Wochenmarktparagraph

Regelung über bewegliche Gewerberäume im Kontext von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen in § 312b (1) BGB

Unter dem Wochenmarktparagraphen versteht man im deutschen Privatrecht eine Ausnahme von den Verbraucherschutzvorschriften, die bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträgen im Sinne des § 312b Abs. 2 BGB gelten und die zur Umsetzung der Richtlinie 2011/83/EU (Verbraucherrechte-Richtlinie) mit Wirkung zum 13. Juni 2014 in das Bürgerliche Gesetzbuch eingefügt wurden.[1][2] Demnach gelten auch

„bewegliche Gewerberäume, in denen der Unternehmer seine Tätigkeit für gewöhnlich ausübt“,

als Geschäftsräume. Dem Verbraucher steht grundsätzlich auch bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen – wie bei Fernabsatzverträgen – ein Widerrufsrecht gemäß § 355 BGB zu (§ 312g Abs. 1 BGB). Davon sind gem. § 312g Abs. 3 BGB nur außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge ausgenommen, bei denen dem Verbraucher bereits nach § 305 Abs. 1 bis 6 des Kapitalanlagegesetzbuchs ein Widerrufsrecht zusteht (Kauf von Anteilen oder Aktien eines offenen Investmentvermögens).

Beispiele Bearbeiten

Folgende Geschäftsräume zählen zu den „beweglichen Gewerberäume, in denen der Unternehmer seine Tätigkeit für gewöhnlich ausübt:“[3]

  • saisonale Verkaufsstände (z. B. in Skigebieten oder Seebadeorten)
  • Messen und Ausstellungen im Sinne der § 64, § 65 Gewerbeordnung (GewO), es sei denn, es werden dort fachfremde Waren oder Dienstleistungen angeboten, mit denen der Verbraucher auf dem betreffenden Markt oder der betreffenden Messe nicht rechnen muss[4][5]
  • Wochenmärkte, es sei denn, dem Verbraucher werden untypischerweise fachfremde, für einen Wochenmarkt untypische Waren angeboten.

Die Anwendung des Kriteriums der gewöhnlichen Ausübung der Tätigkeit des Unternehmers auch auf Markt- und Messestände erfolgte vor dem Hintergrund, Verbraucherinnen und Verbraucher vor übereilten Vertragsschlüssen zu schützen, insbesondere in Fällen, in denen sie nicht mit einem Vertragsschluss über bestimmte Waren rechnen müssen. Eine solche Situation wird regelmäßig nicht vorliegen, wenn der Verbraucher auf einem Wochenmarkt einkauft, an dem dieselben Händler ihre Marktstände aufbauen und für einen Wochenmarkt typische Waren verkaufen.

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. vgl. Änderung § 312b BGB vom 13. Juni 2014 buzer.de, abgerufen am 24. September 2021.
  2. Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie und zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung vom 20. September 2013, BGBl. I S. 3642
  3. Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie und zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung BT-Drs. 17/12637 vom 6. März 2013, S. 49 f.
  4. Geschäfte am Messestand – und ihr Widerruf Rechtslupe.de, 25. Februar 2016 zu AG Pinneberg, Urteil vom 11. Januar 2016 - 68 C 7/15
  5. BGH, Urteil vom 4. Oktober 2019 - VIII ZR 244/16