Adèle Pichon

französische Sammlerin und Museumsgründerin

Adèle Pichon (* 1847; † 1925[1][Anm. 1] vermutlich auf Korsika[2]) war eine französische Sammlerin von traditionellen Trachten und Objekten aus dem Pays de Guérande. Sie gründete das Musée des Anciens Costumes in Batz-sur-Mer, eines der ersten Folkloremuseen Frankreichs,[3][4] aus dem später das Musée des marais salants („Museum der Salzgärten“) hervorging. Pichon spielte eine wesentliche Rolle bei der Sichtbarmachung ihres regionalen Kulturerbes[5] und wird auch als „Pionierin der Museografie“ bezeichnet[6].

Altes Schwarzweiß-Foto einer Frau in traditioneller Kleidung: dunkles Kleid, weiße Schürze, gemustertes Schultertuch. Sie trägt eine große Schale mit kegelförmig aufgeschichtetem Salz auf dem Kopf
Adèle Pichon vor 1895, als „Porteresse de sel“ (Salzträgerin), porträtiert

Leben Bearbeiten

Adèle Pichon entstammte einer Salzbauern-Familie aus Batz, einem im Pays de Guérande gelegenen Ort an der französischen Atlantikküste und historischem Zentrum des Salzabbaus. Später wurde sie Ordensschwester der Communaute du Bon Pasteur[7].

In den 1870er Jahren entwickelte sich in Frankreich zunehmend wissenschaftliches Interesse an der Ethnografie der Regionen; so empfahl 1875 der Kongress einer Gelehrtengesellschaft die Gründung einer Sammlung rund um die „Paludiers“, also die lokalen Salinen rund um Guérande.[8] Adèle Pichon wiederum war sich darüber bewusst, dass die ursprüngliche bäuerliche Lebensweise und Kultur durch den aufstrebenden Badetourismus verdrängt werden würde und baute mithilfe ihres sozialen Umfelds eine Sammlung von Möbeln, Werkzeugen, Alltagsgegenständen sowie Arbeitskleidung und festlichen Trachten der verschiedenen Berufsgruppen im Umfeld des Salzabbaus im Pays de Guérande auf.[8] Diese wurden zum Teil auch in regionalen Ausstellungen und im naturhistorischen Museum in Nantes gezeigt,[1] bevor Pichon im August 1887 das Musée des Anciens Costumes im Zentrum ihres Heimatortes eröffnete.

 
Place Adèle Pichon in Batz-sur-Mer

Pichon beschäftigte sich neben dem materiellen Kulturerbe auch mit den Liedern und Legenden ihres Heimatortes; um 1890 gab sie zwei Bände mit lokalen Liedersammlungen heraus.[9]

Nach ihrem Tod wurde Museum und Sammlung zunächst von ihrer Familie (Neffen und deren Nachkommen) weitergeführt, bis es in den 1970er Jahren in interkommunale Verwaltung überging und 1982 als Musée des Marais Salants wiedereröffnet wurde.[10]

In Batz-sur-Mer wurde 1987[Anm. 2] der Platz vor dem Museum nach Adèle Pichon benannt.

Veröffentlichungen Bearbeiten

  • Bourg-de-Batz. Chansons locales, Nantes, Pequignot, ca. 1890.
  • Bourg-de-Batz. Noëls anciens, Nantes, Pequignot, ca. 1890.

Weblinks Bearbeiten

Literatur Bearbeiten

  • Jules Sincère: Aux amants de la mer. Impr. L. Badel, Châteauroux 1896, S. 114 ff. (französisch, bnf.fr – Beschreibung eines Museumsbesuchs bei Adèle Pichon im Jahr 1896).

Anmerkungen Bearbeiten

  1. nach anderen Angaben: 1915, vgl. Keleier La Lettre de Kendalc'h 1989 n° 4, S. 7
  2. Begründete Annahme aufgrund der Beschriftung des Schilds

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b Gildas Buron: Le costume prend la pose. Premiéres photographies au pays de Guérande. Locus Solus, 2020, ISBN 978-2-36833-314-3, S. 118, 120.
  2. Cercle des Paludiers de la Presqu’île Guérandaise (Hrsg.): Hommage à Adèle Pichon. 2019.
  3. Geoff Bender, Rasmus R. Simonsen: Photography's materialities. Transatlantic photographic practices over the long nineteenth century. Leuven 2021, ISBN 94-6166-376-5, S. 34.
  4. Philippe Barbour: Brittany. 2. Auflage. Cadogan, London 2002, ISBN 1-86011-833-X, S. 459.
  5. Vincent Andreu-Boussut, Céline Chadenas, Christiane Gagnon, Vincent Herbert, Michel Xavier, Caroline Rufin-Soler, Elodie Salin: Gérer le patrimoine littoral, la fabrique patrimoniale à l'heure du tourisme durable. Juli 2017, S. 353 (hal.science [abgerufen am 23. Dezember 2022] UMR ESO 6554 CNRS, Le Mans Université).
  6. Infotafel im Museum: „Adèle Pichon figure donc au nombre des pionniers de la muséographie.“
  7. Musée des Marais Salants, Batz-sur-Mer. (Museumsflyer). Abgerufen am 23. Dezember 2022.
  8. a b Batz. Adèle Pichon et le musée dédié au monde paludier. In: ouest-france.fr. 8. März 2019, abgerufen am 23. Dezember 2022.
  9. Fañch Postic: La Bretagne et la littérature orale. Deux siècles de collecte intensive (= Société d’Histoire et d’Archéologie de Bretagne [Hrsg.]: Memoires de la Société d’Histoire et d’Archéologie de Bretagne. XCV). 2017, S. 423 (shabretagne.com [PDF; abgerufen am 23. Dezember 2022]).
  10. Musée des marais salants: Un musée chargé d'histoire ! Abgerufen am 24. Dezember 2022 (französisch).