Das machsche Prinzip behauptet die vollständige Induktion der Trägheit als Folge der gravitativen Wechselwirkung der kosmischen schweren Massen.

Mathematisch findet das machsche Prinzip seinen Ausdruck in der so genannten Mach-Einstein-Treder-Doktrin (MET):

ist das newtonsche kosmische Gravitationspotential aller übrigen Körper. Die Größe "const" ist eine neue physikalische Konstante, welche die Stärke der Trägheitsinduktion bestimmt. Unter MET wird aber auch die mathematisch-physikalisch ausgearbeitete und damit experimentell überprüfbare Theorie des Machschen Prinzips verstanden.

Die historische Fassung des machschen Prinzips Bearbeiten

 
Ernst Mach, 1900

Das machsche Prinzip geht in seinen Grundideen teilweise bis auf Galileo Galilei zurück. Gemäß Galilei dürfen in die Prinzipien der Mechanik nicht die Ortsvektoren und deren zeitlichen Ableitungen selbst eingehen, sondern nur die Vektordifferenzen. Dies interpretiert Huygens als den Bezug der Bewegung eines Teilchens auf sämtliche Teilchen des Universums. Der absolute Raum Newtons ist gemäß Christiaan Huygens und später wieder bei Mach der Fixsternhimmel als Mittelung über die Gesamtheit aller Himmelkörper[1].

"Statt nun einen bewegten Körper auf den Raum (auf ein Koordinatensystem) zu beziehen, wollen wir direkt sein Verhalten zu den Körpern des Weltraumes betrachten, durch welches jenes Koordinatensystem allein bestimmt werden kann. Voneinander sehr entfernte Körper, welche in bezug auf andere ferne festliegende Körper sich mit konstanter Richtung und Geschwindigkeit bewegen, ändern ihre gegenseitige Entfernung der Zeit proportional [...] Die eben angestellten Betrachtungen zeigen, dass wir nicht nötig haben, das Trägheitsgesetz auf einen besonderen absoluten Raum zu beziehen. Vielmehr erkennen wir, dass sowohl jene Massen, welche nach der gewöhnlichen Ausdrucksweise Kräfte aufeinander ausüben, als auch jene, welche keine ausüben, zueinander in gleichartigen Beschleunigungsbeziehungen stehen, und zwar kann man alle Massen als untereinander in Beziehung bestehend betrachten [...] auch ich erwarte, dass astronomische Beobachtungen zunächst nur sehr unscheinbare Korrektionen notwendig machen werden, so halte ich es doch für möglich, dass der Trägheitssatz in seiner einfachen Newtonschen Form für uns Menschen nur örtliche und zeitliche Bedeutung hat." (Quelle: Ernst_Mach)

Die Ausarbeitung des machschen Prinzips zu einer strengen mathematisch-physikalischen Theorie (MET) Bearbeiten

Newtons Gegenwirkungsaxiom behauptet die „Reziprozität“ der Wechselwirkung zwischen den Teilchen entsprechend der allgemeinen Galilei-Gruppe. Dagegen hat der kinetische Term in den Prinzipien der Mechanik einen absoluten Charakter. Der Begriff des "absoluten Raumes" bei Newton hat darin seine Grundlage. Diese Eigenschaft ist mit der allgemeinen Galilei-Invarianz unverträglich. Entsprechend erfordert eine Theorie, welche das Machsche Prinzip erfüllte, eine Ersetzung des kinetischen Terms durch einen allgemein Galilei-invarianten Ausdruck. Dieser Schritt gelang Hans-Jürgen Treder 1972 für den nichtrelativistischen Fall[2] durch die Ersetzung der kinetischen Energie durch ein Riemannsches Wechselwirkungspotential. Der relativistische Fall wurde von Treder 1975 behandelt [3].

"Die Mach-Einstein-Doktrin besagt ja, dass der Kosmos als ganzes durch seine Gravitation die dynamischen Eigenschaften aller Körper bestimmt. Vor allem ist die Trägheit eines Körpers eine Folge der kosmischen Massen und ihrer Gravitationswirkung. Das heißt, auch die kleinste Kraft würde unendlich beschleunigen, wenn gar keine kosmischen Massen da wären. Hingegen würden, wenn die kosmischen Massen größer wären als sie es sind, alle vorhandenen Massen auf der Erde und im Kosmos träger reagieren. Zu dieser Mach-Einstein-Doktrin gab es immer ganz verschiedene Standpunkte. Ich bin nun davon ausgegangen, dass diese Doktrin zunächst ein Prinzip nicht der relativistischen, sondern der klassischen Physik ist. In der Tat hat es zum ersten mal Christian Huygens 1690 ausgesprochen. Es ist das radikalste Prinzip der klassischen Mechanik. Daher bestand der erste Schritt, die Mach-Einstein-Doktrin zu behandeln, darin, die klassische Gravitationstheorie durch die Prinzipien Einsteins zu ergänzen. Das ist mir geglückt. Es entstand eine mathematisch durchformulierte Theorie, die echte physikalische Aussagen gestattet. Sie mögen falsch sein, aber sie sind fassbar. Ich kann Experimente angeben, die quantitativ in bestimmter Weise ausfallen, wenn die Einstein-Doktrin gilt, und die nicht so ausfallen, wenn sie nicht gilt. ..."[4]

Experimentelle Vorhersagen Bearbeiten

Ein solcher Effekt betrifft z.B. die Entfernung zwischen Erde und Mond. So ergibt sich aus der MET, also dem machschen Prinzip, dass sich der Mond jährlich um ca. 5 cm der Erde annähert. Dies liegt daran, dass sich in einem expandierenden Kosmos die Abstände zu den kosmischen Massen vergrößern und sich darüber die Trägheit aller Körper reduziert. In der Folge erscheint die verringerte Trägheit als Zunahme aller Nicht-Trägheitskräfte, eben auch als eine Zunahme der Erdanziehung. Andere Gravitationstheorien behaupten gerade einen gegenteiligen Effekt - vergleiche hierzu: Mond#Einflüsse auf die Erde.

Die MET hat im Zeitalter der Weltraumfahrt auch Folgen für die Bahnen von Raumflugkörpern, die lange Zeit unterwegs sind und sich aus dem Sonnensystem entfernen. Der selbe Effekt, der die Erdanziehung zwischen Erde und Mond zu verstärken scheint (In Wahrheit wird nur die Trägheit geringer!), muss bezüglich des Schwerefeldes der Sonne so auf den Raumflugkörper wirken, als würde der Raumflugkörper durch eine zusätzliche nicht-newtonsche Kraft gebremst. Dieser Effekt wird noch verstärkt, weil auch die lokale Trägheitsinduktion durch das Schwerefeld der Sonne die Trägheit der Sonde reduziert, weil sich das Schwerefeld in Sonnenferne abschwächt. Obwohl hier noch keine konkreten Zahlen vorliegen, entspricht dieser Effekt qualitativ den Beobachtungen des Verhaltens der Pioneer-Sonden (siehe Pioneer-Anomalie).

Für Messungen mit einem ballistischen Gravimeter ergibt die MET, dass die Schwerkraft der Erde in Sonnennähe geringer erscheint, als in Sonnenferne, weil die Trägheit in Sonnennähe vergrößert ist. Die relative Gewichtsdifferenz sollte etwa   betragen. Dieser Effekt ist sehr schwach, so dass alle Störungen erfasst werden müssen. Der Effekt bringt unmittelbar zum Ausdruck, dass das machsche Prinzip nicht mit dem starken Äquivalenzprinzip verträglich ist und in der MET nur noch das schwache Äquvivalenzprinzip von Trägheit und passiver Schwere gilt. Variationen des Gravitationspotentials werden daher durch die Bestimmung des lokalen Gravitationspotentials nachweisbar.

Während die MET in der ersten so genannten nach-newtonschen-Näherung den einsteinschen Effekt der Periheldrehung exakt reproduziert, also den einsteinschen Wert liefert, ergeben sich erhebliche Abweichungen von der Allgemeine Relativitätstheorie für suppermassive Objekte (Schwarze Löcher). Dabei ist zu bemerken, dass in der MET die Gravitationsanziehung nicht nur von der Masse, sondern auch von den Geschwindigkeiten der Teilchen abhängt. Auf Grund dieses Umstandes wird der Gravitationskollaps abgefangen. Die MET führt auf Grund der Trägheitsinduktion und der Geschwindigkeitsabhängigkeit zu einer Abschirmung der Gravitation. Dieser Effekt der Suppression der Schwere [5] ist aber nur für die Teilchen im Inneren eines Sterns selbst wirksam. Es gibt eine obere Grenze der Gravitationswirkung. Das ist darum so, weil mit dem Anwachsen der Gravitation die Trägheit derart verstärkt wird, dass die Massen immer schwächer beschleunigen bis eine weitere Erhöhung der Gravitation zu keiner weitern Beschleunigung mehr führt. Schwarze Löcher gibt es darum im Rahmen der MET nicht. Die Konsequenzen davon sind selbstredend nicht nur für die Stellarphysik von Bedeutung, sondern auch von kosmologischer Relevanz (kosmologische Singularität/Urknall). Meldungen über die Entdeckung Schwarzer Löcher stehen zur MET nicht im Widerspruch, weil die Wirkung superdichter Objekte auf ihre Umgebung sich grundsätzlich nicht von der Wirkung Schwarzer Löcher unterscheidet. Allerdings zieht die MET umgekehrt die Entdeckung eines Schwarzen Loches im wörtlichen Sinn in Zweifel. Gilt die MET, so können sich z.B. in den Kernen von Galaxien weit mehr Massen verbergen, als sich aus den dynamischen Wirkungen folgern ließe.

Ein vom machschen Prinzip regiertes Universum ist ebenso wenig stabil, wie ein allgemein-relativistisches Universum. Eine Expansion führt zur Vergrößerung der Teilchenabstände und damit zur Reduktion der lokalen Trägheit. Aus der Theorie des machschen Prinzips lässt sich darum auch ein Einfluss auf die Form rotierender Himmelskörper errechnen. Die Erdabplattung ist eine unmittelbare Folge der Trägheitskräfte. Es ist bekannt, dass vor etwa   Jahren die Abplattung der Erde um etwa 1% größer war als heute [6]. In der Regel wird für die Abnahme der Erdabplattung eine Abnahme der Rotationsgeschwindigkeit als Folge der Gezeitenreibung verantwortlich gemacht. Es ist jedoch durchaus offen, ob die Gezeitenreibung derart säkulär wirksam werden kann. Nach Munk und MacDonald ist die Gezeitenreibung zu klein, um mehr als ein Drittel der paläogeophysikalischen Ergebnisse zu erklären. Das machsche Prinzip liefert hiervon unabhängig bereits einen Effekt in der geophysikalisch geforderten Größenordnung [7].

Grundlegende Gleichungen Bearbeiten

Die mathematische Modellierung des machschen Prinzips erfolgt durch Abänderung von Riemanns Verallgemeinerung der Lagrangeschen Mechanik:

 

durch das Weglassen des kinetischen Terms  .

Die das machsche Prinzip modulierende Lagrange-Funktion lautet dann

  und die Hamilton-Funktion ist  

Darin ist f die Newtonsche Gravitationskonstante,   und   sind die jeweiligen schweren Massen ,   ist ihr Abstand,   ist der Betrag für die Relativgeschwindigkeit der Teilchen A und B, c ist die Vakuumlichtgeschwindigkeit und   ist eine die Trägheitsinduktion modulierende Konstante. Aus der Forderung, dass lokal die allgemeinrelativistische Trägheitsinduktion gemäß Einstein mit der Trägheitsinduktion des Machschen Prinzips identisch sein soll ergibt sich exakt  . Die Summation erfolgt über alle Teilchen des Universums. Die Lagrange-Funktion   sowie die Hamilton-Funktion   sind invariant gegenüber der allgemeinen Galilei-Gruppe. Der kanonische Impuls (generalisierter Impuls) eines Teilchens A ist dann:

 

Er ist negativ gleich der Summe der Impulse aller anderen Teilchen im Kosmos [8]:

 

Es ist also dynamisch ununterscheidbar, ob sich eine Körper gegenüber dem Fixsternhimmel oder der Fixsternhimmel gegenüber dem Körper bewegt. Es ist auch sofort zu erkennen, dass in einem Ein-Teilchen-Universum überhaupt kein Impuls und folglich auch keine Trägheit dieses Teilchens definiert ist - beides so, wie Mach es sich vorgestellt hatte.


Quellen Bearbeiten

 
Theorie des Machschen Prinzips
  • Max Stenbeck und H.-J. Treder, Möglichkeiten der experimentelle Schwerkraftforschung, Akademieverlag Berlin 1984
  1. L. Lange, Die geschichtliche Entwicklung des Bewegungsbegriffs, Leipzig, Engelmann 1886
  2. H.-J. Treder, Relativität der Trägheit, Akademieverlag Berlin 1972
  3. Treder, H.J., Über die Prinzipien der Dynamik von Einstein, Hertz, Mach und Poincare', Akademieverlag Berlin 1975
  4. Hans-Jürgen Treder, Wissenschaft im Interview, Urania-Verlag Leipzig-Jena-Berlin 1979
  5. H.-J.-Treder und J.-P. Mücket, Große kosmische Systeme, Akademie-Verlag Berlin 1981
  6. W. H. Munk und G. J. F. MacDonald, The Rotation of the Earth, Cambridge 1960)
  7. E. Kreisel und H.-J. Treder, Neue Entwicklungen der Physik 1974, die Arbeit wurde am 20.07. 1973 eingereicht
  8. H.-J.-Treder und J.-P. Mücket, Große kosmische Systeme, Akademie-Verlag Berlin 1981
  • Siehe auch in die Diskussion, da entsteht gerade der weiterführende Text.

Siehe auch Bearbeiten


Kategorie:Mechanik Kategorie:Allgemeine Relativitätstheorie

PDF-Artikel Bearbeiten

http://articles.adsabs.harvard.edu/cgi-bin/nph-iarticle_query?1979AN....300..177T&data_type=PDF_HIGH&type=PRINTER&filetype=.pdf http://redshift.vif.com/JournalFiles/Pre2001/V05NO3PDF/v05n3bor.pdf

Artikelliste Bearbeiten

http://wwwitp.physik.tu-berlin.de/hellwig/publications.html

Weblinks Bearbeiten

deutschsprachige Weblinks Bearbeiten

  • Gesellschaft für Schwerionenforschung mbH Darmstadt, ART und alternative Gravitationstheorien [1]
  • Eine kompakte Darstellung theoretischen Hintergrundwissens findet sich hier: [2]

internationale Weblinks Bearbeiten

  • adsabs.harvard.edu: [3]