Bürgeln (Cölbe)

Ort in der Gemeinde Cölbe

Bürgeln ist ein Ortsteil der Gemeinde Cölbe im mittelhessischen Landkreis Marburg-Biedenkopf. Er ist nach der Kerngemeinde Cölbe der zweitgrößte Ortsteil.

Bürgeln
Gemeinde Cölbe
Wappen von Bürgeln
Koordinaten: 50° 51′ N, 8° 49′ OKoordinaten: 50° 51′ 15″ N, 8° 49′ 27″ O
Höhe: 193 (191–225) m ü. NHN
Fläche: 4,81 km²[1]
Einwohner: 1422 (Mai 2011)[2]
Bevölkerungsdichte: 296 Einwohner/km²
Eingemeindung: 1. Juli 1974
Postleitzahl: 35091
Vorwahl: 06427
Bürgeln aus der Luft
Bürgeln aus der Luft

Geographische Lage Bearbeiten

 
Nördlicher Ortseingang mit Mehrzweckhalle

Bürgeln liegt östlich der Lahnberge in Oberhessen in unmittelbarer Nähe zur Universitätsstadt Marburg und wird in Nord-Süd-Richtung vom Roten Wasser durchflossen. Östlich von Bürgeln verläuft die Bundesstraße 62. Einen Halbkreis um Bürgeln macht die Bundesstraße 3. Ab der Anschlussstelle Cölbe-Bürgeln ist die B3 Richtung Marburg autobahnähnlich ausgebaut. Bürgeln liegt an der Main-Weser-Bahn und hat daher eine sehr gute Anbindung an das Rhein-Main-Gebiet und Kassel. Die Verkehrsverbindung nach Marburg und Gießen ist durch die autobahnähnlich ausgebaute Schnellstraße, Zug und Bus sehr gut.

Geschichte Bearbeiten

 
Alte Kirche

Ortsgeschichte Bearbeiten

Soweit bekannt, wurde der Ort als Birgelin erstmals im Jahr 1273 mit Zubehör, neben Cölbe als zweiter Villikationsmittelpunkt der Grundherrschaft des reichsunmittelbaren Stifts Wetzlar urkundlich erwähnt. In erhaltenen Urkunden späterer Zeit wurde der Ort unter folgenden Ortsnamen erwähnt (in Klammern das Jahr der Erwähnung):[1] Byrgele (1334), Byrgeln (1351), Birgeln (1369), Bürgeln (1630).

Bürgeln wurde 1244 an den Ritter Andreas von Marburg zusammen mit der Vogtei der Villikation (officium villicationis) in Cölbe auf Lebenszeit gegen einen Jahreszins verpachtet. Nach seinem Tod 1273 fielen die Vogtei und Bürgeln an seinen Sohn Konrad. Nach Konrads Tod 1334 verkaufte das Stift Wetzlar seine Villikation in Bürgeln und Cölbe gegen einen Jahreszinse als erblichen Besitz mit allen Rechten an die Landgrafschaft Hessen. 1358 belehnte Landgraf Heinrich II. von Hessen die von Fleckenbühl, Nachfahren derer von Marburg, mit Bürgeln. Die Herren von Fleckenbühl trugen 1376 ihren Burgsitz der Landgrafschaft zu Lehen auf. Um 1718 befand sich das Gut derer von Fleckenbühl am nordwestlichen Rand des Dorfes, daneben befand sich ein zweiter Hof, vermutlich von den Herren von Hatzfeld, später der Scholleysche Hof. Beide Gutshöfe waren ab 1746 im Besitz derer von Fleckenbühl. Die Landgrafen von Hessen-Rumpenheim kauften 1829 diese beiden Höfe.

Hessische Gebietsreform (1970–1977)

Im Zuge der Gebietsreform in Hessen wurde die die bis dahin selbständige Gemeinde Bürgeln kraft Landesgesetze zum 1. Juli 1974 in die Gemeinde Cölbe eingegliedert.[3][4] Für Bürgeln, wie für alle ehemals eigenständigen Gemeinden von Cölbe, wurden Ortsbezirke gebildet.[5]

Burg Bürgeln Bearbeiten

Die Burg wurde erstmals 1358 urkundlich erwähnt. Die Erbauer waren wahrscheinlich die Herren von Fleckenbühl. Vermutlich vor 1726 wurde die Burg aufgegeben und zur Gewinnung von Baumaterialien abgebrochen. Von der ehemaligen Burg sind nur noch geringe Reste vorhanden.

Verwaltungsgeschichte im Überblick Bearbeiten

Die folgende Liste zeigt die Staaten und Verwaltungseinheiten,[Anm. 1] denen Bürgeln angehört(e):[1][6]

Gerichte seit 1821 Bearbeiten

Mit Edikt vom 29. Juni 1821 wurden in Kurhessen Verwaltung und Justiz getrennt. In Marburg wurde der Kreis Marburg für die Verwaltung eingerichtet und das Landgericht Marburg war als Gericht in erster Instanz für Bürgeln zuständig. 1850 wurde das Landgericht in Justizamt Marburg umbenannt.[10] Nach der Annexion Kurhessens durch Preußen 1866 erfolgte am 1. September 1867 die Umbenennung des bisherigen Justizamtes in Amtsgericht Marburg.[11][12] Auch mit dem in Kraft treten des Gerichtsverfassungsgesetzes von 1879 blieb das Amtsgericht unter seinem Namen bestehen.

Bevölkerung Bearbeiten

Einwohnerstruktur 2011 Bearbeiten

Nach den Erhebungen des Zensus 2011 lebten am Stichtag dem 9. Mai 2011 in Bürgeln 1422 Einwohner. Darunter waren 57 (4,0 %) Ausländer. Nach dem Lebensalter waren 210 Einwohner unter 18 Jahren, 615 zwischen 18 und 49, 669 zwischen 50 und 64 und 606 Einwohner waren älter.[2] Die Einwohner lebten in 633 Haushalten. Davon waren 186 Singlehaushalte, 168 Paare ohne Kinder und 201 Paare mit Kindern, sowie 60 Alleinerziehende und 18 Wohngemeinschaften. In 96 Haushalten lebten ausschließlich Senioren und in 453 Haushaltungen lebten keine Senioren.[2]

Einwohnerentwicklung Bearbeiten

Quelle: Historisches Ortslexikon[1]
• 1577: 33 (19 landgräfliche) Hausgesesse.
• 1630: 68 Hausgesessene (19 landgräflich: 1 zweispännige, 6 einspännige Ackerleute, 12 Einläuftige); (adlige: 24 Ackerleute, 22 Einläuftige).
• 1681: 31 hausgesessene Mannschaften (nur landgräflicher Anteil).
• 1838: Familien: 21 Tagelöhner, 40 nutzungsberechtigte, 27 nicht nutzungsberechtigte Ortsbürger, 20 Beisassen.

Quelle: Historisches Ortslexikon[1]

Bürgeln: Einwohnerzahlen von 1747 bis 2011
Jahr  Einwohner
1747
  
265
1800
  
?
1834
  
505
1840
  
547
1846
  
558
1852
  
587
1858
  
538
1864
  
514
1871
  
428
1875
  
454
1885
  
499
1895
  
459
1905
  
540
1910
  
576
1925
  
611
1939
  
722
1946
  
967
1950
  
976
1956
  
921
1961
  
957
1967
  
1.011
1980
  
?
1990
  
?
2000
  
?
2011
  
1.422
Datenquelle: Histo­risches Ge­mein­de­ver­zeich­nis für Hessen: Die Be­völ­ke­rung der Ge­mei­nden 1834 bis 1967. Wies­baden: Hes­sisches Statis­tisches Lan­des­amt, 1968.
Weitere Quellen: LAGIS[1]; Zensus 2011[2]

Historische Religionszugehörigkeit Bearbeiten

Quelle: Historisches Ortslexikon[1]
• 1861: alle Einwohner lutheranisch
• 1885: 473 evangelische (= 94,79 %), 9 katholische (= 1,80 %), 17 jüdische (= 3,41 %) Einwohner
• 1961: 888 evangelische (= 92,79 %), 54 katholische (= 5,64 %) Einwohner

Historische Erwerbstätigkeit Bearbeiten

Quelle: Historisches Ortslexikon[1]
• 1747: Landgräflicher Anteil: 176: ein Wagner, zwei Bender, zwei Schmiede, 5 Leineweber, drei Schneider, 5 Maurer, zwei Scherenschleifer, ein Korbmacher, zwei Schreiner, zwei Müller, ein Wirt mit Branntweinbrennerei, ein Viehhändler und -schlachter, eine Jüdin, die sich vom Stricken nährt, 11 Tagelöhner.
• 1838: Familien: 32 Ackerbau, 30 Gewerbe.
• 1961: Erwerbspersonen: 119 Land- und Forstwirtschaft, 165 Produzierendes Gewerbe, 103 Handel und Verkehr, 82 Dienstleistungen und Sonstiges.

Politik Bearbeiten

Für Bürgeln besteht ein Ortsbezirk mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher nach der Hessischen Gemeindeordnung. Er umfasst das Gebiet der ehemaligen Gemeinde Bürgeln.[5] Der Ortsbeirat besteht aus sieben Mitgliedern. Bei den Kommunalwahlen in Hessen 2021 betrug die Wahlbeteiligung zum Ortsbeirat 53,79 %. Dabei wurden gewählt: zwei Mitglieder der SPD, ein Mitglieder des Bündnis 90/Die Grünen und vier Mitglieder der Liste „Gemeinsam aktiv für Bürgeln (GVB)“.[13] Der Ortsbeirat wählte Sebastian Reichel zum Ortsvorsteher.[14]

Sehenswürdigkeiten Bearbeiten

  • Burg Bürgeln
  • Heimatmuseum
  • Alte Kirche Bürgeln aus dem frühen 12. Jahrhundert mit später aufgesetztem Fachwerkobergeschoss
  • Alte Ohmbrücke

Wirtschaft und Infrastruktur Bearbeiten

Im Ort gibt es mehrere kleinere Unternehmen, eine Grundschule, einen Kindergarten mit einer Hortgruppe, die Freiwillige Feuerwehr sowie eine evangelische Kirche. Am nördlichen Ortseingang gibt es eine Mehrzweckhalle. Über den Bahnhof Bürgeln ist der Ort an die Bahnverbindung Marburg – Kassel (Main-Weser-Bahn) angeschlossen.

Bürgeln verfügt über drei Spielplätze und einen Bolzplatz. Am westlichen Ortsrand liegen der Fußballplatz und die Grillhütte. Der Ort gehört zur Pfarrgemeinde „St. Cyriakus und St. Johannes der Täufer“.

Persönlichkeiten Bearbeiten

Literatur Bearbeiten

  • Rudolf Knappe: Mittelalterliche Burgen in Hessen. 800 Burgen, Burgruinen und Burgstätten. 3. Auflage. Wartberg-Verlag, Gudensberg-Gleichen 2000, ISBN 3-86134-228-6, S. 247.
  • Heinrich Heimrich: Ein historisches Ohmtaldorf, Teil 1-4. ungedruckt, 1995 (buergeln.de).
  • Heinrich Seibel: Chronik des Dorfes Bürgeln. Selbstverlag, Bürgeln 1978 (buergeln.de [PDF]).
  • Heinrich Seibel: Bürgeln um die Jahrhundertwende - Ergänzung zur Chronik des Dorfes. Selbstverlag, Bürgeln (buergeln.de [PDF]).
  • Heinrich Seibel, Bürgeln (Pläne).
  • HOL Marburg, S. 46 f.
  • Literatur über Bürgeln nach Register nach GND In: Hessische Bibliographie
  • Suche nach Bürgeln (Cölbe). In: Archivportal-D der Deutschen Digitalen Bibliothek

Weblinks Bearbeiten

Commons: Bürgeln – Sammlung von Bildern

Anmerkungen und Einzelnachweise Bearbeiten

Anmerkungen

  1. Bis zur Trennung der Rechtsprechung von der Verwaltung waren die Ämter sowohl Gericht als auch Verwaltungsorgan.
  2. Trennung von Justiz (Landgericht Marburg) und Verwaltung.

Einzelnachweise

  1. a b c d e f g h Bürgeln, Landkreis Marburg-Biedenkopf. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 17. Oktober 2018). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
  2. a b c d Ausgewählte Daten über Bevölkerung und Haushalte am 9. Mai 2011 in den hessischen Gemeinden und Gemeindeteilen. (PDF; 1,0 MB) In: Zensus 2011. Hessisches Statistisches Landesamt, S. 26 und 66, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 27. Oktober 2020;.
  3. Gesetz zur Neugliederung der Landkreise Biedenkopf und Marburg und der Stadt Marburg (Lahn) (GVBl. II 330-27) vom 12. März 1974. In: Der Hessische Minister des Innern (Hrsg.): Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen. 1974 Nr. 9, S. 154, § 6 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 3,0 MB]).
  4. Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27.5.1970 bis 31.12.1982. W. Kohlhammer, Stuttgart / Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 403.
  5. a b Hauptsatzung. (PDF; 2,78 MB) § 4. In: Webauftritt. Gemeinde Cölbe, abgerufen im September 2021.
  6. Michael Rademacher: Land Hessen. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
  7. Georg Landau: Beschreibung des kurfürstenthums Hessen. T. Fischer, Kassel 1842, S. 370 (online bei HathiTrust’s digital library).
  8. Kur-Hessischer Staats- und Adress-Kalender: 1818. Verlag d. Waisenhauses, Kassel 1818, S. 100 f. (online bei Google Books).
  9. Verordnung vom 30sten August 1821, die neue Gebiets-Eintheilung betreffend, Anlage: Übersicht der neuen Abtheilung des Kurfürstenthums Hessen nach Provinzen, Kreisen und Gerichtsbezirken. Sammlung von Gesetzen etc. für die kurhessischen Staaten. Jahr 1821 – Nr. XV. – August. (kurhess GS 1821) S. 73 f.
  10. Neueste Kunde von Meklenburg, Kur-Hessen, Hessen-Darmstadt und den freien Städten, aus den besten Quellen bearbeitet. im Verlage des G. H. G. privil. Landes-Industrie-Comptouts., Weimar 1823, S. 158 ff. (online bei HathiTrust’s digital library).
  11. Verordnung über die Gerichtsverfassung in vormaligen Kurfürstentum Hessen und den vormals Königlich Bayerischen Gebietstheilen mit Ausschluß der Enklave Kaulsdorf vom 19. Juni 1867. (PrGS 1867, S. 1085–1094)
  12. Verfügung vom 7. August 1867, betreffend die Einrichtung der nach der Allerhöchsten Verordnung vom 19. Juni d. J. in dem vormaligen Kurfürstentum Hessen und den vormals Königlich Bayerischen Gebietstheilen mit Ausschluß der Enklave Kaulsdorf, zu bildenden Gerichte (Pr. JMBl. S. 221–224http://vorlage_digitalisat.test/1%3D%7B%7B%7B1%7D%7D%7D~GB%3D~IA%3D~MDZ%3D%0A10509837~SZ%3D237~doppelseitig%3D~LT%3DPr.%20JMBl.%20S.%20221%E2%80%93224~PUR%3D)
  13. Ergebnis der Ortsbeiratswahlen Bürgeln. In: Votemanager. Gemeinde Cölbe, abgerufen im September 2023.
  14. Ortsbeirat Bürgeln. In: Ratsinformationssystem. Gemeinde Cölbe, abgerufen im September 2023.