Windleitblech

Bauelement vom Dampflokomotiven zum Schutz des Führerstandes

Windleitbleche sind Ausrüstungsteile von Fahrzeugen der Eisenbahn.

Bilder zur Windleitblech-Entwicklung der Aerodynamischen Versuchsanstalt aus den 1920er Jahren[1]

Dampflokomotiven Bearbeiten

Funktion Bearbeiten

Sie dienen an Dampflokomotiven dazu, den Fahrtwind so zu beeinflussen, dass der aus dem vorn liegenden Schornstein ausgestoßene Rauch und Abdampf (der Dampfmaschine der Lokomotive) von den Fenstern des Führerstandes weggelenkt wird. Zu diesem Zweck wurden die von Albert Betz an der Aerodynamischen Versuchsanstalt Göttingen entwickelten Windleitbleche beiderseits des Schornsteins parallel zum Langkessel angebracht.[2] Die Verwendung von Windleitblechen ist sinnvoll, da ohne sie insbesondere bei Fahrgeschwindigkeiten oberhalb von 80 km/h die Streckensicht des Lokpersonals durch Rauch und Abdampf stark behindert werden.

Einsatz Bearbeiten

Die Verbreitung von Windleitblechen an Dampflokomotiven war je nach Bahngesellschaft unterschiedlich. Sie wurden ab Mitte der 1920er Jahre häufig bei Lokomotiven der Deutschen Reichsbahn und der französischen SNCF verwendet. Später hat die Deutsche Bundesbahn ebenso wie die Deutsche Reichsbahn Windleitbleche bei Dampflokomotiven beibehalten.

Für die Lokomotiven mancher Bahngesellschaften gehörten Windleitbleche und ihre besondere Ausformung zu einem unverwechselbaren Erscheinungsbild. Beispielsweise hatten die Dampflokomotiven der Vorkriegs-Reichsbahn großflächige Bleche, die vom Kesselumlauf oberhalb der Räder bis unterhalb der Schornsteinhöhe aufragten und am oberen Rand einen Knick hatten, damit sie der Fahrzeugbegrenzungslinie folgen. Diese große, für die meisten Einheitslokomotiven so charakteristische Windleitblechbauart unterschied man seinerzeit noch in eine kleine, mittelgroße und große Unterbauart. Später wurden sie nach dem langjährigen Bauart-Dezernenten der Reichsbahn, Richard Paul Wagner, als Wagner-Windleitbleche bezeichnet, obwohl die Konstruktion nicht auf ihn zurückzuführen ist.[3]

Friedrich Witte führte 1943 zusammen mit Professor Mölbert von der Universität Hannover Windkanalversuche mit der 52 2328 durch. Deren Ergebnis war das kleinere Witte-Windleitblech, welches nicht mehr bis zum Kesselumlauf oder gar zur vorderen Pufferbohle herabreichte. Das neue Windleitblech sparte erheblich Material bei zugleich verbesserter Streckensicht des Lokpersonals. Windleitbleche dieser Bauart wurden nach dem Krieg bei der DR und DB vielfach anstelle der größeren Wagner-Windleitbleche bei fabrikneuen oder umgebauten Dampflokomotiven angebracht und fanden in der Nachkriegszeit auch bei Bahnen im Ausland Anwendung.

Besondere Windleitbleche sollten die Dampflokomotiven der Baureihe 01.5 erhalten, welche nach vorne oben spitz zuliefen. Die sogenannten „Fledermausohren“ bewährten sich aber nicht, und es wurden stattdessen Leitbleche angebaut, die den Witte-Windleitblechen ähnlich waren.

Die Japanische Regierungseisenbahn führte ab Anfang der 1930er ebenfalls Windleitbleche ein. Neu gebaute sowie ältere Lokomotiven erhielten Windleitbleche, die den deutschen Wagner-Blechen ähnelten. In den 1950er wurden dann bei Maschinen der Klassen C57 und C11 Windleitbleche eingeführt, die den Witte-Blechen ähnelten und Montesu genannt wurden.

Bahngesellschaften in den USA, Südafrika und diversen europäischen Staaten führten in der Zwischenkriegszeit ebenfalls Windleitbleche ein, die den Wagner-Blechen ähnelten. Nach dem Krieg kamen teilweise auch kleinere, den Witte-Blechen ähnelnde Ausführungen zum Einsatz.

In mehreren osteuropäischen Ländern (Polen, Bulgarien) wurden die Windleitbleche auf dem Kessel direkt neben dem Schornstein angebracht, wie beispielsweise bei der PKP-Baureihe TKt48. Ähnliches gilt für viele stromlinienförmig verkleidete Dampflokomotiven, zum Beispiel der DR-Baureihe 01.10.

Bildergalerie Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Sven Grünewald: Wiege der Luftfahrtforschung. In: Polygo Verlag GmbH & Regionalverband Südniedersachsen e.V. (Hrsg.): RegJo. Nr. 54. Polygo Verlag GmbH, 2010, ISSN 1615-5696, S. 28.
  2. Wolf-Heinrich Hucho: Aerodynamik der stumpfen Körper. Physikalische Grundlagen und Anwendungen in der Praxis. Vieweg + Teubner, Wiesbaden 2011, ISBN 978-3-8348-1462-3, S. 307.
  3. Alfred B. Gottwaldt: Wagners Einheitslokomotiven. Die Dampflokomotiven der Reichsbahn und ihre Schöpfer. EK-Verlag, Freiburg 2012, ISBN 978-3-88255-738-1, S. 6