er 1942 wieder Kontakt zu seinem Sohn Emmanuel aufgenommen, den er seit seiner Übersiedlung nach Kamerun nicht mehr gesehen hatte. Beim Besuch Emmanuels in Douala 1947 kam es zu einem Streit, der dazu führte, dass Alexander am 15. September 1947 seinen Sohn erschoss und ins Gefängnis kam. Bereits am 19. November 1947 wurde er wieder freigelassen. Der Tod seines Sohnes wurde als Unfall eingestuft. Das Parlament lehnte die Aufhebung der Immunität ab.[10] Bemühungen von Andrea Manga Bell, doch noch ein Gerichtsverfahren zu erreichen, blieben erfolglos.[11]

Erst 1951 wurde Alexander Douala-Bell als Oberhaupt der Douala (Chef supérieure) inthronisiert.[12] Am 19. September 1966 starb Alexander Douala-Bell in seiner Heimat. Sein Nachfolger als Oberhaupt der Douala wurde sein Neffe René Douala Manga Bell.[13] Alexander Douala-Bell wurde ein Staatsbegräbnis zuteil, an dem nach offiziellen Angaben mehr als 150.000 Kameruner teilnahmen. Während er in Kamerun als „Vater des Vaterlandes“ bezeichnet wurde, wurde sein Tod in der deutschen Presse fast nicht wahrgenommen.

Weblinks Bearbeiten

Literatur Bearbeiten

  • A. Wirz: Malaria-Prophylaxe und kolonialer Städtebau: Fortschritt als Rückschritt. In: Gesnerus 37 (1980), S. 215–234.
  • Horst Gründer: Christliche Mission und deutscher Imperialismus. Eine politische Geschichte ihrer Beziehungen während der deutschen Kolonialzeit (1884–1914) unter besonderer Berücksichtigung Afrikas und Chinas. Schöningh, Paderborn 1982, S. 159–169.
  • Engelbert Mveng: Histoire du Cameroun. Paris 1963, S. 344.

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Nerius Namaso Mbile: Cameroon Political Story: Memories of an Authentic Eye Witness. Bamenda 2011, S. 243ff, ISBN 9956-717-77-0
  2. Deutsche Rangliste umfassend das gesamte aktive Offizierkorps (einschliesslich der Sanitäts- und Veterinär-Zeug- und Feuerwerksoffiziere, sowie der wiederverwendeten Offiziere z.D.) der deutschen Armee und Marine und seinen Nachwuchs (...), Oldenburg 1913
  3. Ehren-Rangliste des ehemaligen Deutschen Heeres auf Grund der Ranglisten von 1914 mit den inzwischen eingetretenen Veränderungen, Berlin 1926
  4. Alexandra Lübcke, Stefanie Michels: Theoretische Überlegungen zu Erinnerungskonzepten. In: Elisabeth Boesen, Fabienne Lentz (Hg.): Migration und Erinnerung. Konzepte und Methoden der Forschung. Berlin 2010, S. 205 und 208, ISBN 978-3-643-10341-3
  5. Daniel Romuald Bitouh: Ästhetik der Marginalität im Werk von Joseph Roth: Ein postkolonialer Blick auf die Verschränkung von Binnen- und Außerkolonialismus, Tübingen 2016, S. 49, ISBN 978-3-7720-8520-8
  6. Richard Joseph: The Royal Pretender: Prince Douala Manga Bell in Paris, 1919-1922. in: Cahiers d’Études Africaines, Band 14, Nr. 54, S. 339–358, Paris 1974
  7. Andreas Eckert: Grundbesitz, Landkonflikte und kolonialer Wandel: Douala 1880 bis 1960, Stuttgart 1999, S. 151 f., ISBN 3-515-06777-9
  8. Franz Ansprenger: Politik im Schwarzen Afrika. Die modernen politischen Bewegungen im Afrika französischer Prägung. Wiesbaden 1961. S. 65, ISBN 978-3-322-97922-3
  9. Assembleé Nationale. Biographie Alexandre Douala Manga Bell
  10. Assembleé Nationale. Biographie Alexandre Douala Manga Bell
  11. John Eichler: Die Entmenschlichung der Juliette Martens in Klaus Manns Roman "Mephisto", Eine Verteidigungsschrift für Andrea Manga Bell, Huffington Post 2. Dezember 2017; Text auch hier
  12. Jean-Pierre Félix Eyoum, Stefanie Michels, Joachim Zeller: Bonamanga. Eine kosmopolitische Familiengeschichte. In: Mont Cameroun. Afrikanische Zeitschrift für interkulturelle Studien zum deutschsprachigen Raum, Nr. 2, 2005, S. 11–48
  13. Emmanuel Batamag: Cameroun: qui était Son Altesse Royale le Prince René Douala Manga Bell?, Le nouvel Afrik.com, 4. Januar 2013