Wechsel (Konstruktionslehre)

Arbeitsmethoden in der Konstruktionslehre

Gliedwechsel, Formenwechsel, Lagenwechsel, Zahlenwechsel und Griffwechsel sind systematische Arbeitsmethoden in der Konstruktionslehre.[1][2] Sie werden vorwiegend bei der Konstruktion von Maschinen und Geräten, insbesondere von deren beweglichen Mechanismen (Getrieben), angewendet.

Der Wechsel findet zwischen zwei oder mehreren Möglichkeiten eines technischen Grundprinzipes statt. Das systematische Vorgehen besteht vor allem darin, dass möglichst alle Möglichkeiten beachtet werden. Ausgehend von einer ersten oder bereits bestehenden Konstruktion finden Abwandlungen durch Wechsel zu einer anderen Möglichkeit statt. Nach Erarbeiten mehrerer Lösungen wird eine optimale zur Verwendung ausgewählt.[3]

Beispiele

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Gliedwechsel

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Beim mehrgliedrigen Getriebemechanismus (Kinematische Kette) kann jedes der Glieder Gestell, angetriebenes oder ein anderes Glied mit einer bestimmten Funktion sein. Durch den dabei stattfindenden Gliedwechsel entsteht eine große Zahl von grundlegenden Koppelgetrieben, von denen jede Art für je einen besonderen Aufgabenbereich geeignet ist.
Bei einfacheren Mechanismen wie Gesperren oder Spannwerken (keine geschlossene Gliedkette) entstehen durch Gliedwechsel Bauvarianten für eine gleichbleibende Funktion, die sich nur in Herstellung, Gebrauch u. ä. unterscheiden.[1]
Diese Art der Abwandlung nannte schon Franz Reuleaux Gliedwechsel.[1]

Formenwechsel

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Als Zeiger einer Sonnenuhr dient meistens ein Schattenzeiger (Linie oder Punkt). Durch Formenwechsel des schattenwerfenden Gegenstandes von einem Stab oder einer kleinen Kugel zu einem Schlitz oder einem Loch entsteht ein Lichtzeiger. Der Lichtzeiger wird seltener angewendet, da der Schlitz bzw. das Loch über den Tag jeweils gegen die Sonnenrichtung nachzustellen ist.
Bei den Mechanismen wird der Begriff enger angewendet und auch Paarumkehrung genannt.[4][5] Die ein Gelenk zwischen zwei Gliedern bildenden Bauteile (z. B. eine Welle in einem Lagerring) werden umgekehrt mit den beiden Gliedern verbunden.

Lagenwechsel

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Die Anwendung des Begriffs Lagenwechsel ist eng an Mechanismen gebunden, wobei von innerer und äußerer Lage gesprochen wird.[1] Ein Beispiel ist die Führung einer Rolle durch eine Kurve, wobei die Kurve die Außenform (äußere Lage) des entsprechenden Gliedes ist, oder als die Rolle umschließende (innere Lage) gekurvte Nut ausgeführt wird. Lagenwechsel findet auch statt, wenn an einem der beiden Räder einer Zahnradpaarung ein Wechsel zwischen Außen- und Innenverzahnung stattfindet.

Zahlenwechsel

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Bei Mechanismen wird als Zahlenwechsel oftmals nur der Wechsel auf eine parallele Anordnung von zwei gleichen Gliedern zwischen den anderen Gliedern verstanden.[1] Sowohl von Zahlenwechsel als auch von Gliedwechsel kann auch bei Messinstrumenten gesprochen werden, bei denen sich viele Zeiger (bewegte Skala) gegen einen einzigen Skalenpunkt (ruhende Skala) bewegen.[6]

Griffwechsel

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Von Griffwechsel wird bei Mechanismen gesprochen, die von Hand betätigt werden[1] wie die meisten Spannwerke. Zur Betätigung kann prinzipiell jedes Glied benutzt werden, was aber nicht immer praktisch ist. So scheidet der Fall aus, in dem der „Griff“ nicht am Gestell angelenkt ist und in ihn eine „höhere“ Bewegung einzuleiten ist. Beispiel ist der Bügelverschluss an einer Flasche. Die Kraftverhältnisse wären zusätzlich ein praktisches Hindernis, wollte man den Verschluss durch Bewegen des zum Deckel führenden Bügels oder des Deckels selbst herstellen.

Einzelnachweise

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  1. a b c d e f Willibald Lichtenheldt: Die Bedeutung der Konstruktionslehre für die Feinmechanik, Wissenschaftliche Zeitschrift der Technischen Hochschule Dresden, 3 (1953/54) Heft 2, Seiten 211 bis 214
  2. Siegfried Hildebrand: Feinmechanische Baulemente, 1968, S. 763
  3. Dabei kann sich durchaus auch zeigen, dass die erste oder bisherige Lösung die optimale war.
  4. Willibald Lichtenheldt: Konstruktionslehre der Getriebe, 1970, S. 8
  5. Kurt Luck, Karl-Heinz Modler: Getriebetechnik: Analyse Synthese Optimierung. 1. Auflage. Springer, 1990, ISBN 978-3-7091-3890-8, S. 12 - 13, Bild 2.11 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  6. Beispiele sind Sonnenuhren mit mehreren Schattenzeigern, die auf einen einzigen Skalenstrich/-punkt fallen. Vgl. Siegfried Wetzel: Eine Vielstab-Sonnenuhr und Eine Vielnodus-Sonnenuhr.