Vishwananda

deutscher hinduistischer Guru

Swami Vishwananda (geboren als Mahadeosingh „Visham“ Komalram am 13. Juni 1978 in Beau Bassin-Rose Hill, Mauritius), unter Anhängern als Paramahamsa Sri Swami Vishwananda bekannt, ist ein hinduistischer Guru aus Mauritius. Er ist Gründer des Bhakti Marga, einer neohinduistischen Organisation, die in vielen Ländern Ashrams und Tempel unterhält. Vishwananda ist umstritten.[1] Er lebt in Deutschland, wo sich sein Hauptashram im kleinen Dorf Springen (Heidenrod) im Taunus befindet. Ende 2022 hatte Bhakti Marga etwa 10.000 Anhänger und zwischen 30 und 50 Ashrams weltweit.[2]

Vishwananda

Leben Bearbeiten

Vishwananda wurde in einer Hindu-Familie auf der Insel Mauritius geboren. Nach Berichten von Familienmitgliedern hatte Vishwananda schon in seiner Kindheit und Jugend eine besondere spirituelle Neigung. Statt zu spielen, zog er es vor, zu beten und heilige Orte zu besuchen. Angeblich hatte er im Alter von fünf Jahren während eines Krankenhausaufenthalts eine Erscheinung von Mahavatar Babaji, den er als seinen persönlichen Guru erkannte.[3] Anderen Berichten zufolge wurde er ein Schüler des umstrittenen Sathya Sai Baba. Wie Sai Baba ist auch er ein „Wundertäter“ und macht sogenannte „Materialisationen“ von kleineren Gegenständen, heiliger Asche (Vibhuti) und Lingams.[4] Diese werden von Kritikern als Taschenspielertricks angesehen. Er behauptet auch, ein Acharya des von Ramanuja gegründeten Sri Vaishnava zu sein, was von führenden Vertretern bestritten wird.[5]

Seit 1998 wurde er in die Schweiz und nach England eingeladen, und später nach Deutschland, Polen, Südafrika, Portugal und in andere Länder, in denen Bhakti Marga inzwischen kleinere Zentren hat.[2] Immer mehr Anhänger versammelten sich bei Darshans um den charismatisch wirkenden Vishwananda. Während dieser Veranstaltungen werden Bhajans gesungen, der Guru hält Vorträge, berührt seine Anhänger am dritten Auge als eine Form von Shaktipat und verteilt Vibhuti.[3]

2004 erwarb er ein Grundstück in dem kleinen Dorf Steffenshof im Hunsrück, Rheinland-Pfalz, und baute es zu einem Ashram aus.[3] Dort gründete er im Juli 2005 die Organisation Bhakti Marga.[2] Im Jahr 2008 erwarb Bhakti Marga das ehemalige Tagungs- und Seminarhaus der Gewerkschaft ver.di in Springen, ein größeres Grundstück in der Nähe des Rhein-Main-Gebiets.[3]

Am 11. Juli 2015 wurde Swami Vishwananda für seine herausragenden Verdienste um den Weltfrieden in den letzten 20 Jahren ein Friedenspfahl und eine Urkunde überreicht. Swami Vishwananda, so heißt es, helfe den Menschen, Elemente der östlichen Spiritualität mit Elementen der westlichen spirituellen Tradition zu verbinden und ermögliche ihnen so den Zugang zu einer ganz persönlichen Erfahrung mit dem Göttlichen, unabhängig von Kultur, Geschlecht oder Alter.[6]

Im September 2015 wurde ihm von der Nirmohi Akhada der Titel Mahamandaleshwara verliehen, der erste Guru außerhalb Indiens, dem dieser Titel verliehen wurde.[7]

Entwicklung des Bhakti Marga Bearbeiten

Gründung und Ashrams Bearbeiten

Nachdem Vishwananda, der zunächst noch Visham genannt wurde, Anhänger in privaten Wohnungen empfing, gründete er 2004 in dem kleinen Ort Steffenshof (Dorweiler) im Hunsrück (Rheinland-Pfalz) den ersten Ashram. Am 13. Juni 2005 wurde dann Bhakti Marga gegründet.[2] Im Jahr 2008 zog der Ashram in ein größeres Anwesen in Springen (Heidenrod) um, das nun zum neuen Hauptashram der Bewegung wurde.[8] Im Juni 2018 wurde ein neuer Tempel eingeweiht, dessen Ausbau laut FAZ mehr als eine Million Euro gekostet hat. Weltweit gibt es demnach ca. 30 bis 50 Zentren, davon sind viele jedoch kleinere Ashrams oder Tempel.[2]

Im November 2020 wurde bekannt, dass Bhakti Marga in Kirchheim im hessischen Landkreis Hersfeld-Rotenburg ihr hinduistisches Deutschlandzentrum auf dem Gebiet der Ferienanlage Seepark Kirchheim aufbauen will.[9]

Vorwürfe des Hessischen Rundfunks Bearbeiten

In einer Fernseh- und Podcast-Dokumentation des Hessischen Rundfunks vom Januar 2022 wurden mehrere angebliche Opfer interviewt und Vishwananda des sexuellen Missbrauchs bezichtigt.[10][11] Bhakti Marga hat daraufhin vor dem Landgericht Hamburg Klage gegen den Hessischen Rundfunk wegen Falschberichterstattung in einer Fernseh- und Podcast-Produktion eingereicht.[12] Vishwananda hat alle Vorwürfe sexueller Übergriffe bestritten und über seinen Anwalt eine eidesstattliche Versicherung bei Gericht eingereicht.[13]

Nach eingehender Prüfung kam das Landgericht Hamburg zu dem Ergebnis, dass zahlreiche Aussagen, die den Kernvorwurf des angeblichen sexuellen Missbrauchs enthielten, verfahrensrechtlich unwahr und damit unzulässig waren. Diese Äußerungen wurden auch als Verdachtsäußerungen für unzulässig erklärt.[12] Im März 2022 erließ das Landgericht Hamburg sieben einstweilige Verfügungen, die es untersagten, den Vorwurf des sexuellen Fehlverhaltens gegen Vishwananda öffentlich zu machen, wie es in großen deutschen Zeitungen verbreitet worden war.[11][10]

Vishnuismus Bearbeiten

Im Jahre 2008 wurde Vishwananda in den Sri Sampradaya als Praktizierender, nicht jedoch als Lehrer, initiiert. Damit wurde die Bewegung in Richtung Sri Vaishnava ausgerichtet. Vishwananda gibt sich als Meister des Sri Vaishnava aus, führende Vertreter dieser Linie geben jedoch an, dass er nicht befugt sei, in deren Namen zu lehren.[5]

Christentum Bearbeiten

Vishwananda ließ sich von der Apostolisch Orthodoxen Kirche (AOC) als Bischof Michael ordinieren. Er wurde jedoch 2016 von einer Abspaltung dieser Kirche, der Katholisch Orthodoxen Apostolischen Kirche (COAC) exkommuniziert.[14] Die CAOC beansprucht für sich Hüter des kanonischen Erbes der AOC zu sein, die Ernennung Vishwanandas war einer der Gründe der Abspaltung. Der Ashram in Springen besitzt eine Russisch-Orthodoxe Kapelle, in der zumindest früher regelmäßig Gottesdienste abgehalten wurden. In dieser befindet sich eine Truhe mit Reliquien christlicher Heiliger, die Vishwananda bereits 2001 mit Hilfe von Anhängern in der Schweiz entwendet hat und infolgedessen 2007 von einem Schweizer Gericht verurteilt wurde.[15] Der Zeitung zufolge sagte Vishwananda, er habe die Reliquien nur vor der Zerstörung in einem drohenden Reliquienkrieg retten wollen.[16]

Seine Exkommunikation folgte der Ernennung zum Mahamandaleshwar, einem hohen hinduistischen Würdenträger auf der Kumbh Mela 2015 in Nasik, womit er der erste Träger eines solchen Titels außerhalb Indiens ist.[7] Kritiker wenden jedoch ein, er habe diesen Titel für 30.000 Dollar gekauft.[17]

Kontroverse um KZ-Gedenkstätten Bearbeiten

Unter Om Chanting lehrt Bhakti Marga ein Ritual, bei dem die Teilnehmer im Kreis sitzend Om chanten. Dies solle die Atmosphäre reinigen. Kontrovers wurden solche Gruppenchantings an KZ-Gedenkstätten, z. B. am 17. März 2018 im KZ Buchenwald,[18] oder auch am 10. Dezember 2016 im KZ Mauthausen in Österreich, aufgenommen, da darin eine Relativierung oder Instrumentalisierung des Holocaust gesehen wurde.[19][20]

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Sebastian Leber: Umstrittene Sekte „Bhakti Marga“: Der Wunderguru aus dem Taunus. Tagesspiegel, 2. Dezember 2022
  2. a b c d e Der Ashram im Taunus Artikel der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, abgerufen am 29. November 2021
  3. a b c d Beck, Heike: "Bhakti Marga eröffnet spirituelles Zentrum in Springen/Taunus". Evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen, August 2013, abgerufen am 30. August 2023.
  4. Swami Vishwananda. In: RationalWiki
  5. a b Falsche Āchāryas erkennen. Kōyil Deutschland, 30. November 2018
  6. Peace Pole Gifted to Swami Vishwananda at Bhakti Marga in Frankfurt – GERMANY - May Peace Prevail On Earth International. In: May Peace Prevail On Earth International -. 26. Oktober 2015, abgerufen am 4. Dezember 2023 (amerikanisches Englisch).
  7. a b Swami Vishwananda becomes first Mahamandaleshwar from outside the country. Times of India Artikel, abgerufen am 29. November 2021
  8. Heike Beck: Bhakti Marga eröffnet spirituelles Zentrum in Springen/Taunus. In: Evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen, Materialdienst 8/2013
  9. Seepark Kirchheim verkauft: Aus für das Hotel, Hindu-Religionszentrum geplant. 18. November 2020, abgerufen am 18. November 2020.
  10. a b Isabell Hülsen: (S+) HR-Doku über Missbrauch: Ein US-Amerikaner wird zum Opfer erklärt - doch der Sender hat nie mit ihm gesprochen. In: Der Spiegel. 8. April 2022, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 4. Dezember 2023]).
  11. a b Aurelie von Blazekovic: Guru gegen Sender: Wie Bhakti Marga erfolgreich gegen den HR klagt. 8. April 2022, abgerufen am 4. Dezember 2023.
  12. a b Hat der Hessische Rundfunk ein Sorgfaltsproblem? 11. April 2022, abgerufen am 4. Dezember 2023.
  13. Stellungnahme Bhakti Marga zur Berichterstattung des Hessischen Rundfunk. Abgerufen am 4. Dezember 2023.
  14. Webseite COAC: Notification for Europe. Abgerufen am 16. August 2020.
  15. Tagesanzeiger.ch im Internet Archive: 'Knochen in Kirchen gestohlen'. 8. November 2010, archiviert vom Original am 8. November 2010; abgerufen am 29. November 2019.
  16. Stefan Hohler: Knochen in Kirchen gestohlen (Memento des Originals vom 8. November 2010 im Internet Archive) In: Tagesanzeiger, 15. Juni 2007 
  17. Friedmann Eißler: Bhakti Marga in der Kritik. In: Materialdienst. Zeitschrift für Religions- und Weltanschauungsfragen, Band 1. Evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen, 2020, S. 30–39 (IxTheo)
  18. Hanna Fülling: Neohinduistisches Ritual in der Gedenkstätte Buchenwald. In: Materialdienst. Zeitschrift für Religions- und Weltanschauungsfragen, Band 5. Evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen, 2018, S. 191f
  19. Spirituelle Gruppe will KZ-Gedenkstätte mit Ritual „heilen“. In: Die Welt, abgerufen am 28. Oktober 2019.
  20. Henry Bernhard: KZ-Gedenkstätte Buchenwald. Chanting wider die Schuld. Deutschlandfunk, 16. März 2018