Ein Vorläufergas (englisch precursor gas, auch im Deutschen oft als Precursorgas bezeichnet) ist ein gasförmiger Ausgangsstoff, der durch chemische Reaktionen mit den Bestandteilen der Luft Feinstaub oder andere Schadstoffe bildet und damit neben Abgasen und Reifenabrieb zu einem erheblichen Teil zu deren Aufkommen beiträgt.[1]

In der Luft vorhandene Schadstoffe können sich mit Vorläufergasen zu sekundären Schadstoff-Teilchen verbinden. Diese Verbindung kann mechanisch (Nukleation) oder chemisch (Kondensation) erfolgen.[2] Aus den direkt von einer Quelle ausgestoßenen Schadstoffen entstehen dadurch andere, neue Schadstoffteilchen. Die Herkunft der in der Atemluft gemessenen Schadstoffe ist dadurch nicht mehr unmittelbar nachvollziehbar. Vorläufergase können über größere Entfernungen transportiert werden.[3] Wenn es zu einer Belastung durch Feinstaub bzw. bodennahes Ozon kommt, wirken lokale Maßnahmen wie etwa städtische Fahrverbote deshalb kaum auf die Vorläufergase.

Synonyme zu Vorläufergasen sind Vorläuferquelle,[4] Vorläuferstoffe[5] und Vorläufersubstanzen[6].

Vorläufergase von Feinstaub

Bearbeiten

Die wichtigsten Spezies der Vorläufergase von Feinstaub sind

Da Methan ein Vorläuferstoff des bodennahen Ozons ist, werden häufig nicht VOC, sondern NMVOC (non methane volatile organic compounds: flüchtige organische Verbindungen mit Ausnahme von Methan) als Vorläufergas von Feinstaub aufgeführt.[8]

Die für die Feinstaub-Bildung relevanten Vorläufergase sind hauptsächlich anthropogen bedingt.[9]

Entstehung

Bearbeiten
  • Schwefeldioxid und Stickoxide entstehen aus Verbrennungsprozessen.
  • Ammoniak entsteht aus der Landwirtschaft (Düngung und Tierhaltung).[10]
  • Flüchtige Kohlenwasserstoffe entstehen in Wäldern und Nutzpflanzen, aber auch in Verbrennungsprozessen.[11]

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) schätzt, dass zwei Drittel des Feinstaubs aus Vorläufergasen gebildet werden. In Westeuropa wären Ammoniumnitrate aus der Reaktion von Ammoniak und Salpetersäure der hauptsächliche Ursprung von Feinstaub in der städtischen Luft.[12]

Vorläufergase von bodennahem Ozon

Bearbeiten

Entstehung

Bearbeiten
  • Etwa die Hälfte der Stickstoffoxide kommt aus dem Verkehrsbereich, vornehmlich dem Straßenverkehr, der restliche Anteil überwiegend aus Feuerungsanlagen.
  • Flüchtige organische Stoffe werden zu etwa der Hälfte bei der Verwendung von Lösemitteln freigesetzt.[13]

Vorläufergase der Ozonschicht in höheren Luftschichten

Bearbeiten
  • Stickoxide (NOx)
  • Kohlenmonoxid (CO)
  • Flüchtige organische Verbindungen[15]

Entstehung

Bearbeiten

Der Ausstoß von Ozon-Vorläufergasen wird stark durch menschliche Aktivitäten beeinflusst.[15]

Einzelnachweise

Bearbeiten
  1. Feinstaub PM10, Fragen und Antworten zu Eigenschaften, Emissionen, Immissionen, Auswirkungen und Massnahmen, Bundesamt für Umwelt (BAFU), 7. November 2006, S. 39
  2. Bildungsserver, Sekundäre Aerosole, abgerufen am 9. Februar 2016
  3. Informationsdienst Wissenschaft (idw), Darmstädter Wissenschaftler: "Maßnahmen gegen Feinstaub nicht ausreichend", 4. April 2006
  4. Feinstaub in Deutschland, von Alfred Wiedensohler, Gerald Spindler, Birgit Wehner, Wolfram Birmili, Thomas Gnauk, Erika Brüggemann und Jost Heintzenberg, Leibniz-Institut für Troposphärenforschung (IfT), S. 38
  5. Kurzlebige klimawirksame Schadstoffe, Institute for Advanced Sustainability Studies (Potsdamer Nachhaltigkeitsinstitut, IASS), S. 19
  6. promet, Jahrgang 23, Heft 3/4, Deutscher Wetterdienst (DWD)
  7. Gesundheitsportal Österreich, Feinstaub: Luftschadstoff Nummer 1, 2. März 2015
  8. Feinstaub, eine gesundheitspolitische Herausforderung, Pneumologie 2005; 59:704-714
  9. Hessischer Landtag, Gesundheitsgefährdung durch ultrafeine Partikelemissionen aus Flugzeugtriebwerken in der Umgebung des Flughafens Frankfurt, kleine Anfrage der Bündnis 90/Die Grünen vom 25. Oktober 2013
  10. Max-Planck-Gesellschaft, Mehr Tote durch Luftverschmutzung, 16. September 2015
  11. Leibniz-Gemeinschaft, Umweltforschung für die politische Praxis, Februar 2005
  12. Wie Ammoniak unsere Luft vergiftet, DUH, abgerufen am 25. Januar 2017
  13. a b Umweltbundesamt, Antworten auf häufig gestellte Fragen zum Thema „Ozon“, o. J.
  14. Institute for Advanced Sustainability Studies (IASS), Kurzlebige klimawirksame Schadstoffe, Dezember 2013
  15. a b Deutscher Bildungsserver, Troposphärisches Ozon, abgerufen am 9. Februar 2016