QR-Zerlegung

Matrix-Zerlegung in ein Produkt zweier spezieller Matrizen

Die QR-Zerlegung oder QR-Faktorisierung ist ein Begriff aus den mathematischen Teilgebieten der linearen Algebra und Numerik. Man bezeichnet damit die Zerlegung einer Matrix in das Produkt

zweier anderer Matrizen, wobei eine orthogonale bzw. unitäre Matrix und eine obere Dreiecksmatrix ist. Die QR-Zerlegung ist ein Spezialfall der Iwasawa-Zerlegung.

Eine solche Zerlegung existiert stets und kann mit verschiedenen Algorithmen berechnet werden. Die bekanntesten davon sind

Das letztere wird üblicherweise in der linearen Algebra benutzt, ist aber in seiner Standardform numerisch instabil. Man kann das Verfahren aber erweitern und numerisch stabilisieren.

Definition Bearbeiten

Jede reelle Matrix  ,   besitzt eine (fast – siehe weiter unten) eindeutige reduzierte QR-Zerlegung

 

als Produkt einer in den Spalten orthogonalen Matrix   und einer oberen Dreiecksmatrix  .

Diese Lösung ist erweiterbar zu einer vollständigen QR-Zerlegung

 ,

indem man   mit weiteren orthogonalen Spalten   zu einer quadratischen  -Matrix erweitert, und an   unten Nullzeilen anfügt, so dass als Matrixprodukt eine  -Matrix entsteht:

 

Die QR-Zerlegung ist eindeutig für   und  , wenn man die Vorzeichen der Diagonalelemente von   vorgibt – üblicherweise wählt man alle positiv.

Anmerkungen: Eine reelle Matrix   heißt orthogonal, wenn das Matrixprodukt mit ihrer transponierten Matrix   die Einheitsmatrix   ergibt, also   ist. Im allgemeineren Fall einer komplexen Matrix   ist die Matrix   eine unitäre Matrix, das heißt, das Matrixprodukt mit ihrer adjungierten Matrix   ergibt die Einheitsmatrix  , also  .

Beispiel Bearbeiten

Für die reelle Matrix   ergibt sich die QR-Zerlegung

 ,  ,

denn es gilt:

 

Anwendung Bearbeiten

Die QR-Zerlegung spielt in vielen Verfahren der numerischen Mathematik eine wichtige Rolle, beispielsweise um eine orthogonale oder unitäre Basis zu bestimmen oder um lineare Ausgleichsprobleme zu behandeln. Sie ist integraler Bestandteil des QR-Algorithmus und der Unterraumiteration zur Berechnung von Eigenwerten einer Matrix.

Lösung regulärer oder überbestimmter Gleichungssysteme Bearbeiten

Um die Lösung   eines linearen Gleichungssystems   mit Matrix   von vollem Rang zu bestimmen, sind folgende drei Schritte durchzuführen:

  1. Bestimme eine QR-Zerlegung der Matrix  .
  2. Berechne  , üblicherweise unter Benutzung der Faktorisierung von   aus Schritt 1.
  3. Löse   durch Rückwärtseinsetzen.

Für   ist dies eine Alternative zur LR-Zerlegung, sie hat den doppelten Aufwand der LR-Zerlegung, ist aber möglicherweise numerisch stabiler.

Im Fall   gibt es im Gleichungssystem mehr Gleichungen als Variablen und es liegt ein überbestimmtes Gleichungssystem vor. Hier wird   durch Lösung des Ausgleichproblems nach der Methode der kleinsten Quadrate (s. auch Regressionsanalyse) bestimmt:

Minimiere  .

In diesem Fall ist   die Moore-Penrose-Pseudoinverse von   und für die berechnete Kleinste-Quadrate-Lösung   gilt die Beziehung  , die die übliche Darstellung   des regulären Falls   verallgemeinert.

Lösung unterbestimmter Gleichungssysteme Bearbeiten

Für   hat die Matrix   einen nichttrivialen Kern. Bei vollem Rang von   bilden die Lösungen des Gleichungssystems   daher einen affinen Unterraum. Diejenige Lösung mit kleinster Norm liegt im orthogonalen Komplement des Kerns und man bekommt sie mit Hilfe einer QR-Zerlegung von  :

  1. Bestimme eine QR-Zerlegung der Matrix  .
  2. Löse   durch Vorwärtseinsetzen.
  3. Berechne  .

Auch hier ist wieder   die Moore-Penrose-Pseudoinverse von   und für die berechnete Lösung kleinster Norm gilt die Beziehung  .

Literatur Bearbeiten

  • Martin Hermann: Numerische Mathematik, Band 2: Analytische Probleme. 4., überarbeitete und erweiterte Auflage. Walter de Gruyter Verlag, Berlin und Boston 2020. ISBN 978-3-11-065765-4.
  • Gene H. Golub and Charles F. van Loan: Matrix Computations. 3. Auflage. The Johns Hopkins University Press, Baltimore and London 1996.
  • G. W. Stewart: Matrix Algorithms, Vol. 1: Basic Decompositions. Society for Industrial and Applied Mathematics, Philadelphia 1998.
  • Lloyd N. Trefethen and David Bau, III: Numerical Linear Algebra. Society for Industrial and Applied Mathematics, Philadelphia 1997.

Weblinks Bearbeiten