Wo hast du nur die schönen blauen Augen her

Schlagersong

Wo hast du nur die schönen blauen Augen her fragt der Kehrreim eines Foxtrotschlagers, den der Komponist Ralph Erwin Vogl unter seinem Künstlernamen Ralph Erwin als sein Opus 51 geschrieben hat. Den Text darauf dichtete der Librettist Robert Katscher. Das Lied erschien 1923 im Wiener Bohème-Verlag (Otto Hein), Berlin-Wien-New York.[1]

Hintergrund Bearbeiten

Der Liedtext erzählt über drei Strophen hinweg von Max, einem „feinen Herren“, der „ein Milliardär“ war und „all sein Geld“ verlor, nicht aber seinen Charme, den „marineblauen Blick“, weswegen er noch immer für die Frauen anziehend wirkt. Wie zum Beweis dafür, dass er, wenn „sein Blick auch etwas getrübt“, noch immer „weiss, wie man Frau'n betören kann“, singt er den Refrain

Wo hast du denn die schönen blauen Augen her,
So treu, so lieb, so rein?
Ich glaube fast, das sind schon keine Augen mehr,
Das müssen Sterne sein!
Wetten möcht' ich, diese blaue Pracht
Die ist nicht vom lieben Gott gemacht.
Es gibt ja nichts, das blau wie deine Augen wär'
Gesteh drum endlich ein.
Wo hast du nur die schönen blauen Augen her,
So treu, so lieb, so rein!

Davon aber, dass blaue Augen nicht nur als Sinnbild für Treue und Beständigkeit, sondern auch als Zeichen von Einfalt, ja Ahnungslosigkeit[2] verstanden werden können, machten zeitkritische Schriftsteller wie Josef Maria Frank schon zur Entstehungszeit des Schlagers bewusst Gebrauch.[3]

Interpreten Bearbeiten

Das Shimmylied wurde in Deutschland durch die Tenoristen Theo Lucas bei Vox, Walter Herrling bei Beka und Erich Zimmermann bei Odeon auf die Grammophonplatte gesungen. Als Tanzstück spielten es instrumental so bekannte Orchester wie Dajos Béla (unter seinem Zweitpseudonym Sándor Józsi), Bernard Etté, Marek Weber und Efim Schachmeister ein.

Mit Chorgesang nahm es der Kapellmeister Carl Woitschach bei Vox auf, ebenso die Hausorchester bei Homocord, Star Record[4] und Isiphon. Auch der Kunstpfeifer Guido Gialdini, eine bekannte Größe im internationalen Varietégeschäft, machte von dem Titel eine Aufnahme. Für die Besitzer elektrischer Klaviere erschien er auch als Notenrolle im Handel.

In Österreich nahm der Chansonnier Jacques Rotter das Lied am 28. Jänner 1924 mit Orchesterbegleitung für Odeon A 306.779 (Matr. Ve 1130) auf.[5]

In Amerika sang am 13. März 1924 der Tenor Adolf Engel den Schlager bei der Victor Talking Machine Company in New York auf die Grammophonplatte.[6] Begleitet wurde er vom Victor Schrammel-Orchester unter der Leitung von Nathaniel Shilkret.

Weiterwirken Bearbeiten

Der rasch populär gewordene Liedtext, der deshalb auch zu parodistischer Verfremdung anregte,[7] wurde bald auch in der zeitgenössischen Literatur zitiert, so z. B. von Alfred Döblin in seinem Reisejournal aus dem Jahre 1924, in welchem er von einem Besuch in Polen auf der Suche nach seinen jüdischen Wurzeln berichtet,[8] und von Rudolf Presber in seinem 1926 erschienenen Roman Haus Ithaka.[9] Siegfried Kracauer bemühte die Zeile in seinem Gesellschaftsroman Georg, den er zwar 1933 fertiggestellt hatte, der jedoch in Deutschland erst 1971, fünf Jahre nach seinem Tod, veröffentlicht wurde.[10]

Der Liedtext wird auch noch in der neueren erzählenden Literatur zitiert, z. B. von Wilhelm Nolting-Hauff in seinem 1966 im Verlag Friedrich Trüjen erschienenen Roman Hinter dem Nichts.[11] Im selben Jahr zitiert ihn auch Josef Vital Kopp in seinem Roman Die Tochter Sions.[12] Ebenso ist er erwähnt auf S. 38 in dem nur 58 Seiten starken Erzählbändchen Till tollt immer noch von Ernst Behrends, das 1968 im Europäischen Verlag herauskam.[13]

Wolfgang Kaftan erwähnt die Refrainzeile in seinen Erinnerungen eines Puppenspielers, die er unter dem Titel Als wärs kein Kopf aus Holz-- 1982 im Europäischen Verlag publizierte.[14] Zuletzt zitiert sie Martin Genahl in seinem 2014 im Emons-Verlag erschienenen, in der Zeit der Weimarer Republik spielenden Kriminalroman Der Tag an dem es Kapitalisten regnete.[15]

Nach 1945 wurde das Lied noch von Marlene Dietrich[16] und André Heller[17] auf Langspielplatte gesungen. Auch das Orchester Hans Last nahm mit der Vokalgruppe Die Rosenkavaliere den Titel 1963 bei Polydor auf LP auf,[18] ebenso 1964 bei Philips das Orchester Béla Sanders, das die „Rixdorfer Sänger“ begleitete,[19] und 1966 das Gesangsduo „Kerry & Kaye“ mit dem Orchester des Komponisten Peter Thomas, der durch seine Musik zu der Zukunfts-Fernsehserie Raumpatrouille bekannt wurde.[20]

Notenausgaben Bearbeiten

  • Wo hast du nur die schönen blauen Augen her? Lied und Shimmy. Text von Dr. Robert Katscher. Musik von Ralph Erwin. Op. 51. Wiener Boheme Verlag (Otto Hein), Wien/ Berlin 1923. Verlags-Nr. W. B. V. 547.
  • Wo hast du nur die schönen blauen Augen her? Lied und Shimmy. Text von Dr. Robert Katscher. Musik von Ralph Erwin. Op. 51. Gesang und Klavier. BMG UFA Musikverlage, Lief.-Nr. UFA14737

Tondokumente Bearbeiten

a) gesungen

  • Wo hast du nur die schönen blauen Augen her? Lied und Shimmy (Ralph Erwin). Tenor Theo Lucas. Schallplatte „Grammophon“ 14 798 / B 42 079 (Matr. 1285 ax), aufgen. Berlin, Februar 1924[21]
  • „Wo hast du nur die schönen blauen Augen her?“ Shimmy (Ralph Erwin) Bohème-Orchester mit Gesang [= Tenor Walter Herrling, Dirigent Johannes Lasowski]. Beka No. 32 255, aufgen. 11. Jänner 1924[22]
  • Wo hast du nur die schönen blauen Augen her : Shimmy (Ralph Erwin) Tenor Erich Zimmermann mit Orchester C. Woitschach. Odeon 312.618 (Matr. xBe 3959), aufgen. Berlin, 22. November 1923
  • „Wo hast du nur die schönen blauen Augen her ...?“ Foxtrot (R. Erwin) Vox-Orchester mit Gesang. Leitung: Kapellmeister C. Woitschach. Vox 1579 (Matr. 2170 B)
  • Wo hast du nur die schönen blauen Augen her? (Text von Rob. Katscher, Musik von Ralph Erwin) Homocord-Orchester mit Refraingesang. Homocord B. 1660 (Matr. M 17321-1) im wax A 1 4 24 ; C 24 B
  • Wo hast du nur die schönen blauen Augen her? (Uhl) Isiphon-Blas-Orchester mit Refraingesang. Isiphon-Concert-Record 126 a (Matr. 6379*)[23]
  • Wo hast du nur die schönen blauen Augen her ? Shimmy-Fox (Ralph Erwin) „Star“-Streich-Orchester mit Refraingesang. Star-Record Nr. 2019 (Matrizen-Nr. 7004)

b) instrumental

  • Wo hast du nur die schönen blauen Augen her : Shimmy (Ralph Erwin) Kapelle Sándor Józsi. Odeon A 44 300 (Matr. xBe 3940), aufgen. Berlin, 14. November 1923
  • Wo hast du nur die schönen blauen Augen her? Lied und Shimmy (Ralph Erwin). Efim Schachmeister mit seinem Künstler-Ensemble vom Pavillon Mascotte, Berlin. Schallplatte „Grammophon“ 19 158 / B 60 318 (Matr. 344 az)
  • „Wo hast du nur die schönen blauen Augen her?“ Foxtrot (R. Erwin) Orchester Bernard Etté. Vox 01550 (Matr. 1649 A)
  • Wo hast du nur die schönen blauen Augen her : Shimmy (Ralph Erwin) Marek Weber und sein Orchester. Parlophon P. 1590-II (Matr. 2-6575), aufgen. Berlin 27. November 1923
  • Wo hast du nur die schönen blauen Augen her? Shimmy von Erwin. Streich-Orchester. Stradivari Record G 421-A (Matr. Zw 3345)

c) gepfiffen

  • Wo hast du nur die schönen blauen Augen her : Shimmy (Ralph Erwin) Pfeifkünstler Guido Gialdini mit Orchester. Odeon 312.647 (Matr. Be 4047), aufgen. Berlin, 22. Januar 1924

Notenrollen

  • Welte Mignon #561-2 Wo hast du nur die schönen blauen Augen her, Lied und Shimmy von Ralph Erwin.[24]
  • Philag No. 5116 Tanzrolle (Notenrolle „PHILAG“ der Firma J. D. Philipps, Frankfurt am Main, um 1924): Wo hast du nur die schönen blauen Augen her, Shimmy op. 51 von Ralph Erwin[25]

Literatur Bearbeiten

  • Wolfgang Hirschenberger, Herbert Parnes: Diskographie der österreichischen Popularmusik. Tanz-, Jazz- und U-Musikaufnahmen 1900–1958. Wien 2013. (grammophon-platten.de)
  • Helmut Kirchmeyer: Igor Strawinsky – Zeitgeschichte im Persönlichkeitsbild. Grundlagen und Voraussetzungen zur modernen Konstruktionstechnik. (= Kölner Beiträge zur Musikforschung. Band 10). Verlag G. Bosse, Regensburg 1958, S. 412.
  • Berthold Leimbach: Tondokumente der Kleinkunst und ihre Interpreten, 1898–1945. Eigenverlag, Göttingen 1991, DNB 911350551.
  • Richard Mentele, Mercedes De Acosta: Auf Liebe eingestellt: Marlene Dietrich’s schöne Kunst. (= Bollmann-Bibliothek. Band 11). Verlag Bollmann, 1993, ISBN 3-927901-31-8, S. 178.
  • Karin Ploog: Als die Noten laufen lernten...: Geschichte und Geschichten der U-Musik bis 1945. Erster Teil, Verlag BoD – Books on Demand, 2016, ISBN 978-3-7347-4508-9, S. 209.
  • Charles Davis Smith, Richard J. Howe: The Welte-Mignon: its music and musicians. Vestal Press for the Automatic Musical Instrument Collectors’ Association, 1994, ISBN 1-879511-17-7, S. 255, 465, 919.
  • Rudolf Ulrich: Österreicher in Hollywood. Verlag Filmarchiv Austria, 2004, ISBN 3-901932-29-1, S. 228.
  • Manfred Weihermüller, Heinz Büttner, Rainer E. Lotz (Hrsg.): Deutsche National-Discographie – Discographie der deutschen Kleinkunst. Band 6, Verlag B. Lotz, Bonn 2002, ISBN 3-9805808-7-3, S. 1685.

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Notentitel mit Jllustration von Otto Dely abgeb. bei zvab.com (retrieved 11-09-16), auch bei Imagesmusicales.be
  2. vgl. on line Duden: blauäugig = naiv, ahnungslos, weltfremd, arglos, treuherzig. Noch heute bezeichnet man Menschen, denen man Unbedarftheit attestieren möchte, als „blauäugig“. Vgl. Lutz Röhrich: Lexikon der sprichwörtlichen Redensarten. Band 1: A–Hampelmann. Neuausgabe. Verlag Herder, Freiburg im Breisgau/ Basel/ Wien 2009, ISBN 978-3-9811483-8-1, „blauäugig“, S. 210.
  3. Frank zitiert die Refrainzeile in seinem satirischen Gedicht Abbau-Spiel, das er 1924 in der von Parvus herausgegebenen, im ‘Verlag für Sozialwissenschaft’ erschienenen Zeitschrift Die Glocke publizierte (Die Glocke, Band 10, Ausg. 14-26, S. 532 : „O Republik, es war dein eigener, starker Wille, dich selber zu erhalten, als du Abbau riefst. [...] O Republik, wo hast du nur die schönen, blauen Augen her — ?“ )
  4. Schallplattenfabrik "Star-Record", Inhaber Ernst Hesse & Co., Berlin SO. 26, Elisabeth-Ufer 52, vgl. user ‘berauscht’ Mi Feb 15 2012, 11:00 bei grammophon-platten.de
  5. vgl. Hirschenberger-Pames S. 226.
  6. Victor 77 430, Matr. B-29 707, vgl. D.A.H.R (Discography of American Historical Recordings) bei ucsb.edu
  7. Alice Scheerer überliefert aus den 1920er Jahren den Scherzvers („summte meine Großmutter, wenn sie besonders gut gelaunt war“) „Wo hast du die schönen blauen Augen her? Bei Tietz gekauft, hat keine mehr!“, in: Firmengeschichten: Das Erholungsheim der Tietz-AG, bei slowlifelab.de (Memento vom 16. September 2016 im Internet Archive), 1. Juli 2015 ; auf Scherzpostkarten wurden die “Blauen Augen” des Liedtextes mit den „Veilchen“ assoziiert, die man sich beim Boxen einhandeln kann, vgl. Künstler-Ansichtskarte 1927 bei akpool.de (aufgerufen 12.09.16)
  8. Reise in Polen. Reisejournal aus dem Jahr 1924. Neuauflage. S. Fischer Verlag, 2016, ISBN 978-3-596-90478-5: „Und gleich kommen Musikalien: »Wenn ich dich seh, dann muß ich weinen«, »Wo hast du nur die schönen blauen Augen her?« Es ist ein Wiedersehen.“
  9. Haus Ithaka. Roman (1926). Neudruck Verlag BoD – Books on Demand, 2015, auf S. 21 : „Wie auf Kommando ... setzte jetzt der alte Orgelmann ein, der zweimal die Woche ...das Bad mit der verstimmten Orgel abgraste und dazu mit einer niemals schön gewesenen, verrosteten Stimme sang: ‚Wo hast du nur die schönen blauen Augen her!‘“
  10. Siegfried Kracauer: Georg. Gesellschaftsroman (1933, erste Veröffentlichung posthum 1971 in Schriften, Band 1). Suhrkamp Verlag, 2013, ISBN 978-3-518-46459-5: „Das alles ganz automatisch ... wo hast du denn die schönen blauen Augen her – »Hallo, Toni« ... Dort stand, immer neu von den Tanzenden überdeckt, eine junge Frau, deren blauer, enganliegender Kittel bis zum Hals hinauf zugeknöpft war.“
  11. Wilhelm Nolting-Hauff: Hinter dem Nichts. Roman. Verlag Friedrich Trüjen, 1966, DNB 457710209, S. 242 „‚Wo hast du nur die schönen blauen Augen her?‘ fragte er sich, von Hohn erfüllt, im stillen.“
  12. Josef Vital Kopp: Die Tochter Sions. Roman. Rex-Verlag, 1966, DNB 457273275, S. 212: „...zu irgend einem ältlichen Schlager Lenzingers vernahm: «Wo hast du nur die schönen blauen Augen her?»“
  13. Till tollt immer noch. Heitere Erzählungen von Ernst Behrends. Europäischer Verlag, Wien 1968, DNB 456050892
  14. Wolfgang Kaftan: Als wärs kein Kopf aus Holz -- : Erinnerungen eines Puppenspielers. Europäischer Verlag, Wien 1982, DNB 840240015, S. 26: “Hanno, der »Hofnarr Haus Heydens«, der als Kasper mir beinahe Konkurrenz gemacht hätte, muß seinen Lieblingsschlager »Wo hast Du nur die schönen blauen Augen her« auf meinen Vorschlag vorsingen”
  15. „Dieses Mal durfte sogar gesungen werden. Die Wahl fiel auf den altbewährten Shimmy ‚Wo hast du nur die schönen blauen Augen her!‘, eigentlich eine sichere Bank, wenn es galt, eine träge Zuhörerschaft für sich zu gewinnen...“
  16. auf ihrem LP-Album “Marlene singt Berlin”, Berlin (1965). Liedtext und Tonaufnahme bei lyrics.wikia.com
  17. auf dem Vinyl LP-Album “Ausgerechnet Heller. André Heller Singt Schnulzen, Schlager, Chansons Aus Den 20er, 30er Und 40er Jahren”, Label Mandragora #38842, veröffentlicht 1979, Seite B 1.4
  18. Vinyl-LP Polydor, Labelnummer 237 142, track A 4.3 Wo Hast Du Nur Die Schönen Blauen Augen Her, (discogs.com)
  19. LP Philips P 48 003 L, „Erinnern Sie Sich?“, track 40, vgl. musik-sammler.de
  20. Vinyl-LP Polydor, Labelnummer 249 102 STEREO, track A 4.3 Wo Hast Du Nur Die Schönen Blauen Augen Her. Written By – Erwin, Katscher
  21. anzuhören auf youtube.com, label abgeb. bei ebaystatic.com (retrieved 11-09-16)
  22. label abgeb. bei alt-berlin-archiv.de
  23. label abgeb. bei discogs.com ; mit “Uhl” ist vermutlich der Arrangeur Martin Uhl gemeint, der statt des Komponisten Erwin hier angegeben wird
  24. vgl. Smith-Howe S. 255.
  25. anzuhören auf youtube.com (Sammlung Jörg Einert)