Durochinon (DQ) ist ein von dem aromatischen Kohlenwasserstoff Durol abgeleitetes 1,4-Benzochinonderivat, bei dem vier Wasserstoffatome durch Methylgruppen ersetzt sind. Es wirkt als Oxidationsmittel und wird in Redoxreaktionen zum Tetramethylhydrochinon reduziert. Im katalytisch aktiven Nickel(0)-Komplex Bis(cycloocta-1,5-dien)nickel Ni(COD)2 kann ein 1,5-Cyclooctadien (COD)-Ligand durch DQ ersetzt werden, wobei der außerordentlich stabile und aktive Komplex Ni(COD)(DQ) entsteht.[5]

Strukturformel
Strukturformel von Durochinon
Allgemeines
Name Durochinon
Andere Namen
  • 2,3,5,6-Tetramethyl-1,4-benzochinon
  • 2,3,5,6-Tetramethyl-p-benzochinon
  • 2,3,5,6-Tetramethyl-2,5-cyclohexadien-1,4-dion
  • DQ
  • 2,3,5,6-Tetramethylcyclohexa-2,5-dien-1,4-dion (IUPAC)
Summenformel C10H12O2
Kurzbeschreibung

hellgelbes[1] bis dunkelgelbes Pulver[2]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 527-17-3
EG-Nummer 208-409-8
ECHA-InfoCard 100.007.646
PubChem 68238
ChemSpider 61539
DrugBank DB01927
Wikidata Q2423089
Eigenschaften
Molare Masse 164,20 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Schmelzpunkt

110–112 °C[2]

Löslichkeit

praktisch unlöslich in Wasser, löslich in Ethanol, Diethylether, Aceton, Benzol, Chloroform[3] und leicht löslich in heißem Ligroin[4]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[1]
Gefahrensymbol

Achtung

H- und P-Sätze H: 315​‐​319
P: 264​‐​280​‐​302+352​‐​337+313​‐​362+364​‐​332+313[1]
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet.
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa).

Vorkommen und Darstellung

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Durochinon (hier als Durolchinon bezeichnet) wurde bereits 1885 von J.U. Nef[4] bei der Oxidation von 3,6-Diaminodurol mit Eisen(III)-chlorid (FeCl3) erhalten.

 
Synthese von Durochinon aus Diaminodurol

Nach einer Laborvorschrift[6] kann auch das 3,6-Diaminodurol-hydrochlorid – als Doppelsalz mit Zinn(IV)-chlorid (SnCl4) – mit Eisenchlorid mit einer Ausbeute von 90 % zum Durochinon oxidiert werden.

Eigenschaften

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Durochinon ist ein stabiler, kristalliner Feststoff, der in gelben Nadeln kristallisiert und durch Umkristallisation oder Sublimation gereinigt werden kann. „Das (so erhaltene) Durolchinon ist ein schöner Körper“.[4]

Die Verbindung löst sich sehr leicht in Diethylether, Chloroform, Benzol, Ethanol und Aceton und leicht in heißem Ligroin.[4] Als alkylsubstituiertes Derivat des 1,4-Benzochinons ist DQ ein schwächeres Oxidationsmittel als 1,4-Benzochinon und deutlich schwächer als DDQ und als Chloranil.

Anwendungen

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Durochinon lässt sich mit Zink und Natronlauge, sowie mit schwefliger Säure (H2SO3) oder Natriumamalgam zu dem oxidationsempfindlichen 2,3,5,6-Tetramethylhydrochinon (Durohydrochinon[7]), reduzieren.

Wegen seiner Ähnlichkeit zu natürlichen chinoiden Systemen, wie z. B. Ubichinone und Vitamin K3, wird Durochinon als Modellsubstanz in Versuchen zur Nachahmung der Funktion von Reduktasen wie der NAD(P)H-Dehydrogenase mit NADH als Hydridquelle eingesetzt.[8]

 
Reduktion von Durochinon durch NADH

In Publikationen aus den frühen 1960er Jahren wurden stabile Ni0-Komplexe mit Durochinon beschrieben.[9][10] In diesen Sandwichkomplexen stabilisiert Durochinon den nullwertigen Ladungszustand des Nickels – im Gegensatz zu anderen p-Benzochinonen, die das Ni-Zentralatom zum Ni2+-Ion oxidieren.

Aus Nickeltetracarbonyl ([Ni(CO)4]) wurde mit Durochinon und Cyclooctatetraen (COT) als Liganden der hier Cyclooctatetraen-durochinon-nickel(0) genannte tiefrote Ni0-Komplex erhalten (65 % Ausbeute).[9]

Mit Durochinon und dem cyclischen Dien 1,5-Cyclooctadien (COD) entsteht das so genannte Ni(COD)(DQ) (DQ=Durochinon, engl. duroquinone) in Form tiefroter Kristalle.

 
Ni(COD)(DQ)-Katalysatorvorstufe

Diese Verbindung wurde knapp 50 Jahre später wiederentdeckt und die Bedeutung des Komplexes Ni(COD)(DQ) als thermisch stabile, luft- und feuchtigkeitsunempfindliche und einfach zugängliche Vorstufe für hochaktive Nickel-Phosphin-Komplexe erkannt.[5][11]

Statt mit hochgiftigem und flüchtigem Nickeltetracarbonyl kann der Komplex Ni(COD)(DQ) einfacher und kostengünstiger aus Bis(cycloocta-1,5-dien)nickel Ni(COD)2 (79 % Ausbeute) bzw. zweistufig aus Nickel(II)-acetylacetonat Ni(acac)2 (60 % Ausbeute) dargestellt werden.

Ni(COD)(DQ) zeigt zusammen mit σ-Donatoren, wie z. B. Triphenylphosphan (PPh3) oder 1,3-Bis(diphenylphosphino)propan (dppp) in Suzuki-Kupplungen und bei der Aminierung von Arylchloriden (Buchwald-Hartwig-Kupplung) sehr gute katalytische Wirksamkeit.[5]

Der praktisch gleichzeitig publizierte Ni0-Komplex Ni(4-tBu stb)3 scheint jedoch gegenüber Ni(COD)(DQ) Vorteile zu bieten.[12]

Einzelnachweise

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  1. a b c Eintrag zu Tetramethyl-1,4-benzoquinone bei TCI Europe, abgerufen am 15. Februar 2022.
  2. a b Datenblatt Durochinon bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 16. Februar 2022 (PDF).
  3. William M. Haynes: CRC Handbook of Chemistry and Physics, 97th Edition. CRC Press, Boca Raton, FL, U.S.A. 2017, ISBN 978-1-4987-5429-3, S. 3–506.
  4. a b c d J.U. Nef: Ueber einige Derivate des Durols. In: Chem. Ber. Band 18, Nr. 2, 1885, S. 2801–2807, doi:10.1002/cber.188501802190.
  5. a b c V.T. Tran, Z.-Q. Li, O. Apolinar, J. Derosa, M.V. Joannou, S.R. Wisniewski, M.D. Eastgate, K.M. Engle: Ni(COD)(DQ): An Air-Stable 18-Electron Nickel(0)–Olefin Precatalyst. In: Angew. Chem. Band 132, Nr. 19, 2020, S. 7479–7483, doi:10.1002/ange.202000124.
  6. L.I. Smith: Duroquinone In: Organic Syntheses. 10, 1930, S. 45, doi:10.15227/orgsyn.010.0040; Coll. Vol. 2, 1943, S. 254 (PDF).
  7. Externe Identifikatoren von bzw. Datenbank-Links zu durohydroquinone: CAS-Nummer: 527-18-4, PubChem: 136346, ChemSpider: 120120, Wikidata: Q27287869.
  8. Z. Liu, R.J. Deeth, J.S. Butler, A. Habtemariam, M.E. Newton, P.J. Sadler: Reduction of quinones by NADH catalyzed by organoiridium complexes. In: Angew. Chem. Band 125, Nr. 15, 2013, S. 4288–4291, doi:10.1002/ange.201300747.
  9. a b G.N. Schrauzer, H. Thyret: Zur Kenntnis von Bis-durochinon-nickel(0) und Cyclooctatetraendurochinon-nickel (0). In: Z. Naturforsch. 16b, Nr. 6, 1961, S. 353–356, doi:10.1515/znb-1961-0601.
  10. G.N. Schrauzer, H. Thyret: Neuartige „Sandwich“-Verbindungen des Nickel(0). Zur Kenntnis von Durochinon-Nickel(0)-Komplexen mit cyclischen Dienen. In: Z. Naturforsch. 17b, Nr. 2, 1962, S. 73–76, doi:10.1515/znb-1962-0201.
  11. D. Schilter: “Nickel don’t care about no air”. In: Nat. Rev. Chem. Band 5, 2020, S. 171, doi:10.1038/s41570-020-0177-0.
  12. L. Nattmann, J. Cornella: Ni(4-tBu stb)3 : A robust 16-electron Ni(0) olefin complex for catalysis. In: Organometallics. Band 39, 2020, S. 3295–3300, doi:10.1021/acs.organomet.0c00485.