Wilhelm von Auvergne

scholastischer Philosoph

Wilhelm von Auvergne, lat. Guillelmus Alverniensis, franz. Guillaume d’Auvergne, (* um 1180 in Aurillac; † 30. März 1249 in Paris) war scholastischer Philosoph und Theologe.

Opera omnia, 1674

Wilhelm von Auvergne studierte an der Sorbonne in Paris und wurde nach erfolgreichem Studienabschluss dort auch mit einem Lehrauftrag für Theologie betraut. 1228 wurde Wilhelm von Auvergne zum Bischof von Paris geweiht und war als solcher ein Ratgeber des jungen Königs Ludwig IX., dem er 1244 auf dessen Krankenbett das Kreuzzugsgelübde abnahm.

Er war einer der ersten Rezipienten des aristotelischen Gesamtwerkes und versuchte eine „Synthese von neuplatonisch-augustinisch orientierter Theologie und aristotelischer Wissenschaftlichkeit.“[1]. In seinem Anti-Rationalismus bereitet er den späteren Augustinismus vor.

In seinen Schriften „De universo“, „De anima“, „De animae immortalitate“ und „De veritate“ hält er sich an Aristoteles, die Araber und Hermes Trismegistos. Er unterscheidet in den letztgenannten Texten eine sechsfache Wahrheit, indem dieselbe

  1. die Sache selbst,
  2. das Gegenteil des Scheins,
  3. die Unvermischtheit,
  4. das Wesen,
  5. das Wesen Gottes,
  6. die Widerspruchslosigkeit in den Begriffen und Urteilen bezeichnet.

Auch leugnete er die Ewigkeit der Welt und suchte die Verschiedenheit der menschlichen Seele vom Leib samt deren Einfachheit und Unsterblichkeit darzutun.

Die Schrift „De anima“ gilt als erste scholastische Schrift, die erkenntnistheoretische Fragen problematisiert. An die nicht-aristotelische Philosophie des Geistes knüpft später Meister Eckhart an.[1]

  • Ein Werkverzeichnis mit Editionen und Übersetzungen bei Rolf Schönberger et al. (Hrsg.), Repertorium edierter Texte des Mittelalters aus dem Bereich der Philosophie und angrenzender Gebiete, 4 Bd.e, Berlin 2011, S. 1642–1647.
  • Opera Omnia von F. Hotot, Paris-Orléans-Paris 1674, 2 Bände (nachgedruckt bei Edition Minerva, Frankfurt/M. 1963)
  • Digitalisate der BSB München
  • De immortalitate animae, in: Georg Bülow, hg.: Des Dominicus Gundissalinus Schrift von der Unsterblichkeit der Seele nebst einem Anhange, enthaltend die Abhandlung des Wilhelm von Paris (Auvergne) De immortalitate animae, in: Beiträge zur Geschichte der Philosophie des Mittelalters II-3, Münster 1897, Digitalisat bei archive.org
  • Postilla super epistolas et evangelia (Mora 1481). Richard Paffraet, Deventer nicht vor 1481 (Digitalisat)
  • Rhetorica divina, Kilian Fischer, Freiburg im Breisgau vor 1491, Digitalisat der Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf

Literatur

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  • Helmut Borok: Der Tugendbegriff des Wilhelm von Auvergne (1180-1249). Eine moralhistorische Untersuchung zur ideengeschichtlichen Rezeption der aristotelischen Ethik. Patmos-Verlag, Düsseldorf 1979, ISBN 3-491-78444-1.
  • Jan Rohls: Wilhelm von Auvergne und der mittelalterliche Aristotelismus. Gottesbegriff und aristotelischer Philosophie zwischen Augustin und Thomas von Aquin. Kaiser, München 1980, ISBN 3-459-01280-3.
  • Bruno Switalski (Hrsg.): De Trinitate. William of Auvergne. Pont. Inst. of Mediaeval Studies, Toronto 1976, ISBN 0-88844-034-0.
  • James Reginald O’Donnell (Hrsg.): The De Bono et Malo of William of Auvergne, text, introduction, and brief analytical studies. Diss. Toronto 1946.
  • Thomas Pitour: Wilhelm von Auvergnes Psychologie. Von der Rezeption des aristotelischen Hylemorphismus zur Reformulierung der Imago-Dei-Lehre Augustins. Schöningh Verlag, Paderborn 2010.
  • Brigitte Uhlemann: Wilhelm von Auvergne. In: Jürgen Mittelstraß (Hrsg.): Enzyklopädie Philosophie und Wissenschaftstheorie. 2. Auflage. Band 8: Th – Z. Stuttgart, Metzler 2018, ISBN 978-3-476-02107-6, S. 504 f. (mit ausführlichem Werk- und Literaturverzeichnis)
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Einzelnachweise

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  1. a b Brigitte Uhlemann: Wilhelm von Auvergne. In: Jürgen Mittelstraß (Hrsg.): Enzyklopädie Philosophie und Wissenschaftstheorie. 2. Auflage. Band 8: Th - Z. Metzler, Stuttgart 2018, ISBN 978-3-476-02107-6, S. 504
VorgängerAmtNachfolger
BarthélemyBischof von Paris
1228–1249
Walter II. de Château-Thierry